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Kai Schöpe, Virtus bei Cicero und Seneca - Certamen Carolinum

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Begriff mit (politischer) Tätigkeit. Diese Verknüpfung führt <strong>Cicero</strong> zu folgender allgemeinenDefinition: Unum hoc definio, tantam esse necessitatem virtutis generi hominum a naturatantumque amoren ad communem salutem defendendam datum, ut ea vis omnia blandimentavoluptatis otique vicerit.Dieser Satz lässt einerseits die Ablehnung des epikureischen Lebensstils erkennen,andererseits wird der Drang zu politischer Tätigkeit als natürliche Anlage des Menschengesehen. Dass dieser menschliche Wesenszug quasi als Naturgesetz verstanden wird, zeigtdie Nähe zur stoischen Trieblehre („sec<strong>und</strong>um naturam vivere“).Dieser Drang zum Streben nach Bewährung, zur „virtus“, ist keine Kunst, die man erwirbt <strong>und</strong>behält, ohne sie zu gebrauchen. „<strong>Virtus</strong>“ muss gebraucht werden, muss sich bewähren: virtus inusu sui tota posita est. Ihr größter Gebrauch ist die civitatis gubernatio. Aber „virtus“ vermagnoch mehr. Sie verwirklicht das, was „diese da in ihren Ecken deklamieren“. Dem bloßenWissen der Philosophen wird also die Verwirklichung gegenübergestellt. Wichtig hier<strong>bei</strong> istaber, dass es sich um dieselben Lebenswirklichkeiten handelt.Nach dieser Gegenüberstellung vergleicht <strong>Cicero</strong> die Resultate der Philosophen <strong>und</strong>Staatsmänner. Philosophen greifen nur das auf, was von den Staatsmännern eingerichtetworden ist. Deren größte Leistung, die iuris descriptio, hat die Sitten unantastbar gemacht. Andieser Stelle nimmt die Rede einen eifernden Ton in Form von rhetorischen Fragen an, die denGesamtkomplex „ius et mores“ umfassen. Bei der Aufzählung der Werte fällt auf, dass <strong>Cicero</strong>das Wort „fortitudo“ im Sinne von „Tapferkeit“ benutzt. Andere Autoren, wie zum BeispielCaesar <strong>und</strong> Sallust, gebrauchen „virtus“, um „Tapferkeit“ auszudrücken. <strong>Cicero</strong> bevorzugt indiesem Zusammenhang „fortitudo“, um Missverständnissen vorzubeugen. Er möchte „virtus“ andieser Stelle als politische Aktivität verstanden wissen.Die Frage nach der Herkunft der aufgezählten Werte fällt zugunsten der Staatsmänner aus: Siesind die Urheber der aufgezählten Werte. Sie haben das, „was sich in Lebensgemeinschaftengebildet hat, teils durch Sitten, teils durch Gesetze unantastbar gemacht“. Der Begriff „moribus“erinnert an die mores maiorum, das ungeschriebene Gesetz altziviler Art.III Der „virtus“-Begriff <strong>Seneca</strong>sDer Textausschnitt ist <strong>Seneca</strong>s Werk „epistulae morales ad Lucilium“ entnommen. LautMaurach orientiert sich <strong>Seneca</strong> <strong>bei</strong> der Konzeption des Epistelwerkes an der geistigenEntwicklung eines proficiens, ein solcher ist Lucilius, <strong>und</strong> entfaltet die stoische Philosophie. Derexpliziten Beschäftigung mit dem Thema Glück stellt <strong>Seneca</strong> drei Briefe (ep. 66, 71, 74) voran,in denen er sich mit der stoischen Güterlehre beschäftigt. In dem ausgewählten Textausschnittgeht es um die Eigenschaften des summum bonum.

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