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Amphibien

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376377H eimische <strong>Amphibien</strong> führen ein „Doppelleben“ zwischen Landlebensraumund Laichgewässer. Sie nutzen die ersten warmen und feuchten Frühjahrsnächte,um zu ihren Laichgewässern zu gelangen. Hier stoßen sie plötzlichauf eine Neuerung, den modernen Straßenverkehr, gegen den kein Totstellenoder Imponiergehabe, keine Giftdrüsen oder noch so hohes Springen helfen.Während man <strong>Amphibien</strong> gezielt an ihren Laichgewässern aufsuchen kann,braucht man für das Auffinden von Reptilien immer etwas Glück. Man findetReptilien nur bei halbwegs sonnigem Wetter. Am besten beobachten kann mansie, wenn die ersten und die letzten wärmenden Sonnenstrahlen auf ihre Sonnenplätzescheinen, denn nachdem sie sich ausreichend aufgewärmt haben,verschwinden Reptilien in der Vegetation, wo man von den agilen Tieren meistnur noch ein Rascheln hört.Bevor der Mensch die Landschaft umformte, kamen die <strong>Amphibien</strong> zum Ablaichenin die Auen mit ihren Überschwemmungsflächen, Altarmen undBiberstauen. Nach dem Ausbau der Fließgewässer verschwanden diese ursprünglichenLaichplätze fast vollständig. Ersatzlaichgewässer boten u. a. Dorfteiche,Viehtränken, Mühlteiche, Fischteiche, Bergwerksteiche und Steinbruchgewässer.Auch für die Reptilien stellten die Auen mit ihren offenen Schotterflächenund den angrenzenden besonnten Prallhängen einen Verbreitungsschwerpunktdar; ebenso wurden Moorgebiete und Windbruchstellen besiedelt.Waldsteppenarten wie die Zauneidechse konnten allerdings erst mit derÖffnung des Waldes und der Entstehung unserer Kulturlandschaft einwandern.Dort, wo Lesesteinhaufen, Totholz in Verbindung mit Wald-, Hecken- oderWegrändern, Berg- bzw. Magerwiesen sowie Böschungen oder besonnteHalden und Steinbrüche ihnen ausreichend Nahrung, Sonn- und Versteckplätzebieten, kann man Reptilien bis heute finden.Mit der zunehmenden Technisierung der Land- und Forstwirtschaft verschwindendie für die <strong>Amphibien</strong> und Reptilien so überlebenswichtigen Kleinstrukturen.Entwässerung, Pestizid- und Düngereinsatz tun ein Übriges. Deshalb sind heuteüber 80% der im Ost-Erzgebirge noch vorkommenden <strong>Amphibien</strong>- undReptilienarten in ihrem Bestand rückgängig, gefährdet oder sogar starkgefährdet. Sechs der nachfolgend beschriebenen Arten sind von der EuropäischenUnion in die Anhänge der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, die sich denErhalt der Artenvielfalt zum Ziel gesetzt hat, aufgenommen worden.<strong>Amphibien</strong>und ReptilienText: Holger Lueg, FreibergFotos: Werner Fiedler, Steffen Teufert, Stefan Höhnel, Jan Blau, Jens Weber,Thomas LochschmidtWaldeidechse Zootoca vivipara


378 <strong>Amphibien</strong> und Reptilien 3791 FeuersalamanderSalamandra salamandraMerkmale: bis 20 cm; gelbe Zeichnung auflackschwarzem Grund, Bauch schwarzVorkommen: im Rückgang begriffen undbereits aus weiten Teilen des Ost-Erzgebirgesverschwunden; aktuelle Vorkommenkonzentrieren sich in Höhenlagen unter500 m auf quellreiche Laubwälder im Einzugsbereichder oberen Elbe.Laichzeit: Von März bis Mai kommen dieFeuersalamanderweibchen zu ihren Geburtsgewässern,den Quellbächen, die so kleinsein müssen, dass der „Fressfeind Fisch“nicht mehr überleben kann. Die Paarungfindet – anders als bei allen anderen heimischen<strong>Amphibien</strong>arten – von März bisSeptember auf dem Land statt. Im darauffolgendenFrühjahr werden bereits geschlüpfteLarven ins Wasser gesetzt.Bemerkung: Schon in der Antike wurde demnachtaktiven Feuersalamander eine mystischeVerbindung zu Unheil und Feuer nachgesagt.In Gefangenschaft sind Feuersalamanderschon mehr als 40 Jahre alt geworden.Ähnliche Art: Im Unterschied zu den ebenfallsmit Büschelkiemen ausgestattetenMolchlarven haben die Feuersalamanderlarveneinen gelben Fleck an der Basis jedesBeinansatzes.2 Bergmolch Triturus alpestrisMerkmale: etwa 10 cm groß, ungefleckter,orange bis rot gefärbter Bauch; Oberseitedunkel, bei den Männchen bläulich gefärbt,entlang der Wirbelsäule gelb-schwarz quergebänderter HautsaumVorkommen: seinem Namen entsprechendvornehmlich im Hügel- und Bergland; imOst-Erzgebirge verbreitet; Laichgewässer –Tümpel, Gräben, Wagenspuren – vor allemin den tieferen Lagen beschattet und inWaldnähe; stabile Bestände selbst in kleinstenGartenteichen, oft gemeinsam mitTeichmolchen, solange nicht Fische die Larvenwegfressen; in der freien Landschafthingegen immer weniger Kleingewässerzum Ablaichen – im Wald versauern dieGräben, Wagenspuren werden durch Wegebaumaßnahmenbeseitigt; deshalb deutli-cher Rückgang auch bei diesem im Ost-Erzgebirgeso häufigen Lurch.Laichzeit: März bis JuniFoto: Werner Fiedler3 Teichmolch Triturus vulgarisMerkmale: etwa 10 cm groß, lehmgelb bisbraun, Bauch – anders als beim Bergmolch– gefleckt, das Männchen hat große dunkleFlecken und während der Laichzeit einenHautkamm („Wassertracht“).Vorkommen: bis 700 m regelmäßig anzutreffen,mit zunehmender Höhenlage anspruchsvollerin Bezug auf die Besonnungseiner LaichgewässerLaichzeit: März bis JuniBemerkungen: Mit aufgerichtetem Kammund wedelndem Schwanz umwirbt dasTeichmolchmännchen das Weibchen. DasWeibchen folgt dem Männchen auf demGang über den Gewässerboden und nimmtdie abgelegte Spermatophore auf.Die 100 bis 200, wenige mm großen Eierwerden einzeln in Wasserpflanzenblättereingewickelt. Die meisten Larven verlassenbis zum Oktober das Wasser und kehrenmit der Geschlechtsreife im Frühjahr in ihrGewässer zurück.Foto: Werner Fiedler4 Kammmolch Triturus cristatusMerkmale: mit bis zu 17 cm Länge dergrößte heimische Molch; Kamm stärker gezacktals beim Teichmolch; Oberseite dunkelbraunbis schwarz; Bauch gelb oder hellorange mit schwarzen FleckenVorkommen: im Ost-Erzgebirge der seltensteMolch; bis 500 m Höhenlage; mit zunehmenderHöhe auf südexponierte besonnteGewässer angewiesenLaichzeit: März bis JuniBemerkung: Da die Larve des Kammmolchsfrei im Wasser schwimmt, reagiert er nochempfindlicher auf Fischbesatz als der Bergundder Teichmolch. Außerdem entferntsich der Kammmolch nicht weit vom Gewässer,so dass er auf ein dichtes Netz geeigneterKleingewässer angewiesen ist, umnicht durch Isolation der Laichgemeinschaftenzum Aussterben verurteilt zu sein.Foto: Werner Fiedler1324


380 <strong>Amphibien</strong> und Reptilien 3815 Erdkröte Bufo bufoMerkmale: unauffällig braun, mit warzigerHaut; Weibchen 13 cm, Männchen ca. 8 cm,Laichschnüre an aufrechten StrukturenVorkommen: eine der häufigsten heimischen<strong>Amphibien</strong>arten, weil vergleichsweiseanpassungsfähig, und weil die Larven fürFische ungenießbar sindLaichzeit: März/AprilBemerkungen: An den ersten warmen Tagenim April bietet sich in den Teichen einreges Treiben. Die großen Erdkrötenweibchenwerden von den häufigeren, kleinenund liebestollen Männchen wild umworben.Dabei wird von den Männchen alles umklammert,was etwa die richtige Größe hatund sich bewegt. Bei den Rufen handelt essich meist um Abwehrlaute der Männchen,die bereits ein Weibchen umfasst haben undjetzt versuchen, die lästige Konkurrenz mitden Hinterbeinen wegzustoßen. Im Eiferdes Gefechts werden dann auch Geschlechtsgenossengeklammert. Diese können denIrrtum durch Abwehrrufe schnell aufklären– verspätete Grasfrösche, Flaschenhälseoder ins Wasser hängende Zweige könnendies nicht. Da die Erdkröte kilometerweiteStrecken zu ihren Laichgewässern zurücklegt,macht ihr der zunehmende Straßenverkehrzu schaffen.6 Grasfrosch Rana temporariaMerkmale: bis 10 cm; braun, oft gefleckt;glatte Haut (im Gegensatz zur Erdkröte);LaichballenVorkommen: weit verbreitet; die größtenBestandsdichten in Bachauen mit hohemGrünlandanteil und in krautreichen Wäldern;jedoch u. a. durch Pestizide und moderneMähtechnik stark zurückgegangen;Laichzeit: MärzBemerkungen: Wer es an warmen Märztagenin den Flachzonen der Tümpel, Weiherund Teiche platschen hört, sollte warten, bissich die dicht aneinander gedrängten Laichballenbewegen, ein brauner Froschkopfnach dem anderen wieder auftaucht unddie Männchen ihr aus Knurrlauten bestehendesPaarungskonzert anstimmen.Ähnliche Arten:Weitaus seltener sind die beiden nah verwandtenund sehr ähnlichen Braunfroscharten.Der Moorfrosch (Rana arvalis)ist im Ost-Erzgebirge aktuell nur noch inwenigen Feuchtwiesen- und Waldgebietenmit hohem Grundwasserstand bekannt.Der Wärme liebende Springfrosch (Ranadalmatina) kommt im Einzugsbereich derElbe im angrenzenden Mulde-Lösshügellandvor.Reptilien7 Waldeidechse Zootoca viviparaMerkmale: zierlich, dunkelbraune Färbung,Größe 14–16 cmVorkommen: Die auch als Berg- oder Mooreidechsebezeichnete Waldeidechse besiedelt,wie ihre Namen vermuten lassen, sonnigeWaldstandorte wie Schonungen,Schneisen, Wegböschungen und Moore.Fortpflanzung: Waldeidechsenweibchensind „ei-lebendgebärend“ und setzen sich– und damit die Eier – aktiv der Sonne aus,die Jungtiere schlüpfen bei der Geburt.Bemerkungen: Ihre dunkelbraune Färbungtut ein Übriges, um eine optimale Temperaturausbeutezu erzielen. Dies ermöglichtder Waldeidechse, auch kühlere Lebensräumeund höhere Lagen zu besiedeln.Ähnliche Art:Die kräftigere Zauneidechse (Lacertaagilis), die eine Größe von etwa 20 cm erreichtund deren Männchen im Frühjahrleicht an den grünen Flanken zu erkennensind, vergräbt ihre Eier wie die meisten Reptilienund ist somit ein Tier des Offenlandes,das im Ost-Erzgebirge bis 400 m noch regelmäßigauf sonnenexponierten Sonderstandortenwie Halden, Bahndämmen oder Steinbrüchenzu finden ist.5 67


382 <strong>Amphibien</strong> und Reptilien 3838 Blindschleiche Anguis fragilisMerkmale: Da sich im Laufe der Evolutionihre überflüssig gewordenen Gliedmaßenzurückentwickelt haben, wirkt die zu denEidechsen zählende Blindschleiche wieeine Schlange. Anders als bei Schlangenist ihr kleiner walzenförmiger Kopf nichtabgesetzt, und ihre Augenlider kann dieBlindschleiche schließen.Vorkommen: Solange deckungsreicheBodenvegetation und ausreichende SonnundVersteckplätze vorhanden sind, besiedeltdie anpassungsfähige BlindschleicheWald und Offenland und als einziges Reptilsogar in Siedlungsbereichen gelegene Parksund naturnahe Gärten, wo sie sich als Vertilgervon Schnecken nützlich macht. Blindschleichensind nicht leicht zu entdecken,oft zeugen nur überfahrene Tiere von ihrerheimlichen Existenz.Fortpflanzung: wie die Waldeidechse „eilebendgebärend“Bemerkung: Der Name „Blind“-schleichelässt sich von der althochdeutschen Bezeichnung„Blende“ auf ihren bleiernenGlanz zurückführen.9 Ringelnatter Natrix natrixMerkmale: Kopf deutlich vom Körper abgesetzt,runde Pupillen, gelbe Nackenflecken,Länge 1 m (max. 1,5 m)Vorkommen: Einen besonderen Stellenwertfür die Ringelnatter haben naturnaheTäler, die nicht durch größere Straßen zerschnittensind. Hier findet sie ein engesMosaik aus trockenen Winterquartieren,Feuchtgebieten zur Nahrungsaufnahmeund Eiablageplätzen (Haufen aus organischerSubstanz, deren Gärungswärme dienotwendige Bruttemperatur gewährleistet).Bemerkungen: Schlangen sind im Ost-Erzgebirgeselten geworden, außerdem sindsie sehr störungsempfindlich – wenn manüberhaupt etwas von ihnen mitbekommt,geht es meist sehr schnell, und sie sind verschwunden.Bei einer Schlange, die plötzlichins Wasser flüchtet oder die im Wasserschwimmend auf Froschjagd zu beobachtenist, handelt es sich um die ans amphibischeLeben angepasste Ringelnatter.10 Kreuzotter Vipera berusMerkmale: Die Kreuzotter wird bis zu 65 cmlang, der Kopf ist deutlich abgesetzt, diePupillen senkrecht. Name bezieht sich aufdie x-förmige Zeichnung am Hinterkopfoder auf das markante Zick-Zack-Band aufihrem Rücken (im Volksmund „Kreuz“). Nichtselten kommt im Ost-Erzgebirge auch eineschwarze Form der Kreuzotter vor, bei derdas Zick-Zack-Band kaum zu erkennen ist.Vorkommen: Ähnlich wie die mit ihr zusammenvorkommende Waldeidechse istdie Kreuzotter „ei-lebendgebärend“ undkann damit kühlere Lebensräume wie Moorränderoder mit Heidekraut bzw. Gras bewachsenewechselfeuchte Waldränder und-lichtungen der höheren Lagen besiedeln.Bemerkungen: Mit Hilfe ihrer Giftzähneerbeutet die Kreuzotter Mäuse, Eidechsenund Frösche. Ihr Gift ist zwar weniger starkals das südeuropäischer Giftschlangen, trotzdemsollte man in „Kreuzottergebieten“ beider Pilz- oder Beerensuche nicht auf festesSchuhwerk verzichten.Ähnliche Art:Mit der Kreuzotter leicht durch ihre ähnlicheFärbung zu verwechseln ist die ungiftigeSchling- oder auch Glattnatter (Coronellaaustriaca), die, wie ihr Name bereitsverrät, Eidechsen und Blindschleichen mitihrem Körper erwürgt. Sie hat runde Pupillen.89 10

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