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• 22 Ingrid Otto Abb. 11 "Eine Malschule in Dachau" - Photoreportage von Carry Brachvogel. "Ober Land und Meer" 1909 (S. 12/13)
Vom Dilettantismus zur Emanzipation 23 Wie progressiv sich die Malweiber hier vorpreschen, wird deutlich sichtbar im Vergleich zur etikette-wahrenden Haltung der Künstlerin im Atelier zuvor. Dazwischen liegt ein Viertel Jahrhundert der aktiven Frauenbewegung, welche als treibende Kraft für den Wandel zu werten ist. Die Dachauer Malschule war seinerzeit vom Ansehen und von der Bedeutung für die Kunst vergleichbar mit der Künstlerkolonie Worpswede. Der Fortgang der Geschichte und die fatalen Grausamkeiten der NS-Zeit überschatteten den kulturellen Ruf des Ortes und ließen die Dachauer Künstlerkolonie allgemein in Vergessenheit geraten. V. Weibliche Persönlichkeitsentfaltung durch Sport Die Gymnasten der Jahrhundertwende vertraten ein Konzept, das sich auf ganzheitliche Bewegungen orientierte und auf die Herausbildung des Körperbewußtseins zielte. Die Breitenwirkung des Sports dokumentiert sich an den Turnvereinsgründungen (1859: 100; 1864: 2000; 1895: 7(00). Der Frauensport steht in Abhängigkeit zu simplen äußeren Gegebenheiten. Aufgrund der Konventionen von Sitte, Anstand, Moral und Schicklichkeit waren die anfänglichen Turnbekleidungen äußerst bewegungshemmend. Erst die "Eroberung der Beinkleider" (Hosenrock, Turntrikot, Turnhose, Badeanzug ... ) ermöglichte eine größere Bewegungsfreiheit. Indem die Öffentlichkeit den Frauensport annahm und sogar in Massenmedien propagierte, leistete sie aktive Hilfestellung zur Emanzipation der Frau. Die allgemeine Lebensreformbewegung hatte gewirkt. Die Vorbereitungen auf das 12. Deutsche Turnfest in Leipzig zeigen die Fortschritte im Bereich des Sports. Die Turnerinnen waren bereits bestens geübt, schwierige Freiübungen darzubieten. So erfordert etwa die Standwaage extreme Beherrschung des Körpers. Besonders bemerkenswert ist jedoch die Tatsache, daß Männer und Frauen gemeinsam Turnübungen ausführten. Was mehr als 350 Turnerinnen und Turner zusammen der Öffentlichkeit vorführten, setzte natürlich auch die gemeinsame Übung voraus; das heißt, es bedurfte der koedukativen Unterweisung. Was also allgemein erst mit der Diskussion um die Einheitsschule (Reichsschulkonferenz 1920) in den Blick geriet, war im Vereinssport bereits vor dem ersten Weltkrieg in die Praxis eingegangen,
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