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2lohnforderungen effektiv zu sichern, <strong>zum</strong> anderen sollten aber <strong>die</strong> verfahrensrechtlichen Vorschriftenim Sinne einer einfacheren Titelerlangung geändert werden. Die Position d<strong>es</strong> Gläubigerssollte darüber hinaus allgemein verb<strong>es</strong>sert werden. im Erkenntnisverfahren sollte dazuinsb<strong>es</strong>ondere <strong>die</strong> Einführung einer vorläufigen Zahlungsanordnung <strong>die</strong>nen.2.Mit Schreiben vom 01.02.2006 hat das Bund<strong>es</strong>kanzleramt von dem Präsidenten d<strong>es</strong> DeutschenBund<strong>es</strong>tags, Herrn Dr. Norbert Lammer, <strong>die</strong> B<strong>es</strong>chlussfassung über das Forderungssicherungsg<strong>es</strong>etzerbeten.Nach Art. 3 sollen Änderungen in der ZPO eingefügt werden. Die neue Vorschrift soll folgendenWortlaut erhalten:„§ 302aVorläufige Zahlungsanordnung(1) Das Gericht erlässt auf Antrag d<strong>es</strong> Klägers wegen einer Geldforderung einevorläufige Zahlungsanordnung, soweit1. <strong>die</strong> Klage nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hohe Aussicht auf Erfolghat und2. <strong>die</strong> Anordnung nach Abwägung der beiderseitigen Inter<strong>es</strong>sen zur Abwendungb<strong>es</strong>onderer Nachteile für den Kläger gerechtfertigt ist, <strong>die</strong> sich aus der voraussichtlichenVerfahrensdauer ergeben. Hinsichtlich der abzuwägenden Inter<strong>es</strong>sengenügt <strong>die</strong> Glaubhaftmachung.(2) Eine vorläufige Zahlungsanordnung kann nur auf Grund mündlicher Verhandlungerlassen werden.(3) Die vorläufige Zahlungsanordnung steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärtenEndurteil gleich. § 713 findet keine Anwendung.


3(4) Ändern sich <strong>die</strong> nach Absatz 1 maßgeblichen Verhältnisse w<strong>es</strong>entlich, so ist<strong>die</strong> vorläufige Zahlungsanordnung auf Antrag aufzuheben oder abzuändern.(5) Die im Verfahren über <strong>die</strong> vorläufige Zahlungsanordnung entstehendenKosten sind Kosten der Hauptsache. § 96 gilt entsprechend.(6) Die vorläufige Zahlungsanordnung tritt außer Kraft, soweit ein Endurteil ergeht.,<strong>die</strong> Klage zurückgenommen oder eine anderweitige Regelung wirksam wird.Vollstreckungsmaßnahmen bleiben in der Höhe aufrecht erhalten, in der das Endurteilmit der vorläufigen Zahlungsanordnung übereinstimmt. Über <strong>die</strong> nach denSätzen 1 und 2 eintretenden Wirkungen entscheide6t das Gericht.(7) Die Entscheidungen nach di<strong>es</strong>er Vorschrift ergehen durch kurz zu begründendenB<strong>es</strong>chluss, der nicht anfechtbar ist.(8) Soweit dem Kläger nach dem Endurteil ein Anspruch in Höhe der vorläufigenZahlungsanordnung nicht zusteht, hat er den Schaden zu ersetzen, der demBeklagten durch <strong>die</strong> Vollstreckung der vorläufigen Zahlungsanordnung oder durcheine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. § 717Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.“Außerdem sieht Artikel 4 d<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong> eine Einfügung vor wie folgt:„§ 29§ 302a der Zivilproz<strong>es</strong>sordnung ist mit Ablauf d<strong>es</strong> 31. Dezember 2009 nicht mehranzuwenden; Verfahren, in denen der Antrag auf Erlass einer vorläufigen Zahlungsanordnungvor dem 01. Januar 2010 eingereicht wurde, bleiben hiervor unberührt.“3.Die neue g<strong>es</strong>etzliche Vorschrift zur vorläufigen Zahlungsanordnung wird <strong>als</strong>o nur für eine begrenzteZeit wirksam. Das G<strong>es</strong>etz verliert mit Ablauf d<strong>es</strong> 31.12.2009 seine Wirkung, soweit


4nicht im Rahmen di<strong>es</strong>er Evaluierungsphase der G<strong>es</strong>etzgeber b<strong>es</strong>chließen sollte, eine Fortgeltungd<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong> ausdrücklich anzuordnen.Schon anhand di<strong>es</strong>er äußeren Form der G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>vorlage mit einer zeitlichen Begrenzung derWirkung di<strong>es</strong>er Neuregelung wird unterstrichen, dass hier eine zusätzliche, dem deutschenProz<strong>es</strong>srecht noch nicht typische Rechtsfigur ein<strong>es</strong> summarischen, vorläufigen, zusätzlichenVerfahrens innerhalb ein<strong>es</strong> Klageverfahrens (Hauptsacheproz<strong>es</strong>s<strong>es</strong>) eingeführt wird und vond<strong>es</strong>sen zweifelsfreier Richtigkeit der G<strong>es</strong>etzgeber ersichtlich nicht überzeugt zu sein scheint,sonst wäre eine zeitliche Begrenzung di<strong>es</strong><strong>es</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong> nicht von vorn herein vorg<strong>es</strong>ehen.4.Zum G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf liegt eine umfassende Begründung vor, <strong>die</strong> insb<strong>es</strong>ondere <strong>die</strong> Neuregelungder vorläufigen Zahlungsanordnung beleuchtet. In der Bund<strong>es</strong>tagsdrucksache 16/511,Seite 19 ff, befassen sich <strong>die</strong> dortigen Ausführungen damit, dass <strong>die</strong> vorläufige Zahlungsanordnung,<strong>die</strong> ausschließlich im Rahmen ein<strong>es</strong> anhängigen Hauptsacheverfahrens stattfindensoll, nicht nur in der I., sondern auch in der höheren Instanz anwendbar sein werden und<strong>die</strong> Voraussetzungen für den Erlass ein<strong>es</strong> solchen Titels in zwei Stufen geprüft werden müssen.Das Gericht muss nach vorläufiger Würdigung d<strong>es</strong> Sach- und Streitstands eine positiveErfolgsprognose treffen und anschließend eine umfassende Abwägung der Inter<strong>es</strong>sen derParteien anstellen, <strong>die</strong> neben dem objektiven Erfolgsmoment vor allem das sogenannte Zeitmomentder weiteren Verfahrensdauer einbeziehen muss (Bund<strong>es</strong>tagsdrucksache 16/511,Seite 19).Bei di<strong>es</strong>er Abwägung muss nach der Begründung ein b<strong>es</strong>onderer Nachteil für den Klägerinf<strong>es</strong>tg<strong>es</strong>tellt werden, der sich in der Proz<strong>es</strong>ssituation aus einem weiteren Aufschub der Endentscheidunger<strong>gibt</strong>.Dabei wird eine hohe Erfolgsaussicht der Klage insb<strong>es</strong>ondere für <strong>die</strong> Fälle in Betracht gezogen,in denen ein sogenannt<strong>es</strong> qualifiziert<strong>es</strong> Privatgutachten vorliegt und di<strong>es</strong><strong>es</strong> nach Einschätzungd<strong>es</strong> Gerichts eine erhöhte Richtigkeitsgewähr für sich in Anspruch nehmen kann.Di<strong>es</strong>er Fall könne dann vorliegen, wenn sich <strong>die</strong> Parteien auf <strong>die</strong> Person d<strong>es</strong> gutachtendenSachverständigen geeinigt hätten oder wenn das Privatgutachten auf der Grundlage ein<strong>es</strong>


5Ortstermins gefertigt ist und sich auch mit Einwendungen d<strong>es</strong> Beklagten auseinandersetze(Bund<strong>es</strong>tagsdrucksache 16/511, Deutscher Bund<strong>es</strong>tag, 16. Wahlperiode, Begründung <strong>zum</strong>Forderungssicherungsg<strong>es</strong>etz FoSiG, Seiten 19 und 20).Wenn <strong>die</strong> hohe Erfolgsaussicht der Klage angenommen wird, muss eine umfassende Abwägungder Inter<strong>es</strong>sen der Parteien gegeneinander vorgenommen werden. Der Klägerin hat darzulegen,welche nachteiligen Folgen <strong>die</strong> voraussichtliche weitere Verfahrensdauer für ihn hätteund inwiefern eine vorläufige Titulierung sein<strong>es</strong> Zahlungsanspruchs geeignet wäre, di<strong>es</strong>eFolgen abzuwehren.Es muss für <strong>die</strong> b<strong>es</strong>onderen Nachteile nach der Begründung konkret im Einzelfall vorgetragenwerden, welche nachteiligen Folgen <strong>die</strong> noch zu erwartende Verfahrensdauer für den Klägerhaben wird. Auf der anderen Seite sind <strong>die</strong> Belange d<strong>es</strong> Beklagten, <strong>die</strong> in <strong>die</strong> Abwicklung einfließensollen, von di<strong>es</strong>em im Einzelnen darzulegen.Auch Umstände auf Seiten d<strong>es</strong> Beklagten, insb<strong>es</strong>ondere wirtschaftliche Verhältnisse, sinddabei auf beiden Seiten zu berücksichtigen.Anders <strong>als</strong> im Verfahren d<strong>es</strong> einstweiligen Rechtsschutz<strong>es</strong> nach § 916 ff. ZPO ist aber <strong>die</strong>Darlegung einer klägerischen Notlage, wie sie bei der richterlich entwickelten Leistungsverfügungvorausg<strong>es</strong>etzt wird, weder von Bedeutung noch erforderlich. Aber auch von den Anforderungend<strong>es</strong> Anordnungsgrund<strong>es</strong> nach § 940 ZPO hebt sich <strong>die</strong> vorläufige Zahlungsanordnungw<strong>es</strong>entlich ab, weil sie nach der Begründung d<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong> ihrer Funktion nach Teil d<strong>es</strong>Hauptsacheverfahrens ist, so dass das Gericht auf sämtliche zwischenzeitlich erlangte Verfahrensergebnisseder Hauptsache zurückgreifen kann und damit auch das rechtliche Gehör d<strong>es</strong>Proz<strong>es</strong>sgegners gewahrt sei.Die vorläufige Zahlungsanordnung soll nach der G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>begründung dem Klägerin schon vorErlass der Endentscheidung einen Vollstreckungstitel verschaffen. D<strong>es</strong>halb sind <strong>die</strong> Vorschriftender §§ 708 ff. ZPO für anwendbar erklärt worden. Obwohl <strong>die</strong> vorläufige Zahlungsanordnungnach Abs. 7 unanfechtbar ist und damit <strong>die</strong> Voraussetzungen d<strong>es</strong> § 713 ZPO dem Wortlautnach erfüllt wären, stellt di<strong>es</strong>e jedoch keine endgültige Regelung dar. Der Ausschluss ei-


6ner Abwendungsbefugnis d<strong>es</strong> Schuldners nach § 713 ZPO wäre d<strong>es</strong>halb nach der Begründungd<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurfs nicht zu rechtfertigen (Bund<strong>es</strong>tagsdrucksache 16/511,Seite 21,rechte Kolumne oben).Der Zahlungspflicht aufgrund einer vorläufigen Zahlungsanordnung könne der Schuldner nachder G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>begründung gleichwohl nicht durch einen Schutzantrag nach § 712 ZPO entgehen,wenn <strong>die</strong> Inter<strong>es</strong>senabwägung nach § 712 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu seinen Lasten bewertetwerden müsse, denn in den Fällen, in denen eine vorläufige Zahlungsanordnung erlassenwerden könne, müsse ja tatb<strong>es</strong>tandsmäßig schon das überwiegende Inter<strong>es</strong>se d<strong>es</strong> Gläubigersvorliegen und damit <strong>die</strong> Voraussetzungen einer Vollstreckungsabwendung regelmäßig verhindern(so G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>begründung a. a. O.).5.Zu di<strong>es</strong>em G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf liegen zahlreiche <strong>Stellungnahme</strong>n vor, <strong>die</strong> sich insb<strong>es</strong>ondere mitder vorg<strong>es</strong>ehenen Neuregelung d<strong>es</strong> § 302a ZPO (vorläufige Zahlungsanordnung) befasst haben.5.1In IBR 2003, Seite 714 ist eine <strong>Stellungnahme</strong> von Prof. Dr. Rolf Kniffka, Mitglied d<strong>es</strong> 7. Zivilsenatsd<strong>es</strong> Bund<strong>es</strong>gerichtshofs im Zusammenhang mit dem dam<strong>als</strong> vorliegenden Abschlußberichtder Bund-Länder-Arbeitsgruppe Zahlungsmoral veröffentlicht worden.Zum damaligen Zeitpunkt war <strong>die</strong> vorläufige Zahlungsanordnung noch in der dam<strong>als</strong> so bezeichnetenim Entwurf vorliegenden Vorschrift d<strong>es</strong> § 940 b ff. ZPO-E formuliert. Die damaligevorläufige Zahlungsanordnung sollte in Bausachen gelten, so dass sich der Beitrag mit derFrage auseinandersetzt, ob nach dem damaligen Entwurf nur Ansprüche von Unternehmenaus Verträgen über <strong>die</strong> Errichtung oder den Umbau ein<strong>es</strong> Bauwerks, einer Außenanlage oderein<strong>es</strong> Teils davon, Gegenstand der Neuregelung sein sollten. Es war offen, ob beispielsweiseauch Ansprüche aus anderen Werkverträgen, wie <strong>zum</strong> Beispiel der Architekten, darunter fallenkönnten oder überhaupt auch Ansprüche außerhalb d<strong>es</strong> Werkvertragsrechts erfasst werdensollten.


75.2Der Bund<strong>es</strong>rat hat am 11.06.2004 einen neuen Entwurf d<strong>es</strong> Forderungssicherungsg<strong>es</strong>etz<strong>es</strong> indas G<strong>es</strong>etzgebungsverfahren eingebracht (Bund<strong>es</strong>tagsdrucksache 458/04). Dazu ist in IBR2004, Seite 483 wiederum eine <strong>Stellungnahme</strong> d<strong>es</strong> Mitglieds d<strong>es</strong> 7. Zivilsenats d<strong>es</strong> Bund<strong>es</strong>gerichtshofs,Prof. Dr. Rolf Kniffka, erschienen.Di<strong>es</strong>er G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf enthält bereits <strong>die</strong> Regelung oben zitierte Regelung, so dass alleGeldforderungen gleich welcher Art, <strong>als</strong>o auch außerhalb d<strong>es</strong> Werkvertragsrechts einer vorläufigenZahlungsanordnung zugeführt werden können.Kniffka führt in di<strong>es</strong>er <strong>Stellungnahme</strong> aus, dass das G<strong>es</strong>etz das Ziel verfolgt, <strong>die</strong> Zahlungsmoraldurch ein Bündel von Maßnahmen zu stärken und vor allem Handwerksbetriebe in <strong>die</strong> Lageversetzen soll, ihre Werklohnforderung effektiv zu sichern und einfacher und schneller einenTitel zu erlangen. Insb<strong>es</strong>ondere sollte in Bauproz<strong>es</strong>sen verhindert werden, dass wirtschaftlichwenig bedeutsame Einwendungen umfangreich im Rahmen einer Beweisaufnahmeaufgeklärt werden müssen und der Schuldner zu Lasten d<strong>es</strong> Gläubigers <strong>die</strong> Verfahrensdauerdamit zweckfremd ausnutzen könne und immer neue Mängel nachschiebe, <strong>die</strong> eine Endentscheidungverhindern würden.Dabei ist in di<strong>es</strong>er <strong>Stellungnahme</strong> der G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf <strong>als</strong> positiv bewertet worden. Da <strong>die</strong>Rechtsprechung <strong>die</strong> Möglichkeit d<strong>es</strong> Teilurteils nach § 302 ZPO zurückgedrängt habe, dass<strong>die</strong> erhoffte Abschichtungswirkung zugunsten d<strong>es</strong> Gläubigers nicht eintreten könne, sei <strong>die</strong>vorläufige Zahlungsanordnung in der Praxis in vielen Fällen für eine befriedigende Lösunggeeignet, insb<strong>es</strong>ondere dann, wenn aus proz<strong>es</strong>sualen Gründen eine Entscheidung nicht ergehenkönne, obwohl das Gericht keinen ernsthaften Zweifel daran habe, dass ein b<strong>es</strong>timmterBetrag letztlich zuzusprechen sei, wobei sich das insb<strong>es</strong>ondere auch nach einem bei Proz<strong>es</strong>sbeginnvorgelegten überzeugenden Privatgutachter ergeben könne. Da mit dem zu di<strong>es</strong>emZeitpunkt bereits vorliegenden G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf <strong>die</strong> Vollstreckung bei Beträgen von über1.200,00 € nur gegen Sicherheitsleistung möglich sei, <strong>die</strong> ihrerseits abgewendet werden könne,seien Bedenken gegen den ersten Vorschlag der Bund-Länder-Arbeitsgruppe ausgeräumt(Kniffka in IBR 2004, Seite 483).´Dass aus dem Bereich der Handwerksunternehmen derWunsch geäußert worden sei, frühzeitig einen Titel zu erlangen, der durch Sicherheitsleistung


8nicht abgewendet werden könne, so dass ein unmittelbarer Zugriff auf das Vermögen d<strong>es</strong>Schuldners stattfinden könne, sei mit dem Proz<strong>es</strong>srecht nicht zu vereinbaren. Auch bei einemvorläufig vollstreckbaren Urteil I. Instanz, das keine Rechtskraft habe, sei <strong>die</strong> Sachlage nichtanders. Nach einer auf abg<strong>es</strong>chwächter Aufklärungsgrundlage beruhenden vorläufigen Zahlungsanordnungkönne di<strong>es</strong> nicht anders sein. Da nicht nur <strong>die</strong> Erfolgsprognose, sondern auch<strong>die</strong> Inter<strong>es</strong>senabwägung von Bedeutung sei, müsse, je länger der Proz<strong>es</strong>s dauere, umso höher<strong>die</strong> Inter<strong>es</strong>sen d<strong>es</strong>jenigen bewertet werden, der einen Titel erstrebt. Nur im Einzelfall können<strong>die</strong> Inter<strong>es</strong>sen d<strong>es</strong> Schuldners höher bewertet werden, denn di<strong>es</strong>em wird durch <strong>die</strong>Vollstreckung einer vorläufigen Zahlungsanordnung Liquidität entzogen, <strong>die</strong> er möglicherweis<strong>es</strong>päter wieder über den Schadenersatzanspruch und über <strong>die</strong> Sicherheitsleistung zurückfordernmüsse.Möglicherweise sei <strong>es</strong> ein Schwachpunkt d<strong>es</strong> g<strong>es</strong>etzlichen Entwurfs, dass <strong>die</strong> Entscheidungd<strong>es</strong> Richters unanfechtbar sei. Kniffka hält den Entwurf ind<strong>es</strong>sen für einen ausgewogenenVorschlag zur Behebung der ernstzunehmenden strukturellen Schwäche b<strong>es</strong>onders langdauernder Proz<strong>es</strong>se. Möglicherweise sei auf <strong>die</strong> Bedenken der Unanfechtbarkeit das Rechtsinstituteiner B<strong>es</strong>chwerde einzuführen. Die mit einer B<strong>es</strong>chwerde verbundene Verzögerungkönne unter Umständen dadurch verringert werden, dass dem B<strong>es</strong>chwerdegericht auferlegtwird, binnen einer kurzen Frist von 4 Wochen zu entscheiden, wie beispielsweise in § 113GWB geregelt. Mit der Zulassung der B<strong>es</strong>chwerde würden auch <strong>die</strong> Bedenken derjenigen berücksichtigt,welche <strong>die</strong> Möglichkeit einer in das Erm<strong>es</strong>sen d<strong>es</strong> Richters g<strong>es</strong>tellten unanfechtbarenvorläufigen Zahlungsanordnung befürchten, dass <strong>die</strong> richterliche Willkür hier Einzughalten könnte.Kniffka weist darauf hin, dass <strong>die</strong> Unanfechtbarkeit der vorläufigen Zahlungsanordnung durchausabgewogen werden müsse; gerade <strong>die</strong> Unanfechtbarkeit führe allerdings zur schnellenund gerechten Entscheidung. Di<strong>es</strong><strong>es</strong> Rechtsinstitut müsse aber mit Augenmaß und großerVerantwortung genutzt werden (Kniffka in IBR 2004, Seite 483).Das Institut dürfe nicht dazuführen, dass Richter unter Missachtung d<strong>es</strong> Sachaufklärungsgebots vorschnell und ohne ausreichendeGrundlage vorläufige Zahlungsanordnungen aussprechen. Das gelte auch, wennder Unternehmer Werklohn geltend machen wolle. Das G<strong>es</strong>etz wolle in erster Linie den Unternehmernhelfen, ihre berechtigten Forderungen schneller durchzusetzen. D<strong>es</strong>halb dürften


9aber Unternehmerinter<strong>es</strong>sen nicht ohne Weiter<strong>es</strong> vor berechtigte B<strong>es</strong>tellerinter<strong>es</strong>sen g<strong>es</strong>telltwerden.5.3Der Zentralverband d<strong>es</strong> Deutschen Baugewerb<strong>es</strong> e.V. hat am30.08.2004 eine <strong>Stellungnahme</strong><strong>zum</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf vorgelegt und <strong>die</strong> Vorschrift d<strong>es</strong> § 302a ZPO ausdrücklich begrüßt,weil nur so das g<strong>es</strong>etzgeberische Ziel zur Verb<strong>es</strong>serung der Zahlungsmoral unterstütztund nachhaltig verb<strong>es</strong>sert werden könne. Dem Unternehmer, der auch unter b<strong>es</strong>onderer Berücksichtigungseiner ihm nach dem Werkvertrag obliegenden Vorleistungspflicht darauf angewi<strong>es</strong>ensei, schnell auf <strong>die</strong> ihm zustehende Vergütung zugreifen zu können, müsse Unterstützunggewährt werden.5.4Im September 2004 wurde <strong>die</strong> <strong>Stellungnahme</strong> der Bund<strong>es</strong>rechtsanwaltskammer zu denEmpfehlungen der Ausschüsse <strong>zum</strong> Entwurf d<strong>es</strong> Forderungssicherungsg<strong>es</strong>etz<strong>es</strong> vorgelegt,erarbeitet vom Schuldrechtsausschuss und ZPO/GVG-Ausschuss der Bund<strong>es</strong>rechtsanwaltskammer.Di<strong>es</strong>e <strong>Stellungnahme</strong> liegt dem Bund<strong>es</strong>ministerium der Justiz und dem Rechtsausschussd<strong>es</strong> Deutschen Bund<strong>es</strong>tags seit September 2004 vor.In di<strong>es</strong>er <strong>Stellungnahme</strong> wird unter Ziff. 9 zu dem Entwurf d<strong>es</strong> § 302a ZPO darauf hingewi<strong>es</strong>en,dass <strong>es</strong> sinnvoller wäre, <strong>die</strong> Proz<strong>es</strong>sleitungspflicht der Tatrichter zu schärfen und dadurchauf eine B<strong>es</strong>chleunigung der Entscheidungsfindung in den Tatsacheninstanzen hinzuwirken,<strong>als</strong> ein neu<strong>es</strong> Verfahren der vorläufigen Zahlungsanordnung einzuführen.Die <strong>Stellungnahme</strong> der Bund<strong>es</strong>rechtsanwaltskammer betont, dass ein solch<strong>es</strong> zusätzlich<strong>es</strong>Verfahren der vorläufigen Zahlungsanordnung im Hauptsacheproz<strong>es</strong>s dazu führen wird, dass<strong>die</strong> Gerichte zusätzlich belastet werden, während der zeitliche Gewinn bei einer Erhöhung derPflichten zur Verfahrensb<strong>es</strong>chleunigung gering ist.Eine hinreichend abg<strong>es</strong>icherte Prognoseentscheidung im Bauproz<strong>es</strong>s sei ohne hinreichendeSachaufklärung nicht möglich. Die Bund<strong>es</strong>rechtsanwaltskammer hat in der <strong>Stellungnahme</strong>Bedenken geltend gemacht, dass eine hinreichend verlässliche Prognoseentscheidung ohne


10Beweisaufnahme nicht möglich ist; daran ändere sich auch bei Vorlage ein<strong>es</strong> qualifiziertenPrivatgutachtens nichts, da Privatgutachter regelmäßig Auftragnehmer einer Partei sind undd<strong>es</strong>halb mit gutem Recht di<strong>es</strong>e Privatgutachten nur <strong>als</strong> Parteivortrag gewertet werden dürften.Auch der Sachverständige, auf den sich <strong>die</strong> Parteien geeinigt hätten, könnte sich irren. ImÜbrigen wird nach Erlass der Vorschrift kaum noch davon auszugehen sein, dass sich <strong>die</strong>Parteien auf einen Gutachter einigen, denn <strong>die</strong> Anwälte der beklagten Partei müssten voneiner solchen Einigung abraten, um nicht <strong>die</strong> Möglichkeiten der vorläufigen Zahlungsanordnungzulasten der eigenen Partei zu fördern.Vor allem werde der Rechtsstreit mit Zumutbarkeitsüberlegungen überfrachtet, <strong>zum</strong>al bei derAbwägung der Inter<strong>es</strong>sen d<strong>es</strong> Gläubigers <strong>die</strong> Unterschiede bei Auftragsstruktur, PersonalundMaterialkosten berücksichtigt werden sollen und damit gerade schlecht organisierte Unternehmer,<strong>die</strong> aufgrund unzureichender betriebsinterner Organisation Liquiditätsschwierigkeitenhaben, im Proz<strong>es</strong>sverfahren b<strong>es</strong>serg<strong>es</strong>tellt werden würden.5.5Auch der Deutsche Anwaltsverein hat sich im Oktober 2004 in einer <strong>Stellungnahme</strong> d<strong>es</strong> zuständigenAusschuss<strong>es</strong> zu dem G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf geäußert. Di<strong>es</strong>e <strong>Stellungnahme</strong> liegt demRechtsausschuss d<strong>es</strong> Deutschen Bund<strong>es</strong>tags und dem Bund<strong>es</strong>justizministerium in Berlin seitOktober 2004 vor.Zu der maßgeblichen Vorschrift d<strong>es</strong> § 302a ZPO-E hat auch der Deutsche Anwaltsverein Bedenkenim Hinblick auf den praktischen Nutzen der vorg<strong>es</strong>ehenen neuen Regelung geäußert.Nur in seltenen Fällen sei zu erwarten, dass der Unternehmer schneller zu einem Titel kommt,da der Richter vor Vorlage ein<strong>es</strong> Gutachtens <strong>die</strong> Erfolgsprognose kaum einschätzen könne.Selbst wenn ein qualifiziert<strong>es</strong> Privatgutachten vorliege, könne der Gegner auch ein solch<strong>es</strong>Privatgutachten einreichen, so dass dem Richter <strong>die</strong> Prognose unmöglich gemacht werde. DieAbwägung der beiderseitigen berechtigten Inter<strong>es</strong>sen lasse im Übrigen befürchten, dass <strong>die</strong>vorläufige Zahlungsanordnung zu einem stumpfen Schwert werde.Da nach § 302a Abs. 3 d<strong>es</strong> Entwurfs <strong>die</strong> vorläufige Zahlungsanordnung dem vorläufig


11vollstreckbaren Endurteil gleichsteht, sieht der Entwurf auch <strong>die</strong> Anwendung der §§ 708 ff. vor,so dass der Richter <strong>die</strong> vorläufige Zahlungsanordnung für vorläufig vollstreckbar erklärenmüsse und <strong>die</strong> Vollstreckung häufig nur gegen Sicherheitsleistung erfolgen könne (§ 709ZPO). Der praktische Nutzen der vorläufigen Zahlungsanordnung sei d<strong>es</strong>halb w<strong>es</strong>entlich geringer,weil der Gläubiger regelmäßig seine Liquidität b<strong>es</strong>chränken müsse, um Sicherheit zuleisten.Die Unanfechtbarkeit d<strong>es</strong> B<strong>es</strong>chluss<strong>es</strong> hielt <strong>die</strong> <strong>Stellungnahme</strong> d<strong>es</strong> Deutschen Anwaltsvereinvom Oktober 2004 ebenfalls für bedenklich und zwar auch, weil sich damit keine gef<strong>es</strong>tigten,einheitlichen Grundsätze zur neueren Regelung und einer einheitlichen Rechtsprechung entwickelnkönnten. Di<strong>es</strong> war ein G<strong>es</strong>ichtspunkt, der schon aus der Sicht d<strong>es</strong> Richters am Bund<strong>es</strong>gerichtshof,Kniffka, zuvor geäußert worden war (vgl. dazu Kniffka in IBR 2004, Seite 483,485).5.6In einem Th<strong>es</strong>enpapier d<strong>es</strong> Referenten Dr. Wolfram Grauer vom 17.01.2006 wird darauf hingewi<strong>es</strong>en,dass das Instrument der vorläufigen Zahlungsanordnung gerade bei komplexenBaustreitigkeiten voraussetzt, dass der Richter in der Abwicklung von Baustreitigkeiten einegroße Erfahrung hat. Bei der Inter<strong>es</strong>senabwägung müsse <strong>es</strong> genügen, dass eine lange Verfahrensdauer<strong>als</strong> Nachteil für den Klägerin geltend gemacht werden könne. Die vorläufigeZahlungsanordnung sollte immer gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar sein. UnterVorlage der entsprechenden Sicherheit könne der Klägerin dann dem Sinn und Zweck derVorschrift entsprechend Zahlung erlangen. Die Regelungen der §§ 708-713 ZPO seien nachdi<strong>es</strong>er Referentenstellungnahme nicht erforderlich und sollten gar nicht zur Anwendung kommen.Vor allem bei der Anwendung der Regelung d<strong>es</strong> § 712 ZPO (Abwendungsbefugnisunabhängig von Gläubigersicherheit) müsse das Gericht im Zuge der Prüfung Umstände berücksichtigen,<strong>die</strong> schon bei der Abwägung, ob eine vorläufige Zahlungsanordnung ergehenkönne, berücksichtigt worden seien.Zu dem Absatz 7 d<strong>es</strong> Entwurfs, der vorsieht, dass der B<strong>es</strong>chluss der vorläufigen Zahlungsanordnungnicht anfechtbar sein soll, wird in dem Referentenpapier von Grauer ausgeführt,dass <strong>die</strong> Diskussion <strong>zum</strong> Entwurf d<strong>es</strong> Forderungssicherungsg<strong>es</strong>etz<strong>es</strong> ergeben habe, dass


12eine sofortige B<strong>es</strong>chwerde gegen den B<strong>es</strong>chluss d<strong>es</strong> Gerichts über den Antrag auf Erlasseiner vorläufigen Zahlungsanordnung zugelassen werden sollte. Di<strong>es</strong>e B<strong>es</strong>chwerdemöglichkeitentgegen dem Entwurf mindere <strong>die</strong> Sorge der Parteien vor einer unzutreffenden Prognoseund Erm<strong>es</strong>sensentscheidung d<strong>es</strong> Gerichts und fördere auch <strong>die</strong> Bereitschaft der Gerichte zurAnwendung der vorläufigen Zahlungsanordnung und schaffe auch über B<strong>es</strong>chwerdeentscheidungen<strong>die</strong> schon von Kniffka ang<strong>es</strong>prochene Möglichkeit der Entwicklung einheitlicherRechtsprechung und einheitlicher Rechtsgrundsätze und führe zur Rechtssicherheit im Umgangmit di<strong>es</strong>em Institut.5.7Im Th<strong>es</strong>enpapier d<strong>es</strong> Referenten Dr. Wolfgang Köble vom Januar 2006 wird darauf hingewi<strong>es</strong>en,dass Bedenken gegen <strong>die</strong> Regelung gerechtfertigt sein könnten, weil der Auftragnehmermit der vorläufigen Zahlungsanordnung nur <strong>die</strong> Sicherheit erlange, <strong>die</strong> er im vertraglichenVorfeld nach § 648a BGB schon hätte geltend machen können. Mit dem vorläufig vollstreckbarenTitel wäre zwar gegen Sicherheitsleistung eine Zwangsvollstreckung möglich, bei der Insolvenzd<strong>es</strong> Auftraggeber werde aber keine Zahlung erwirkt; außerdem könne der Auftragnehmerdurch eigene Sicherheitsleistung <strong>die</strong> Vollstreckung abwenden.Liquiditätsschwierigkeiten beim Auftragnehmer und das Insolvenzrisiko beim B<strong>es</strong>teller könnedamit durch di<strong>es</strong>e Regelung nicht verhindert werden. Vielmehr könne das Verfahren auf Erlasseiner möglichen Zahlungsanordnung möglicherweise sogar zu einer Verzögerung d<strong>es</strong>Hauptsacheproz<strong>es</strong>s<strong>es</strong> führen.Mit einem Beitrag vom 04.07.2006 hat Heiland <strong>zum</strong> Entwurf d<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong> und zur Vorschriftd<strong>es</strong> § 302a ZPO-E Stellung genommen. Der 1. Deutsche Baugerichtstag hatte sich mit knapperMehrheit gegen <strong>die</strong> Einführung der Regelung d<strong>es</strong> § 302a ZPO-E ausg<strong>es</strong>prochen. Der Beitragvon Heiland geht davon aus, dass <strong>die</strong> Ziele d<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etzgebers, <strong>die</strong> Liquidität scheinbarberechtigter Kläger verb<strong>es</strong>sern zu können, durch <strong>die</strong> Vorschrift nicht erreicht werden können,denn wenn das Handwerksunternehmen Liquiditätsschwierigkeiten habe, könne <strong>es</strong> nicht in derLage sein, einen Sicherungsgeber zu finden, der <strong>die</strong> zur Vollstreckung erforderliche Sicherheitsleistungzur Verfügung stellt.


13Bei der Abwägung sei <strong>die</strong> über di<strong>es</strong><strong>es</strong> Proz<strong>es</strong>sinstitut letztlich nur zu erzielende zusätzlicheZahlungssicherheit mit Zug<strong>es</strong>tändnissen an eine rechtsstaatlich defizitäre Entscheidungsfindungerkauft, <strong>die</strong> bei der gebotenen Abwägung und Prognose keine klare materiellrechtlicheGrundlage für eine Entscheidung biete.5.8Mit einer Mitteilung d<strong>es</strong> Bund<strong>es</strong>tags vom 16.01.2008 wurde veröffentlicht, dass der Petitionsausschusssich im Januar für eine Verb<strong>es</strong>serung der Durchsetzung finanzieller Ansprücheder Werkunternehmer im Zusammenhang mit dem erörterten G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf eing<strong>es</strong>etzt habe.Im Petitionsausschuss wurde im Rahmen der Prüfung darauf hingewi<strong>es</strong>en, dass der Bund<strong>es</strong>ratbereits den Entwurf d<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong> zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen undzur verb<strong>es</strong>serten Durchsetzung von Forderungen vorgelegt habe, der von der Bund<strong>es</strong>regierungunterstützt werde. Ohne berechtigte Inter<strong>es</strong>sen der Verbraucher aus den Augen zu verlieren,wären dort Maßnahmen vorg<strong>es</strong>chlagen, welche <strong>die</strong> rechtliche Situation der Handwerkerstärken sollten. So sehe der G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf vor, <strong>die</strong> Voraussetzungen zu regeln, unter denender Unternehmer Abschlagszahlungen verlangen und erleichtert durchsetzen könne. Vorallem sollte durch <strong>die</strong> Einführung einer vorläufigen Zahlungsanordnung dafür Sorge getragenwerden, dass Handwerker schneller Geld bekommen, wenn <strong>die</strong> Vergütung etwa unter Verweisauf Mängel zurückgehalten werde. Es solle ein vollstreckbarer Titel g<strong>es</strong>chaffen werden, mitdem <strong>die</strong> ang<strong>es</strong>trengte Klage nach richterlicher Voreinschätzung hohe Aussicht auf Erfolg habeund <strong>die</strong> Anordnung zur vorläufigen Zahlung zur Abwendung b<strong>es</strong>onderer Nachteile für den Klägergerechtfertigt sei.Nach einem für Mitte Mai vorg<strong>es</strong>ehenen Hearing ist damit mit einer abschließenden Entscheidungüber den G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf zu rechnen.II<strong>Stellungnahme</strong> der Rechtsanwaltskammer Karlsruhe


14Die neue g<strong>es</strong>etzliche Vorschrift d<strong>es</strong> § 302a ZPO-E sieht eine für das deutsche Proz<strong>es</strong>srechtvöllig neue zusätzliche Verfahrensform vor, <strong>die</strong> sich nach der Entwicklung der Entwürfe vorallem am Bauproz<strong>es</strong>s orientiert, aber durch <strong>die</strong> zwischenzeitlichen Änderungen der Formulierungend<strong>es</strong> Entwurfs über den Bauproz<strong>es</strong>s weit hinausgeht und für alle ForderungsverfahrenGeltung haben würde.1.Der dem Entwurf zugrunde liegende Gedanke, in langwierigen Proz<strong>es</strong>sverfahren auf derGrundlage einer summarischen Entscheidung eine schnelle vorläufige Titulierung herbeizuführen,ist dem deutschen Proz<strong>es</strong>srecht insoweit nicht fremd, <strong>als</strong> auch vorläufige summarischeEntscheidungen in den Verfahren der einstweiligen Verfügung oder der einstweiligen Anordnunglängst Praxis sind. Der Unterschied im Fall der neu vorg<strong>es</strong>ehenen Regelung d<strong>es</strong> § 302aZPO-E zu di<strong>es</strong>en Verfahren ist aber, dass ein einem vorläufig vollstreckbaren Titel I. Instanz inden Wirkungen völlig gleich g<strong>es</strong>tellter Titel g<strong>es</strong>chaffen wird, der nicht nur auf Sequ<strong>es</strong>trationund Sicherung gerichtet ist, sondern der nach Sicherheitsleistung im Wege der Vollstreckungeine Auskehr der g<strong>es</strong>chuldeten und nach vorläufiger Auffassung d<strong>es</strong> Richters überwiegendbegründeten Zahlungsansprüche zur Folge hat und sich nicht nur auf <strong>die</strong> Vollstreckungsmöglichkeitennach § 720a ZPO b<strong>es</strong>chränkt.2.Der Vergleich mit g<strong>es</strong>etzlichen und proz<strong>es</strong>sualen Regelungen im Ausland zeigt, dass derRechtsgedanke d<strong>es</strong> Entwurfs grundsätzlich bei einem Vergleich mit anderen Regelungen europäischerMitgliedsstaaten nicht völlig überraschend sein kann.So kennt das französische Zivilproz<strong>es</strong>srecht das Verfahren der sogenannten „Référé Provision“.Die einschlägigen B<strong>es</strong>timmungen der französischen Zivilproz<strong>es</strong>sordnung („Nouveau Codede Procédure Civile“) zu dem „Référé Provision“-Verfahren ergeben, dass in Frankreich di<strong>es</strong><strong>es</strong>Verfahren <strong>als</strong> eigen<strong>es</strong> summarisch<strong>es</strong> Verfahren sowohl vor dem Amtsgericht <strong>als</strong> auch demLandgericht und auch dem nach dem französischen Proz<strong>es</strong>srecht eingerichteten Handelsgerichtauf Antrag durchgeführt werden kann und in der Praxis häufig ist.Art. 809 der französischen Zivilproz<strong>es</strong>sordnung sieht beispielsweise vor, dass durch den dafür


15zuständigen Richter im summarischen Verfahren eine Forderung tituliert werden kann, wenn<strong>die</strong> Einwendungen im summarischen Verfahren nicht erheblich erscheinen und <strong>die</strong> Verpflichtungnicht ernsthaft infrage g<strong>es</strong>tellt werden kann („Dans l<strong>es</strong> cas où l’existence de l’obligationn’<strong>es</strong>t pas sérieusement cont<strong>es</strong>table, …“). Nach dem französischen Proz<strong>es</strong>srecht ergeht indi<strong>es</strong>en Verfahren ein B<strong>es</strong>chluss und kein Urteil („ordonnance“). Di<strong>es</strong>er B<strong>es</strong>chluss ist einvollstreckbarer Titel, der ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar, aber durch eine Berufung anfechtbarist. Dabei ist der Richter nach französischem Recht in di<strong>es</strong>em Verfahren nicht identischmit dem Richter ein<strong>es</strong> Hauptsacheproz<strong>es</strong>s<strong>es</strong>. Wenn sich im summarischen Verfahrener<strong>gibt</strong>, dass <strong>die</strong> streitgegenständliche Forderung durchaus mit erheblichen Einwendungeninfrage g<strong>es</strong>tellt werden kann und das summarische Verfahren nicht zur Überzeugung d<strong>es</strong>Richters Anlass für einen solchen B<strong>es</strong>chluss <strong>gibt</strong>, endet <strong>die</strong> Zuständigkeit di<strong>es</strong><strong>es</strong> Richters, erwird unzuständig und das Verfahren muss in einen förmlichen Hauptsacheproz<strong>es</strong>s übergeleitetwerden. Di<strong>es</strong>e Regelungen gelten für alle vorgenannten Verfahrenswege in Frankreich.Der Vergleich zeigt, dass das Inter<strong>es</strong>se bei der Abwägung widerstreitender Inter<strong>es</strong>sen d<strong>es</strong>Gläubigers und d<strong>es</strong> Schuldners, zu einem angem<strong>es</strong>senen Ausgleich und einer gebotenenTitulierungsform zu kommen, in der seit Jahren in der französischen Rechtspraxis geübtenForm praktiziert wird, und zwar ohne zeitliche Begrenzung d<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>. Der Vergleich zeigtaber auch, dass nur dann, wenn wirklich keine ernsthaften Einwendungen gegen <strong>die</strong> Forderunggeltend gemacht werden können, im summarischen Verfahren ein vollstreckbarer Titeldurch einen B<strong>es</strong>chluss ergehen kann und der Vergleich zeigt, dass <strong>die</strong> französische Zivilproz<strong>es</strong>sordnungund Rechtspraxis selbstverständlich auf eine Überprüfungsmöglichkeit und dasRechtsmittel der Berufung in di<strong>es</strong>em b<strong>es</strong>onderen Verfahrensweg nicht verzichtet hat und auchnicht verzichten will.3.Aus der Sicht d<strong>es</strong> Proz<strong>es</strong>sanwalts müssen <strong>die</strong> Bedenken gegen den jetzt vorliegenden Entwurfauch nach di<strong>es</strong>em Vergleich überwiegen.3.1Sollte sich in der Diskussion nicht <strong>die</strong> Forderung durchsetzen, dass <strong>die</strong> nach § 302a ZPO-Evorg<strong>es</strong>ehene Möglichkeit der vorläufigen Zahlungsanordnung rechtsmittelfähig sein muss und


16sollte <strong>es</strong> bei dem Entwurf zu § 302a ZPO Abs. 7 bleiben, wonach der B<strong>es</strong>chluss nicht anfechtbarist, wäre im erstinstanzlichen Verfahren einer sachfremden Praxis Tür und Tor geöffnet.Alle <strong>Stellungnahme</strong>n betonen insoweit - soweit sie sich mit di<strong>es</strong>em G<strong>es</strong>ichtspunkt befassen -übereinstimmend und zutreffend, dass das Instrument der Neuregelung der vorläufigen Zahlungsanordnungvoraussetzt, dass di<strong>es</strong><strong>es</strong> Instrument nur dem erfahrenen Richter an <strong>die</strong> Handgegeben werden darf. Gerade aber in den Verfahren, in denen der Richter über unzureichendeErfahrungen oder nicht hinreichende Kenntnisse der b<strong>es</strong>onderen Anforderungen gerade imWerkvertragsproz<strong>es</strong>s verfügt, in dem eine nicht mehr justitiable Fülle von Sachvortrag zu unzähligenEinzelheiten der Werkleistung von den Anwälten vorgetragen worden sind, b<strong>es</strong>teht<strong>die</strong> Gefahr, dass der allein durch den Proz<strong>es</strong>sumfang möglicherweise überforderte und überlasteteRichter in dem Instrument der vorläufigen Zahlungsanordnung ein Mittel sieht, Vergleichsvorschlägedurchzusetzen und <strong>die</strong> Zustimmung der Parteien mit der Androhung, dassansonsten eine vorläufige Zahlungsanordnung ergehen würde, <strong>die</strong> unanfechtbar sei, <strong>die</strong> Parteienunter erheblichen wirtschaftlichen Druck setzt.3.2Es kann kein<strong>es</strong>wegs von vorn herein unterstellt werden, dass <strong>die</strong> Einwendungen d<strong>es</strong> B<strong>es</strong>tellersim Bauproz<strong>es</strong>s immer von vorn herein oder überwiegend konstruiert und unbegründetsein könnten und der Zahlungsverzögerung <strong>die</strong>nen. Die Rechtsprechung d<strong>es</strong> 7. Zivilsenatsd<strong>es</strong> Bund<strong>es</strong>gerichtshofs war in den letzten Jahren durch eine Akzentuierung geprägt, <strong>die</strong> invielfältiger Form <strong>die</strong> Inter<strong>es</strong>sen d<strong>es</strong> Auftraggebers und B<strong>es</strong>tellers und letztlich auch d<strong>es</strong> Verbrauchersin den Vordergrund g<strong>es</strong>tellt hat. Im Verhältnis zu di<strong>es</strong>er Rechtsprechung erscheint<strong>es</strong> aber ungereimt, wenn durch <strong>die</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>begründung und <strong>die</strong> oben aufgezeigten <strong>Stellungnahme</strong>nder Inter<strong>es</strong>senverbände der Handwerksunternehmen ausschließlich <strong>die</strong> Inter<strong>es</strong>send<strong>es</strong> Unternehmens <strong>als</strong> Auftragnehmer in den Vordergrund g<strong>es</strong>tellt werden. ArbeitsmarktpolitischeÜberlegungen, <strong>die</strong> einen Schutz der Arbeitsplätze im Mittelstand und in Handwerksbetriebenin den Vordergrund stellen, sind sicherlich berechtigt. Die Abwägung im Einzelfall, <strong>die</strong>dem Richter auch nach der neu vorg<strong>es</strong>ehenen Verfahrensart nicht erspart bleibt, sieht abervor, dass neben einer vor der Beweisaufnahme kaum in seriöser Form bewertbare Prognosebeurteilungvor allem eine Abwägung der Inter<strong>es</strong>sen der Parteien in wirtschaftlicher Hinsichtim Hinblick auf <strong>die</strong> Auswirkungen der Proz<strong>es</strong>sdauer vorgenommen werden müsse. Bei di<strong>es</strong>erAbwägung muss das Gericht nach dem Entwurf nicht nur aufklären, welche wirtschaftlichen


17Folgen <strong>die</strong> weitere mutmaßliche Proz<strong>es</strong>sdauer für das Unternehmen d<strong>es</strong> Klägers haben dürfte,sondern das Gericht muss in gleicher Weise umfangreich aufklären, welche möglichenwirtschaftlichen Nachteile sich für den B<strong>es</strong>teller und Auftraggeber im Falle ein<strong>es</strong> vorläufigvollstreckbaren Titels und einer Beitreibung der nach summarischer Beurteilung zug<strong>es</strong>prochenenBeträge ergeben würde.3.3Es ist daher mit den bereits ang<strong>es</strong>prochenen rechtsstaatlichen Bedenken unbedingt daraufWert zu legen, dass das Verfahren der vorläufigen Zahlungsanordnung nur dann überhauptvertretbar sein kann, wenn eine Rechtsmittelfähigkeit g<strong>es</strong>chaffen wird. Neben dem durchKniffka schon aufgezeigten G<strong>es</strong>ichtspunkt, dass bei Unanfechtbarkeit der B<strong>es</strong>chlüsse über <strong>die</strong>Bund<strong>es</strong>republik Deutschland hinweg eine völlig uneinheitliche Rechtsprechung in di<strong>es</strong>em b<strong>es</strong>onderenVerfahrensweg entstehen könne und damit weder auf der Ebene der Oberland<strong>es</strong>gerichte,g<strong>es</strong>chweige denn auf der Ebene d<strong>es</strong> Bund<strong>es</strong>gerichtshofs einheitliche Rechtsgrundsätzezu di<strong>es</strong>em Verfahrensweg g<strong>es</strong>chaffen werden können, ist vor allem ein anderer G<strong>es</strong>ichtspunktw<strong>es</strong>entlich: Der Richter, der sich von einem umfangreichen Werklohnforderungsproz<strong>es</strong>süberlastet sieht und der den Umfang d<strong>es</strong> Proz<strong>es</strong>svortrags beider Parteien <strong>als</strong> nichtmehr justitiabel ansieht, kommt leicht in <strong>die</strong> Versuchung, durch <strong>die</strong> Androhung mit dem möglichenErlass ein<strong>es</strong> nicht rechtsmittelfähigen Titels im Wege der vorläufigen Zahlungsanordnung<strong>die</strong> Parteien zu einem Vergleich zu veranlassen, der bei freier Entschließung und ohne<strong>die</strong> Gefahr einer <strong>die</strong> Existenz bedrohenden Maßnahme so nicht g<strong>es</strong>chlossen worden wäre.Droht der Richter damit, dass nach seiner vorläufigen summarischen Beurteilung das Privatgutachtend<strong>es</strong> Klägers im Sinne der Motive d<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etzgebers qualifiziert sei und damit demAnspruch in vollem Umfang entsprochen werden müsse, b<strong>es</strong>teht für den B<strong>es</strong>teller <strong>die</strong> Gefahr,dass seine möglicherweise in vollem Umfang gerechtfertigten Mängelrügen unberücksichtigtbleiben und er, weil er <strong>die</strong> Mangelb<strong>es</strong>eitigung im Wege der Ersatzvornahme bezahlen mussteund den doppelten Aufwand nicht finanzieren kann, durch <strong>die</strong> Vollstreckung in eine Existenzvernichtunggetrieben wird. Hat nämlich der Auftragnehmer, d<strong>es</strong>sen Liquiditätsinter<strong>es</strong>sendurch den G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf in den Vordergrund g<strong>es</strong>tellt werden, <strong>die</strong> Möglichkeit, Sicherheit zuleisten und vollstreckt er und treibt den Zahlungsanspruch bei, kommt eine Existenzvernichtungd<strong>es</strong> B<strong>es</strong>tellers in Betracht. Denn wenn der B<strong>es</strong>teller beispielsweise bei der Finanzierung


18ein<strong>es</strong> Einfamilienhaus<strong>es</strong> einen Teil der Vergütung zur Mängelb<strong>es</strong>eitigung im Wege der Ersatzvornahmeverwenden musste, weil der Auftragnehmer sich weigerte, berechtigte Mängeltrotz Fristsetzung und Nachfristsetzung zu b<strong>es</strong>eitigen, dann hat der B<strong>es</strong>teller möglicherweiseanhand seiner Einkommens- und Vermögenssituation keine Spielräume mehr und kann seinerseitskeine Sicherheitsleistung stellen, um <strong>die</strong> Vollstreckung abzuwehren und sieht sichdamit einer Existenzvernichtung gegenüber, <strong>die</strong> unter Umständen sogar zur Vollstreckung in<strong>die</strong> Immobilie und zur Versteigerung d<strong>es</strong> streitgegenständlichen Einfamilienhaus<strong>es</strong> führenkann.Der Richter würde bei einer Unanfechtbarkeit d<strong>es</strong> B<strong>es</strong>chluss<strong>es</strong> über <strong>die</strong> vorläufige Zahlungsanordnunggerade dann, wenn er sich im Verfahren überfordert oder überlastet fühlt, dazuverführt werden, <strong>die</strong> Parteien und <strong>die</strong> Anwälte zu einer Regelung zu drängen, <strong>die</strong> bei sachgerechterAbwägung und Beurteilung von dem Schuldner und d<strong>es</strong>sen Anwalt nicht vertretenwerden würden. Di<strong>es</strong><strong>es</strong> Druckmittel, das nicht überprüft werden kann, wenn <strong>es</strong> keine Rechtsmittelmöglichkeiten<strong>gibt</strong>, muss d<strong>es</strong>halb in erheblichem Umfang rechtsstaatlichen Bedenkenbegegnen, <strong>zum</strong>al <strong>die</strong> Erkenntnisgrundlagen für einen solchen Titel nach dem ausdrücklichenWillen d<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etzgebers nur summarisch und vorläufig sind und <strong>die</strong> unb<strong>es</strong>timmten Begriffe,<strong>die</strong> in der G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>begründung verwendet werden, wie insb<strong>es</strong>ondere das sogenannte qualifizierteParteigutachten einer näheren Überprüfung und Eingrenzung nicht mehr zugänglichwäre.3.4Es ist daher im Hinblick auf den vorstehenden Rechtsvergleich mit dem in der französischenZivilpraxis seit Jahren bewährten Rechtsinstituts d<strong>es</strong> Verfahrens d<strong>es</strong> „Référé Provision“ gemäߧ 809 Abs. 2 der französischen Zivilproz<strong>es</strong>sordnung unbedingt zu fordern, dass auch ineinem etwa eingeführten neuen Verfahren der vorläufigen Zahlungsanordnung eine Rechtsmittelfähigkeitg<strong>es</strong>chaffen werden muss, um den Verdacht oder <strong>die</strong> Gefahr willkürlicher Beurteilungengerade für <strong>die</strong> durchaus sicherlich wenigen Fälle auszuschließen, in denen ein Richterzuständig ist, der nicht über <strong>die</strong> umfassenden Erfahrungen im Bauproz<strong>es</strong>s verfügt, <strong>die</strong> zursachgerechten Anwendung di<strong>es</strong><strong>es</strong> neuen Instruments auch nach den Motiven d<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etzgebersnotwendig ist oder der überfordert zur Arbeitserleichterung zu dem Druckmittel greift, dasdi<strong>es</strong>e neue Verfahrensart nicht sein sollte.


193.5Ein weiterer G<strong>es</strong>ichtspunkt, der auch überzeugend gegen <strong>die</strong> Neufassung spricht, ist, dass <strong>die</strong>Ziele der Regelung mit hoher Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht erreicht werden können,sondern sich ins Gegenteil verkehren:Die Voraussetzung für eine vorläufige Zahlungsanordnung ist, dass sich das Gericht zunächstzusätzlich zu dem laufenden Erkenntnisverfahren im Hauptsacheproz<strong>es</strong>s in einem schon frühenStadium d<strong>es</strong> Proz<strong>es</strong>sverfahrens eingehend mit einer summarischen Prüfung und Abwägungder Wahrscheinlichkeiten bei den einzelnen Anspruchsgrundlagen und den darauf g<strong>es</strong>tütztenForderungsteilen befassen muss. In aller Regel ist der umfangreiche Bauproz<strong>es</strong>s, dender G<strong>es</strong>etzgeber hier im Auge hatte, dadurch geprägt, dass nicht nur einige wenige Einzelforderungengeprüft und beurteilt werden müssen, sondern dass zahlreiche Einzelforderungen- und di<strong>es</strong>e <strong>zum</strong> Teil auch aufgrund unterschiedlicher Anspruchsgrundlagen - geklärt werdenmüssen. Die Befassung mit den Anspruchsgrundlagen und der hinreichenden Schlüssigkeit,<strong>die</strong> Prüfung der Prognosevoraussetzungen und detaillierte Prüfung vorläufiger Beweismittel,wie insb<strong>es</strong>ondere <strong>die</strong> nähere Prüfung ein<strong>es</strong> sogenannten qualifizierten Parteigutachtens,zwingen den Richter, sich während di<strong>es</strong><strong>es</strong> frühen Verfahrensstands intensiv und zusätzlich miterheblichem Zeitaufwand mit di<strong>es</strong>en Prüfungsgegenständen zu befassen. Proz<strong>es</strong>sleitendeMaßnahmen, <strong>die</strong> der Förderung d<strong>es</strong> parallel geführten Hauptsacheerkenntnisverfahrens <strong>die</strong>nen,werden dabei zwangsläufig zurückg<strong>es</strong>tellt.Vor allem aber wird der Zweck d<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurfs d<strong>es</strong>wegen nicht erreicht werden können,weil umfangreicher zusätzlicher Proz<strong>es</strong>sstoff in den Bauproz<strong>es</strong>s hineingetragen werdenmuss, um <strong>die</strong> gebotene Inter<strong>es</strong>senabwägung sachgerecht zu entscheiden. Die Motive d<strong>es</strong>G<strong>es</strong>etzgebers machen deutlich, welche Lawine von Proz<strong>es</strong>svortrag ein Hinweis d<strong>es</strong> Richtersauslösen muss, dass er sich mit der vorläufigen Prüfung einer möglichen vorläufigen Zahlungsanordnungbefassen wolle.Di<strong>es</strong>er Hinweis muss aus der Sicht der im Proz<strong>es</strong>sverfahren beteiligten Anwälte dazu Anlassgeben, umfassend zu den wirtschaftlichen Umständen d<strong>es</strong> Unternehmens auf Klägerseiteaber auch zu den wirtschaftlichen Umständen auf Seiten d<strong>es</strong> B<strong>es</strong>tellers vorzutragen.


20Wenn der Kläger darlegen muss, welche b<strong>es</strong>onderen Nachteile für ihn das fortlaufende Proz<strong>es</strong>sverfahrenund d<strong>es</strong>sen Dauer haben wird, wird der Anwalt d<strong>es</strong> Klägers gezwungen sein,umfangreiche, möglicherweise auch betriebswirtschaftliche Aspekte zu Lohn-, Finanzierungs-,Personal- und Organisationsstruktur d<strong>es</strong> klagenden Unternehmens vorzutragen und dazu unterUmständen auch noch weitergehende betriebswirtschaftliche Gutachten d<strong>es</strong> Steuerberatersoder Wirtschaftsprüfers d<strong>es</strong> Klägers in den Proz<strong>es</strong>s einzuführen. Auf Seiten d<strong>es</strong> B<strong>es</strong>tellersund Schuldners wird ein solcher Hinweis auf eine möglicherweise zu prüfende vorläufigeZahlungsanordnung genauso zu einer Fülle von Proz<strong>es</strong>svortrag führen, der sonst im werkvertraglichenProz<strong>es</strong>s nicht gehalten worden wäre. Die Nachteile, <strong>die</strong> der Schuldner im Fall einervorläufigen Vollstreckbarkeit ein<strong>es</strong> solchen Titels erleiden würde, werden dazu führen, dassweit über den Umfang ein<strong>es</strong> Schutzantrags nach § 712 ZPO hinaus von den Anwälten d<strong>es</strong>B<strong>es</strong>tellers wirtschaftliche Interna über Einkommens- und Vermögensverhältnisse d<strong>es</strong> B<strong>es</strong>tellersvorgetragen und belegt werden müssen, bis hin zu mutmaßlich qualifizierten Privatgutachtenvon Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, um darzulegen und glaubhaft zu machen,dass bei einer Teiltitulierung und Vollstreckung der streitbefangenen Ansprüche kein Bewegungsspielraumzur G<strong>es</strong>tellung einer Sicherheit mehr vorhanden sei und d<strong>es</strong>halb eine Existenzvernichtungauf Seiten d<strong>es</strong> B<strong>es</strong>tellers drohe, wenn ohne Rücksicht auf <strong>die</strong> Mängelrügenund Einwendungen zu Schadenersatzforderungen eine Vollstreckung durchgeführt werdenkönne.Mit der bereits zitierten <strong>Stellungnahme</strong> von Dr. Wolfgang Köble ist d<strong>es</strong>halb vor allem in denVordergrund zu stellen, dass das Verfahren auf Erlass einer vorläufigen Zahlungsanordnungd<strong>es</strong>halb den Richter d<strong>es</strong> Hauptsacheproz<strong>es</strong>s<strong>es</strong> erheblich zusätzlich belasten wird und daherkein<strong>es</strong>wegs zu einer B<strong>es</strong>chleunigung einer sachgerechten Entscheidung unter Wahrung allerrechtsstaatlichen Einwendungen aller Parteien führen wird, sondern <strong>die</strong> Gefahr b<strong>es</strong>teht, dassder Hauptsacheproz<strong>es</strong>s zusätzlich belastet und noch weiter verzögert wird.In nahezu allen Fällen d<strong>es</strong> Werklohnproz<strong>es</strong>s<strong>es</strong> werden <strong>die</strong> Anwälte veranlasst sein, Antrag aufvorläufige Zahlungsanordnung zu stellen. Der sorgfältige Richter wird möglicherweise Hinweisegeben, <strong>die</strong> zur Vorlage weiterer zusätzlicher, angeblich qualifizierter Gutachten auf Klägerseiteaber vor allem auch auf Auftraggeber- und Beklagtenseite führen müssen. Er wird im


21Allgemeinen ähnliche Anforderungen für den Erlass der Anordnung stellen müssen, wie beieinem Teilurteil oder einem Vorbehaltsurteil, so dass sich <strong>die</strong> Gerichte zweifach mit unterschiedlichemund ergänzendem Proz<strong>es</strong>svortrag befassen müssen, weil sie parallel <strong>die</strong> Förderungd<strong>es</strong> Werklohnanspruchsproz<strong>es</strong>s<strong>es</strong> durch proz<strong>es</strong>sleitende Maßnahmen vorbereiten müssenund daneben zusätzlichen Parteivortrag prüfen und beurteilen müssen, der im Rahmender Inter<strong>es</strong>senabwägung vorgetragen werden muss. Dabei würde gerade <strong>die</strong> Unanfechtbarkeitein<strong>es</strong> B<strong>es</strong>chluss<strong>es</strong> der vorläufigen Zahlungsanordnung aus der Sicht der Anwälte um nicht <strong>die</strong>Gefahr ein<strong>es</strong> unzureichenden und nicht nachholbaren Proz<strong>es</strong>svortrags zu begründen, zu einemausufernden Proz<strong>es</strong>svortrag führen.3.6Es erscheint daher in der Tat vorzugswürdig, dass das b<strong>es</strong>tehende Rechtsinstitut d<strong>es</strong> Vorbehaltsurteilsnach § 302 ZPO zu stärken und <strong>die</strong> in der Praxis, worauf Kniffka bereits zutreffendhingewi<strong>es</strong>en hat, durch <strong>die</strong> Rechtsprechung d<strong>es</strong> Bund<strong>es</strong>gerichtshofs entstandenen Gründe,<strong>die</strong> eine unzureichende Anwendung d<strong>es</strong> Vorbehaltsurteils nach § 302 ZPO zur Folge hatten,zu korrigieren.Die zusätzliche Schaffung ein<strong>es</strong> summarischen Verfahrens innerhalb d<strong>es</strong> Hauptsacheproz<strong>es</strong>s<strong>es</strong>in der Form d<strong>es</strong> Verfahrens auf sogenannte vorläufige Zahlungsanordnung nach § 302aZPO-E ist daher sowohl für den Fall abzulehnen, der eine Unanfechtbarkeit ein<strong>es</strong> solchenB<strong>es</strong>chluss<strong>es</strong> vorsieht, <strong>als</strong> auch in der Alternative abzulehnen, <strong>die</strong> eine B<strong>es</strong>chwerdemöglichkeitschafft, da eine zusätzliche Belastung d<strong>es</strong> Proz<strong>es</strong>sstoffs zwingend voraussehbar ist und daher<strong>die</strong> Proz<strong>es</strong>sdauer im Erkenntnisverfahren noch mehr verlängert werden würde.Die - ähnlich wie der G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>entwurf - vorrangig am Bauproz<strong>es</strong>s orientierten <strong>Stellungnahme</strong>n,<strong>die</strong> oben zitiert sind, und <strong>die</strong> vorstehende Beurteilung, <strong>die</strong> sich auch vorrangig am Bauproz<strong>es</strong>sorientiert, sind aber in gleicher Weise auch für andere Streitgegenstände gültig.3.7Es sollte auch berücksichtigt werden, dass <strong>die</strong> Regelung der vorläufigen Zahlungsanordnungumgekehrt auch für den Forderungsinhaber aufgegriffen werden kann, der Schadenersatzansprüchegegen ausführende Unternehmen und Handwerksbetriebe geltend macht. Da im


22Bauproz<strong>es</strong>s in aller Regel auch G<strong>es</strong>amtschuldnerschaft von mehreren an einem SchadenBeteiligter in Betracht kommt und hier in aller Regel <strong>die</strong> Regr<strong>es</strong>sansprüche durch Streitverkündungeng<strong>es</strong>ichert werden, würde eine sofortige Zahlungspflicht für einen der G<strong>es</strong>amtschuldnerzu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen bis hin zur Existenzvernichtung vonHandwerksbetrieben, vor allem aber auch Architektur-, Ingenieur- oder sonstiger Fachingenieurbürosführen, wenn sie durch <strong>die</strong> vorläufige Zahlungsanordnung zur sofortigen Zahlungverpflichtet wären und bis <strong>zum</strong> Abschluss ein<strong>es</strong> möglicherweise mehrjährigen Hauptsacheerkenntnisverfahrenszuwarten müssten, bevor sie ihre im Innenverhältnis möglicherweise berechtigtenAusgleichsansprüche nach § 426 BGB gegen andere am Bau beteiligte G<strong>es</strong>amtschuldnerdurchsetzen könnten.Auch di<strong>es</strong>e B<strong>es</strong>onderheit d<strong>es</strong> Bauproz<strong>es</strong>s<strong>es</strong>, der in aller Regel bei Schadenersatzforderungenmehr <strong>als</strong> zwei Parteien einschließt, ist in der bisherigen Diskussion offensichtlich noch nicht inder gebotenen Gewichtung berücksichtigt worden.3.8Vor allem sind <strong>die</strong> in den Diskussionsbeiträgen bereits ang<strong>es</strong>prochenen Bedenken gerechtfertigt,wonach der Zweck der g<strong>es</strong>etzlichen Regelung dem Kläger Liquidität zu verschaffen,überhaupt nicht erreicht werden wird und in der Praxis verfehlt werden dürfte. Ein w<strong>es</strong>entlich<strong>es</strong>Motiv für das neue Verfahren ist <strong>es</strong>, Handwerksunternehmen <strong>die</strong> Liquidität aus Ansprüchenaus erbrachten Werkleistungen zu verschaffen. Da aber <strong>die</strong> Vollstreckung nur gegenSicherheitsleistung möglich ist und di<strong>es</strong>e Voraussetzung auch unbedingt aus rechtsstaatlichenGründen beibehalten werden muss, kann das an Sicherheiten arme Handwerksunternehmengerade keine Bürgschaft b<strong>es</strong>chaffen und sich damit auch keine Liquidität während d<strong>es</strong> laufendenHauptsacheproz<strong>es</strong>s<strong>es</strong> sichern. Gem<strong>es</strong>sen daran, dass der entscheidende G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong>zwecküberhaupt nicht erreicht werden wird, erscheint <strong>es</strong> nicht vertretbar, alle damit verbundenenNachteile für das Hauptsacheverfahren und den Schuldner hinzunehmen.Rechtsanwaltskammer KarlsruheDr. Eberhardt Meiringer


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