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Freiräume im geförderten Wohnungsbau - wiener wohnbau forschung

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Interessant erscheint hier der Vergleich der Anlage in der Seitenberggasse mit Objekt 8.2 des<br />

Stadtteils Monte Laa. Auch in letzterem steht, obgleich dies auf gänzlich andere Weise zustande<br />

kommt, ein Raum bereit, in dem sich in der Erdgeschosszone die gemeinschaftlichen<br />

mit den wohnungsbezogenen <strong>Freiräume</strong>n überlagern. Letztere sind bis hin zum verglasten<br />

Windfang einsehbar und in keiner Weise durch eine Pufferzone geschützt. Ergänzend stehen<br />

auch in diesem Objekt Dachflächen zur Disposition, allerdings sehr spartanisch ausgestattet.<br />

Anders als in der Seitenberggasse sind hier jedoch unter den Bewohnern gegenüber<br />

den Nachbarn kaum offen ausgesprochene Gefühle der Beunruhigung und Aggression zu<br />

verorten. Dies ist wohl nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Dachterrassen weitaus<br />

weniger intensiv genutzt werden als in der Seitenberggasse, wodurch sich <strong>im</strong> Alltag kaum<br />

kompensatorische Nutzungsmöglichkeiten ergeben und ruhigere zonen gar nicht entstehen<br />

können. zum anderen findet die Überlagerung der Öffentlichkeitssphären nicht <strong>im</strong> eingeschränkten<br />

Rahmen der Hausgemeinschaft statt, sondern <strong>im</strong> weitaus komplexeren Rahmen<br />

des offenen Stadtteils.<br />

Es fällt auf, dass sich gerade in einer Situation, wie jener in Monte Laa, wo die Bewohner<br />

keine Grenze zwischen ihrem und den Nebengrundstücken wahrnehmen und daher die Nutzung<br />

des Freiraumes durch Kinder anderer Anlagen zum Alltag zählt, ein Aushandeln der<br />

Regeln sehr schwierig erscheint: „Hier macht jeder, was er will, anders kann man das nicht<br />

bezeichnen. Keiner kennt die Regeln und ich habe keine Ahnung, ob es welche gibt“ (ein<br />

Bewohner).<br />

Demgegenüber gelingt es, in den komplexen Räumen der Passagenhöfe in der Herbert Kuhn<br />

Wohnanlage de facto autonom unter den Bewohnern sehr präzise unsichtbare Grenzen<br />

auszuhandeln. So darf etwa in einer Passage nur in best<strong>im</strong>mten, den Bewohnern der Passage<br />

bekannten Bereichen des Raumes gespielt werden. Die Passagenhöfe sind jedoch einer<br />

eingeschränkten Gruppe zugänglich, was den Prozess des Aushandelns sicher erleichtert.<br />

Auch muss sich nur eine klar definierte Gruppe an die unsichtbaren Grenzen halten. In einer<br />

Situation, wie jener am Monte Laa oder jener der Anlage „Gemeinsam Wohnen in S<strong>im</strong>mering“<br />

erscheint ein autonomes Aushandeln derart feiner Grenzen <strong>im</strong> Grunde unmöglich.<br />

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass auch die Entwicklung in der „Autofreien Mustersiedlung“<br />

trotz deren vielfältiger Gliederung auf mehreren Ebenen darauf hindeutet, dass<br />

zumindest für Teilbereiche ein Wunsch nach klaren Außengrenzen da ist. So hat sich in<br />

jüngerer zeit auf einem benachbarten Grundstück der „Family Beach“ herausgebildet. Ein<br />

abgeschlossener Spielplatz, den ein Verein seinen Mitgliedern, die Bewohner der Autofreien<br />

Mustersiedlung sein müssen, zur Verfügung stellt. Der „Family Beach“ ermöglicht es, auf<br />

einer definierten Fläche für eine begrenzte Gruppe ein Programm anzubieten, das nach<br />

einem in Form eines Vereinsstatuts institutionalisierten Prozess genau ausgehandelt wird.<br />

Ähnliche Wünsche nach einer geschlossenen Teilgemeinschaft wurden auch in anderen Anlagen<br />

wiederholt geäußert.<br />

zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein Aushandeln der Grenzen, eine überlappende<br />

Praxis der Öffentlichkeitssphären leichter und reibungsloser gelingen wird, wenn eine<br />

Anlage qualitativ ähnlich ausgestattete Freiflächen auf mehreren Geschossen anbieten kann,<br />

die nur der eingeschränkten Gruppe der Bewohner zugänglich sind.<br />

Ein funktionierendes soziales Management zum Aushandeln der Regeln ist sicher erst bei<br />

einer höheren Komplexität einer Anlage und damit auch ihrer Grenzen eine Grundbedingung.<br />

So scheint die Aneignung der Freiflächen in einer Gartensiedlung wie „Am Hofgartel“<br />

weitgehend konfliktfrei abzulaufen, obwohl es (bezüglich des Freiraums) keine Organisationsstrukturen<br />

zum Aushandeln von Regeln gibt, sehr wohl aber subtile unausgesprochene<br />

Regeln <strong>im</strong> Umgang mit den Gemeinschaftsflächen und ihren Übergangszonen zu den Privaträumen.<br />

Vergleichende Betrachtungen<br />

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