Freiräume im geförderten Wohnungsbau - wiener wohnbau forschung
Freiräume im geförderten Wohnungsbau - wiener wohnbau forschung
Freiräume im geförderten Wohnungsbau - wiener wohnbau forschung
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VERGLEICHENDE BETRACHTUNGEN<br />
ÜBER DIE GRENzEN<br />
Jeder geförderte Wohnbau entsteht in einem spezifischen Kontext aus städtebaulichen,<br />
ökonomischen, rechtlichen und sozialen Faktoren. Obwohl diese Komponenten den Entstehungsprozess<br />
stark determinieren, bleibt Architekten und Landschaftsplanern <strong>im</strong>mer ein beträchtlicher<br />
Gestaltungsspielraum. Dabei erweist sich - bezogen auf die <strong>Freiräume</strong> - das<br />
Setzen und Markieren der Grenzen zwischen den Öffentlichkeitssphären als ein zentrales<br />
Moment.<br />
Geht man über die herkömmliche Unterscheidung in „öffentliche“, „gemeinschaftliche“ (halböffentliche)<br />
und „private“ Räume hinaus, ergeben sich mehrere Fragen: Wer darf welchen<br />
Raum betreten und wer darf in welchen Raum einsehen? Wer betritt welchen Raum tatsächlich?<br />
Wer betritt welchen Raum für welche Tätigkeiten? Wann betritt wer welchen Raum? Wer<br />
entscheidet, wer welchen Raum wann betreten darf? Fragen, die mitbest<strong>im</strong>men, welche Form<br />
die Gemeinschaft der Bewohner ann<strong>im</strong>mt, in welcher Beziehung diese zur Stadt steht und<br />
welche Relation die Mitglieder der Gemeinschaft zu einander haben.<br />
Eine komplexe Problematik, die sich an mehreren konkreten Punkten veranschaulichen lässt.<br />
So steht eine Wohnhausanlage zunächst in einem Verhältnis zu ihrem urbanen Umfeld. Die<br />
Gestaltung dieser Beziehung n<strong>im</strong>mt bei den <strong>im</strong> Rahmen der Studie untersuchten Objekten<br />
sehr unterschiedliche Formen an. Vielfach wurde bewusst keine klare Grenze zwischen<br />
dem Stadtraum und den gemeinschaftlichen <strong>Freiräume</strong>n der Erdgeschosszone gezogen. Der<br />
Wohnkomplex wird so zu einem Teil des Stadtraumes, wobei die Konsequenzen dieser Offenheit<br />
von mehreren Faktoren abhängen.<br />
So ist etwa die Wohnhausanlage „Interethnische Nachbarschaft“ in den Stadtteil „In der<br />
Wiesen“ eingebettet und öffnet nur einen Teil der Erdgeschossfläche der Öffentlichkeit. In<br />
diesem Bereich liegen einzig einige zugänge zu den Stiegen und keine für die Mietergemeinschaft<br />
gedachten <strong>Freiräume</strong>. Der Stadtraum führt so direkt an die Stiegenzugänge heran, ist<br />
jedoch nicht mehr als eine Erschließungsfläche. Vom Stadtraum aus kann in die „gemeinschaftlichen<br />
Bereiche“ eingesehen werden, diese sind jedoch nicht betretbar.<br />
In anderen Fällen, wie etwa bei der „Autofreien Mustersiedlung“ führt der Stadtraum hingegen<br />
direkt durch die als Gemeinschaftsflächen gedachten Höfe. Auch liegen in diesen zugänge<br />
zu Gemeinschaftsräumen. Es besteht jedoch ein wesentlicher Unterschied, ob ein Teil der<br />
Anlage ein vom Rest des Freiraums abgeschotteter öffentlich zugänglicher Bereich ist, oder<br />
der gesamte Erdgeschossraum frei zugänglich ist. Die Überlappung des Stadtraumes mit den<br />
gemeinschaftlichen Freiflächen bringt nicht zu unterschätzende Probleme mit sich. So dringen<br />
in mehreren der untersuchten Objekte Vandalismus und Gewalt von der Straße in das Innere<br />
der Anlagen. Dies kann insbesondere dort zum Problem werden, wo Gemeinschaftsräume<br />
an von den Wohnungen aus nicht einsehbaren Stellen positioniert worden sind. Auch hat sich<br />
die allgemeine zugänglichkeit von Dachterrassen in mehreren Fällen als folgenschwer erwiesen.<br />
So wurden in einigen Anlagen Dachflächen vandalisiert. Schließlich hat die Offenheit<br />
dort, wo Spielflächen allgemein zugänglich sind, aufgrund der Verunreinigung der <strong>Freiräume</strong><br />
durch siedlungsfremde Hunde für das Kinderspiel problematische Konsequenzen.<br />
Die Beziehung einer Anlage zum Stadtraum determiniert darüber hinaus die inneren Grenzen<br />
<strong>im</strong> Freiraum eines Wohnbaus. Klar wird dies am Beispiel der untersuchten Siedlung in<br />
der Koppstraße. Deren Hof ist über mehrere zugänge erreichbar, wobei die Grenzen untertags<br />
zwar durchlässig, aber klar markiert sind. So müssen Gittertore durchschritten werden,<br />
die nach dem Passieren wieder ins Schloss fallen. Dadurch entsteht ein Raum, der zwar<br />
Vergleichende Betrachtungen<br />
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