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Freiräume im geförderten Wohnungsbau - wiener wohnbau forschung

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nachhaltige Beeinträchtigung der Anlage mit sich gebracht hat.<br />

Anders verhält es sich be<strong>im</strong> Pool am Dach der Seitenberggasse. Ein Schw<strong>im</strong>mbecken ist offensichtlich<br />

ein Haftungstopos, der risikofreier zu handhaben ist als ein Teich: Bei und in dem<br />

Pool hält man sich (mit oder ohne Begleitung) „auf eigene Gefahr“ auf. Bei einem Teich ist<br />

der Zweck unbest<strong>im</strong>mter, die Grenzen nach Außen diffuser und die Gefahr scheint insgesamt<br />

<strong>im</strong> Zuge der Nutzung (vermeintlich) vielfältiger. 34<br />

Die Außenanlagen in der Seitenberggasse zeigen, wie bei einer relativ hohen Bebauung über<br />

einer Tiefgarage dennoch ein attraktiver Garten entstehen kann. Angesichts entsprechend<br />

geringen Erdaufbaus wurde von der Landschaftsarchitektin Cejka mit elliptisch geformten<br />

bombierten Vegetationsinseln eine geschickte räumliche Gliederung vorgenommen, die<br />

in der Wahrnehmung wie abgehobene Gartenintarsien wirken. Diese sehr sorgfältig detaillierten,<br />

mit Pflanzenteppichen und Baumgruppen (Kiefern, Hainbuchen) versehenen<br />

Schmuckstücke ziehen sich über alle Ebenen, vom Erdgeschoss bis zu den verschiedenen<br />

Dächern. Sie erzielen eine mehrfache Wirkung: Im Erdgeschoss strukturieren sie eine lang<br />

gestreckte Hoffläche, indem sie Teilbereiche schaffen und vielfältig nutzbare Gartennischen<br />

bereitstellen. Auf den Dächern dienen sie entweder als informelle Grenze zwischen jeweils<br />

zwei Eigengärten oder gliedern Gemeinschaftsbereiche. Man begegnet ihnen mit Respekt,<br />

nicht zuletzt aufgrund ihrer „schönen Fassung“, einem Sockel aus gekrümmten Edelstahl, der<br />

auch als Schwelle gegenüber etwaigen Umnutzungen dient und somit die Bepflanzung dieser<br />

Gartenjuwelen schützt.<br />

Eine beachtliche gestalterische Intervention stellen die lang gestreckten Tartanflächen dar:<br />

Sie übernehmen zugleich eine Erschließungs- und Spielfunktion und - entsprechend aufgebracht<br />

- auch eine Fallschutzfunktion. Die traditionelle Anordnung von getrennten Weg- und<br />

Spielflächen wird überwunden zugunsten einer großzügigen Konzeption in „surfaces“, die<br />

eine belastbare Mehrfachnutzung ermöglichen. Diese Tartanoberfläche zieht sich in die anschließenden<br />

Seitenhöfe hinein und in direkter Verlängerung als annähernd identer Bodenbelag<br />

in die Gemeinschaftsräume in den Erdgeschossen des Bebauungskammes.<br />

Diese Verknüpfung von Innen und Außen über eine nahezu gleiche oberfläche, die wechselnde<br />

Nutzungsüberlagerungen weitgehend konfliktfrei zulässt, befreit die anderen „grüneren<br />

Gartenteile“ von unnötigem Nutzungsdruck. So entsteht <strong>im</strong> Erdgeschoss - auch dank der<br />

zur Verfügung stehenden Dachflächen - ein insgesamt sehr ausbalanciertes, bezüglich der<br />

unterschiedlichen Öffentlichkeitssphären überraschend durchlässiges und elastisches Freiraumgefüge,<br />

das letztlich auch noch die Anmutung eines Gartens vermittelt.<br />

Hingewiesen sei noch auf die Tatsache, dass diese Wohnhausanlage vom Bauträger explizit<br />

über die Qualität des Freiflächenangebotes vermarktet wurde: Die prägenden Vegetationsellipsen<br />

wurden bereits <strong>im</strong> Entwurf als „Wienerwaldinseln“ tituliert und später bei der Suche<br />

nach künftigen Bewohnern entsprechend nach Außen kommuniziert.<br />

Die dargestellten Ansätze sind als exemplarische Konstellationen zu verstehen: fokussiert auf<br />

den Freiraum. In Wirklichkeit bedingen und überlagern sich natürlich architektonische und<br />

landschaftsgestalterische Komponenten. Wie weit eine Planung letztlich „aufgeht“, hängt<br />

entscheidend auch von den spezifischen sozialen und organisatorischen Randbedingungen<br />

ab.<br />

Planer wie Bauträger haben einen jeweils beschränkten Handlungsspielraum, der nur vermeintlich<br />

vorwiegend durch finanzielle Aspekte determiniert ist. Es geht indes, wie die hier<br />

34 Dennoch ist es in der Wohnhausanlage Hagedornweg der Sozialbau <strong>im</strong> Zuge des <strong>geförderten</strong> Wohnbaus gelungen,<br />

einen Teich ohne Zaun zu errichten. Die Benutzung erfolgt dort „auf eigene Gefahr“, worüber die Bewohner<br />

entsprechend eindeutig und unübersehbar mit Hinweisschildern aufgeklärt werden.<br />

Vertiefende Analyse<br />

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