24.11.2012 Aufrufe

Freiräume im geförderten Wohnungsbau - wiener wohnbau forschung

Freiräume im geförderten Wohnungsbau - wiener wohnbau forschung

Freiräume im geförderten Wohnungsbau - wiener wohnbau forschung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Vertiefende Analyse<br />

302<br />

Der Fokus der gegenständlichen Studie liegt am Freiraum, dessen Gestaltung und Aneignung<br />

ist ihr eigentliches Thema. Die vergleichenden Betrachtungen dieser beiden Wohnbauexper<strong>im</strong>ente<br />

sind daher in erster Linie auf diese Thematik gerichtet.<br />

Das Projekt „Interethnische Nachbarschaft“ <strong>im</strong> Süden Wiens ist Teil des größeren Stadterweiterungsprojektes<br />

„In der Wiesen“ und dadurch weniger „in der Auslage“ als jenes in S<strong>im</strong>mering,<br />

das in einem in seiner jetzigen Form seit über fünfzig Jahren existierenden Stadtumfeld<br />

steht, in einem Teil Wiens, der durch ein schwieriges soziales Milieu gekennzeichnet ist.<br />

Die „Interethnische Nachbarschaft“ verfügt über eine breite Palette von Freiflächen mit<br />

einem facettenreich instrumentierten Öffentlichkeitscharakter. Daraus resultiert die Möglichkeit<br />

alternativer Nutzungsoptionen, aber nötigenfalls auch von Kompensationsangeboten<br />

<strong>im</strong> Außenraum. Die verschiedenen Bereiche (Gartenhof, mehrere „Gemeinschaftsdächer“,<br />

private Dachgärten) weisen als Resultat der Gartenplanung eine jeweils spezifische Anmutung<br />

auf. Sie sind nicht bloß da, vorhanden sozusagen, sondern hatten von Anfang an einen<br />

stark botanisch definierten Aufforderungscharakter. Der Gartenhof, welcher nur der Hausgemeinschaft<br />

zugänglich ist, ist seinerseits in unterschiedliche Sphären zwischen öffentlich<br />

und privat abgestuft, verfügt über sehr wenig Möblierung, aber verschiedene atmosphärische<br />

Schichtungen.<br />

Die eigentliche Attraktion bilden die Dachgärten mit ihren kubenförmigen, aus Blech gefertigten<br />

Häuschen von ca. 2,5 x 3,0 x 2,2 m, die sehr vielfältige Funktionen <strong>im</strong> Sommer erfüllen,<br />

wohnen doch viele der Gartenmieter in der warmen Jahreszeit de facto am Dach. Dieses<br />

architektonische Angebot <strong>im</strong> Zusammenwirken mit dem individuellen Garten produziert nicht<br />

nur eine bemerkenswerte kulturelle Vielfalt, es schafft auch einen mit Schrebergartensiedlungen<br />

vergleichbaren Gemeinschaftssinn. Diese kleinen Paradiese bilden einen Kontrapunkt zu<br />

den restlichen Freiflächen, die dann viel stärker und ungestörter den Kindern zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Die Wohnhausanlage in S<strong>im</strong>mering stellt an den Dächern ausreichend Platz für individuelle<br />

wie gemeinschaftliche Nutzungen bereit. Diesen Flächen kommt indes, angesichts der (in<br />

den Fallstudien) geschilderten Verdrängungsprozesse, in unvorhergesehenem Maße die Rolle<br />

von Fluchtorten zu. Sie kompensieren gegenwärtig auch Funktionen, die in der Erdgeschosszone,<br />

nicht (mehr) möglich sind. Die Dachgärten sind gesucht und werden gut angenommen,<br />

verfügen aber nicht über das individuelle Entwicklungspotential wie „In der Wiesen“ - weder<br />

hinsichtlich persönlicher Entfaltung, noch bezüglich der bepflanzbaren Fläche.<br />

Es überrascht, dass trotz der aus der öffentlichen Zugänglichkeit der Erdgeschosszone resultierenden<br />

Probleme die Nutzung der Gemeinschaftsflächen (Terrassen) am Dach so gering<br />

ist. Es ist davon auszugehen, dass solche in unterschiedlicher Gruppenzusammensetzung gemeinsam<br />

genutzten Freibereiche umso attraktiver sind, je mehr sie entweder ein spezifisches<br />

Nutzungsangebot bereitstellen oder von Anfang an zumindest eine atmosphärische Präsenz<br />

signalisieren.<br />

Der entscheidende Unterschied dieser beiden Pilotprojekte liegt indes <strong>im</strong> sozialen Management.<br />

Hier ist sowohl auf strukturelle Komponenten hinzuweisen, wie auch letztlich nicht<br />

planbare Zufallskonstellationen eine erhebliche Rolle spielen dürften.<br />

Beide Bauträger haben gezielt eine Person ihres Vertrauens gesucht, die in der Anlage wohnt<br />

und gewissermaßen das soziale Management vor ort wahrn<strong>im</strong>mt. Die Sozialbau hat mit<br />

einem pakistanischen Chemieingenieur, der durch die Öffentlichkeitsarbeit des Bauträgers<br />

auf das Projekt aufmerksam wurde, eine besonders glückliche Wahl getroffen, die man so<br />

nicht vorausplanen kann. Er sieht sich und agiert als Hausmanager, der zugleich laufend motiviert,<br />

sanft-autoritär kontrolliert und effizient organisiert. Er ist allseits beliebt und geachtet<br />

und hat seinerseits einen eigenen Verein gegründet. Es ist ihm gelungen, den auch „In der

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!