Soziale Nachhaltigkeit im Wohnbau - wiener wohnbau forschung
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In der Befragung durch den Autor der Untersuchung geben 57,6 % von 64 Bewohner/innen an, etwas<br />
gemeinschaftlich mit ihren Nachbar/innen zu unternehmen. Von den übrigen nannten fast die Hälfte<br />
konkrete Gründe (von bewusster Zurückhaltung bis fehlender Zeit), warum sie das nicht täten. Über<br />
70 % gaben an, nach Nachbarschaftshilfe geleistet oder empfangen zu haben.<br />
„So ermöglichte eine selbst organisierte Kinderkrabbelgruppe einen Erfahrungsaustausch, öffnete aber auch<br />
ein Zeitfenster für anderweitige Erledigungen. Die Übernahme von Einkäufen für Nachbarn beziehungsweise<br />
gemeinsame Einkäufe mit ihnen kompensierte deren eingeschränkte Mobilität, die durch Krankheit oder durch<br />
die Situation des öffentlichen Personennahverkehrs verursacht war. Schließlich konnten sich einige<br />
Bewohnerinnen und Bewohner den Weg zum Bäcker sparen, da ihnen ein benachbarter Bäcker auf Bestellung<br />
die Brötchen morgens nach seiner Arbeit mitbrachte. Die Erdgeschossbewohnerinnen und –bewohner pflegten<br />
und gestalteten ihre Mietergärten gemeinsam, wobei sie auf Grenzziehungen zwischen den Gärten verzichten.<br />
Der Übergang von einmaliger zu regelmäßiger Hilfe war fließend und damit ebenso die Stärke der persönlichen<br />
Bindung zwischen den Beteiligten.“ 201<br />
© Erich Schmidt : Nachbarschaft in der Stadt, Hamburg 2007 (S. 133)<br />
Der Autor meint zudem, dass auch die Auseinandersetzungen über die Hallennutzung eine<br />
kommunikationsfördernde Wirkung unter den Bewohner/innen haben. So hätten sich zwei Jahre nach<br />
Bezug drei verschieden Strategien <strong>im</strong> Umgang mit Meinungsverschiedenheiten entwickelt:<br />
„Eine rigorose Strategie setzt dabei auf Verbot, eine weitere auf Dialog und eine dritte schließlich auf die<br />
Stärkung der Problemlösungspotenziale durch Einübung mediativer Verfahren. Alle drei Strategien haben ihre<br />
Berechtigung. Die beiden ersten werden situationsgebunden eingesetzt, die dritte befindet sich nach zwei<br />
Jahren noch in einer Entwicklungsphase. Alle drei beziehen die BGFG aktiv mit ein. In der Rolle als<br />
Vermieterin empfiehlt, mahnt oder untersagt sie best<strong>im</strong>mtes Verhalten ihrer Hallenhausbewohnerinnen und<br />
–bewohner. Als Genossenschaft ist sie bestrebt, dieses Handeln mit der Zielvorstellung eines nachbarschaftlichen<br />
Wohnens mit Elementen genossenschaftlicher Selbsthilfe zu verbinden. … Dieser Zusammenhang<br />
lässt den Schluss zu, dass die Hallenhausarchitektur nicht allein die Kommunikation unter den Wohnenden<br />
fördert, sondern gleichzeitig alle Beteiligten herausfordert, sich über die Nutzung zu verständigen, soll die Halle<br />
mehr Funktionen erfüllen als ein gewöhnliches Treppenhaus, nämlich ihre Bewohner ‚durchzuschleusen’“. 202<br />
201 ebd. (S. 144f)<br />
202 ebd. (S. 158f)<br />
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