Soziale Nachhaltigkeit im Wohnbau - wiener wohnbau forschung
Soziale Nachhaltigkeit im Wohnbau - wiener wohnbau forschung
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▪ SANIERUNG / UMBAU<br />
„Die BIG [Österr. Bundes<strong>im</strong>mobiliengesellschaft] verbaut etwa 250 Millionen Euro pro Jahr, von denen nur ein<br />
geringer Teil Neubauten sind – der weit überwiegende Großteil sind Generalsanierungen und Zubauten. Und<br />
dieser Befund trifft sicherlich nicht nur auf die BIG zu, sondern gilt quer durch die Branche. Gerade auch<br />
angesichts der aktuellen <strong>Nachhaltigkeit</strong>sdebatte ist es nicht <strong>im</strong>mer sinnvoll, neu zu bauen, wenn nutzbare<br />
Substanzen vorhanden sind. Trotzdem nehmen an großvolumigen Sanierungsausschreibungen der BIG nur<br />
wenige teil, während Neubauwettbewerbe mit relativ geringen Bausummen geradezu überrannt werden.“ 176<br />
Sanierungen und Umbauten sind bei sozial nachhaltigen Überlegungen <strong>im</strong> <strong>Wohnbau</strong> wichtige Bereiche.<br />
Wien hat eine längere und positive Erfahrung mit Sockelsanierungen 177 von Altbauten. Eine aktuelle<br />
Herausforderung sind die Großwohnsiedlungen, die ab den 1950er Jahren für eine einheitliche<br />
Zielgruppe (Familien) gebaut wurden und die in ihrer Wohnstruktur nicht mehr den heutigen<br />
Bedürfnissen entsprechen.<br />
„Be<strong>im</strong> Umbau geht es nicht mehr nur um alte, gar bauhistorisch bedeutende Bausubstanz. Vielmehr steht in<br />
Deutschland und Europa der breite Gebäudebestand, der zwischen 1950 und 1980 gebaut wurde, auf dem<br />
Prüfstand. Das gilt für alles, was in dieser Zeit entstanden ist: Wohnungen (Eigenhe<strong>im</strong>e wie Sozialwohnungen),<br />
Büro- und Gewerbebauten, Kaufhäuser, soziale Infrastruktur (…) und technische Infrastruktur (…) – insgesamt<br />
wohl die Hälfte des Gebäudebestands. Dessen Umstrukturierung ist in vollem Gange, und der Umgang mit ihm<br />
ist in erster Linie pragmatisch und nüchtern. Ob umgenutzt, umgebaut oder abgerissen und neu gebaut,<br />
modernisiert oder instand gesetzt wird, ist zunächst meist Resultat von schlichten Kostenkalkülen.“ 178<br />
> Punkthochhaus „Stacken“<br />
Zum sozial nachhaltigen Umbau eines Punkthochhauses gibt es ein Beispiel in Göteborg / S von 1982.<br />
Das Hochhaus war längere Zeit leer gestanden. Der Umbau kam dadurch zustande, dass der einstige<br />
Architekt, Lars Ågren, der Hauseigentümerin, einer gemeinnützigen <strong>Wohnbau</strong>gesellschaft, vorgeschlagen<br />
hatte, das Haus durch eine Umnutzung wieder vermietbar zu machen. Der Architekt hatte, wie<br />
er selber sagt, die insgesamt neun Punkthochhäuser „in den 50er Jahren geplant, in den 60er Jahren<br />
gebaut, in der 70er Jahren standen sie leer und in den 80er Jahren wurden sie umgebaut.“ 179<br />
Die <strong>Wohnbau</strong>gesellschaft erklärte sich dazu bereit und die Stadt Göteborg übernahm die Planungskosten.<br />
Realisiert wurde unter Einbeziehung der künftigen Mieter/innen das Gemeinschaftswohnhaus<br />
„Stacken“ (Ameisenhaufen):<br />
Die vormals identischen Wohnungen wurden durch Ummontieren der Fertigbetontafeln in Wohnungen<br />
unterschiedlicher Größe umgewandelt. Im Erdgeschoß wurde ein Café eingeplant und „ein bisschen<br />
weiter weg“ (wie es auf der Homepage von Stacken 180 zu lesen ist) eine Werkstatt und ein Fotolabor,<br />
die von den Mieter/innen kostenlos benutzt werden können. Im fünften Obergeschoss gibt es die<br />
weiteren gemeinschaftlichen Einrichtungen: eine große Küche plus großem Essraum und ein großes<br />
Spielz<strong>im</strong>mer.<br />
Das Haus wurde von Beginn an von den Mieter/innen gemeinschaftlich teilselbstverwaltet, 2000 wurde<br />
es von ihnen gekauft und zusätzlich ein Beherbergungsbetrieb gegründet.<br />
176 Christoph Stadlhuber in: departure (Red.): White Paper. focus: Architektur, Wien 2008 (S. 17f)<br />
177 Eine Sockelsanierung ist eine von der Stadt Wien geförderte, umfassende Wohnhaussanierung bei aufrechten Miet- oder<br />
sonstigen Nutzungsverhältnissen, wobei für den Erhalt der Förderung mind. 1/3 der Wohnungen einen schlechten Standard (C-<br />
od. D-Kategorie) aufweisen müssen.<br />
178 Johann Jessen / Jochem Schneider in: Wüstenrot Stiftung (Hg.): Umbau <strong>im</strong> Bestand, Stuttgart [u. a.] 2008 (S. 39)<br />
179 Erwin Mühlestein: Das andere Neue Wohnen, Zürich 1986 (S. 92)<br />
180 http://www.stacken.org/<br />
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