Soziale Nachhaltigkeit im Wohnbau - wiener wohnbau forschung
Soziale Nachhaltigkeit im Wohnbau - wiener wohnbau forschung
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Dass gegebenenfalls auch andere Möglichkeiten der „Nischenbildung“ geschaffen werden können<br />
beschreibt Erich Schmidt in seiner Publikation über die „Hallenhäuser“ in Hamburg:<br />
„Der offene Grundriss erschien anfänglich als große Herausforderung für die Wohnenden. … Die damit<br />
einhergehenden geringeren Rückzugsmöglichkeiten der einzelnen Haushaltsmitglieder hätten daher ein<br />
Problem darstellen können. … Die Bewohnerinnen und Bewohner hatten hierzu vielfältige Strategien<br />
entwickelt, um konkurrierende Nutzungen in diesem Bereich zu handhaben. So hörte beispielsweise ein<br />
Familienmitglied Musik oder Fernsehen mittels Kopfhörer, während ein weiteres sich mit Nachbarn am Esstisch<br />
unterhielt. Beides steht <strong>im</strong> Allraum in Konkurrenz zueinander. Während das Fernsehen und Videoschauen<br />
insgesamt etwas zunahmen, verringerte sich der relative Anteil der Nennungen, die Radio und Musikhören als<br />
Haupttätigkeit in diesem Bereich nannten.“ 77<br />
In einer Nachuntersuchung von mehreren Modellbauten zu flexibler Wohnraumgestaltung wurde u.a.<br />
festgestellt, dass Störungen am häufigsten (31 %) <strong>im</strong> Wohnz<strong>im</strong>mer empfunden werden, wenn es ein<br />
Durchgangsz<strong>im</strong>mer ist. 78<br />
Im Wohnz<strong>im</strong>mer als Durchgangsz<strong>im</strong>mer wird die (auch ungewollte) wohnungsinterne soziale Kontrolle<br />
erhöht, weil alle Bewegungen, Handlungen und Äußerungen der Familienmitglieder von allen anderen<br />
wahrgenommen werden. 79<br />
„Die Lage seines Z<strong>im</strong>mers innerhalb der Wohnung sollte nicht direkt be<strong>im</strong> Eingang sein (‚ist nicht so<br />
geschützt’), aber auch nicht so, dass jeder seiner Schritte, jedes Kommen und Gehen gemerkt wird.“ (aus:<br />
Gespräch mit Laurenz S., 13. Siehe auch S. 78)<br />
„Die Z<strong>im</strong>mer sollten aber, um die Privatsphäre zu sichern, auf alle Fälle separat und nicht durch das<br />
Wohnz<strong>im</strong>mer erreichbar sein.“ (aus: Gespräch mit Sel<strong>im</strong> A., 18. Siehe auch S. 79)<br />
▪ STAURAUM<br />
In den für das Forschungsprojekt recherchierten Evaluierungen wird von Seiten der Bewohner/innen<br />
<strong>im</strong>mer wieder Kritik an mangelndem Stauraum geäußert. Die sozial nachhaltige Bedeutung von<br />
Stauraum sollte vor allem bei kleinen und kostengünstigen bzw. speziell für Familien gebauten<br />
Wohnungen nicht vernachlässigt werden.<br />
„Für mich ist es ein Widerspruch, wenn man sogenannte familienfreundliche Wohnungen macht … ohne<br />
Stauraum. Auch Erwachsene brauchen Stauraum, aber wenn du kleine Kinder hast, zwei oder drei, dann<br />
merkst du, dass du Stauraum brauchst, den du nicht hast.“ 80<br />
„… insbesondere die Bewohner der größeren Wohnungen gaben an, dass sie sich mehr Stauraum innerhalb<br />
der Wohnungen wünschten. ‚Es gibt hier keine Kellerabstellräume und die (Abstellbereiche) innerhalb der<br />
Wohnungen sind auch sehr klein.’ In Außenbereichen wurden daraufhin Kellerersatzräume vorgesehen, die<br />
von den Bewohnern jedoch nicht sehr positiv aufgenommen wurden. ‚Die Holzbuden sind nicht wirklich dicht.<br />
Viele Sachen kann man deshalb dort gar nicht abstellen.’ Besser wurden die auf den Laubengängen des<br />
zweiten Bauabschnitts integrierten Abstellräume in den oberen Geschossen angenommen.“ 81<br />
„Ein ganz banales Bedürfnis, dem offenbar generell zu wenig Rechnung getragen wird, ist, Dinge verwahren zu<br />
können. Es wurde sowohl in den Nutzerdiskussionen als auch bei den Realitätstests <strong>im</strong>mer wieder<br />
angesprochen, dass in Neubauten zu wenig Stauraum in Form von Schränken und speziell dafür<br />
77<br />
Erich Schmidt: Nachbarschaft in der Stadt, Hamburg 2007 (S. 123f)<br />
78<br />
Deters / Wente (S. 68)<br />
79<br />
Katharina Weresch: Wohnungsbau <strong>im</strong> Wandel der Wohnzivilisierung und Genderverhältnisse, Hamburg [u. a.] 2005 (S. 257)<br />
80 Gysi / Hugentobler / Pfäffli / Blass (S. 44)<br />
81 Peter Ebner et al. (S. 35)<br />
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