24.11.2012 Aufrufe

Soziale Nachhaltigkeit im Wohnbau - wiener wohnbau forschung

Soziale Nachhaltigkeit im Wohnbau - wiener wohnbau forschung

Soziale Nachhaltigkeit im Wohnbau - wiener wohnbau forschung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Architekten Norbert Post und Hartmut Welters beschreiben in ihrer Publikation „Wohnqualität –<br />

kostenopt<strong>im</strong>iert“ 73 die Entwicklungsphasen und das Raumbedürfnis von Kindern und Jugendlichen:<br />

Für Kinder unter 10 Jahren ein gemeinsames (später teilbares) großes Kinderz<strong>im</strong>mer ab einer<br />

Raumgröße von 20 qm. Wünschenswert wäre ein direkter Kontakt ins Freie.<br />

Für Kinder / Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren einen eigenen Raum für jedes Kind. Die<br />

Raumgröße ist weniger wichtig als ein „eigener Raum“. Raumgröße ab 10 qm, ein direkter Kontakt ins<br />

Freie ist vorteilhaft.<br />

Für Jugendliche über 18 Jahren: Ein eigener Raum für jede/n, möglichst mit separatem Zugang. Die<br />

Raumgröße ist weniger wichtig als „Unabhängigkeit“. Raumgröße ab 10 qm (besser mehr), ein direkter<br />

Kontakt ins Freie ist nicht erforderlich. 74<br />

(→ Vgl. dazu auch die Interviews mit Jugendlichen zw. 11 und 21 Jahren ab S. 76)<br />

Am akzentuiertesten kommt das Bedürfnis nach Privatsphäre in der Studie „Lebensräume“ von Mark<br />

Gilg und Werner Schaeppi unter dem Begriff „zusammen allein wohnen“ zum Ausdruck.<br />

In mehreren Diskussionsrunden mit Nutzer/innen, werden – auch für die beiden<br />

Autoren überraschend – sehr dezidiert Wohnstrukturen gefordert werden, die sowohl private als auch<br />

gemeinsame Räume umfassen. Zwei (oder mehrere) erwachsene Personen sollten gleichzeitig neben-<br />

als auch miteinander leben können. Im Idealfall wären die privaten Wohnbereiche von den<br />

gemeinsamen Räumen klar (physisch) getrennt und verfügten möglicherweise sogar je über eine<br />

separate Erschließung nach außen.<br />

„Viele der Diskutierenden waren sich einig, dass das traditionelle ‚Paarwohnen’ in unserer Gesellschaft nur<br />

noch selten wirklich funktioniere und dass bei diesem Phänomen die gemeinsame Wohnsituation eine zentrale<br />

Rolle spiele. Das heute übliche Wohnungslayout biete den Partnern innerhalb der Wohnung keine natürlichen<br />

Rückzugsmöglichkeiten in einer persönlichen Atmosphäre. Dem Individuum bleibe oft nur die Wahl, auf die<br />

gewünschte Privatsphäre zu verzichten oder sich quasi ‚in ein Z<strong>im</strong>mer einzuschließen’. Letzteres aber berge<br />

die Gefahr, vom Partner als Affront oder Zurückweisung missverstanden zu werden, sodass der Rückzug<br />

latente Konflikte oft eskalieren lasse, statt sie zu entschärfen.“ 75<br />

▪ INTERNER GEMEINSCHAFTSRAUM / WOHNRAUM<br />

„Der Fernseher n<strong>im</strong>mt wenig Platz, aber oft viel Raum <strong>im</strong> Leben ein. Es ist der gedankliche Kurzschluss von<br />

‚Raum’ zu ‚Platzbedarf’, der die gemeine Sozialwohnung oft so gemein macht: ‚architorture’. Platzbedarf ist nur<br />

einer von mehreren Raumparametern, der sich relativiert nach weiteren Einflussgrößen wie:<br />

· Detaillierung und Materialität,<br />

· Dauer des Aufenthalts, der Tätigkeiten, des Bewohnens,<br />

· Möglichkeit der zeitlichen Abfolge sich räumlich überlagernder Geschehnisse,<br />

· Außenraum- und Nebenraumbeziehungen: Raumanleihen durch Ausblick, Durchblick, Zuschaltung.“ 76<br />

Das gemeinsame Wohnz<strong>im</strong>mer wird <strong>im</strong> Großen und Ganzen <strong>im</strong>mer noch als der größte Raum der<br />

Wohnung gewünscht und auch so gebaut.<br />

Im Bezug auf soziale <strong>Nachhaltigkeit</strong> ist bedeutsam, ob durch bauliche Nischenbildungen und<br />

Abtrennmöglichkeiten <strong>im</strong> Wohnz<strong>im</strong>mer unterschiedlich Tätigkeiten (sowohl laute als auch leise) parallel<br />

stattfinden können, ohne dass die Bewohner/innen sich gegenseitig stören.<br />

73<br />

Norbert Post / Hartmut Welters: Wohnqualität – kostenopt<strong>im</strong>iert, Köln 1998<br />

74<br />

ebd. (S. 67)<br />

75<br />

Gilg / Schaeppi (S. 25)<br />

76<br />

Doris Thut in: Weißenhof-Institut (Hsg.): Wie viel Raum braucht der Mensch? Bauen für das Existenzmin<strong>im</strong>um, Stuttgart<br />

1996 (S. 56)<br />

29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!