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Stellungnahme zum HTA-Bericht über elastisch stabile ...

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<strong>Stellungnahme</strong>der Sektion Kindertraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V.<strong>zum</strong> <strong>Bericht</strong> Nr. 25 der Deutschen Agentur für Health Technology Assesment (<strong>HTA</strong>) desDeutschen Institutes für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI):„Die <strong>elastisch</strong> <strong>stabile</strong>-intramedulläre Nagelung bei in<strong>stabile</strong>n kindlichenUnterarmschaftfrakturen“(herunterzuladen unter http://gripsdb.dimdi.de/de/hta/hta_berichte/hta121_bericht_de.pdf)von Prof. Dr. med. Wolfgang Schlickewei (Freiburg), Leiter der Sektion Kindertraumatologie.Die vorgelegte Arbeit entspricht in allen Punkten den Ansprüchen einer empirisch-wissenschaftlichenArbeit. Struktur und Gliederung sind klar gegeben und nachvollziehbar. Die Arbeit ist transparent.In dem vorliegenden <strong>Bericht</strong> sollen Fragen zurEffektivitätzu den Kostenzur Kosten-/Effektivität undzur Frage des weiteren Forschungsbedarfsbeantwortet werden.Darüber hinaus wird die Methode der ESIN gegen zwei Behandlungsstrategien verglichen:Konservative TherapieKonservative Therapie in OP-BereitschaftZur „Medizinischen Evaluation“ wurde eine ausführliche Literatur-Recherche durchgeführt. Die Literaturdann in ihrer Wertigkeit klassifiziert. Die Summierung von 2.010 Arbeiten auf Seite 27 ist offensichtlicheinem Additionsfehler anzulasten.Letztendlich liegen retrospektiv vergleichende Studien und Fallserien sowie andere nicht vergleichendeStudien vor. Alle Arbeiten wurden laut Auflistung bis auf zwei Arbeiten aus dem Jahre 2003 und 2004retrospektiv erstellt.Ausführlich werden die zur Auswertung herangezogenen Studien in ihrer Wertigkeit diskutiert. DieKomplikationsraten miteinander verglichen und ausgewertet. Führend bei der ESIN sind - wie auch inanderen Publikationen - die Hautirritationen an den PIN-Eintrittsstellen.


Im Weiteren wird die „Ökonomische Evaluation“ durchgeführt. Hierbei werden bei ambulanter BehandlungKosten von 371,00 Euro gegenüber konservativen Behandlungen im OP mit 352,00 Euro sowie derambulanten ESIN-Behandlungskosten von 1.099,00 Euro ermittelt. Für die stationäre Behandlung mitambulanter Kontrolle und TAN-Entfernung werden bei geschlossener Intervention Kosten von 2.600,00Euro bei offener Intervention von 4.600,00 Euro erfasst. Hierbei werden mittlereKrankenhausverweildauern von 5 bis 8,9 Tagen (!) aufgelistet.Die zusammenfassende Diskussion der Ergebnisse beschreibt zurecht, dass die Qualität der vorliegendenStudien für die Beantwortung der Fragestellung als begrenzt anzusehen ist.Zurecht wird auch aufgeführt, dass subjektive Parameter wesentlich in die Studienprotokolle mit eingehen,da die Einschätzung der Stabilität/Instabilität und auch die Wahl des Therapieverfahrens wesentlich vonder Erfahrung des Operateurs, beziehungsweise der behandelnden Therapieeinheit abhängt.Des Weiteren wird als entscheidender Faktor für die Therapieoption ESIN die Lebensqualität des Patientenmit hervorgehoben, wobei hierbei die „erste posttraumatische Phase“ gemeint ist und die Fragestellungmitbeurteilt wird, in wie weit die Kinder durch entsprechende additive ruhigstellende Verbändebeeinträchtigt sind.Ganz entscheidend ist hier aber nicht die für diese Fragestellung die verbleibendeBewegungseinschränkung nach stattgehabter Fraktur.Ein wesentlicher Punkt der angesprochen wird, ist die „Kosteneffektivität“ zu beurteilen bei Fällen, dieprimär konservativ behandelt wurden, nicht zufriedenstellend retiniert und dann im späteren Verlauf einererneuten Behandlung bedürfen. Diese Fälle sind naturgemäß in den vorliegenden Studien nicht enthalten.Hierzu müsste gegebenenfalls eine gesonderte Fallstudie durchgeführt werden. Der möglicheTherapiewechsel führt natürlich auch zu einer Erhöhung der Kosten.Die „Forschungsfragen“ werden wie folgt beantwortet:„Effektivität“:Hinsichtlich der klinischen Ergebnisse konnten keine wesentlichen Unterschieden zwischen „konservativer“und „operativer“ Therapie nachgewiesen werden.


„Kosten“:Die Kosten der ESIN sind nachweislich höher, als die Kosten einer konservativen Behandlung.„Kosteneffektivität“:Die Beurteilung der Kosteneffektivität kann in der vorliegenden Studie aufgrund der mangelhaften Ablagenicht beurteilt werden.„Forschungsbedarf“:Es wird ausgeführt, dass die ESIN heute den Standard bei der Versorgung kindlicherUnterarmschaftfrakturen darstellt, den Vorteil der ESIN gebenden konservativen Therapie bislang abernicht nachgewiesen wurde. Somit sind nach Auffassung der Autoren weitere hochwertige Studienerforderlich, die die Aspekte der Lebensqualität und der Kosten berücksichtigen.Schlussfolgerung der Studie:Zur medizinischen Effektivität konnte wenig Evidenz abgeleitet werden. Hinsichtlich auftretenderBewegungseinschränkungen zeigte sich keine Evidenz. Bei komplikationslosem Verlauf entstehen beioperativer Behandlung sowohl für den ambulanten, als auch stationären Weg höhere Kosten. Beikonservativer Behandlung sind durch Re-Eingriffe (Re-Reposition, gegebenenfalls sekundäre operativeEingriffe) weitere Kosten möglich.Abschließende Beurteilung:Mit hohem Aufwand und Durchsicht sehr vieler Literatur wurde letztendlich in der Schlussfolgerungfestgestellt, dass die in der Studie gestellte Frage nicht zu beantworten ist.Bei der Bewertung der Literatur sei nur auf die Arbeiten der Universitätskliniken Graz, München, Bern,zusammen mit dem Klinikum Bern aus dem Jahre 2005 verwiesen (erschienen im European Journal ofTrauma). Hier werden insgesamt 400 Behandlungsfälle behandelt mit ESIN in ihren Komplikationen undErgebnissen beschrieben. Diese Arbeiten wurden vorab ausgeschlossen. Sie sind mit Sicherheit die größteFallstudie, die in neuerer Zeit in unserem Schriftraum vorgelegt wurde. In der englisch sprachigen Literaturexistieren hierzu, da sich die Methode hier wesentlich später etablierte, keine vergleichbaren Arbeiten.Klinische und experimentelle Arbeiten aus dem letzten Jahren belegen, dass die Unterarmschaftfraktur inihrer Wertigkeit ähnlich wie eine Gelenkfraktur zu werten ist. Das heißt, in der Heilung verbleibendeFehlstellungen resultieren in Bewegungseinschränkungen, die sich nicht selten auch im weiterenWachstum bessern. Deswegen hat sich mehr und mehr die Einschätzung durchgesetzt, dass aufgrund der


gemachten Erfahrungen die von den Kindern natürlich ebenfalls akzeptierte und als „gut“ beurteiltekonservative Behandlung nur dann durchgeführt werden kann, wenn auch ein entsprechend funktionellgutes Ergebnis erreicht werden kann.Alle heute vorliegenden Erfahrungen (empirische Werte) belegen, dass nach intramedullärerMarkraumschienung eine bessere Versorgungsqualität erreicht werden kann. Natürlich gilt dies für in<strong>stabile</strong>Frakturen, die mit konservativer Behandlung nicht in adäquater Position zur Ausheilung gebracht werdenkönnen.Die im Kostenvergleich angesetzten DRG-Berechnungen bezüglich eines stationären Aufenthaltes bis zu8,9 Tagen gehen völlig an der Realität vorbei. Hier ist sicherlich eine ganz andere Kostenberechnungdurchzuführen. Nach meiner Einschätzung sollte die Frage nicht so beantwortet werden, was heute ineinem DRG-System mit „Optimierung der Abrechnung“ als bestmögliche Abrechnung erreicht werdenkann, sondern die Frage dahingehend beantwortet werden, wie hoch unter einer korrektenBehandlungsführung die anfallenden Behandlungskosten sind und hieran dann eine neue DRGgegebenenfalls definiert werden.Nach meiner Erfahrung (nicht während meiner klinischen Tätigkeit, sondern auch als Leiter der SektionKindertraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie) ist der stationäre Aufenthalt nachoperativer Versorgung einer kindlichen Unterarmfraktur mit ESIN-Nagelung in einer Größenordnung von 1bis 2 Tagen anzusetzen. Längere stationäre Aufenthalte sind selbstverständlich im Einzelfall möglich, sindaber dann eher durch Begleitverletzungen bedingt.Die Frage der „Kosteneffektivität“ ist somit – wie bereits auch in der Schlussfolgerung der Studiebeschrieben, mit der vorgelegten Studie nicht zu beantworten. Zu fragen ist allerdings, ob dieKosteneffektivität einer modernen, durchaus als etablierter Therapiefortschritt angesehenen Methodenunmehr gleichwertig gesetzt werden kann mit einer konservativen Methode oder ob nicht dieFragestellungen in der Studie entsprechend geändert und somit die Ergebnisse nochmals überprüftgehören.Gez. Prof. Dr. med. W. SchlickeweiChefarzt der Abteilung Unfall-, Wiederherstellungschirurgieund Kindertraumatologie im RkK gGmbH – St. Josefskrankenhaus Freiburgund Bruder-Klaus-Krankenhaus Waldkirch


Leiter der Sektion Kindertraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie

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