Nr. 58 Herbst 2011 - Gemeinde Virgen
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<strong>Virgen</strong>Aktiv<br />
komen aber der Fratz hats alles weg gelaugnt<br />
bis er gedrot hat mit dem fortfüren,<br />
dan ist es erst eingestanden. 10<br />
Meter weit hats es getragen und ein<br />
Franzoß hats gesehen und ist sofort hinein<br />
und riß es bei die Zoten heraus vom<br />
Bach.“<br />
„... den Franzoß müßen wir jetzt haben<br />
bis wir das Heu beißamen haben, wen<br />
wir ihn loß laßen bekomen wir keinen<br />
mehr, bei der Straße müßen sie auch<br />
aufhören weil sie alle zu die Bauern<br />
gehen. Wir haben ganz ein guten derwischt,<br />
gestern hat er den ganzen Tag<br />
mit der Mutter Weizen gejeten und so<br />
sauber u schnell das ihm kein Mensch<br />
nach mag, u Morgen werden wir anfangen<br />
zu mähen u dan muß man sehen<br />
wie er dort ist, verstehn tut man ihn<br />
ganz wenig.“<br />
22. 6. (Karte vom Vater)<br />
„... wir haben diese Woche einen Franzos<br />
gehabt, auch die komende Woche<br />
einen, er war zum arbeiten gut ...“<br />
(Karte, gleiches Datum)<br />
„... auch der Franzoß geht Küh treiben<br />
...“<br />
2. 7. (Brief vom Vater)<br />
„... Die Seiten Altäre in Obermauer<br />
haben auch müssen weggetan werden bis<br />
auf den Altartisch ...“<br />
7. 7. Lazacher‘s hatten im Maurer Tal<br />
eine Alm, wo Maria Mariacher Sennerin<br />
war, daher das Folgende (Brief der<br />
Schwester):<br />
„... hat mich auch gefreut das ich hir auf<br />
der Alm auch was höre von dir. ... bei<br />
Tag hab ich sonst so viel Arbeit und<br />
Abends ist die halbe weil nichts ausgeschaffen<br />
weil die Meinste Zeit Arbeiter<br />
kommen von Hinterbichl, aber es<br />
komen oftmals gar zu fiel, da treiben wir<br />
sie schon hinaus wen sie uns zu frech<br />
werden. ... es sind so viel Arbeiter von<br />
allen Weltteilen. 120 Engländer sollen<br />
heut komen ... und die müßen bei der<br />
Straße anfangen. Es ist jetzt in Hinterbichl<br />
alles so verbaut das man sich fast<br />
nicht Mehr auskent, ... wo die Wage<br />
steht sind alles paraken gebaut.“<br />
„... unßer Franzoß hat jetzt 2 Tag hir Holz<br />
gemacht, er ist mit Dein Radl herein gefahren.<br />
Am Samstag wär er alein von Hinterbichl<br />
heim gefahren, da sagt er zum<br />
Josl, er fahrt jetzt mit dem Rad nach<br />
Frankreich und lacht recht darüber. ...“<br />
22. 7. (Brief der Schwester)<br />
Darin ist unter anderem deutlich festgehalten,<br />
dass man für „seinen“ Gefangenen<br />
möglichst gut sorgte.<br />
„... Die Berliner sind fast alle Tage hir (in<br />
der Alm – Anm.), am 26. fahren sie wieder<br />
fohrt nach Berlin ... und zuhaus<br />
haben wir auch 2 Fremde gehabt etliche<br />
tage und im August sollen wieder 2<br />
Komen ... es sind so viel Fremde in <strong>Virgen</strong>,<br />
so das es ganz unmöglich (ist) eine<br />
Übernachtung zu bekomen und in Prägraten<br />
und Hinterbichl ist auch alles<br />
beßestzt.“<br />
„... bitte wen Du Zigareten bekomst<br />
schik uns wieviel Du bekomst, hir bekomt<br />
man die meinste Zeit keine, für<br />
den Franzoß, er tut tüchtig arbeiten, für<br />
uns und die Stampferin, schik wieviel<br />
Du bekomst.“<br />
Leider sind nicht mehr dieser raren<br />
Schriftstücke erhalten geblieben.<br />
Otfried Pawlin<br />
Quellenangabe:<br />
Div. Autoren: „Chronik des Dritten Reiches“<br />
in der Sammlung „Österreich 1938<br />
– 1945, Dokumente“, Archiv-Verlag,<br />
Wien<br />
Manfred Scheuch: „Europa im 20. Jahrhundert“,<br />
4. Auflage, Verlag Christian<br />
Österreich vor 70 Jahren I 35<br />
Ein „historischer“ Stein, auf dem die Fertigstellung der Straße nach Niedermauern festgehalten<br />
ist. Er ist in der kleinen Steinmauer eingelassen, die sich vom „Binter-Haus“ zum<br />
Pestkötterle hinzieht. Frau Maria Wurnitsch, vulgo Grieshäusl, hat mich auf ihn aufmerksam<br />
gemacht und mir seinen „Standort“ gezeigt. Sie kann sich auch mit Sicherheit daran erinnern,<br />
dass die eingemeißelten Buchstaben – einige sind ja nicht mehr zu erkennen – das Wort „Franzosen“<br />
ergeben haben.<br />
Brandstätter, Wien, 1992, ISBN 3-<br />
85447-434-2<br />
Martin Kofler: „Osttirol im Dritten Reich,<br />
1938 – 1945“, Studien-Verlag, Innsbruck,<br />
1996, ISBN 3-7065-1135-5<br />
Martin Kofler: „Osttirol – Vom Ersten<br />
Weltkrieg bis zur Gegenwart“, Studien-<br />
Verlag, Innsbruck, 2005, ISBN 3-7065-<br />
1876-7<br />
Osttiroler Heimatblätter, <strong>Nr</strong>.9/2006 (Krankenhaus<br />
Lienz)<br />
Protokolle des Gendarmeriepostens <strong>Virgen</strong>,<br />
1923 – 1973<br />
Feldpostbriefe und -karten aus dem Jahr<br />
1941 an Bartlmä Mariacher, vlg. Lazacher<br />
Informationen der Zeitzeugin Maria Wurnitsch,<br />
vlg. Grieshäusl, <strong>Virgen</strong><br />
Informationen von Friedl Steiner, Prägraten<br />
Internet:<br />
http://www.bild.de/politik/inland/zweiterweltkrieg/die-schlacht-um-moskau<br />
http://www.ju-52.at<br />
Bildnachweis:<br />
Abb. 1: Aus dem o.a. Buch von Manfred<br />
Scheuch: „Europa im 20. Jahrhundert“<br />
Abb. 2: Aus dem Internet: http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Bilder<br />
Abb. 3: Foto: Frau Silvia Ebner, Museum<br />
Schloss Bruck<br />
Abb. 4: Foto: Otfried Pawlin