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Projektbericht DE (PDF 1,8MB) - PECO-Institut eV

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VorworTHans-Joachim WilmsMit dem Projekt Verstetigung konnte eineArbeit fortgeführt werden, die sich seit Jahrenzwischen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmernmittel- und osteuropäischer Länderentwickelt hat. Nicht nur das Konferierenauf höchster Ebene und das alltägliche politischeGeschäft in Gremien und Ausschüssen,sondern vor allem auch die Entwicklung derZusammenarbeit von Beschäftigten in denBetrieben und Regionen ist ein wichtigesAnliegen der in der Europäischen Föderationder Agrargewerkschaften zusammengeschlossenenOrganisationen.Dies ist von den Gewerkschaften allein nichtzu tragen. Deshalb sind wir öffentlichen Stellenwie dem Bundesministerium für Arbeitund Soziales dankbar, das unsere Anliegenfür solche Projekte immer wieder unterstützt.Neben der Begegnung und dem Erfahrungsaustauschzwischen den Partnern werdenbei derartigen Initiativen auch neue Ideengeboren und angepackt. Beispiele dafür sinddas Projekt über polnische Zwangsarbeiterwährend der Zeit des Nationalsozialismus,oder das geplante europäische Projekt überein Beschäftigungsnetzwerk in ländlichenRäumen.Nachdem im ersten vom BMAS gefördertenProjekt zum Sozialen Dialog die Frage vonKollektivvereinbarungen und die Neugewinnungvon Gewerkschaftsmitgliedern bearbeitetworden ist, orientierte sich das ProjektVerstetigung an den beiden für Arbeitnehmerweiteren wichtigen Bereichen Arbeits- undGesundheitsschutz und Beschäftigung. Mitbeiden Themen konnten Initiativen verbundenwerden, die sich auf europäischer Ebeneabspielten. Zum einen wurde im Projektverlaufder so genannte „Health check“ zurReform der Europäischen Agrarpolitik diskutiert,und zum anderen vereinbarten dieSozialpartner auf europäischer Ebene einegemeinsame Erklärung zu Muskel-Skelett-Erkrankungen.So konnten die Ergebnisse der europäischenDiskussionen hervorragend in die Projekt-4


aktivitäten einbezogen, problematisiert undauch umgesetzt werden. Gleichzeitig flossenProjekterfahrungen in europäische Diskussionenmit ein. So waren zum Beispiel diegemeinsamen Erfahrungen der polnischen,tschechischen und deutschen Seminare zurMuskel-Skelett-Erkrankung hilfreich bei derWeiterentwicklung der Kampagnen in derLandwirtschaft der Europäischen Agentur fürSicherheit am Arbeitsplatz (OSHA).In dem vorliegenden Bericht können nichtalle Einzelheiten des zweijährigen Projektesmit zwei Konferenzen, sieben Workshops,einem Auswertungstreffen und fünf Austauschengeschildert werden. Es kam denVerfassern im Wesentlichen darauf an, diewichtigsten Inhalte und besondere Ergebnissedarzustellen, sowie weitere gemeinsameHandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.Die Projektakteure waren IG BAU, <strong>PECO</strong>-<strong>Institut</strong> e.V., ZZPR (Polen), OSPZV-ASOCR (Tschechische Republik) und EFFAT.Mitgewirkt haben ferner AGROSTAR(Rumänien), TUFLAW (Litauen), LATU(Lettland), ETMK (Estland) und OZPP(Slowakei).Dieses Projekt konnte nur erfolgreich durchgeführtwerden, weil alle Partner sich mitEngagement und eigenen Ideen eingebrachthaben. Dafür danken die Projektverantwortlichenallen beteiligten <strong>Institut</strong>ionen undAkteuren, insbesondere dem Bundesministeriumfür Arbeit und Soziales für die finanzielleUnterstützung sowie besonders unsererKollegin Karin Alleweldt vom DeutschenGewerkschaftsbund, die unsere Arbeit wohlwollendunterstützt hat, aber nicht mehram positiven Ausgang unserer gemeinsamenArbeit teilhaben konnte.Hans-Joachim Wilms5


ProjektzieleIm Rahmen von grenzüberschreitenden Aktionensoll die Anwendung der Regelungendes gemeinsamen Besitzstandes (acquis communautaire)in den Bereichen Arbeits- undGesundheitsschutz und Beschäftigung aufbetrieblicher und lokaler Ebene verbessertwerden. Durch die Bildungs- und Austauschmaßnahmenund die dadurch erfolgten Qualifizierungseffektein den Gewerkschaftenwird das Bewusstsein der Partner in Hinblickauf die Entwicklung eines autonomen sozialenDialogs geschärft, zugleich werden Handlungsmöglichkeitendiskutiert und erprobt.Dies geschieht insbesondere vor dem Hintergrundder europäischen Vereinbarung derSozialpartner zu Muskel-Skelett-Erkrankungen,die es in den Mitgliedsländern umzusetzengilt.„Bei unseren Gesprächen wurde deutlich,dass große Unsicherheit bei den neu eingerichteten<strong>Institut</strong>ionen der KRUS, SUSetc. vorhanden ist, weil die Versorgungswerkeerst seit jüngster Zeit bestehen. DieLeiter der betreffenden Organisationenversuchten unsere derzeitige Absicherungssituationzu erfragen, weil sie Versorgungsängsteihrer Mitglieder für dieZukunft befürchten, da der Strukturwandelbei unseren polnischen Kollegen für dieLeiter der Organisation in einem rasantenTempo voranschreitet. Die Beiträge, diebei uns (BRD) erhoben werden, warenfür sie von großem Interesse, ebenso diestaatlichen Zuwendungen.“Peter Metzger, Protokoll des Austauschsvom 5.5. - 9.5.08- Die bestehenden Kontakte zwischen denGewerkschaften werden grenzüberschreitendvertieft und durch die Einbeziehung neuerTeilnehmer verbreitet. Es sollen nachhaltigeArbeitszusammenhänge in den Themenschwerpunkten- Arbeits- und Gesundheitsschutz- Strukturwandel, Beschäftigung und Saisonarbeit,Agrarpolitik für die ländlichenRäumegeschaffen werden.6


Aus dem Projektverlauf heraus sollen weitereAktivitäten vorbereitet und durchgeführtwerden.- In den Bildungsmaßnahmen werden diewesentlichen Inhalte vermittelt, die alsGrundlage für die weitere gemeinsame Arbeitund zur Gestaltung der Interventionen notwendigsind.- In den Austauschmaßnahmen sollen dieTeilnehmer die betriebliche und lokale Praxisder anderen Länder kennen lernen undüberprüfen, wie der dortige Stand der Umsetzungdes gemeinsamen Besitzstandes fortgeschrittenist.- Aus den Verallgemeinerungen der Projekterfahrungensollen neue Perspektiven für diegrenzüberschreitende Bildung von Netzwerkenentwickelt, vorgeschlagen und verbreitetwerden.Arbeits- und GesundheitsschutzDie Landwirtschaft ist mit über 1.000 tödlichverlaufenden Arbeitsunfällen pro Jahr diejenigeBranche in der Europäischen Union,deren Beschäftigte am Arbeitsplatz den meistenGefahren ausgesetzt sind. Aus diesemGrund sehen die Gewerkschaften hier - nebender Tarifarbeit - einen Schwerpunkt ihrerTätigkeit.grafische Übersicht erstellt, die im Rahmendes Austausches überarbeitet wurde.Ein Schwerpunkt des Arbeits- und Gesundheitsschutzesin der EU ist die BekämpfungDer Arbeits- und Gesundheitsschutz ist einBereich in Europa, in dem mittlerweile durchverschiedene Europäische Verordnungen undRichtlinien gleiche Standards gesetzt wordensind. Trotz einheitlicher europäischer Regelungenhaben die Mitgliedsstaaten jedochunterschiedliche Systeme. Als sehr hilfreichfür die gemeinsame Arbeit hat sich daher einVergleich der Länderregelungen erwiesen. Inden verschiedenen Workshops wurde eine7


POLENTräger des Arbeits- und GesundheitsschutzesBeteiligungsgrad AN auf staatlicher EbeneFinanzierungArbeitsministerium (Arbeitsgesetzbuch),Tripartite Kommission, ArbeitgeberGewerkschaftliche Verbände,Ehrenamtliche Gewerbeaufsicht,Tarifverträge, ArbeitsschutzausschüsseBetriebliche Fonds, Finanzierung ausdem staatlichen HaushaltOrganisation im Betrieb Arbeitsschutzorgane (ab 100Beschäftigte, ab 10 Beschäftigte freiwillig)Kontrollmöglichkeit im BetriebPräventionEhrenamtliche Gewerbeaufsicht,Gewerkschaftsorganisation,Arbeitsschutzausschuss (>200 AN)Anträge und Klagen nach dendurchgeführten KontrollenEU-HarmonisierungTheorie und PraxisArbeitsgesetzbuch entspricht demEU-GesetzAbhängig von den Mentalitäten derArbeitgeber, abhängig von der finanziellenSituationVergleich der unterschiedlichen Länderregelungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz8


TSCHECHISCHE REPUBLIKArbeitgeber und Staat<strong>DE</strong>UTSCHLANDBerufsgenossenschaft (BG)Rat für Arbeitsschutz,Tripartitätsausschuss (Änderung zumGesetz)AG-Kosten, Staatliche Kontrolle:Inspektorat für Arbeitsschutz;GewerkschaftenArbeitgeber (Verantwortung, Kosten),Gewerkschaftsorgane, Rat oderVertreter (gewählt)Arbeitgeber, Gewerkschaft, InspektoratVerwaltungsausschuss (Drittelparität)Beiträge (Arbeitgeberumlage) und staatlicheZuschüsseSicherheitsbeauftragte BetriebsräteBerufsgenossenschaft, StaatlicheGewerbeaufsicht, BetriebsräteArbeitgeber, Schulungen,Gewerkschaften, VorbeugendeUntersuchung, ArztSchulungssystem, Voruntersuchungen,Untersuchungen90% VollzogenTheorie +Praxis +/-Gesetzliche Grundlagen gut, Umsetzungdifferenzierter, Problem Kleinbetriebe9


von Muskel-Skelett-Erkrankungen. Seit Mitteder 90er Jahre wurden mehrere Rechtsvorschriftenzu diesem Thema, unter anderemdie Rahmenrichtlinie zur Verbesserung desSicherheits- und Gesundheitsschutzes bei derArbeit (Richtlinie 89/391/EWG) und dieRichtlinien über die manuelle Handhabungvon Lasten, über die Arbeit an Bildschirmgeräten,über Lärm und Vibrationen und überelektromagnetische Felder erlassen. Dochtrotz dieser geltenden gemeinschaftlichenRechtsvorschriften, die auch ins Recht derMitgliedstaaten umgesetzt wurden, bestehtin diesem Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutznoch großer Handlungsbedarf.So leidet ein hoher Prozentsatz der europäischenArbeitnehmer, insbesondere in derLandwirtschaft, unter Muskel-Skelett-Stö-„Die Besichtigung des Betriebes zeigte,dass ein hoher arbeitsschutztechnischerStandard vorliegt. Einmal imJahr erfolgt eine direkte Kontrolle imArbeitsschutz durch die Gewerkschaft.Damit ist auch deutlich, das generellin Tschechien, sanktioniert durch dasArbeitsgesetzbuch, eine Kontrolleauf dem Gebiet des Arbeitsschutzesdurch die Gewerkschaft möglich istund auch wahrgenommen wird. Allerdingsbeschränkt sich die Kontrolle derGewerkschaft nur auf das Aufzeigenvon Mängeln ... Sollte ein Betrieb diedurch die Gewerkschaftsinspektorenaufgezeigten Mängel nicht abstellen,erfolgt die Sanktionierung über dieArbeitsschutzinspektion.“Peter Korkus, Protokoll des Austauschsvom 3.11. - 5.11.08rungen, wie z.B. Rückenschmerzen, NackenundSchulterbeschwerden oder Handgelenkverletzungen.50 kgBei der Anhörungsphase der EuropäischenKommission äußerten sich die Sozialpartnerdes landwirtschaftlichen Sektors im November2005 in einer Vereinbarung gemeinsamzur Reduzierung der MSE-Risiken. Dortwurde festgestellt:- die Umsetzung des Regelwerks der EUfür die Prävention der MSE, insbesonderebei Kleinunternehmen, bleibt unzureichend;10


Erfahrungen. Vertreter der Berufsgenossenschaftenund des staatlichen Arbeitsschutzesdiskutierten über den jeweiligen Stand zurErforschung und Bekämpfung von Muskel-Skelett-Erkrankungen. Hervorragend unterstütztwurde die Arbeit durch das <strong>Institut</strong> fürDorfmedizin Lublin (IMW) mit der dortvorhandenen Fachkompetenz. Ein wichtigesErgebnis der gemeinsamen Bemühungenwar die Einrichtung einer Beobachtungsstellefür Muskel-Skelett-Erkrankungen in Polen.In zwei weiteren Workshops in Berching/Bayern (<strong>DE</strong>/CZ) und Rendsburg/Schleswig-Holstein(<strong>DE</strong>/PL) wurden die Inhaltevertieft und anhand praktischer Beispiele inZusammenarbeit mit den jeweiligen regionalenBerufsgenossenschaften Bayerns undSchleswig-Holsteins erläutert. Die Kontakte,Logo der OSHA-Kampagne gegen Muskel-Skelett-Erkrankungendie auf den Workshops entstanden, wurdenbei den Austauschen vertieft. Besonders hervorzuhebenist der gegenseitige Austauschzwischen den Arbeits- und Gesundheitsschutzexpertenaus Liberec/Tschechien undVertretern von IG BAU und der Berufsgenossenschaftaus Brandenburg-Süd. Diesegrenzüberschreitende Zusammenarbeit wirdauch nach Projektende intensiv fortgeführt.Auf der tri-nationalen Abschlusskonferenz imOktober 2008 in Lublin wurden die Ergebnisseund Erfahrungen zusammengefasst undweiteren Kollegen aus Gewerkschaften derSlowakei, Estland, Lettland und Litauen alsgute Praxis vorgestellt.EFFAT hat die gemeinsame Arbeit der Partnerals positives Beispiel zur Bekämpfung derMuskel-Skelett-Erkrankungen bewertet unddiese im Europäischen Sozialen Dialog für dieLandwirtschaft sowie der Europäischen Agenturfür Arbeitssicherheit (OSHA) präsentiert.Die Möglichkeit der Teilnahme an den EuropäischenKampagnen fand in den Gewerkschaftenein positives Echo, so dass sich z.B.die IG BAU an der im Jahre 2008 gestartetenKampagne zur Gefährdungsbeurteilungbeteiligt.Geplant und vorbereitet sind weitere gemeinsameAktivitäten in der Zusammenarbeitbeim Arbeits- und Gesundheitsschutz, z.B.:- in Polen wird sich das <strong>Institut</strong> für Dorfmedizinin Zusammenarbeit mit den Gewerkschaftenebenfalls an den europäischen Kampagnenzur Gefährdungsbeurteilung beteiligen;12


„Präventive Maßnahmen zum Hautschutzgegen stärkere Sonneneinstrahlungengibt es in der TschechischenRepublik schon einige Jahre ... Unser<strong>eV</strong>erbandsinspektion bezeichnete dieMöglichkeit, durch Sonneneinstrahlungan Hautkrebs zu erkranken, alseine der größten Gefahren währendder Arbeit im Freien. Darum stellte siezur Minimierung der Risiken in denKollektivverträgen und Maßnahmendie Verpflichtung auf, bei Arbeiten imFreien Sonnencreme mit dem nötigenUV-Faktor zu verwenden. Wir müssenleider feststellen, dass sich nicht allelandwirtschaftlichen Betriebe an unsereEmpfehlungen halten.“geplant ist der Einsatz von Referenten ausDeutschland;- in Bulgarien wird ein Projekt zum ArbeitsundGesundheitsschutz geplant. Die IG BAUleistet hier Hilfestellung bei der Beantragungund wird Experten zur Verfügung stellen;- zwischen der IG BAU und der OSPZV/ASOist ein gemeinsames Seminar über Arbeitsschutzbei Pflanzenbehandlungsmitteln (Pestiziden)vorgesehen.Auch zu anderen Initiativen werden die Partnereingeladen, z.B. zur Verleihung „AusgezeichneterBetrieb im Arbeitsschutz“ in Polen.Bohumír Dufek, Referat zum Thema„Zukünftige Arbeitsplätze in der Landwirtschaftin Tschechien“; 12.-14.6.08in QuedlinburgTransparenz bei der Arbeitssicherheit13


Gespräche mit polnischen Saisonarbeiternin DeutschlandTeilnehmer der polnischen Delegationbeim Workshop in MasurenVorbildlichmit HelmExperten von IG BAU und Berufsgenossenschaftbei VibrationsmessungenPolnische Saisonarbeiter ander Spargelsortiermaschine14


Beschäftigung in der Landwirtschaftund in ländlichen RäumenIn der europäischen Landwirtschaft sind über6 Mio. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerbeschäftigt, hinzu kommen noch weitereBeschäftigte in der Forstwirtschaft, imGartenbau und in Dienstleitungsbereichender Agrarwirtschaft. Die Landwirtschaft hateinen hohen Anteil an grenzüberschreitenderArbeit. Ein gutes Drittel der oben genannten6 Mio. Arbeitskräfte arbeitet als Wanderarbeiter,z.B. als Erntehelfer in anderen Ländern.Auch landwirtschaftliche Unternehmenarbeiten zunehmend über Ländergrenzen.Mit den Unternehmen ziehen häufig auchdie Beschäftigten mit.In der Landwirtschaft setzt sich der Strukturwandelfort. Zum einen bestimmen dieReformen der EU-Agrarpolitik wie z.B. dieTabakreform, die Reform des Obst- undGemüsemarktes oder die Weinmarktreformdie agrarischen Strukturen. Zum anderenbekommt die Landwirtschaft neue Tätigkeitsfelder,wie z.B. die Gewinnung von erneuerbarenEnergien oder Dienstleistungen imländlichen Tourismus.Der landwirtschaftliche Arbeitsmarkt passtsich diesen Entwicklungen an. Während inden europäischen Beitrittsländern noch landwirtschaftlicheArbeitsplätze abgebaut werden,nehmen in westeuropäischen Ländern,einschließlich Westdeutschlands, die Arbeitnehmerzahlenzu. Von den Unternehmernwird zunehmend ein Arbeitskräftemangelbeklagt, insbesondere bei den Facharbeitern.Hinzu kommt auch die Neuausrichtung derEuropäischen Agrarpolitik nach 2003, in der„Sowohl der Besitzer als auch dieArbeiter haben klar gemacht, dass dasgegenseitige Vertrauen und der Dialogsehr wichtig sind. Falls notwendig,gestattet der Besitzer dem Arbeiterseine Familie zu besuchen oder seinenLohn frühzeitig zu bekommen.Uns wurde gesagt, dass der finanzielleAspekt von großer Bedeutung ist.Viele junge Saisonarbeiter fahren jetztlieber in die Niederlande oder nachGroßbritannien, wo sie höhere Löhnebekommen ... Während des Gesprächsmit den Arbeitern wurde uns berichtet,dass die Arbeitsbedingungen nichtüberall so gut sind. Arbeiter werdenausgebeutet und illegal beschäftigt,was sie aus finanziellen Gründen hinnehmenund leider jedoch teilweiseohne das verdiente Geld nach Polenzurückkehren.“Monika Kowalik, Hanna Surmann, Protokolldes Austausches nach Deutschlandvom 15.-19.6.200815


sich der Agrarrat auf Schlussfolgerungen über„die Beschäftigung in ländlichen Gebieten imRahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie“verständigt hat und die Kommissionaufforderte, eine eingehende Analyseüber die Beschäftigungsaussichten in ländlichenGebieten vorzunehmen und dafür einstatistisches Instrumentarium mit messbarenIndikatoren zu entwickeln.Die Neuausrichtung der Europäischen Agrarpolitikfür den Zeitraum 2007 bis 2013wird in den Mitteilungen der Kommission(SEK(2006)1772) vom Dezember 2006 eingehendbeschrieben.Sie gründet weiter auf einer Marktpolitikmit direkten Beihilfen, der so genannten1. Säule. Diese wird sich aber in den nächstenProgrammplanungszeiträumen degressivverhalten und an bestimmte Grundanforderungender Landbewirtschaftung (Cross-Compliance) gekoppelt sein. Dazu gehörendie Einhaltung von Standards, etwa in denBereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheitund Tierschutz. Auch Aspekte wie die Verpflichtung,alle landwirtschaftlichen Flächenin guten agronomischen Zustand zu erhalten,fließen mit ein.Die 2. Säule fördert die Entwicklung des ländlichenRaums, trägt der wachsenden Bedeutungvon Umweltschutz und LandschaftspflegeRechnung und fördert das Interesse aneiner verbesserten Lebensqualität im ländlichenRaum. Hier können z.B. Maßnahmenzum Schutz und der Erhaltung natürlicherRessourcen, alter umweltgerechter Bewirtschaftungssystemeoder Kulturlandschaften,verknüpft mit dem Aufbau des Humankapitalsund der Infrastruktur in ländlichenRäumen unterstützt werden. Dadurch sollendie Bedingungen für nachhaltiges Wachstumund Arbeit und die Diversifizierung der Wirtschaftstätigkeitenverbessert und ein Beitragzur Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeitengeleistet werden.Die aktuelle Überprüfung oder Halbzeitbewertungdes Programmplanungszeitraums2007 bis 2013 fand Ende November 2008statt, und es wurden weitere Kürzungender Direktzahlungen der 1. Säule zugunstender Förderung der ländlichen Entwicklungbeschlossen. Hinzu kommt eine weitereschrittweise Umschichtung um 5% auf 10%im Jahr 2012. Diese Umschichtung wird imnächsten Planungszeitraum noch erheblichverstärkt werden.„Wie wir festgestellt haben, investierendie meisten Landwirte erhalteneMittel von den EU-Subventionen in dieEntwicklung des Maschinenparks unddie Erneuerung der Ställe. Die OSPZV-ASO CR ist mit diesem Weg einverstandenund fördert ihn voll, weil mitdieser Modernisierung auch ein Beitragzur wesentlichen Verbesserungder Arbeitsumgebung erfolgt. “Bohumír Dufek, Referat zum Thema„Zukünftige Arbeitsplätze in der Landwirtschaftin Tschechien“; 12.-14.06.08in Quedlinburg.16


MarktpolitikUmweltfunktionEinkommensstützungLändlicheFunktionNahrungsmittelerzeugungPolitik zurLändlichenEntwicklungÖffentlicheGüterNach: EU-Kommission, Fact Sheet „Die EU-Politik zur Förderung der Entwicklung des ländlichenRaums 2007 - 2013“ (2007)Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) unddie Beschäftigung in der Landwirtschaft undin ländlichen Räumen sind eng miteinanderverknüpft. Auswertungen der EU-Agrarförderunglegen nahe, dass Investitionen inlandwirtschaftliche Betriebe, Aus- und Weiterbildung,sowie Maßnahmen, die die Entwicklungländlicher Gebiete fördern, auchfür die Schaffung von Arbeitsplätzen als wirkungsvollgelten. Es handelt sich zwar nur umSchätzungen, aber man geht davon aus, dassMaßnahmen zur ländlichen Diversifizierungdazu beigetragen haben, dass bis zu 100.000Arbeitsplätze in der Landwirtschaft gesichert,bzw. befristete Tätigkeiten im Bereich Umweltund Dorferneuerung geschaffen wurden.Da bei diesen Auswertungen (Förderperiodebis 2006) nur ein geringer Prozentsatz derAgrarfördermittel in die 2. Säule geflossenist, kann man sich gut vorstellen, dass hier17


noch ein beträchtliches Potenzial zur Schaffungvon Beschäftigungsmöglichkeiten offenist. Die Sozialpartner sind aufgefordert, sichan der Programmpolitik und Umsetzung zubeteiligen.Vor dem Hintergrund dieser allgemeinenTendenzen auf dem landwirtschaftlichenArbeitsmarkt wurden die Inhalte der Konferenzen,Workshops und Austausche ausgewählt.Eröffnet wurde das Projekt Verstetigungmit einer Konferenz zum Thema„Saisonarbeit in der Landwirtschaft“. Saisonarbeitist das grenzüberschreitende Thema,das alle teilnehmenden Länder Deutschland,Polen, Tschechien und Rumänien tangiert.Eine Bestandsaufnahme der Beschäftigungssituationder beteiligten Länder sowie eineeuropäische Gesamtschau leitete das Projektein. Ein besonderer Schwerpunkt war dieDarstellung der Lebens- und Wohnbedingungender Wanderarbeitskräfte. Ein The-„Die Tendenz ist die, dass immer wenigerMenschen in der Produktion derTomaten und Gurken arbeiten, als vielmehrin der Sortierung, Verpackung,Transport. Eine Person in der Produktionentspricht zwei Personen in derWeiterverarbeitung oder Vorbereitung.“Berit Schröder, Austausch, Gesprächim Betrieb Leonow vom 7.5.2008senpapier zur Beschäftigung war das Ergebnisder Eröffnungskonferenz (www.peco-ev.de).Dieses Papier diente als Arbeitsgrundlage fürdie weiteren Workshops des ThemenschwerpunktesBeschäftigung.In einem gemeinsamen deutsch-tschechischpolnischenWorkshop in Prag wurden dieAuswirkungen des so genannten „Healthcheck“ auf die Arbeitsplätze in der Landwirt-?Diversifizierung18


schaft diskutiert. Gemeinsam mit Vertreternaus dem tschechischen Landwirtschaftsministeriumund dem Arbeitgeberverband wurdendie aktuellen Entwicklungen und derenAuswirkungen auf die Beschäftigung vorgestellt.Deutlich herausgearbeitet wurden dieunterschiedlichen nationalen Interessen derBerufsstände. Während Tschechien als einLand mit einer vorwiegend großbetrieblichenAgrarstruktur auf die Fortführung der bisherigenAgrarpolitik setzt, unterstützten diepolnischen Vertreter - Polen hat eine deutlichandere Betriebsstruktur - besonders diedurch die zweite Säule gestärkte Förderungdes Ländlichen Raumes. Davon profitiereninsbesondere die kleineren Betriebe.In Masuren/Polen (<strong>DE</strong>/PL) erhielten dieTeilnehmer durch Vertreter der Arbeitsverwaltungund die Betriebsleiter der Staatsbetriebeeinen Einblick in die Auswirkungendes ländlichen Strukturwandels. Beeindruckendfür die deutschen Teilnehmer war dasBestreben der Vertreter des polnischen Staatsschatzes(ähnlich der ehemaligen deutschenTreuhand), die großen landwirtschaftlichenGüter in maximal ca. 500 ha große privateBetriebe umzuwandeln. Der Vertreter derArbeitsverwaltung in der WoijwodschaftMasuren berichtete von der Auszehrung desländlichen Raumes: Viele Arbeitskräfte ziehenin Regionen mit besseren Arbeitsangebotenund höheren Lebensstandard. Er schilderteeindringlich das Bemühen der Arbeitsverwaltung,gerade schwer vermittelbare Personenin den Arbeitsmarkt zu integrieren.In einem gemeinsamen deutsch-tschechischenSeminar in Prag wurde ein Betrieb mit osteuropäischenWanderarbeitskräften besucht.Dort arbeiten vorwiegend Arbeitskräfte beider Ernte und Verarbeitung von Obst. Berichtetwurde, dass die nicht durch heimischeArbeitskräfte zu besetzenden Arbeitsplätzein Tschechien zunehmend von Männernund Frauen aus Ländern außerhalb der EUbesetzt werden.In den Austauschen besuchten polnischePraktikanten polnische Saisonarbeitskräftein Deutschland, während die deutschen Teilnehmerdes Austausches sich über die Umsetzungbeschäftigungspolitischer Maßnahmenin Polen informiert haben.In einem weiteren Workshop mit tschechischenund polnischen Kollegen in Quedlinburgstanden der Klimawandel und dessenAuswirkungen auf die Arbeitsplätze inder Landwirtschaft auf der Tagesordnung.Neben einem grundsätzlichen Referat zumThema Klimawandel und Veränderung derArbeit in der Landwirtschaft wurden eineZuckerraffinerie mit einem Bioäthanolheizwerkund die Kleinwanzlebener SaatzuchtAG besucht. Dort konnten neue Möglichkeitender Beschäftigung in den Bereichenerneuerbarer Energien und Pflanzenzüchtungvorgestellt und diskutiert werden.Von den Diskussionen innerhalb des Projektesgingen zahlreiche Initiativen zur weiterenengen Zusammenarbeit aus, u.a.19


- wurde die Idee entwickelt, das Thema Klimaschutzim Zusammenhang mit der Situationder landwirtschaftlichen Beschäftigungzu diskutieren. Erste Gespräche über weitereregionale Projekte fanden statt;- entstand aus der gemeinsamen Diskussionüber Beschäftigung in ländlichen Räumenein neues Projekt zwischen Deutschland,Polen, Rumänien und Bulgarien, das überdas EU-Programm PROGRESS gefördertwerden soll.An weiteren Austauschkooperationen z.B. imBereich der Bildung wird gearbeitet.!FREI20


FazitTeilnehmer des tri-nationalen Workshops in LublinDas Projekt Verstetigung bildet einen weiterenMeilenstein in der grenzüberschreitendenZusammenarbeit der deutschen, polnischenund tschechischen Partner. Die zahlreichenAktivitäten in den zurückliegenden zwei Jahrenhaben durch den Kenntnistransfer inalle beteiligten Gewerkschaften das Wissenund das Verständnis für- und übereinanderverbessert.Die beiden Themenschwerpunkte ArbeitsundGesundheitsschutz und Beschäftigungwurden aus verschiedenen Blickwinkelnbetrachtet.Im Arbeits- und Gesundheitsschutz standenvor allem die betriebliche Praxis, die wissenschaftlichenErgebnisse von Phänomenen derMuskel-Skelett-Erkrankungen sowie der Präventionfür die Beschäftigten und auch dieArbeit der Träger der Unfallversicherungenim Fokus der Projektarbeit.Für den Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzeswurde ein gemeinsames Grundverständnisherausgearbeitet, wichtige Akteurekennen sich. Über die Projektarbeit ist eingrenzüberschreitendes Netzwerk der ArbeitsundGesundheitsschützer in den beteiligten21


Gewerkschaften entstanden, welches sich nunauch interregional verfestigt hat.Die Einmischung beim Thema Beschäftigungwird für die Gewerkschaften in den nächstenJahren eine noch stärkere Gewichtungerhalten. Auch dieses Thema wurde unterverschiedenen Aspekten und Ausprägungenin den Workshops bearbeitet:- die Auswirkung der europäischen Agrarpolitik,- der Aspekt der veränderten Arbeitsweltunter dem Klimawandel,- die Veränderung der Wander- und Saisonarbeit,- die Entwicklung der Arbeitsplätze in ländlichenRäumen.Vor allem auch das Bildungselement des Austauscheshat wertvolle Einblicke in die realeSituation, die Netzwerke und die Arbeitsweisender Partner gebracht. Es konnten weitereinteressante Kontakte in die Gewerkschaftenund darüber hinaus zu anderen Einrichtungenund Kooperationspartnern geknüpft werden.Dies waren wichtige Erfahrungen, die inder künftigen Zusammenarbeit der PartnerBerücksichtigung finden werden.Bei allen Betrachtungen und Erfahrungenwurde der weitere Handlungsbedarf auf denverschiedenen Ebenen deutlich, insbesonderebei:- der Entwicklung von Beschäftigungsnetzwerkenzum Austausch von guten Praktikenund der Entwicklung von gemeinsamen Strategienin ländlichen Räumen,- dem Regelungsbedarf bei der grenzüberschreitendenArbeit und der gemeinsamenBetreuung und Information von Wanderarbeitskräften,- der Entwicklung und Durchsetzung vongemeinsamen Positionen zur gemeinsamenAgrarpolitik- der Untersuchung und Diskussion der Auswirkungendes Klimawandels auf die Arbeitsplätze.22


„In den Workshops wurden immer wieder interessanteund für uns aktuelle Themen bearbeitet.Aus der gemeinsamen Arbeit entstanden Ideenzu neuen Projeken, die mit Hilfe des <strong>PECO</strong>-<strong>Institut</strong>s umgesetzt werden.“Leon Grycuk, ZZPR„Die grenzüberschreitende Arbeit der Gewerkschaftenist ein wichtiger Teil für das Verständnisder Gewerkschaften untereinander. Sie istinsgesamt wichtig für die lebendige Umsetzungdes Sozialen Dialoges auf europäischer Ebeneund des Sozialen Dialoges in den Ländern.“Arnd Spahn, EFFAT„In den Seminaren haben wir viel über die Situationin den deutschen Betrieben gelernt. Sokonnten wir deutschen Arbeitgebern selbstbewusstergegenüber treten und hatten guteArgumente für unsere Interessen.“Bohumír Dufek, OSPZV-ASO23


gefördert durch dasBundesministeriumfür Arbeit und Soziales

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