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melkzeit bei Automatischen Melksystemen - Vetion.de

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Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Zwischen<strong>melkzeit</strong><br />

<strong>bei</strong> <strong>Automatischen</strong><br />

<strong>Melksystemen</strong><br />

E. W. Lanser, Münchweiler


Durch mehrmaliges Melken <strong>de</strong>r Kühe pro Tag, also durch Erhöhung <strong>de</strong>r<br />

Melkfrequenz, kann eine ein<strong>de</strong>utige Milchleistungssteigerung und eine<br />

Verbesserung <strong>de</strong>r Eutergesundheit erzielt wer<strong>de</strong>n. Diese Aspekte sind<br />

neben einer Verringerung <strong>de</strong>s Ar<strong>bei</strong>tsaufwan<strong>de</strong>s und einer Verbesserung <strong>de</strong>r<br />

Ar<strong>bei</strong>tsqualität zwei wesentliche Beweggrün<strong>de</strong> für die Einführung von <strong>Automatischen</strong><br />

<strong>Melksystemen</strong> (AMS). Schon seit langem ist <strong>de</strong>r positive Zusammenhang<br />

zwischen Melkfrequenz und Milchleistung bekannt. In <strong>de</strong>r sehr umfangreichen<br />

Literatur, die bis auf HANSEN (1925) zurückgeht, wird von steigen<strong>de</strong>n<br />

Milchleistungen zwischen 8 und 39 %, im Mittel etwa von 15 bis 25 % <strong>bei</strong> dreiund<br />

viermaligem Melken berichtet. Gleiches gilt – wenn auch in abgeschwächter<br />

Ten<strong>de</strong>nz – für die Fett- und Eiweißmenge. Ausführliche Literaturzusammenstellungen<br />

fin<strong>de</strong>n sich <strong>bei</strong> HUCK (1977) und LANSER (1981).<br />

Charakter <strong>de</strong>r Milchsekretion<br />

Die Ursachen für diese Leistungsbeeinflussung<br />

liegen im Charakter <strong>de</strong>r Milchsekretion.<br />

Die Sekretionsmenge einer Kuh<br />

wird bestimmt durch die Masse <strong>de</strong>r sezernieren<strong>de</strong>n<br />

Zellen im Milchdrüsengewebe,<br />

durch <strong>de</strong>ren metabolische Aktivität und<br />

durch <strong>de</strong>n Zeitfaktor. HUCK (1977) konnte<br />

mit Hilfe <strong>de</strong>r Halbeutertechnik und DNA-<br />

Bestimmung zum Vergleich von zwei- und<br />

dreimaligem Melken täglich zeigen, dass<br />

die Erhöhung <strong>de</strong>r Melkfrequenz zumin<strong>de</strong>st<br />

am Beginn <strong>de</strong>r Laktation, also für eine kurze<br />

Zeit gleich nach <strong>de</strong>m Kalben, das<br />

Wachstum und die Vermehrung <strong>de</strong>s Drüsengewebes<br />

stimuliert und dass gleichzeitig<br />

die metabolische Aktivität <strong>de</strong>r sezernieren<strong>de</strong>n<br />

Zellen gesteigert wird.<br />

(Fotos: Lely)<br />

Euterinnendruck<br />

Des Weiteren spielt <strong>de</strong>r Zeitfaktor eine<br />

wesentliche Rolle. Die pro Zeiteinheit gebil<strong>de</strong>te<br />

Milchmenge (Milchsekretionsrate) ist<br />

nicht konstant, son<strong>de</strong>rn verkleinert sich<br />

progressiv mit zunehmen<strong>de</strong>m Abstand<br />

vom Zeitpunkt <strong>de</strong>r letzten Euterentleerung.<br />

So schreiben WENDT u. a. (1994): „In jüngerer<br />

Zeit wur<strong>de</strong> durch Mehrfachmelken<br />

(4- bis 6-mal pro Tag)<br />

<strong>bei</strong> Hochleistungskühen<br />

im Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>r Ergründung<br />

von Voraussetzungen<br />

für das Robotermelken<br />

festgestellt,<br />

dass die Milchsekretionsrate<br />

in <strong>de</strong>n ersten<br />

8 Laktationswochen<br />

bereits 3 bis 4 Stun<strong>de</strong>n<br />

nach <strong>de</strong>m Melken<br />

kleiner wird. Es trat<br />

eine Abnahme <strong>de</strong>r<br />

Milchsekretionsrate<br />

von 1.135 g/h <strong>bei</strong> 3<br />

Stun<strong>de</strong>n Zwischen<strong>melkzeit</strong><br />

(ZMZ) auf<br />

925 g/h <strong>bei</strong> 10 Stun-<br />

Euterdruck (mm Hg)<br />

60<br />

40<br />

20<br />

<strong>de</strong>n ZMZ ein.” Erklärt wird dieses Phänomen<br />

durch <strong>de</strong>n als Folge <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n<br />

Füllung <strong>de</strong>s Euterinnenraums gleichzeitig<br />

ansteigen<strong>de</strong>n Euterinnendruck<br />

(SCHMIDT, 1971). Steigt <strong>de</strong>r Euterinnendruck<br />

an, geht die Milchsekretion zurück,<br />

bis etwa 36 Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>m letzten Melken<br />

die Milchbildung ganz zum Erliegen<br />

kommt. Diese Zusammenhänge sind bekannt<br />

und wer<strong>de</strong>n genutzt für das Trockenstellen<br />

<strong>de</strong>r Kühe.<br />

Hemmung <strong>de</strong>r Milchbildung durch<br />

Eiweißfraktion<br />

Neuerdings aber nimmt man an, dass<br />

<strong>de</strong>r Anstieg <strong>de</strong>s Euterinnendrucks allein<br />

nicht die Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Milchsekretionsrate<br />

bewirkt. In Ziegenmilch wur<strong>de</strong> eine<br />

Eiweißfraktion gefun<strong>de</strong>n, die die Milchbildung<br />

hemmen soll und die mit zunehmen<strong>de</strong>r<br />

Sekretion im sezernieren<strong>de</strong>n Drüsengewebe<br />

kumuliert (WENDT u. a., 1994).<br />

Wird das Euter nun öfter entleert, so kann<br />

diese Fraktion sich nicht aufbauen und damit<br />

nicht wirksam wer<strong>de</strong>n.<br />

Durch kürzere Zwischen<strong>melkzeit</strong>en bewirkt<br />

<strong>de</strong>r Euterentleerungseffekt eine Leistungssteigerung;<br />

<strong>de</strong>r leistungsmin<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />

Faktor Eiweißfraktion kommt nicht zur Auswirkung.<br />

Unregelmäßige Melkzeiten stören<br />

<strong>de</strong>mnach <strong>de</strong>n Milchbildungsprozess und<br />

führen zu Milchverlusten. MOORE (1963)<br />

0<br />

Melktechnik<br />

konnte zeigen, dass Kühe <strong>bei</strong> gleichmäßigen<br />

Melkintervallen von 12 Stun<strong>de</strong>n 4 %<br />

mehr Milch und 6 % mehr Fett gaben als<br />

Kühe, <strong>de</strong>ren Zwischen<strong>melkzeit</strong>en zwischen<br />

9 und 16 Stun<strong>de</strong>n schwankten.<br />

Einfluss auf die Zellzahl<br />

Die Literatur über <strong>de</strong>n Einfluss <strong>de</strong>r Melkfrequenz<br />

auf die Eutergesundheit resp.<br />

Zellzahlen in <strong>de</strong>r Milch ist weniger zahlreich.<br />

LANSER (1981) konnte zeigen, dass<br />

sich die Melkhäufigkeit positiv auf die Eutergesundheit<br />

auswirkt. Durch das dreimalige<br />

Melken wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Anteil an subklini-<br />

Euterdruck<br />

durchschnittl.<br />

Sekretionsrate<br />

1<br />

momentane<br />

Sekretionsrate<br />

0<br />

0 10 20 30 40<br />

Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>m letzten Melken<br />

Sekretionsrate (lb/hr)<br />

Zusammenhang zwischen Euterinnendruck und Milchsekretionsrate<br />

schen Mastiti<strong>de</strong>n signifikant verringert; <strong>de</strong>r<br />

Anteil klinisch kranker Euter war in <strong>de</strong>n<br />

zwei- bzw. dreimal gemolkenen Gruppen<br />

gleich. Die bessere Eutergesundheit kann<br />

sicherlich auf das mehrmalige Entleeren<br />

<strong>de</strong>s Euters mit <strong>de</strong>m zusätzlichen Ausspüleffekt<br />

zurückgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />

Viermaliges Melken führte zu einem<br />

<strong>de</strong>utlichen Absinken <strong>de</strong>r Zellzahlen in <strong>de</strong>r<br />

Milch. Diese Effekte waren signifikant. Jedoch<br />

<strong>bei</strong>m Übergang vom vier- zum dreimaligen<br />

Melken und grundsätzlich <strong>bei</strong><br />

<strong>de</strong>r Rückkehr zu zweimaligem Milchentzug<br />

stieg das Zellzahlniveau kurzfristig <strong>de</strong>utlich<br />

an, um längerfristig wie<strong>de</strong>r auf das Ausgangsniveau<br />

abzusinken. Diese Erscheinungen<br />

wur<strong>de</strong>n auch von TOLLE und<br />

WHITTLESTONE (1976) beschrieben und<br />

<strong>bei</strong> einigen Kühen als dramatisch bezeichnet.<br />

Die Verfasser sind daher <strong>de</strong>r Meinung,<br />

dass <strong>bei</strong> Ausfall von Melkzeiten, und dies<br />

ist <strong>bei</strong> überlangen Zwischen<strong>melkzeit</strong>en<br />

ähnlich, beson<strong>de</strong>re Aufmerksamkeit auf die<br />

Melkqualität gelegt wer<strong>de</strong>n muss, um in<br />

diesen kritischen Phasen Neuinfektionen<br />

zu verhin<strong>de</strong>rn. Aus gleichem Grun<strong>de</strong> sollte<br />

auch das Trockenstellen <strong>de</strong>r Kühe schlagartig<br />

geschehen und nicht – wie manchmal<br />

noch zu lesen ist – durch einmaliges Melken<br />

verlängert wer<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong> neue Stimulation,<br />

je<strong>de</strong> neue Entleerung verzögert <strong>de</strong>n<br />

Prozess und belastet die Eutergesundheit.<br />

milchpraxis, 38. Jg. (2) 2000 89<br />

4<br />

3<br />

2


Melktechnik<br />

Be<strong>de</strong>utung von<br />

Min<strong>de</strong>stzwischen<strong>melkzeit</strong>en<br />

Bei häufigen Zwischen<strong>melkzeit</strong>en, die<br />

kürzer als 4 – 5 Stun<strong>de</strong>n sind, steigt die<br />

Zellzahl aber wie<strong>de</strong>r an und es kann zu<br />

Verän<strong>de</strong>rungen am Zitzengewebe kommen<br />

(NUBER,1989). MEINHOLD u. a.<br />

(1975) beobachteten <strong>bei</strong> fünfmaligem<br />

Melken vermehrt länger anhalten<strong>de</strong> Zitzenverfärbungen,<br />

starke Wulstbildungen<br />

an <strong>de</strong>r Zitzenbasis, Zitzenläsionen. Aus<br />

diesem Grun<strong>de</strong> sollte die Zwischen<strong>melkzeit</strong><br />

nicht unter 5 Stun<strong>de</strong>n betragen.<br />

Aus <strong>de</strong>m Charakter <strong>de</strong>r Milchsekretion<br />

muss geschlussfolgert wer<strong>de</strong>n, dass für<br />

die Milchleistungssteigerung und für die<br />

Verbesserung <strong>de</strong>s Zellzahlniveaus die<br />

höhere Melkfrequenz zwar verantwortlich<br />

ist, dass aber für die Optimierung <strong>de</strong>s<br />

Melkprozesses auch die Einhaltung einer<br />

Min<strong>de</strong>stzwischen<strong>melkzeit</strong> von 5 Stun<strong>de</strong>n<br />

und <strong>bei</strong> Rückkehr zu zweimaligem Melken<br />

das Erreichen gleichmäßiger Zwischen<strong>melkzeit</strong>en<br />

Voraussetzung ist. Viele<br />

frühere Untersuchungen zur Auswirkung<br />

<strong>de</strong>r Melkfrequenz waren in <strong>de</strong>r Regel<br />

so angelegt, dass die Kühe zu <strong>de</strong>n im<br />

Versuchsplan festgesetzten Zeiten vom<br />

Menschen zum Melken geholt wur<strong>de</strong>n.<br />

Damit waren gleichmäßige Zwischen<strong>melkzeit</strong>en<br />

versuchsmäßig vorgegeben<br />

und verifiziert. Mit <strong>de</strong>m AMS kam<br />

aber eine neue Philosophie: die „Selbstbedienung“<br />

<strong>de</strong>r Kuh. Die Kuh geht selbstständig,<br />

d. h. freiwillig aus eigenem Antrieb<br />

entsprechend ihres individuellen Tagesablaufs<br />

und ihrer Melkbereitschaft in<br />

die Box, nimmt Leistungsfutter auf und –<br />

man beachte die Sprachformulierung –<br />

sie wird nicht, sie lässt sich mehrmals am<br />

Tag melken. Aufgabe <strong>de</strong>s Milchviehhalters<br />

ist es, die Haltung und Fütterung <strong>de</strong>r<br />

Tiere und die Stallhygiene optimal zu gestalten,<br />

durch bauliche Vorgaben und<br />

durch das Her<strong>de</strong>nmanagement die Kühe<br />

zu animieren, die Wege freiwillig und<br />

mehrmals am Tag zu gehen, und das Geschehen<br />

in seinem Stall über 24 Stun<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Tages per Bildschirm zu kontrollieren<br />

und – wenn notwendig – korrigierend einzugreifen.<br />

Steuerung <strong>de</strong>r<br />

Min<strong>de</strong>stzwischen<strong>melkzeit</strong><br />

durch die AMS-Software<br />

Bis vor kurzem steuerten alle auf <strong>de</strong>m<br />

Markt befindlichen AMS die Zwischen<strong>melkzeit</strong><br />

nach <strong>de</strong>m Zeitfaktor. Das<br />

galt für die Gruppen- wie auch für die Her<strong>de</strong>nebene.<br />

Diese Steuerung be<strong>de</strong>utet<br />

aber letztlich nur die Einhaltung einer Min<strong>de</strong>stzwischen<strong>melkzeit</strong>,<br />

in<strong>de</strong>m die Kuh innerhalb<br />

einer Min<strong>de</strong>stzeit zurückgewiesen<br />

wird. Längere o<strong>de</strong>r sogar überlange<br />

Zwischen<strong>melkzeit</strong>en können nur über Zu-<br />

90<br />

milchpraxis, 38. Jg. (2) 2000<br />

Automatische Melksysteme gewährleisten die<br />

„Selbstbedienung” <strong>de</strong>r Kuh<br />

treibe- o<strong>de</strong>r Alarmlisten <strong>de</strong>m Milchviehhalter<br />

informativ mitgeteilt wer<strong>de</strong>n; er<br />

muss dann han<strong>de</strong>ln. Ist z. B. eine minimale<br />

Zeit zwischen zwei Gemelken von<br />

6 Stun<strong>de</strong>n eingestellt, so be<strong>de</strong>utet dies:<br />

es muss eine Min<strong>de</strong>stzeitdauer von<br />

6 Stun<strong>de</strong>n vergangen sein, ehe die Kuh<br />

wie<strong>de</strong>r zum Melken zugelassen wird. Die<br />

Selektion hierzu erfolgt – wie <strong>bei</strong> Einboxenanlagen<br />

ohne gesteuerten Tierverkehr<br />

üblich – in <strong>de</strong>r Melkbox selbst; die<br />

Kuh betritt die Box und wird dann sofort<br />

wie<strong>de</strong>r ausgewiesen. Ist ein Selektionstor<br />

vorhan<strong>de</strong>n, so wird die Kuh innerhalb dieser<br />

6 Stun<strong>de</strong>n direkt weiter geschickt zum<br />

Fressbereich.<br />

Eine übliche Einstellung – wie man sie<br />

in <strong>de</strong>r Praxis oft wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>t – <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>stzeitdauer<br />

zwischen zwei Melkvorgängen<br />

sind 5, 6 und 8 Stun<strong>de</strong>n. Damit wird<br />

eine Her<strong>de</strong> in drei Gruppen mit viermal,<br />

dreimal und zweimal „möglichem“ Melken<br />

aufgeteilt. Eine Steuerung <strong>de</strong>r Zwischen<strong>melkzeit</strong><br />

nach <strong>de</strong>r Milchmenge ist<br />

auch möglich. Aber auch hier liegt letztlich<br />

ein Zeitfaktor zu Grun<strong>de</strong>. Aus <strong>de</strong>n zurückliegen<strong>de</strong>n<br />

Melkungen (Gemelke und dazu<br />

gehören<strong>de</strong> Zwischen<strong>melkzeit</strong>en) wird<br />

eine mittlere Milchsekretionsrate für die<br />

Kuh berechnet. Diese Milchsekretionsrate<br />

mal <strong>de</strong>r verstrichenen Zeit seit <strong>de</strong>m<br />

letzten Melkvorgang ergibt die voraussichtliche<br />

Milchmenge zum Zeitpunkt X.<br />

Statt <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>stzeitdauer wer<strong>de</strong>n jetzt<br />

nur Min<strong>de</strong>stmilchmengen für die Gruppen<br />

vorgegeben.<br />

Nachteil dieser Steuerungskriterien<br />

sind die starren Grenzwerte. Aus eigenen<br />

Beobachtungen ist bekannt, dass z. B.<br />

jüngere o<strong>de</strong>r sensible Kühe gegen En<strong>de</strong><br />

ihrer Min<strong>de</strong>stzwischen<strong>melkzeit</strong> nach<br />

zweimaligem vergeblichen Anlauf sich in<br />

die Liegeboxen zurückzogen und für längere<br />

Zeit keinen Versuch mehr unternahmen,<br />

in die Melkbox zu gelangen.<br />

Um solche starren Grenzwerte und<br />

damit für die Kuh nicht nachvollziehbare<br />

und frustrieren<strong>de</strong> Entscheidungen zu vermei<strong>de</strong>n,<br />

wur<strong>de</strong> die Melkzulassung <strong>bei</strong>m<br />

Lely Astronaut formelmäßig neu gestaltet.<br />

Der Milchviehhalter hat nun die Möglichkeit,<br />

die Zulassungskriterien abhängig<br />

von <strong>de</strong>r Milchleistung und <strong>de</strong>m Laktationsstadium<br />

<strong>de</strong>r Kuh einzustellen. Die Besuchsfrequenz<br />

wird automatisch angepasst,<br />

d. h. <strong>bei</strong> steigen<strong>de</strong>r Milchleistung<br />

steigt auch die mögliche Besuchsfrequenz<br />

und umgekehrt. Diese Einstellung<br />

erfolgt auf Gruppenebene. Zusätzlich wird<br />

die gesamte Her<strong>de</strong> mit ihrer Anzahl von<br />

Melkungen in <strong>de</strong>n letzten 24 Stun<strong>de</strong>n mitberücksichtigt.<br />

Folgen<strong>de</strong> Formel dient <strong>bei</strong>m Lely Astronauten<br />

zur Ermittlung, nach wie viel Melkungen<br />

eine Kuh wie<strong>de</strong>r zugelassen wird.<br />

Betritt eine Kuh die Melkbox, so wird als<br />

Erstes die Anzahl <strong>de</strong>r vorangegangenen<br />

Melkungen abgefragt und mit <strong>de</strong>n berechneten<br />

verglichen.<br />

Ein Beispiel: eine Her<strong>de</strong> umfasst 55<br />

Kühe und hatte in <strong>de</strong>n letzten 24 Stun<strong>de</strong>n<br />

eine durchschnittliche Melkfrequenz von<br />

2,6. M Her<strong>de</strong> 24h ist damit 143. Die Kühe Lena<br />

und Leika gehören zur Gruppe 1, geben<br />

<strong>bei</strong><strong>de</strong> über 30 kg Milch und liegen im Laktationsstadium<br />

um 100 Tage. A ist damit 3,3<br />

(aus Tabelle). Lena ist sehr aktiv, hatte 9<br />

Besuche an <strong>de</strong>r Melkbox und eine durchschnittliche<br />

Melkfrequenz M Ø 24 h Kuh von<br />

3,8. Leika ist träge o<strong>de</strong>r zurückhaltend und<br />

kommt auf ein M Ø 24 h Kuh von 2,8. M Lena beträgt<br />

nun 37,4, M Leika dagegen 27,5; d. h.<br />

nach 37 vorangegangenen Melkungen in<br />

<strong>de</strong>r Her<strong>de</strong> wird Lena wie<strong>de</strong>r zum Melken<br />

zugelassen, Leika dagegen bereits 10 Melkungen<br />

früher, sofern sie kommt. Der<br />

Grenzwert ist kein starrer Zeitwert mehr,<br />

son<strong>de</strong>rn eine vom Verhalten <strong>de</strong>s Tieres und<br />

<strong>de</strong>r Her<strong>de</strong> mitbestimmte fließen<strong>de</strong> Grenze.<br />

Was kann <strong>de</strong>r Milchviehhalter<br />

für eine optimale<br />

Zwischen<strong>melkzeit</strong> tun?<br />

Für die Steuerung einer möglichst optimalen<br />

Zwischen<strong>melkzeit</strong> stehen <strong>de</strong>m<br />

Milchviehhalter nur begrenzte Maßnahmen<br />

zur Verfügung. Lei<strong>de</strong>r sind sie noch nicht in<br />

Handbüchern dokumentiert. Es gilt also,<br />

durch regen Informationsaustausch, durch<br />

Beobachten seiner Her<strong>de</strong>, durch kontrollierte<br />

Verän<strong>de</strong>rungen im Kuhverkehr und<br />

im Fütterungsmanagement, durch Anpassung<br />

<strong>de</strong>r AMS-Software usw. die richtigen<br />

Maßnahmen für die einzelne Her<strong>de</strong> unter<br />

<strong>de</strong>n gegebenen Haltungsbedingungen zu<br />

fin<strong>de</strong>n.<br />

Gestaltung <strong>de</strong>s Zugangs<br />

zum AMS<br />

Beim gesteuerten Kuhverkehr wer<strong>de</strong>n<br />

die Kühe vom Liegebereich über die<br />

Melkbox zum Fressbereich geführt. Um einen<br />

reibungslosen Verkehr zu gewährleisten<br />

und <strong>de</strong>n Durchsatz in <strong>de</strong>r Melkbox zu


M =<br />

erhöhen, ist ein Warteraum mit zwei Selektionstoren<br />

vorzuschalten. So können Kühe,<br />

die noch innerhalb <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>stzwi-<br />

M Her<strong>de</strong> 24 h • M Ø 24 h Kuh • K<br />

A A<br />

M : Anzahl <strong>de</strong>r vorangegangenen Melkungen, damit<br />

die Kuh zugelassen wird<br />

M Her<strong>de</strong> 24 h : Anzahl von Melkungen <strong>de</strong>r Her<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n letzten<br />

24 Stun<strong>de</strong>n<br />

M Ø 24 h Kuh : Durchschnittliche Melkfrequenz <strong>de</strong>r Einzelkuh<br />

in 24 Stun<strong>de</strong>n, berechnet vom Zeitpunkt <strong>de</strong>s Besuches<br />

und zwei davor liegen<strong>de</strong>n Besuchen<br />

A : Gewünschte Anzahl von Melkungen <strong>de</strong>r Kuh,<br />

abhängig von Milchleistung und Laktationsstadium;<br />

Eingabe auf Gruppenebene<br />

K : Konstante, um die gewünschte Melkfequenz sicherzustellen;<br />

empfohlene Einstellung 75 %; je<br />

niedriger die Konstante gewählt wird, umso<br />

schneller ist die Melkzulassung wie<strong>de</strong>r erreicht<br />

schen<strong>melkzeit</strong> liegen, abgefangen und sofort<br />

zum Fressbereich weiter <strong>de</strong>legiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Kurze Abtrennungen an <strong>de</strong>n Selektionstoren,<br />

die etwas in <strong>de</strong>n Warteraum hineinragen,<br />

verhin<strong>de</strong>rn, dass ranghöhere<br />

Kühe <strong>de</strong>n Eingang gänzlich blockieren können.<br />

Während <strong>de</strong>r Reinigungsphasen <strong>de</strong>s<br />

AMS müssen die Selektionstore unbedingt<br />

offen zum Fressbereich geschaltet wer<strong>de</strong>n.<br />

Alle Zugänge zum Fressbereich sind in<br />

<strong>de</strong>r Umstellungsphase durch Pad<strong>de</strong>ltore<br />

verschlossen. Von Nachteil da<strong>bei</strong> ist, dass<br />

die Kühe keinen uneingeschränkten Zugang<br />

zum Futtertisch haben und damit die<br />

Futteraufnahme beeinträchtigt ist. Dies<br />

kann für Hochleistungstiere nicht akzeptiert<br />

wer<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>r Eingewöhnungszeit von<br />

3 Monaten sollte das vom AMS am weitesten<br />

entfernte Pad<strong>de</strong>ltor geöffnet o<strong>de</strong>r besser<br />

durch ein vom Roboter gesteuertes Selektionstor<br />

ersetzt wer<strong>de</strong>n. Dieser zusätzliche<br />

Durchgang zum Fressbereich entlastet<br />

das AMS bzw. die Vorselektion am AMS<br />

und erhöht die Besuchsfrequenz <strong>de</strong>r Kühe<br />

am Futtertisch. In <strong>de</strong>r PR Lelystad (Versuchsanstalt<br />

für Rindvieh-, Schaf- und<br />

Pfer<strong>de</strong>haltung, Waiboerhoeve) wur<strong>de</strong> festgestellt,<br />

dass fast ein Drittel aller Besuche<br />

im Fressbereich Kühen zugeordnet wer<strong>de</strong>n<br />

konnte, die durch dieses Selektionstor direkt<br />

an <strong>de</strong>n Futtertisch gelangten, ohne<br />

dass ein Rückgang <strong>de</strong>r Besuchsfrequenz<br />

im AMS beobachtet wur<strong>de</strong>. Die Autoren<br />

sprechen vom selektiv-freien Kuhverkehr<br />

(JAGTENBERG und DE KONING, 1999).<br />

Eine For<strong>de</strong>rung bisher war auch, die<br />

Wege für die Kühe „attraktiv“ zu gestalten,<br />

d. h. Einrichtungen wie Kraftfutterautomaten,<br />

Tränken, Scheuerbürste usw. so zu<br />

platzieren, dass sie nur nach <strong>de</strong>r Passage<br />

durch das AMS für die Kühe zugänglich<br />

sind. Dies gilt auf keinen Fall für Kraftfutterautomaten<br />

und Tränken; hier muss <strong>de</strong>r<br />

freie Zugang immer gewährleistet sein.<br />

Beim freien Kuhverkehr haben die<br />

Kühe ständig uneingeschränkt Zugang<br />

zum AMS und Fressbereich. Die Kühe bestimmen<br />

<strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong>de</strong>s Melkens; sie<br />

bedingen damit auch überlange Zwischen<strong>melkzeit</strong>en.<br />

Sie belegen die Melkbox<br />

zum Melken, aber auch, wenn noch keine<br />

Melkberechtigung besteht. Diese Fehlbelegungen<br />

beeinträchtigen die Melkleistung<br />

im AMS. Die erreichbaren Melkfrequenzen<br />

liegen daher etwas niedriger<br />

als <strong>bei</strong>m gesteuerten Kuhverkehr; <strong>de</strong>r Anteil<br />

Kühe, die gerufen und zum AMS geholt<br />

wer<strong>de</strong>n müssen, ist wesentlich höher. Die<br />

Gefahr <strong>de</strong>r Gewöhnung an das Her<strong>bei</strong>holen<br />

ist sehr groß; die Kühe warten dann<br />

auf <strong>de</strong>n Menschen. Dem Milchviehhalter<br />

kommt <strong>bei</strong>m freien Kuhverkehr eine beson<strong>de</strong>re<br />

Rolle zu. Er muss min<strong>de</strong>stens viermal<br />

pro Tag am Bildschirm kontrollieren, welche<br />

Kühe längere Zwischen<strong>melkzeit</strong>en aufweisen<br />

und diese zum AMS her<strong>bei</strong>holen. Sonst<br />

besteht die große Gefahr, dass sich Kühe<br />

selbst trockenstellen. Eine an<strong>de</strong>re Lösung,<br />

die ich in einem nie<strong>de</strong>rländischen Betrieb<br />

(66 selektierte Kühe in Milch, hoher Milchfluss<br />

Ø 2,4 kg/min, 55 % Färsenanteil, über<br />

700.000 kg/AMS) mit einer Einboxenanlage<br />

beobachtete, war die Kombination von freiem<br />

mit temporär gesteuertem Kuhverkehr.<br />

Die Kühe hatten grundsätzlich freien Zugang<br />

zum AMS und Fressbereich, wur<strong>de</strong>n<br />

aber zweimal pro Tag in Kombination mit<br />

<strong>de</strong>r Futtervorlage und durch entsprechen<strong>de</strong><br />

Melktechnik<br />

In diesem Betrieb haben die Kühe freien Zugang<br />

zum automatischen Melksystem<br />

Absperrungen zum Weg über die Melkbox<br />

gezwungen. Hilfreich für die Her<strong>de</strong>nführung<br />

sind die Zutreibe- o<strong>de</strong>r Alarmlisten, möglichst<br />

nach Gruppen und abnehmen<strong>de</strong>r<br />

Zwischen<strong>melkzeit</strong> sortiert. So erkennt <strong>de</strong>r<br />

Milchviehhalter schnell, welche Kühe nicht<br />

regelmäßig gemolken wer<strong>de</strong>n und zum<br />

AMS geführt wer<strong>de</strong>n müssen. Weiterhin<br />

trägt eine zweimalige Futtervorlage und ein<br />

zweimaliges Nachschieben zu mehr Aktivität<br />

und Bewegung in <strong>de</strong>r Her<strong>de</strong> <strong>bei</strong>. Die<br />

Kühe haben 24 Stun<strong>de</strong>n am Tag frisches<br />

Futter auf <strong>de</strong>m Futtertisch und wer<strong>de</strong>n somit<br />

auch nachts zur Futteraufnahme angeregt.<br />

Voraussetzung ist natürlich, dass die<br />

Klauen regelmäßig gepflegt wer<strong>de</strong>n und somit<br />

die Kühe gut laufen können.<br />

Alle genannten Aspekte muss <strong>de</strong>r Milchviehhalter<br />

beachten und ausführen, um kürzere<br />

und gleichmäßige Zwischen<strong>melkzeit</strong>en<br />

und damit eine hohe Melkfrequenz in<br />

seinem AMS zu erreichen. Dass dies kein<br />

kleines Problem ist, erkennen wir daran,<br />

dass in <strong>de</strong>r Untersuchung <strong>de</strong>r PR Lelystad<br />

57 % <strong>de</strong>r Melkungen eine Zwischen<strong>melkzeit</strong><br />

über 8 Stun<strong>de</strong>n und 17 % sogar über 12<br />

Stun<strong>de</strong>n hatten (DE KONING, 1999). MP<br />

Literatur <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Redaktion erhältlich.<br />

Anschrift <strong>de</strong>s Autors:<br />

Dr. Erhard W. Lanser, Lan<strong>de</strong>sanstalt für Tierzucht und<br />

Qualitätsprüfungen Neumühle, 67728 Münchweiler<br />

a. d. Alsenz<br />

milchpraxis, 38. Jg. (2) 2000 91

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