GrundR AG(Kurz-)<strong>Skript</strong> <strong>Grundrechte</strong>Henning <strong>Tappe</strong> Wintersemester 2006/07 S. 6Spezielle Gleichheitssätze:, Art. 3 II, III, 6 V, 12 II, 12a II, 33 I, II, 38 I GG‣ ABSTAMMUNG: die natürliche Beziehung <strong>de</strong>s Menschen zu seinen Vorfahren‣ RASSE: Bezieht sich auf Gruppen mit bestimmten vererblichen Merkmalen‣ HEIMAT: örtlicher Bereich, durch <strong>de</strong>n man während <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- und Jugendjahre geprägt wird‣ HERKUNFT: ständisch-soziale Abstammung und Verwurzelung‣ BEHINDERUNG: Die Auswirkung einer nicht nur vorübergehen<strong>de</strong>n Funktionsbeeinträchtigung, die aufeinem regelwidrigen körperlichen, geistigen o<strong>de</strong>r seelischen Zustand beruht. 17‣ BENACHTEILIGUNG ist eine Maßnahme, die die Situation eines Behin<strong>de</strong>rten wegen <strong>de</strong>ssen Behin<strong>de</strong>rungverschlechtert o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten ohne hinreichen<strong>de</strong>,auf die Behin<strong>de</strong>rung bezogene kompensatorische För<strong>de</strong>rungsmaßnahme. 18 Frauenquote in öffentlichen ÄmternVerfassungsrecht- Art. 33 II GG steht einer Auswahlentscheidung, die an das Geschlecht anknüpft nicht entgegen- Vor Inkrafttreten <strong>de</strong>s Art. 3 II 2 GG nach überwiegen<strong>de</strong>r Ansicht verfassungswidrig 19Art 3 II 2 GG1. Ansicht: Frauenquoten sind verfassungsmäßig- Art. 3 II 2 ist Gruppengrundrecht <strong>de</strong>r Frauen (kollektives Grundrecht auf Gruppenparität 20 ),(feministische Staatsrechtslehre)- Art. 3 II 2 ist gegenüber <strong>de</strong>m Abwehrgrundrecht aus Art. 3 II 1 GG ein spezielles Leistungsgrundrecht(OSTERLOH 21 )2. Ansicht: Frauenquoten sind verfassungswidrig- Kollektive <strong>Grundrechte</strong> sind nur nach Maßgabe <strong>de</strong>s Art. 19 III GG gegeben- Der verfassungsän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Gesetzgeber wollte 22 kein Gruppengrundrecht schaffen: Ein nicht miteiner konkreten Benachteiligung sachlich verbun<strong>de</strong>ner Vorteil ist nicht zulässig- Art. 3 II 2 GG ist nur ein Leistungsgrundrecht auf die Herstellung faktisch günstiger Bedingungenfür die Gleichberechtigung 23 → Leistungsgrundrecht und Abwehrgrundrecht können nichtgegeneinan<strong>de</strong>r ausgespielt wer<strong>de</strong>n.BSchiedsG B90/Grüne, Entscheidung v. 07.11.1998, 98-11, NVwZ-RR 1999, 545 – 546, Frauenquote17181920212223BVerfG NJW 1997, 1062 f.; OVG Lüneburg NJW 1997, 1087 ff.; BVerfG NJW 1998, 131 ff.BVerfG NJW 1998, 131 ff.OVG NW NVwZ 1991, 501.STUPIK, Die Entscheidung <strong>de</strong>s Grundgesetzes für Parität im Geschlechterverhältnis, 1988, S. 67 ff.OSTERLOH, in Sachs, GG, Art. 3 Rn 283 ff.BT-Drucks. 12/6633, S. 6.OVG NW, NVwZ 1996, 495; BAG NJW 1996, 2529.
GrundR AG(Kurz-)<strong>Skript</strong> <strong>Grundrechte</strong>Henning <strong>Tappe</strong> Wintersemester 2006/07 S. 7EG-Recht: Rl.: 76/207/EWG v. 9.2.1976 „Gleichbehandlungsrichtlinie“ EuGH NJW 1995, 3109 [3110] – Kalanke → absolute Frauenquote 24Zum „Bremer Gleichstellungsgesetz“ (Vorlage <strong>de</strong>s BAG NZA 1994, 77)- Eine Regelung, die – bei gleicher Qualifikation von Männern und Frauen – Frauen in Bereichen,in <strong>de</strong>nen sie unterrepräsentiert sind, automatisch und damit ausnahmslos <strong>de</strong>n Vorzug gibt, verstößtgegen die Art. 2 I, IV <strong>de</strong>r Richtlinie 76/207/EWG v. 9.2.1976 „Gleichbehandlungsrichtlinie“ EuGH NJW 1997, 3429 [3430] – Marschall → relative FrauenquoteZu § 25 V 2 LBG NW (Vorlage <strong>de</strong>s VG Gelsenkirchen NVwZ 1996, 511)- Eine Regelung, die – bei gleicher Qualifikation von Männern und Frauen – Frauen in Bereichen,in <strong>de</strong>nen sie unterrepräsentiert sind, nur grundsätzlich <strong>de</strong>n Vorzug gibt, Männer aber ausnahmsweisedann zum Zuge kommen lässt, wenn in ihrer Person liegen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong> überwiegen(„Öffnungsklausel“), ist mit Art. 2 IV <strong>de</strong>r Richtlinie 76/207/EWG v. 9.2.1976 „Gleichbehandlungsrichtlinie“vereinbar.Art 4 I GG – Glaubensfreiheit, GewissensfreiheitIm Zusammenhang mit <strong>de</strong>n Art. 136 ff. WRV: „Einheitliches Grundrecht“; „Organisches Ganzes“ 25Glauben umfasst Religion und Weltanschauung. Es geht um eine Gesamtsicht <strong>de</strong>r Welt. Gegenstand<strong>de</strong>r Betrachtung ist die Stellung <strong>de</strong>s Menschen in <strong>de</strong>r Welt, seine Herkunft, sein Ziel, seine Beziehungzu höheren Mächten und tieferen Seinsschichten. 26BVerfG, Beschluss v. 26.06.2002, 1 BvR 670/91, BVerfGE 105, 279 – OshoBVerwG, Urteil v. 27.03.1992, 7 C 21.90, BVerwGE 90, 112-127, Sektenurteil = DVBl. 1992,1038 = DÖV 1992, 877 ff.POSITIVE (INDIVIDUELLE) GLAUBENSFREIHEIT: Freiheit, Glauben zu bil<strong>de</strong>n (=forum internum), zuäußern und <strong>de</strong>mgemäß zu han<strong>de</strong>ln (=forum externum)NEGATIVE (INDIVIDUELLE) GLAUBENSFREIHEIT: Freiheit, nicht zu glauben, einen Glauben nicht zubekennen, sowie glaubensgeleitete Handlungen zu unterlassen. 27 ; Die Freiheit, einer „Demonstrationpositiver Glaubensfreiheit nicht unentrinnbar ausgesetzt zu sein; zwar kein Recht in einer pluralistischenGesellschaft generell von Glaubenssymbolen verschont zu wer<strong>de</strong>n, schon aber im staatlichenUmfeld, BVerfGE 93, 1 [15 f.] – KruzifixIn einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gibt, gibt es allerdingskein Recht darauf, von frem<strong>de</strong>n Glaubensbekundungen, kultischen Handlungen und religiösenSymbolen verschont zu bleiben. Allerdings hat <strong>de</strong>r Staat die religiös-weltanschauliche Neutralitätzu wahren und daher muss <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgesetzgeber das Spannungsfeld zwischen <strong>de</strong>r positiven Glaubensfreiheit<strong>de</strong>s Lehrers einerseits und <strong>de</strong>m Erziehungsrecht <strong>de</strong>r Eltern und <strong>de</strong>r negativen Glaubensfreiheit<strong>de</strong>r Schüler an<strong>de</strong>rerseits zu regeln. BVerfGE 108, 282 - Kopftuch24252627Vgl. GIEGERICH, JuS 1997, 39 [40 f.]BVerfGE 70, 138 [167].BVerwG, Urteil v. 27.03.1992, 7 C 21.90, BVerwGE 90, 112 [115], Sektenurteil.BVerfGE 49, 375 [376].