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Was das Herz begehrt

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22. August 2008<br />

KOMPAKT<br />

GESUNDHEIT<br />

In Zusammenarbeit mit<br />

<strong>Was</strong> <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> <strong>begehrt</strong><br />

w <strong>Herz</strong>stress: Erkennen Sie die Warnsignale – und tun Sie Ihrem <strong>Herz</strong>en Gutes<br />

w Selbsttest: Wie riskant leben Sie? w Erotik: Liebe ist Balsam fürs <strong>Herz</strong>


In Zusammenarbeit mit den Kantonen, den Versicherern und der FMH.<br />

Geben Sie Ihrem Baby genug Bewegungsfreiheit. Ein Baby hat einen<br />

natürlichen Bewegungsdrang. Lassen Sie ihm freien Lauf. Denn nichts ist für ein gesundes Körpergewicht<br />

und für die Motorik besser als genug Bewegung. Richten Sie zu Hause zum Beispiel sichere Bewegungszonen<br />

und Krabbelinseln ein. Es braucht wenig, um viel zu verändern. www.gesundheitsfoerderung.ch


TITELBILD: PANTHERMEDIA (FOTOMOMTAGE); INHALT: CHRIS NEWBERT/PRISMA<br />

GESUNDHEIT<br />

Mehr als nur ein Muskel<br />

Manches tun wir leichten <strong>Herz</strong>ens, anderes<br />

liegt uns schwer auf der Brust. Wir freuen<br />

uns über beherzte Taten und lachen herzhaft<br />

über gelungene Scherze. Wir mögen<br />

Menschen, die <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> auf dem rechten<br />

Fleck haben, und ärgern uns über Leute,<br />

die <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> auf der Zunge tragen. Manchmal<br />

verlieren wir auch unser <strong>Herz</strong>. Oder es<br />

wird uns gebrochen.<br />

täglich benutzen wir sprachliche Bilder, die sich<br />

ums <strong>Herz</strong> drehen. Sprachforscher glauben<br />

gar, <strong>das</strong>s kein Wort in so vielen Wendungen<br />

vorkommt wie «<strong>Herz</strong>» – nicht nur in unseren<br />

Breitengraden: In fast allen Kulturen<br />

spielt <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> als Symbol für existentielle<br />

Belange seit Jahrtausenden eine besondere<br />

Rolle. Vielleicht, weil die Menschen<br />

schon früh ahnten, welche immense physische<br />

Leistung der Motor unseres Körpers<br />

erbringt. Zirka 100 000 Mal schlägt unser<br />

<strong>Herz</strong> jeden Tag, über 35 Millionen Mal im<br />

Jahr. Pro Minute pumpt es fünf bis sechs<br />

Liter Blut durch die Adern, rund 8000 Liter<br />

täglich. Bei einem 70­Jährigen sind <strong>das</strong><br />

über 200 Millionen Liter – genug, um mehr<br />

als drei grosse Tankschiffe zu füllen. Dafür<br />

wendet <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> täglich etwa so viel Energie<br />

auf, wie es braucht, um einen Güterwaggon<br />

einen Meter hochzuheben.<br />

diese schwerstarbeit kann es nur verrichten,<br />

wenn es gesund bleibt. Risikofaktoren wie<br />

Übergewicht, Bluthochdruck, zu hohe Cholesterinwerte<br />

und Rauchen können <strong>das</strong><br />

<strong>Herz</strong> erheblich schädigen und bringen es<br />

im schlimmsten Fall gar zum Stillstand.<br />

Überprüfen Sie in diesem «Kompakt», wie<br />

es um Ihre <strong>Herz</strong>gesundheit steht und was<br />

Sie tun können, um diese zu erhalten. Damit<br />

Ihr <strong>Herz</strong> mehr als 2,5 Milliarden Mal<br />

schlägt und Ihnen ein langes Leben beschert<br />

ist. Remo Leupin<br />

Inhalt<br />

gesundheit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

Bilder in dieser Ausgabe: In der schwebenden Transparenz des Federwurms<br />

(oben), im Frühlingsgrün, im Akt der Azurjungfern, im flüchtig hingespülten<br />

Sand – wer Augen hat fürs Wesentliche, findet <strong>das</strong> <strong>Herz</strong>symbol überall.<br />

4 <strong>Herz</strong>symbol<br />

«I schänke dir mis Härz» – und was uns sonst noch alles am <strong>Herz</strong>en liegt<br />

10 Sexualität<br />

Wenn Liebe am Werk ist, kommen Kreislauf, <strong>Herz</strong> und Hirn auf Touren<br />

14 Selbsttest<br />

Wie fit sind <strong>Herz</strong> und Kreislauf? Lernen Sie Ihre Risiken kennen<br />

18 Hochleistungsorgan<br />

Wie unser <strong>Herz</strong> autonom und zuverlässig als Motor des Lebens funktioniert<br />

20 <strong>Herz</strong>leiden<br />

Woran <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> erkrankt und welche Alarmsignale der Körper gibt<br />

26 Syndrom X<br />

X steht für Wohlstand: Leben im Überfluss wird für jeden Dritten gefährlich<br />

30 Frauen<br />

Unklare Symptome erschweren es, einen <strong>Herz</strong>infarkt bei Frauen zu erkennen<br />

32 Temperaturen<br />

Vorsicht geboten: Backofenhitze zwingt <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> zu Höchstleistungen<br />

34 Rauchstopp<br />

Auf Nikotin verzichten, ohne sich den Risikofaktor Übergewicht einzuhandeln<br />

36 Lifestyle<br />

Lieber zu früh als nie – wie man seinen Lebensstil herztauglich macht<br />

39 Weitere Informationen, Impressum


GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

<strong>Herz</strong>syMBOL<br />

Verehrt, verloren, verramscht<br />

Seit Jahrtausenden dient <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> als Symbol: Es verkörpert den Sitz von Gut und Böse,<br />

beherbergt Seele und Gefühle. <strong>Herz</strong>en werden verschenkt, besungen, verehrt,<br />

oft bis zum Überdruss. Anlass, zu klären, wie die Welt aufs <strong>Herz</strong> kam. Text: Esther Banz<br />

I<br />

min Chüngel», steht auf dem Kleber,<br />

der seit ewigen Zeiten <strong>das</strong> Füdli des<br />

Autos meiner Freundin Daniela ziert. Er<br />

ist etwas vergilbt und längst nicht mehr<br />

aktuell. Trotzdem passiert es der erwachsenen<br />

Frau immer wieder, <strong>das</strong>s Fremde ihr<br />

begeistert von den Kaninchen erzählen,<br />

die sie als Kind auch einmal hatten. Die<br />

Symbolik des <strong>Herz</strong>ens ist unmissverständlich.<br />

Wenn Kuno Lauener von Züri West<br />

«I schänke dir mis Härz» singt, versteht<br />

jede Schweizerin, <strong>das</strong>s er nicht vorhat, sich<br />

den wichtigsten Muskel seines Körpers<br />

aus dem Leib zu reissen. Und wenn eines<br />

Tages eine Karte mit rotem <strong>Herz</strong>en im<br />

Briefkasten liegt, dann wissen wir: Oha<br />

lätz, da hats jemanden erwischt.<br />

Das <strong>Herz</strong>, sagt der Schweizer Symbolforscher<br />

und ehemalige Arzt für innere<br />

Medizin Frank Nager, sei nach dem Kreuz<br />

<strong>das</strong> beliebteste Symbol der Menschen. Der<br />

deutsche Literaturkritiker Marcel Reich­<br />

Ranicki ist überzeugt, <strong>das</strong>s – zumindest<br />

von Europäern – kein Substantiv so häufig<br />

und in so vielen Verbindungen gebraucht<br />

wird wie <strong>das</strong> Wort <strong>Herz</strong>.<br />

Dasselbe gilt für die Popmusik. Hier beherrsche<br />

<strong>das</strong> <strong>Herz</strong> «zumindest implizit wohl<br />

mehr als zwei Drittel aller Elaborate»,<br />

schreibt der Schweizer Musikkritiker Philippe<br />

Amrein. Kein Wunder, sind auch unsere<br />

Alltagskultur und die Werbung voller<br />

<strong>Herz</strong>metaphorik. Zum Muttertag kaufen<br />

wir noch schnell eine Pralinenschachtel in<br />

<strong>Herz</strong>form, goldene <strong>Herz</strong>en zieren Ohrläppchen<br />

und Dekolletés von jungen Frauen,<br />

im Freibad begegnen wir muskulösen Oberarmen,<br />

auf denen in roten <strong>Herz</strong>en «Iris»<br />

oder «Mama» steht, und am Valentinstag<br />

ist sowieso alles rot und herzig.<br />

<strong>Herz</strong>lich wenig von den allgegenwärtigen<br />

<strong>Herz</strong>en hält allerdings der Ex­Kardiologe<br />

Frank Nager. Er befürchtet gar, <strong>das</strong>s <strong>das</strong><br />

<strong>Herz</strong> zerredet werde. In seinem 1993 erschienenen<br />

Buch «Das <strong>Herz</strong> als Symbol»<br />

(Editiones Roche, Basel), einem 224­seitigen<br />

kulturgeschichtlichen Streifzug durch<br />

ewige Treue: symbolik bis zum letzten ende<br />

Als Zita, die letzte Kaiserin von Österreich, am 1. April 1989 in Wien<br />

feierlich begraben wurde, fehlte etwas Zentrales: ihr <strong>Herz</strong>. Dieses war<br />

dem leblosen Körper zuvor entnommen worden und fand seine letzte<br />

Ruhe nicht in Österreich, sondern in der Loretokapelle des Klosters<br />

Muri, Kanton Aargau. Es war die letzte offizielle <strong>Herz</strong>bestattung in der<br />

westlichen Welt, denn eigentlich ist der jahrhundertealte Brauch längst<br />

verboten. Bei Zita machte man aber eine Ausnahme, weil in der Familiengruft<br />

der Habsburger im Kloster Muri schon <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> ihres viel früher<br />

verstorbenen Gatten Karls I. ruht.<br />

Getrennt von seinem <strong>Herz</strong>en wurde vor nicht allzu langer Zeit Baron<br />

Pierre de Coubertin. Das <strong>Herz</strong> des Begründers der modernen Olympischen<br />

Spiele liegt seit seinem Tod 1937 in einer Säule vor dem antiken<br />

Stadion von Olympia – wo alle vier Jahre der Fackellauf mit der olympischen<br />

Flamme startet.<br />

Der emeritierte deutsche Professor und Kardiologe Armin Dietz weiss<br />

von über 600 <strong>Herz</strong>bestattungen, die es im Verlauf der Jahrhunderte<br />

gegeben hat. Und er rechnet damit, <strong>das</strong>s er noch vielen weiteren auf die<br />

Spur kommen wird. Dem Brauch liege der Wunsch zugrunde, «<strong>das</strong> <strong>Herz</strong><br />

möge nach dem Tod an einem Ort bestattet werden, ja vielleicht sogar<br />

weiterleben, der dem Verstorbenen besonders viel bedeutete». Aber<br />

auch ganz pragmatische Überlegungen haben in einzelnen Fällen zur<br />

postmortalen <strong>Herz</strong>entnahme geführt – war es doch einiges aufwendiger,<br />

den leblosen Körper eines in der Ferne gefallenen Kriegers nach Hause<br />

zu bringen als <strong>das</strong> säuberlich herausgetrennte <strong>Herz</strong>.<br />

<strong>Herz</strong>bestattungen waren aber vor allem bei den Mächtigen und Reichen<br />

en vogue. Die ersten Berichte stammen laut Dietz aus England um 1100<br />

nach Christus. Zuerst von der Kirche verpönt, wurde der Brauch zur Zeit<br />

des Barocks und der Gegenreformation immer populärer, vor allem in<br />

den katholischen Ländern Europas. Und er war seit dann auch kein ausschliesslich<br />

männliches Privileg mehr: «Manche Gattin wollte ihr <strong>Herz</strong><br />

mit dem ihres Gatten über den Tod hinaus in ewiger Treue vereint wissen.»<br />

Die mystische Bedeutung des <strong>Herz</strong>ens hat nach Dietz auch die<br />

Aufklärung überlebt, und die <strong>Herz</strong>verehrung der Romantiker habe bald<br />

dazu geführt, <strong>das</strong>s auch Politiker und Künstler, die es sich leisten konnten,<br />

ihr <strong>Herz</strong> nach dem Tod an einem besonderen Platz wissen wollten.<br />

Epochen, Religionen, Philosophien und<br />

Kulturen, schreibt er: «Es droht mehr und<br />

mehr zum gedankenlos wuchernden Alltagswort<br />

zu verkommen. Durch lieblosen<br />

Missbrauch wird dieses Wahrzeichen strapaziert,<br />

in Werbeslogans ausgebleicht, in<br />

Schnulzenromanen ausgeblutet, in der<br />

Boulevardpresse besudelt.»<br />

Auch wenn dieser mit <strong>Herz</strong>blut formulierte<br />

Satz etwas gar kulturpessimistisch klingt<br />

– Nager spricht all jenen aus dem <strong>Herz</strong>en,<br />

die in diesem menschlichen Organ etwas<br />

Mystisches oder gar Göttliches sehen. Tatsächlich<br />

leistete aber gerade die Kirche<br />

einen wesentlichen Beitrag zur weltweiten<br />

Verbreitung und Popularisierung des <strong>Herz</strong>­<br />

FOTO: GETTyIMAGES


GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

hERZsChMERZ


GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

symbols. Erfunden hat sie es allerdings<br />

nicht: Die Geschichte des <strong>Herz</strong>ens als Zentrum<br />

des Emotionalen (und Geistigen) und<br />

als Metapher für Liebe und Erotik reicht<br />

viel weiter zurück. 3000 Jahre vor Christus<br />

habe im Land zwischen Euphrat und Tigris,<br />

im heutigen Irak und Nordostsyrien,<br />

die Weltgeschichte des symbolischen <strong>Herz</strong>ens<br />

begonnen, schreibt Nager. In den dort<br />

entstandenen sumerischen Epen werde <strong>das</strong><br />

<strong>Herz</strong> bereits vielfältig beschworen, «fast<br />

so überschwenglich wie bei den späteren<br />

Troubadouren des <strong>Herz</strong>ens im Minnegesang,<br />

bei Goethe und in der Romantik». Im<br />

Gilgamesch­Epos sei <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> gar schon<br />

«<strong>das</strong> empfindende Organ schlechthin, mit<br />

dem der Mensch sich sehnt, sich fürchtet,<br />

ahnend vorausschaut, bangt, hofft und aus<br />

dessen Quellgründen er getröstet wird».<br />

Bereits vor rund 4000 Jahren wurde «nutzlos<br />

<strong>Herz</strong>blut verströmt», und es «freut sich<br />

<strong>das</strong> <strong>Herz</strong>» des Gilgamesch, «wenn er den<br />

starken Leib des Freundes erblickt». Sein<br />

heldenhaftes <strong>Herz</strong> «will viel», es «schlägt<br />

voll Stolz»; aber auch «Zweifel kehrt [ins<br />

<strong>Herz</strong>] ein».<br />

Nager ist nicht der einzige Mediziner, den <strong>das</strong><br />

<strong>Herz</strong> nach der Pensionierung noch weiterbeschäftigt.<br />

Auch den deutschen Professor<br />

und Kardiologen Armin Dietz treiben nach<br />

jahrelanger Beschäftigung mit der rund<br />

300 Gramm schweren Pumpe aus Muskel,<br />

Gefässen und Hohlräumen die nichtanatomischen<br />

Aspekte des menschlichen<br />

<strong>Herz</strong>ens um. Er veröffentlichte in den<br />

neunziger Jahren ein Buch, in dem es um<br />

die Geschichte des <strong>Herz</strong>ens geht, seine<br />

Symbolik und vor allem seine separaten<br />

Bestattungen, die es bis ins 20. Jahrhundert<br />

noch gab (siehe «Ewige Treue: Symbolik<br />

bis zum letzten Ende», Seite 4). Auch<br />

zehn Jahre nach Erscheinen von «Ewige<br />

<strong>Herz</strong>en. Kleine Kulturgeschichte der <strong>Herz</strong>bestattungen»<br />

(MMV Medien & Medizin<br />

Verlag, München 1998) forscht Dietz noch<br />

immer intensiv an der Kulturgeschichte<br />

des <strong>Herz</strong>ens – und er gibt gerne Auskunft,<br />

wenn es um <strong>Herz</strong>ensangelegenheiten geht.<br />

Dabei ärgert er sich auch schon mal. Etwa<br />

über die These, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> einen weiblichen<br />

Hintern symbolisiere. Die Po­Theorie<br />

geisterte unlängst wieder durchs Internet,<br />

nachdem ein US­Psychologe behauptet<br />

hatte, <strong>das</strong> <strong>Herz</strong>symbol sei nicht Abbild<br />

des menschlichen <strong>Herz</strong>ens, sondern des<br />

Hinterns der Göttin Aphrodite, von dem<br />

die Griechen derart beeindruckt gewesen<br />

seien, <strong>das</strong>s sie ihm zu Ehren einen Tempel<br />

gebaut hätten.<br />

Das sei barer «Unsinn», sagt Dietz, der auf<br />

seinen Reisen durch Griechenland und Italien<br />

auf vielfältige und noch frühere <strong>Herz</strong>symbole<br />

gestossen ist. Auf dem Gebiet der<br />

<strong>Herz</strong>symbol­Forschung gebe es einfach<br />

«zu viele Esoteriker», sagt der ehemalige<br />

Professor und berichtet von weiteren skurrilen<br />

Theorien. «Eine besagt, <strong>das</strong> <strong>Herz</strong>symbol<br />

sei aus einer aufgeschnittenen Feige<br />

entstanden.» Und wieder woanders stehe,<br />

die Form sei den Kernen einer Pflanze<br />

namens Silphium nachempfunden. Diese<br />

These ist auch auf der englischen Wikipedia­Seite<br />

im Internet zu finden, mit dem<br />

Verweis, die Herkunft des <strong>Herz</strong>symbols sei<br />

aber nicht endgültig geklärt.<br />

Dietz sieht <strong>das</strong> anders. Für ihn ist klar, <strong>das</strong>s<br />

es nicht die Feige selber ist, von der <strong>das</strong><br />

<strong>Herz</strong>symbol abstammt, sondern <strong>das</strong> Feigenblatt,<br />

<strong>das</strong> seit der biblischen Geschichte<br />

des Sündenfalls auch als eigenständige<br />

Metapher dient. In seinem Buch «Ewige<br />

<strong>Herz</strong>en» schreibt er: «Im Museum von<br />

Kabul in Afghanistan steht ein bauchiger<br />

Pokal aus gebranntem Ton aus der ersten<br />

Hälfte des 3. Jahrtausends vor Christus,<br />

auf dem stilisierte Feigenblätter mit weit<br />

<strong>Herz</strong>haft kopiert:<br />

Das Feigenblatt diente<br />

als Urmodell des <strong>Herz</strong>symbols<br />

(griechische Vasenmalerei,<br />

datiert auf 525 vor Christus).<br />

ausschwingenden Stielen dargestellt sind.<br />

Dieses Dekor findet sich auch auf Erzeugnissen<br />

der Harappa­Kultur in Baluchistan<br />

und der Sothi­Kulturen im Industal. Auf<br />

den Gefässen erscheinen neben Motiven<br />

aus der Tierwelt häufig auch vegetabile<br />

Motive, also Blüten, Knospen, Kelche und<br />

eben Feigenblätter, die die heute bekannte<br />

<strong>Herz</strong>form vorwegnehmen. Sie sind die ersten<br />

<strong>Herz</strong>blätter, die Ahnen des heutigen<br />

<strong>Herz</strong>symbols.» Allerdings, fährt er fort,<br />

hätten diese Ornamente damals keine symbolische,<br />

sondern ausschliesslich dekorative<br />

Bedeutung gehabt.<br />

symbolischen Gehalt erkennt Dietz in der<br />

künstlerischen Darstellung des <strong>Herz</strong>blatts<br />

schliesslich bei den Griechen des 6. und 5.<br />

Jahrhunderts vor Christus: <strong>Herz</strong>förmige<br />

Blätter – am häufigsten Efeu­ und Weinlaub<br />

– waren dort auf Henkeln von Gefässen,<br />

auf Tempelfriesen, Grabstelen und<br />

anderen steinernen Monumenten dargestellt,<br />

teilweise in figürlichen Szenen, die<br />

Wein­ und Trinkgelage zeigen. Schon damals,<br />

schreibt Dietz, «ging die Bedeutung<br />

dieser Darstellungen häufig über <strong>das</strong> rein<br />

Ornamentale hinaus». Zum Beispiel sei<br />

auf einem Gefäss eine Szene mit Charakteren<br />

aus der Mythologie abgebildet, im<br />

Zentrum ein <strong>Herz</strong>blatt, auf dem der Name<br />

Sisyphos geschrieben ist. Der Mann, der<br />

<strong>das</strong> Blatt in Händen hält, ist der künftige<br />

Gatte jener Frau, die Sisyphos gerade geschwängert<br />

hat… Wer denkt da nicht sofort<br />

an Liebe, Eifersucht, Drama?<br />

Im Nationalmuseum in Athen ist Dietz ausserdem<br />

auf einen antiken Grabstein gestossen,<br />

auf dem ein Kind dargestellt ist, <strong>das</strong><br />

seiner jung verstorbenen Mutter ein Efeublatt<br />

reicht; darunter steht: «Nike, Tochter<br />

des Dositheus, aus Thasia,/<strong>Herz</strong>teure und<br />

liebend­besorgte, lebe wohl!»<br />

Dass es <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> als Symbol über die Grenzen<br />

Griechenlands geschafft hat, verdankt<br />

es laut Dietz dem antiken internationalen<br />

Warenhandel – Jahrtausende bevor <strong>das</strong><br />

Wort Globalisierung erfunden wurde. So<br />

gelangten etwa bemalte griechische Ge­<br />

FOTOS: ROnALD WITTEK/KEySTOnE/EPA, nIMATALLAH/AKG­IMAGES


GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

ZunEiGunG


8 GESUNDHEIT BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

fässe bereits im 6. und 5. Jahrhundert vor<br />

Christus übers Meer nach Italien, damals<br />

zu den Etruskern, und beeinflussten die<br />

dortige Kunst. Bis nach Rom und schliesslich<br />

ins Christentum war es kein weiter<br />

Weg mehr. In den Katakomben der frühen<br />

Christen, so Dietz, gebe es vielfach Gravuren<br />

des herzförmigen Efeublatts, «möglicherweise<br />

bereits als Symbol der christlichen,<br />

<strong>das</strong> Grab überdauernden Liebe».<br />

Im frühen Mittelalter habe sich dann die<br />

«endgültige Metamorphose des Efeublatts<br />

zum <strong>Herz</strong>symbol» vollzogen.<br />

Gleichzeitig entdeckte die Literatur die<br />

körperliche Liebe. Es gab unter den Rittern<br />

und in der feudalen Gesellschaft einen<br />

weltlichen <strong>Herz</strong>kult, der auch die mönchischen<br />

Buchmaler inspirierte. Endgültig<br />

zum Symbol für Erotik und Liebe hat sich<br />

<strong>das</strong> <strong>Herz</strong> in der Minneliteratur des 12. Jahrhunderts<br />

gemausert – in der Farbe des<br />

warmen Blutes: Rot. Dank dem <strong>Herz</strong>-Jesu-<br />

Kult, den französischen Spielkarten und<br />

der Verwendung des <strong>Herz</strong>ens als <strong>Was</strong>serzeichen<br />

bei der Papierherstellung im 14.<br />

Jahrhundert hat sich <strong>das</strong> <strong>Herz</strong>symbol dann<br />

schnell weiterverbreitet.<br />

Auf die Bedeutung des <strong>Herz</strong>ens in der christlichen<br />

Religion geht Frank Nager vertieft<br />

ein. «In der Bibel ist <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> <strong>das</strong> umfassende<br />

Lebenszentrum», schreibt er in seinem<br />

Buch «Das <strong>Herz</strong> als Symbol». «Als<br />

Sitz des natürlichen und übernatürlichen,<br />

<strong>das</strong> heisst gottbezogenen Seelenlebens ist<br />

es Sinnbild des ganzen inneren Menschen.<br />

Dieser Wesenskern ist polar, äusserst ambivalent.<br />

[…] In tausend strahlkräftigen<br />

Varianten sprudelt die Bibel mit der Metapher<br />

vom <strong>Herz</strong>en als dem Quellgrund der<br />

Geistig vital Erfolgreich im Beruf Voll dabei Das Studium im Griff<br />

Religiosität über. Fast tausendmal begegnet<br />

man diesem religiösen Schlüsselwort<br />

im Alten, 160-mal im Neuen Testament.»<br />

Die Psalmen seien eigentliche <strong>Herz</strong>ensergüsse<br />

und die Römerbriefe des heiligen<br />

Paulus eine Fundgrube für <strong>Herz</strong>metaphern.<br />

Vier <strong>Herz</strong>-Leitmotive erkennt Nager<br />

in der Bibel: <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> als Wesenskern<br />

des Menschen, <strong>das</strong> von Gott stets erforscht<br />

und durchschaut werde, <strong>das</strong> Menschenherz<br />

als Ort, aus dem heraus Jesus wirkt,<br />

<strong>das</strong> aber auch ein widerspenstiges, träges,<br />

uneinsichtiges Ding ist, und schliesslich<br />

<strong>das</strong> <strong>Herz</strong>, <strong>das</strong> sich nur aus Leid und Verwundung<br />

heraus erneuern könne.<br />

Unter den christlichen Mystikern gilt vor<br />

allem die im 12. Jahrhundert wirkende Benediktinerin,<br />

Ärztin und Dichterin Hildegard<br />

von Bingen als Instanz für die Belange<br />

des <strong>Herz</strong>ens. Die Verehrung von Jesu <strong>Herz</strong>,<br />

dargestellt als Flamme oder von Dornen<br />

umrankt und gequält, entstand erst im späteren<br />

Mittelalter, entwickelte sich unter<br />

Katholiken schliesslich aber zu einem<br />

regelrechten <strong>Herz</strong>-Jesu-Kult, der bis heute<br />

überdauert hat und – vor allem in südlichen<br />

Ländern – in seiner ganzen Pracht,<br />

wahlweise auch als <strong>Herz</strong>-Maria-Kult, Wände,<br />

Hälse und Autorückspiegel ziert. So<br />

In Ihrer Apotheke<br />

oder Drogerie.<br />

www.alpinamed.ch<br />

<strong>Herz</strong>lich geliebt:<br />

Die <strong>Herz</strong>symbolik feiert<br />

im <strong>Herz</strong>-Jesu-Kult<br />

einen religiösen Höhepunkt<br />

(Öldruck von 1903).<br />

erstaunt es nicht, wenn mancher Zeitgenosse<br />

glaubt, <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> in seiner nicht nur rein<br />

anatomischen Bedeutung sei eine christliche<br />

oder zumindest abendländische Erfindung.<br />

Dass dem nicht so ist, haben weit<br />

vor den <strong>Herz</strong>- schon die Sprachforscher<br />

herausgefunden. So stammen sowohl <strong>das</strong><br />

altgriechische Wort «cardia» als auch <strong>das</strong><br />

lateinische «cor», die beide «<strong>Herz</strong>» bedeuten,<br />

von «kurd» ab – einem Wort aus dem<br />

alten indischen Sanskrit.<br />

Die vorchristliche Beschäftigung mit dem<br />

<strong>Herz</strong>en nimmt bereits vieles vorweg, was<br />

Gläubige und Philosophen in unseren<br />

Breitengraden erst sehr viel später, aber<br />

dafür umso intensiver umtrieb – seine<br />

Doppelbedeutung: <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> als anatomischer,<br />

sich bewegender Körperteil auf der<br />

einen und als Gehäuse und Zentrum der<br />

menschlichen Empfindungen auf der andern<br />

Seite. So massen etwa auch die Ägypter<br />

dem <strong>Herz</strong>en eine – im Wortsinn –<br />

gewichtige Bedeutung zu: Vor dem Totengericht<br />

wurde <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> des Verstorbenen<br />

mit einer Feder aufgewogen, um zu prüfen,<br />

ob es ins Jenseits übertreten dürfe.<br />

Denn nur wer ein sündenfreies Leben geführt<br />

habe, dessen <strong>Herz</strong> sei leicht, glaubte<br />

man bei den Pharaonen.<br />

Die Bilder vom leichten respektive schweren<br />

<strong>Herz</strong>en oder Redewendungen wie<br />

«Mir fällt ein Stein vom <strong>Herz</strong>en» entsprangen<br />

also nicht den genialen Hirnen und<br />

<strong>Herz</strong>en unserer Denker und Dichter. Genauso<br />

wenig wie <strong>das</strong> <strong>Herz</strong>symbol am Hinterteil<br />

des Autos meiner Freundin seinen<br />

Ursprung einem entzückten Aktzeichner<br />

oder Jesus-Verehrer zu verdanken hat. Möge<br />

<strong>das</strong> <strong>Herz</strong> dennoch Trumpf bleiben. n<br />

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IQ-Energy steigert die geistige<br />

Leistungsfähigkeit, fördert Gedächtnis,<br />

Lernvermögen und Konzentration.<br />

FOTOS: GETTYIMAGES, AKG-IMAGES


GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

WAChstuM


10 GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

SExualItät<br />

Erotik lässt <strong>Herz</strong>en höherspringen<br />

Liebe ist die beste Medizin, sagt der Volksmund – und hat recht. Sex setzt den Kreislauf<br />

in Schwung, sorgt für Hormonschübe und glückhafte Entspannung. In <strong>Herz</strong> und Hirn läuft<br />

einiges ab, wenn wir von Kopf bis Fuss auf Liebe eingestellt sind. Text: Susanne Wagner<br />

Sex ist der genussvollste Weg, Kalorien<br />

zu verbrennen», soll die Schauspielerlegende<br />

Jack Nicholson einmal<br />

gesagt haben. Der 71-Jährige muss es wissen:<br />

Nach eigenen Angaben könnte der<br />

dreifache Oscar-Preisträger angesichts seiner<br />

sexuellen Aktivitäten im Lauf seines<br />

Lebens Vater von 9000 Kindern sein. Mit<br />

den Kalorien liegt Nicholson richtig. Ein<br />

halbstündiges, durchschnittlich aktives<br />

Liebesspiel verbrennt rund 350 Kalorien,<br />

so viel wie 20 Minuten leichtes Joggen.<br />

Sex ist gesund: Beim Liebesakt wird der<br />

gesamte Organismus intensiv durchblutet<br />

und mit Sauerstoff versorgt. Kurz vor dem<br />

Höhepunkt steigen <strong>Herz</strong>frequenz und Blutdruck<br />

an, was den Kreislauf noch mehr<br />

anregt. Und bereits <strong>das</strong> Küssen kann den<br />

Kreislauf ähnlich in Schwung bringen wie<br />

der Geschlechtsverkehr.<br />

Allerdings wird man dem Liebesspiel nicht<br />

gerecht, wenn man es nur als stimulierendes<br />

Fitnessprogramm interpretiert. Denn<br />

Liebe, Lust und Höhepunkt stehen für<br />

einiges mehr. Sie bringen <strong>das</strong> Hormonsystem<br />

auf Trab und wirken sich positiv<br />

auf Seele und Geist aus. Nähe, Zärtlichkeit,<br />

Wärme und Streicheleinheiten versetzen<br />

uns in einen Zustand des Wohlbefindens<br />

und des Glücks.<br />

Schon <strong>das</strong> pure Verliebtsein ohne körperlichen<br />

Kontakt beeinflusst unseren Körper<br />

nachhaltig und lässt die Seele Achterbahn<br />

fahren. Das berauschende Gefühl wirkt in<br />

denselben Hirnregionen, die auch von euphorisierenden<br />

Drogen wie etwa Kokain<br />

aktiviert werden.<br />

Jeder, der schon einmal verliebt war, kennt<br />

diesen Zustand: die Knie zitternd, die Hände<br />

feucht, der Magen flau, der Kopf leer.<br />

Dabei arbeitet <strong>das</strong> Hirn auf Hochtouren<br />

und setzt massenhaft die Stresshormone<br />

Cortisol und Adrenalin frei. Denn biologisch<br />

gesehen bedeutet <strong>das</strong> Verliebtsein<br />

Stress für den Körper, den wir allerdings<br />

positiv wahrnehmen, weil dieser Stress<br />

elektrisiert und beschwingt. Verliebte sind<br />

Grossstadtlegende: löst Sex wirklich <strong>Herz</strong>infarkte aus?<br />

In Kinofilmen wird er gern als dramatisches Ereignis eingesetzt: der<br />

plötzliche <strong>Herz</strong>tod während des Liebesspiels. In Wirklichkeit ist ein solches<br />

Ereignis sehr selten. Viele Menschen, die einen <strong>Herz</strong>infarkt erlitten<br />

haben, fürchten sich trotzdem davor. Meist grundlos, erklärt der Kardiologe<br />

Jean-Paul Schmid: «Während jeder körperlichen Aktivität steigt <strong>das</strong><br />

Infarktrisiko leicht an, also auch bei einer sexuellen Aktivität, allerdings<br />

nur bei Personen, die nicht regelmässig körperlich aktiv sind.»<br />

Die Anstrengung beim Liebesspiel wird häufig überbewertet. Sex belastet<br />

den Kreislauf nicht mehr als eine leichte Ausdauerleistung. Nach<br />

Jean-Paul Schmid müssen Menschen nach einem <strong>Herz</strong>infarkt oder mit<br />

einer <strong>Herz</strong>schwäche keine Angst haben, sich bei der Liebe zu überanstrengen:<br />

«Sie können ganz normal Sex haben und müssen nach<br />

einem <strong>Herz</strong>infarkt auch keine Wartefrist einhalten.»<br />

Sicherheit erhalten Patienten, wenn sie nach einem akuten Ereignis<br />

an einem Rehabilitationsprogramm teilnehmen. Dort werden sie wieder<br />

an die Alltagsbelastungen herangeführt. Belastungstests zeigen dem<br />

Patienten die Leistungsfähigkeit des <strong>Herz</strong>ens. Viel gefährlicher als Sex<br />

sind vermeintlich harmlose Aktivitäten: Das Schneeschaufeln in frühmorgendlicher<br />

Kälte etwa ist für untrainierte Personen ein klassischer<br />

Infarktauslöser. Und was viele nicht wissen: Die Belastung für <strong>das</strong> <strong>Herz</strong><br />

ist grösser, wenn Sex in ungewohntem Rahmen stattfindet, besonders<br />

beim «Seitensprung» oder bei einem Bordellbesuch. «Wenn dann noch<br />

höherer Alkoholkonsum oder schweres Essen dazukommen, steigt <strong>das</strong><br />

Risiko deutlich an», hält Schmid fest. «Dies erklärt zumindest einige<br />

Fälle von plötzlichem <strong>Herz</strong>tod unter solchen Umständen.»<br />

Menschen, die einen <strong>Herz</strong>infarkt hatten oder an einer koronaren <strong>Herz</strong>krankheit<br />

leiden, haben jedoch kein höheres Risiko als «gesunde»<br />

Vergleichspersonen. Die Gefährdung nimmt aber massiv zu, wenn eine<br />

Person sich zu wenig bewegt. Jean-Paul Schmid: «Die Gefässe von<br />

körperlich aktiven Menschen sind es gewohnt, eine grössere Belastung<br />

auszuhalten. Sie sind durch ihren aktiven Lebensstil geschützt.» Wer<br />

hingegen nach einem <strong>Herz</strong>infarkt seinen ungesunden Lifestyle weiterpflege,<br />

gehe ein grosses Rückfallrisiko ein.<br />

kreativ und brauchen wenig Schlaf. Das<br />

<strong>Herz</strong> flattert vor Glück, denn <strong>das</strong> Belohnungszentrum<br />

des Hirns wird vom euphorisch<br />

stimmenden Botenstoff Dopamin<br />

überflutet. Selbst der Verstand scheint bei<br />

Liebeskranken ausgeschaltet: Verliebtheit<br />

deaktiviert jene Hirnregionen, die für<br />

negative Gefühle und kritisches soziales<br />

Urteilen verantwortlich sind. Liebe macht<br />

also tatsächlich blind. In den ersten paar<br />

Monaten des Verliebtseins befinden sich<br />

Körper und Seele in einem Ausnahmezustand,<br />

der − zum Glück? – aber nicht<br />

ewig andauert.<br />

Irgendwann haben sich die Gemüter beruhigt,<br />

Alltag kehrt ein, und Stresssymptome verschwinden.<br />

Die körperliche Liebe, die ein<br />

Paar nun geniesst, wirkt sich erst recht positiv<br />

auf die Gesundheit aus. Verschiedene<br />

internationale Studien besagen, <strong>das</strong>s ein


aktives Sexleben die körperliche und geistige<br />

Leistungskraft erhöht und zu einer<br />

besseren Entspannung verhilft. Wer sich<br />

regelmässig erotischen Aktivitäten hingibt,<br />

verfügt über mehr Antikörper, die vor<br />

Infektionen schützen, und leidet weniger<br />

an Erkältungskrankheiten.<br />

Zuverlässig wirkt auch der Hormoncocktail:<br />

Stressgefühle verschwinden, der<br />

Blutdruck sinkt. Nach dem Orgasmus fühlen<br />

sich die Partner wohl, entspannt und<br />

ausgeglichen. Eine erfüllte Liebesnacht<br />

zeigt uns die Welt durch eine rosa Brille.<br />

Die freigesetzten Glückshormone bauen<br />

Eine dieser Kopfwehtabletten<br />

bereitet Ihnen kein Kopfzerbrechen.<br />

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TopPharm, die Vereinigung unabhängiger Apotheken.<br />

leichte Depressionen, Blockaden im Kopf,<br />

körperliche Anspannungen und Stressgefühle<br />

ab. Untersuchungen der Universität<br />

Leipzig zufolge leiden sexuell aktive<br />

Menschen sogar weniger häufig an Depressionen<br />

oder Angststörungen.<br />

Selbst Schmerz kann Sex vertreiben: Durch<br />

die An- und Entspannung der Muskulatur<br />

im Bauch- und Beckenraum beim Orgasmus<br />

können sich Verspannungen lösen.<br />

Die ausgeschütteten Endorphine – «morphiumähnliche<br />

Substanzen», wie der französische<br />

Arzt Michel Odent sie beschreibt<br />

– wirken als natürliche Schmerzkiller. Der<br />

GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008 11<br />

Doktor empfiehlt sogar, bei Migräne auf<br />

diese Schmerztherapie zu setzen.<br />

Gern kolportieren Gesundheits- und Lifestylemagazine,<br />

<strong>das</strong>s regelmässiger Sex <strong>das</strong><br />

Leben verlängere. Tatsächlich haben Forscher<br />

der Universität Bristol berichtet,<br />

«<strong>das</strong>s zwei Orgasmen pro Woche bei Männern<br />

<strong>das</strong> <strong>Herz</strong>infarktrisiko halbieren».<br />

So eindeutig würde sich Jean-Paul Schmid,<br />

Oberarzt Kardiologie am Berner Inselspital,<br />

nicht festlegen. Er weist darauf hin,<br />

<strong>das</strong>s die Studie von verschiedenen Seiten<br />

kritisiert wurde, weil der Zusammenhang<br />

zwischen Sterblichkeit und sexueller Aktivi-<br />

Wir wissen welche.<br />

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OSW


12 GESUNDHEIT BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

VERGÄNGLICHKEIT


FOTO: PLAINPICTURE/FOLIO<br />

tät damit nicht wirklich belegt sei. «Bislang<br />

hat keine Studie den Zusammenhang zwischen<br />

der Häufigkeit von Orgasmen und<br />

der Lebensdauer explizit mit dieser Fragestellung<br />

untersucht», sagt Schmid.<br />

Ein eindeutiges Ergebnis könnte nur erzielt<br />

werden, wenn präzise Fragen zu<br />

weiteren Lebensfaktoren, zum sozialen<br />

Umfeld sowie zur Dauer und Qualität der<br />

Partnerschaft in die Untersuchung einbezogen<br />

würden. Denn Arteriosklerose<br />

(Ablagerungen in den Arterien), die zum<br />

<strong>Herz</strong>infarkt führen kann, werde nicht nur<br />

von der körperlichen Aktivität (Sex) beeinflusst,<br />

sondern eben auch durch Rauchen,<br />

falsche Ernährung, Stress oder belastende<br />

Lebensumstände.<br />

Trotzdem ist Schmid der Meinung, <strong>das</strong>s<br />

Sex generell eine positive Wirkung auf die<br />

Gesundheit hat. Doch nicht der Orgasmus<br />

sei der Schutzfaktor, sondern die Qualität<br />

des Sexlebens. Es gebe Hinweise darauf,<br />

<strong>das</strong>s ein erfülltes Sexleben <strong>das</strong> <strong>Herz</strong>infarktrisiko<br />

– bei Männern und Frauen –<br />

senke. «Man weiss», sagt Schmid, «<strong>das</strong>s es<br />

Schlecht geschlafen?<br />

Damit Nächte nicht zur Qual werden . . .<br />

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Die Original RESCUE ® Produktelinie.<br />

vor allem die erfüllte Partnerschaft ist, die<br />

einen Schutzfaktor für <strong>Herz</strong>-Kreislauf-<br />

Erkrankungen darstellt. Eine glückliche<br />

Beziehung federt den täglichen Stress ab.»<br />

Schmid sieht einen weiteren Zusammenhang<br />

zwischen Sex und Gesundheit: «Menschen,<br />

die mehr Sorge zu ihrem Körper<br />

tragen und körperlich aktiv sind», seien<br />

anscheinend «auch sexuell aktiver».<br />

Doch eine glückliche Partnerschaft lebt nicht<br />

nur vom Körperlichen, sondern auch von<br />

geistiger und seelischer Nähe. Für die gefühlsmässige<br />

Bindung ist aber wiederum<br />

der Körper verantwortlich. Der Wunsch<br />

nach Bindung zwischen zwei Menschen<br />

wird durch <strong>das</strong> Hormon Oxytocin ausgelöst.<br />

Forscher haben herausgefunden, <strong>das</strong>s<br />

es Gefühle der Zuneigung, von Vertrauen<br />

und Geborgenheit bewirkt. Schon während<br />

der körperlichen Berührungen beim<br />

Vorspiel steigt der Spiegel des «Liebes-<br />

und Wohlfühlhormons» bei Männern wie<br />

bei Frauen an. Auch nach dem Orgasmus<br />

produziert <strong>das</strong> Hirn weiterhin grosse<br />

Mengen Oxytocin.<br />

GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008 13<br />

Sex ist allerdings nicht <strong>das</strong> Wundermittel<br />

schlechthin. Der Gesundheit zuträglich ist<br />

die Partnerschaft an sich. «Eine funktionierende<br />

Partnerschaft ist ein Puffer für schädigende<br />

Einflüsse auf <strong>Herz</strong> und Kreislauf»,<br />

sagt Jean-Paul Schmid. Die Qualität der<br />

Ehe beeinflusst die Gesundheit der beiden<br />

Partner positiv, wie Hormonforscher an<br />

der amerikanischen Ohio State University<br />

in Columbus in einer langjährigen Studie<br />

herausgefunden haben. Ein heftiger Ehestreit<br />

hingegen schwächt <strong>das</strong> Immunsystem.<br />

Für <strong>Herz</strong> und Hirn ist es demnach<br />

lohnend, eine harmonische Beziehung zu<br />

leben oder zumindest anzustreben. Denn<br />

bereits die Tatsache, <strong>das</strong>s Ehepaare über<br />

Veränderungen sprechen, wirkt sich positiv<br />

auf den Gesundheitszustand aus. n<br />

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Gabriele und Rolf Froböse: «Lust<br />

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Wiley-VCH, 2004, 230 Seiten, Fr. 44.90<br />

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14 GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

SELBSTTEST<br />

Lassen Sie den Risiken freien Lauf?<br />

<strong>Herz</strong>-Kreislauf-Erkrankungen sind bei uns die häufigsten Todesursachen. Finden Sie<br />

heraus, wie gefährdet Sie sind, damit Sie Ihren Lebensstil gegebenenfalls wirksam<br />

umstellen können. Ihre Gesundheit wird es Ihnen herzlich danken. Text: Susanne Wagner<br />

Ein <strong>Herz</strong>infarkt oder ein Hirnschlag<br />

kann jede und jeden treffen. Eine Reihe<br />

von Faktoren erhöhen jedoch <strong>das</strong><br />

Risiko, einen Infarkt zu erleiden, enorm.<br />

Die meisten «Verstärker» resultieren aus<br />

dem Lebensstil. Wer jahrzehntelang (zu)<br />

gut gegessen und getrunken, geraucht, in<br />

stressreichem Umfeld zu viel gearbeitet<br />

und sich körperlich zu wenig bewegt hat,<br />

erhält oft – scheinbar aus heiterem Himmel<br />

– die Quittung: Das <strong>Herz</strong> macht nicht<br />

mehr mit, ein Infarkt streckt einen nieder.<br />

Oder <strong>das</strong> Hirn erleidet einen Schlag.<br />

TEST<br />

1. Ist in Ihrer Familie bei Verwandten<br />

ersten Grades (Vater, Mutter, Bruder,<br />

Schwester, Kinder) ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />

oder Hirnschlag aufgetreten?<br />

a nein (0 Punkte)<br />

b ja, vor dem 65. Lebensjahr<br />

(3 Punkte)<br />

c ja, vor dem 55. Lebensjahr<br />

(5 Punkte)<br />

2. Rauchen Sie?<br />

a nein (0)<br />

b Ich rauche weniger als 20 Zigaretten<br />

täglich (4).<br />

c Ich rauche mehr als 20 Zigaretten<br />

täglich (6).<br />

d Ich rauche mehr als 20 Zigaretten<br />

täglich und nehme die Antibabypille<br />

(8).<br />

3. Achten Sie auf eine gesunde Ernährung,<br />

auf die Wahl der richtigen Fette und Öle<br />

(ungesättigte Fette wie Oliven- oder<br />

Rapsöl), essen Sie täglich frisches Obst,<br />

Salate und Gemüse, Hülsenfrüchte,<br />

Vollkornprodukte sowie zwei Fischmahlzeiten<br />

pro Woche?<br />

a praktisch immer (–3)<br />

b häufig (–1)<br />

c eher nicht (0)<br />

Die schlechte Botschaft enthält aber einen<br />

positiven Aspekt: Die Katastrophe ist nicht<br />

unausweichlich. Gefässveränderungen,<br />

die dem <strong>Herz</strong>- oder Hirninfarkt vorausgehen,<br />

entwickeln sich meist über Jahre. Ein<br />

ungesunder Lebensstil ist nicht angeboren,<br />

sondern angewöhnt. Deshalb lohnt es sich<br />

jederzeit, den Lebensstil zu ändern. So<br />

nimmt <strong>das</strong> Risiko eines <strong>Herz</strong>infarkts bereits<br />

ab, wenn man sich etwas mehr Bewegung<br />

verschafft. So normalisieren sich<br />

Blutdruck und Cholesterinwerte, und der<br />

Bauchumfang bleibt unter Kontrolle.<br />

4. Bevorzugen Sie eine währschafte Küche<br />

(zum Beispiel rotes Fleisch, Bratwürste,<br />

Pommes frites, Vollmilchprodukte, Rahm,<br />

Kuchen, Süssigkeiten, Desserts)?<br />

a eher nicht (0)<br />

b häufig (1)<br />

c praktisch immer (3)<br />

5. Wie viel beträgt Ihr Bauchumfang, auf<br />

der Höhe des Bauchnabels gemessen?<br />

a Männer: unter 102 cm/Frauen:<br />

unter 88 cm (0)<br />

b Männer: über 102 cm/Frauen:<br />

über 88 cm (3)<br />

6. Bewegen Sie sich regelmässig, also<br />

mindestens 30 Minuten am Stück?<br />

a seltener als einmal pro Monat (2)<br />

b ja, aber weniger als einmal pro<br />

Woche (1)<br />

c ja, ein- oder zweimal pro Woche<br />

(0)<br />

d ja, mindestens dreimal pro Woche<br />

(–2)<br />

7. <strong>Was</strong> wissen Sie über Ihren Blutdruck?<br />

Anmerkung: Wenn Sie nicht wissen, wie<br />

hoch Ihr Blutdruck, Ihr Blutzucker und<br />

Wie steht es um Sie, um Ihren Lifestyle?<br />

Kennen Sie Ihren Gesundheitszustand?<br />

Der folgende Test basiert auf einem <strong>Herz</strong>test<br />

der Schweizerischen <strong>Herz</strong>stiftung:<br />

Gehen Sie die Fragen sorgfältig durch, lassen<br />

Sie keine Frage aus und beantworten<br />

Sie diese ehrlich. Notieren Sie die angegebenen<br />

Punkte und zählen Sie sie anschliessend<br />

zusammen. Bei Antworten, die mit<br />

einem Minuszeichen versehen sind, ziehen<br />

Sie die Punktzahl ab. Die gesamte Punktzahl<br />

gibt Ihnen einen Hinweis darauf, wie<br />

Ihr Risiko einzuordnen ist. n<br />

Ihre Blutfette sind, sollten Sie sie<br />

bestimmen lassen. Nur wenn Sie diese<br />

Werte kennen, können Sie sich vor einem<br />

<strong>Herz</strong>infarkt schützen.<br />

a nichts bekannt (1)<br />

b oberer Wert unter 140 mmHg (0)<br />

c oberer Wert 140–160 mmHg (1)<br />

d oberer Wert über 160 mmHg (4)<br />

e unterer Wert unter 90 mmHg (0)<br />

f unterer Wert über 90 mmHg (3)<br />

8. <strong>Was</strong> wissen Sie über Ihre Blutfettwerte<br />

(Gesamtcholesterin)?<br />

a nichts bekannt (1)<br />

b unter 5,0 mmol/l (0)<br />

c etwas erhöht: 5,0–7,0 mmol/l (2)<br />

d stark erhöht: über 7,0 mmol/l (4)<br />

9. Leiden Sie unter erhöhten Blutzuckerwerten<br />

(Diabetes)?<br />

a nichts bekannt (1)<br />

b nein, unter 5,6 mmol/l (nüchtern)<br />

(0)<br />

c Ja, über 5,6 mmol/l (nüchtern), ich<br />

nehme keine Medikamente (3).<br />

d Ja, ich bin Diabetiker/Diabetikerin<br />

und nehme Tabletten oder spritze<br />

Insulin (6).


Kennen Sie Ihre Blutwerte?<br />

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16 GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

TEST<br />

10. Stehen Sie im Beruf und/oder im Privatleben<br />

unter dauerndem Zeitdruck und<br />

Stress oder psychischen Belastungen?<br />

a Nein, ich habe mein Zeitmanagement<br />

im Griff (0).<br />

b Gelegentlich, ich lasse mich nicht<br />

zu oft unter Druck setzen und ich<br />

kann delegieren (0).<br />

c Häufig, ich lasse mich leider zu oft<br />

unter Druck setzen (1).<br />

d Job und Privatleben beanspruchen<br />

mich stark, daher stehe ich<br />

praktisch immer unter Stress (3).<br />

11. Spüren Sie gelegentlich folgende körperliche<br />

Warnsignale: Missempfindung oder<br />

Schmerzen im Brustbereich (eventuell<br />

mit Ausstrahlung in den Hals oder einen<br />

Arm), bei Kälte, wenn Sie gestresst sind<br />

oder sich körperlich belasten?<br />

a nein (0)<br />

b ja, schon erlebt bei körperlicher<br />

Belastung (5)<br />

c ja, schon erlebt bei Stress (2)<br />

Auswertung<br />

Bis 6 Punkte: Wir gratulieren herzlich! Ihr<br />

Risiko für <strong>Herz</strong>-Kreislauf-Erkrankungen<br />

wie zum Beispiel einen <strong>Herz</strong>infarkt liegt<br />

unter dem Durchschnitt. Machen Sie weiter<br />

so und tragen Sie der Gesundheit auch<br />

in Zukunft Sorge.<br />

7 bis 12 Punkte: Ihr Risiko für einen <strong>Herz</strong>infarkt<br />

oder Hirnschlag ist durchschnittlich.<br />

Wenn Sie Punkte bei den Fragen 2 bis<br />

10 erhalten haben, sollten Sie versuchen,<br />

Ihre Risikosituation zu klären und die vorhandenen<br />

Risikofaktoren auszuschalten.<br />

Achten Sie vermehrt auf Ihren gesamten<br />

Lebensstil. Besprechen Sie eine Strategie<br />

zur Verminderung des Risikos mit Ihrem<br />

Arzt/Ihrer Ärztin oder mit Ihrem Apotheker/Ihrer<br />

Apothekerin. Eventuell sind ge-<br />

d Ich habe gelegentlich leichte<br />

Missempfindungen in Ruhe (1).<br />

12. Haben Sie schon einmal starke druckartige<br />

Beschwerden im Brustkorb verspürt,<br />

die länger als 15 Minuten angehalten<br />

haben, oder wurden Sie wegen eines<br />

<strong>Herz</strong>infarkts oder Verdachts auf <strong>Herz</strong>infarkt<br />

behandelt?<br />

a nein (0)<br />

b ja (7)<br />

13. Wurden Sie bereits einmal wegen eines<br />

Hirnschlags behandelt?<br />

a nein (0)<br />

b ja (6)<br />

14. Leiden Sie beim zügigen Gehen gelegentlich<br />

an Muskelschmerzen in den Waden<br />

oder Oberschenkeln, die so stark sind,<br />

<strong>das</strong>s Sie stehen bleiben müssen<br />

(«Schaufensterkrankheit»)?<br />

a nein (0)<br />

b ja (6)<br />

zielte medizinische Massnahmen oder die<br />

Verschreibung von Medikamenten nötig,<br />

um Ihr Risiko zu senken.<br />

Mehr als 12 Punkte: Ihr Risiko ist deutlich<br />

erhöht. Besprechen Sie mit Ihrem Arzt/<br />

Ihrer Ärztin oder Ihrem Apotheker/Ihrer<br />

Apothekerin, mit welchen Massnahmen<br />

Sie Ihr <strong>Herz</strong>- oder Hirninfarktrisiko verringern<br />

können. Für Sie ist ein gesunder Lebensstil<br />

lebenswichtig, eine Änderung der<br />

Gewohnheiten zahlt sich besonders aus.<br />

Anmerkung: Je höher <strong>das</strong> Alter, desto grösser<br />

ist <strong>das</strong> Ausgangsrisiko. Daher ist älteren<br />

Personen besonders zu empfehlen,<br />

allfällige Risikofaktoren so weit wie möglich<br />

auszuschalten. Ein schlechtes Testergebnis<br />

bedeutet nicht, <strong>das</strong>s man Infark-<br />

15. Hatten Sie bereits einmal oder mehrmals<br />

Anzeichen eines Hirnschlags, sogenannte<br />

transitorische ischämische Attacken<br />

(TIA, «Schlägli»), die meist ein paar<br />

Minuten dauern? Warnzeichen sind:<br />

w vorübergehende Schwäche, Lähmung<br />

oder Gefühlsstörung, meist nur auf<br />

einer Körperseite (Gesicht, Arm, Bein)<br />

w vorübergehende Blindheit (oft nur<br />

auf einem Auge), Doppelbilder<br />

w vorübergehender Verlust der Sprechfähigkeit<br />

oder Schwierigkeiten,<br />

Gesprochenes zu verstehen<br />

w heftiger Drehschwindel, verbunden<br />

mit Gehunfähigkeit<br />

w plötzlich auftretender, ungewöhnlicher,<br />

heftiger Kopfschmerz<br />

a Ja, ich hatte schon eines oder<br />

mehrere dieser Warnzeichen (5).<br />

b Nein, ich hatte noch nie eines<br />

dieser Warnzeichen (0).<br />

Summe aller Punkte:<br />

ten hilflos ausgeliefert ist. Vielmehr sollte<br />

man es als Aufforderung verstehen, gesünder<br />

zu leben. Denn neun von zehn<br />

Infarkten lassen sich anhand leicht messbarer<br />

Faktoren voraussagen – und damit<br />

grundsätzlich vermeiden. Dies ergab 2004<br />

die Interheart-Studie der McMaster University<br />

in Kanada, für die in 52 Ländern<br />

30 000 Infarktpatienten und gesunde Personen<br />

befragt wurden. Die Studie kommt<br />

zum Schluss: Wer die Risikofaktoren<br />

(Rauchen, Stress, Übergewicht, hoher<br />

Blutdruck, erhöhte Blutfettwerte, Diabetes)<br />

unter Kontrolle hält, täglich Früchte<br />

Weimer/PanThermedia<br />

und Gemüse isst, sich regelmässig bewegt<br />

und mässig Alkohol geniesst, kann <strong>das</strong><br />

Sabine<br />

Infarktrisiko massiv verkleinern. FOTO:


GESUNDHEIT BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008 17<br />

BESTÄNDIGKEIT


18 GESUNDHEIT BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

HOCHLEISTUNGSORGAN<br />

Der Motor unseres Lebens<br />

2,5 bis 3 Milliarden Mal schlägt <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> im Lauf eines Menschenlebens. Zuverlässig<br />

pumpt es den Lebenssaft durch die Blutbahnen. Doch so robust <strong>das</strong> Organ auch scheint –<br />

auf Fehlbehandlung reagiert es empfindlich. Text: Susanne Wagner; Infografik: Daniel Röttele<br />

Unser <strong>Herz</strong> schlägt pausenlos. Unermüdlich<br />

pumpt es Tausende von<br />

Litern Blut durch unsere Arterien<br />

und versorgt die Organe mit lebenswichtigem<br />

Sauerstoff und Nährstoffen. Der<br />

Motor des menschlichen Kreislaufsystems<br />

begleitet uns im besten Fall unser Leben<br />

lang, ohne <strong>das</strong>s wir je einen Gedanken<br />

daran verlieren müssen. Die <strong>Herz</strong>tätigkeit<br />

nehmen wir normalerweise kaum wahr.<br />

Ob wir ruhen oder uns körperlich anstrengen,<br />

ob Angst unseren <strong>Herz</strong>schlag antreibt<br />

oder wir ganz gelassen im Hier und Jetzt<br />

stehen, stets passt <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> seine Frequenz<br />

selbständig den unterschiedlichsten Anforderungen<br />

an. Und es ist anscheinend ein<br />

recht genügsames Organ: Während Jahren<br />

nimmt es Fehlverhalten und Belastungen<br />

geduldig hin.<br />

Die enorme Leistung könnte <strong>das</strong> <strong>Herz</strong><br />

nicht ohne die geschickte Koordination<br />

seiner Tausenden von Muskelfasern erbringen.<br />

Im Takt dehnen sie sich aus und<br />

spannen sich an, um <strong>das</strong> Blut zuverlässig<br />

durch den Körper zu pumpen. Dennoch<br />

wäre es falsch, zu behaupten, <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> sei<br />

ein sehr komplexer Körperteil. «Im Vergleich<br />

zum Hirn ist <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> ein relativ<br />

einfaches Organ, nämlich eine mechanische<br />

Pumpe mit zwei Kammern und vier<br />

Ventilen. Es besteht hauptsächlich aus<br />

Muskulatur», sagt etwa Robert P. Siebenmann,<br />

der als Facharzt FMH für <strong>Herz</strong>- und<br />

thorakale Gefässchirurgie am <strong>Herz</strong>-Zentrum<br />

Hirslanden in Zürich arbeitet.<br />

<strong>Was</strong> die Leistungsfähigkeit angeht, übertrifft<br />

der <strong>Herz</strong>muskel jedoch alle übrigen Muskeln<br />

des menschlichen Körpers. Für Siebenmann<br />

sind die Autonomie und die Ausdauer<br />

<strong>das</strong> Erstaunlichste am menschlichen<br />

<strong>Herz</strong>en. «Wohl wird die Pumpleistung des<br />

<strong>Herz</strong>ens durch nervliche und hormonelle<br />

Steuermechanismen dem Bedarf des Körpers<br />

und auch der Psyche angepasst. Der<br />

mechanische <strong>Herz</strong>zyklus jedoch läuft im<br />

Übrigen im Lauf eines Menschenlebens<br />

autonom, zuverlässig und ermüdungsfrei<br />

QUELLEN: LINDER BIOLOGIE, SCHWEIZERISCHE HERZSTIFTUNG, WWW.HERZ.HEXAL.DE<br />

Starker Motor: Jeder <strong>Herz</strong>schlag pumpt Blut in die Gefässe<br />

Das <strong>Herz</strong> versorgt zwei ineinandergreifende Blutkreisläufe:<br />

den Körperkreislauf und den Lungenkreislauf.<br />

sauerstoffarmes Blut<br />

sauerstoffreiches Blut<br />

rechte<br />

Körperhälfte<br />

linke<br />

Körperhälfte<br />

Puls und Bluttransport in Zahlen<br />

Der Lungenkreislauf<br />

Lunge: Hier gibt <strong>das</strong> «verbrauchte» Blut Kohlendioxid<br />

an die Lungenbläschen ab und nimmt aus<br />

der Einatmungsluft Sauerstoff auf.<br />

Lungenkreislauf<br />

rechte <strong>Herz</strong>hälfte<br />

Von hier aus wird <strong>das</strong><br />

sauerstoffarme Blut, <strong>das</strong><br />

den Körper durchlaufen<br />

hat, in den Lungenkreislauf<br />

gepumpt.<br />

Körperkreislauf<br />

linke <strong>Herz</strong>hälfte<br />

Sie enthält nur sauerstoffreiches<br />

Blut, <strong>das</strong><br />

wieder in den Körperkreislauf<br />

gepumpt wird.<br />

w Im Ruhezustand schlägt <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> 60- bis 90-mal pro Minute,<br />

w bei trainierten Menschen 50- bis 70-mal,<br />

w bei Sportlern 40- bis 60-mal.<br />

w Bei extremen körperlichen Belastungen ist es möglich, die <strong>Herz</strong>frequenz<br />

auf 180 Schläge pro Minute zu steigern.<br />

w Im Ruhezustand befördert <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> rund sechs Liter Blut pro Minute.<br />

w Bei körperlicher Anstrengung sind es 12 bis 18 Liter.<br />

w Bei extremen körperlichen Belastungen kann die Pumpleistung des <strong>Herz</strong>ens<br />

bis auf 25 Liter pro Minute ansteigen.<br />

w Die Tagesleistung bei körperlich aktiven Menschen beträgt zirka 8000 Liter.<br />

Das entspricht ungefähr dem Inhalt von drei Heizöltanks eines<br />

Einfamilienhauses.<br />

Lungenkreislauf<br />

Lungenkreislauf<br />

Lungenkreislauf


Kräftiger Muskel: Bauplan für enorme Leistungsfähigkeit<br />

Ein gesundes <strong>Herz</strong> ist etwa so gross wie die geschlossene Faust seines Trägers.<br />

Verglichen mit seiner grossen Leistung ist es recht klein.<br />

Hauptschlagader (Aorta)<br />

Sie führt <strong>das</strong> Blut zu den<br />

Organen und zum Gewebe.<br />

rechte Vorkammer<br />

Taschenklappen<br />

Blut aus Körperkreislauf<br />

rechte <strong>Herz</strong>kammer<br />

Scheidewand<br />

Sie teilt <strong>das</strong> <strong>Herz</strong><br />

in eine linke und<br />

eine rechte<br />

Hälfte<br />

Blut aus Körperkreislauf<br />

Aufgepasst bei Ablagerungen<br />

Querschnitt<br />

Verengung<br />

eines <strong>Herz</strong>kranzgefässes<br />

durch<br />

Ablagerungen<br />

Körperkreislauf<br />

zur Lunge<br />

Blut aus Lungenkreislauf<br />

Die <strong>Herz</strong>kranzgefässe können<br />

durch Ablagerungen aus Kalk<br />

oder anderen Fremdstoffen<br />

verengt oder verstopft werden.<br />

Fällt eine Arterie aufgrund<br />

einer Blockade aus, kann sie<br />

<strong>das</strong> Gebiet nicht mehr mit Blut<br />

versorgen, und <strong>das</strong> Gewebe<br />

stirbt in der Folge ab (mehr<br />

über die Arterienverkalkung am<br />

<strong>Herz</strong>kranzgefäss und ihre Folgen<br />

Angina Pectoris und <strong>Herz</strong>infarkt<br />

auf den Seiten 20 bis 25).<br />

sauerstoffarmes Blut<br />

sauerstoffreiches Blut<br />

Blut aus Lungenkreislauf<br />

linke Vorkammer<br />

Segelklappen<br />

trennen Vor- und<br />

<strong>Herz</strong>kammer<br />

linke <strong>Herz</strong>kammer<br />

<strong>Herz</strong>kranzgefässe: Das frische,<br />

sauerstoffhaltige Blut wird vom<br />

<strong>Herz</strong>en auch selber benötigt,<br />

damit es seine Leistung erbringen<br />

kann. Dieses Blut führt sich<br />

<strong>das</strong> <strong>Herz</strong> über die <strong>Herz</strong>kranzgefässe<br />

selber zu. Sie zweigen<br />

als zwei grosse Blutgefässe aus<br />

der Hauptschlagader ab. Diese<br />

Arterien umgeben den <strong>Herz</strong>muskel<br />

wie ein Kranz und verästeln<br />

sich zunehmend: An der<br />

Peripherie werden sie immer<br />

feiner und durchziehen den<br />

<strong>Herz</strong>muskel wie ein Netz.<br />

GESUNDHEIT BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008 19<br />

ab», sagt der <strong>Herz</strong>chirurg. Das <strong>Herz</strong> könne<br />

zwar mit chemischen oder thermischen<br />

Mitteln ruhig gestellt werden. «Sobald es<br />

jedoch wieder normal durchblutet ist, setzt<br />

seine Pumpaktion automatisch wieder ein,<br />

selbst dann, wenn es in einen anderen Körper<br />

transplantiert worden ist.»<br />

Verantwortlich für diese andauernde Pumpleistung<br />

des <strong>Herz</strong>ens ist ein elektrisches<br />

Leitungssystem. Es bewirkt, <strong>das</strong>s sich die<br />

Muskelzellen in den Vorhöfen und die<br />

<strong>Herz</strong>kammern zusammenziehen. Takt und<br />

Impuls für diese Pumpbewegung gibt der<br />

sogenannte Sinusknoten an: eine Gruppe<br />

von <strong>Herz</strong>zellen im rechten Vorhof. Die<br />

elektrischen Signale, die der Sinusknoten<br />

abgibt, breiten sich wie eine Welle über <strong>das</strong><br />

<strong>Herz</strong> aus. Im Elektrokardiogramm (EKG)<br />

können die elektrischen Entladungen des<br />

<strong>Herz</strong>ens aufgezeichnet und sichtbar gemacht<br />

werden.<br />

Zwischen zwei <strong>Herz</strong>schlägen lädt sich <strong>das</strong><br />

Erregungsleitungssystem wieder auf. Der<br />

<strong>Herz</strong>muskel selbst entspannt sich nach<br />

jedem Schlag und füllt sich mit Blut. Durch<br />

die ständige Wiederholung dieser Vorgänge<br />

entsteht der <strong>Herz</strong>rhythmus. Der Sinusknoten<br />

wird je nach Bedarf des Gesamtorganismus<br />

durch nervliche und hormonale<br />

Mechanismen gesteuert und passt<br />

seinen Takt den jeweiligen Bedürfnissen<br />

des Organismus an. Er reagiert höchst<br />

empfindlich auf Nervensignale und chemische<br />

Botschaften, wie sie etwa <strong>das</strong> Hormon<br />

Adrenalin bei sportlichen Leistungen übermittelt.<br />

Je nach Signal erhöht oder verlangsamt<br />

sich der Pulsschlag.<br />

Dank unserem natürlichen Schrittmacher<br />

können wir uns darauf verlassen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong><br />

gesunde <strong>Herz</strong> nicht zu pumpen aufhört.<br />

Denn: «Eine Ermüdung, wie wir sie von<br />

der Muskulatur des Bewegungsapparats<br />

kennen, tritt nicht ein», sagt <strong>Herz</strong>spezialist<br />

Robert P. Siebenmann. «Voraussetzung für<br />

diese lebenslange Zuverlässigkeit ist natürlich,<br />

<strong>das</strong>s keine <strong>Herz</strong>krankheit vorliegt.»<br />

Grund genug, dem «Motor» mit einem gesunden<br />

Lebensstil Sorge zu tragen. n


20 GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

HERZLEIDEN<br />

Wie der Körper <strong>Herz</strong>alarm schlägt<br />

Der Schlag «aus heiterem Himmel» ist selten: Meist kündigen sich Infarkte und andere<br />

<strong>Herz</strong>-Kreislauf-Krankheiten mehr oder weniger deutlich an. Auf diese Zeichen zu achten<br />

und die Signale richtig zu deuten ist überlebenswichtig. Text: Ruth Jahn<br />

Menschen mit der Diagnose <strong>Herz</strong>krankheit<br />

erinnern sich rückblickend<br />

fast immer an schleichende<br />

körperliche Veränderungen, die sie schon<br />

seit längerem wahrgenommen, aber zu<br />

wenig ernst genommen haben. Bei den<br />

einen hat die Belastbarkeit abgenommen:<br />

Strengen sie sich an, macht sich jeweils<br />

ein Zerren in der Brust bemerkbar. Andere<br />

klagen über <strong>Was</strong>ser in den Beinen oder<br />

über plötzliche Aussetzer des <strong>Herz</strong>ens.<br />

«Oft werden solche Symptome für eine<br />

normale Alterserscheinung gehalten –<br />

oder für ein Zeichen körperlicher Untrainiertheit»,<br />

warnt Professor Peter Buser,<br />

Kardiologe am Universitätsspital Basel.<br />

Auch der Volksmund spricht verharmlosend<br />

vom «Altersherzen». Doch die<br />

häufigsten <strong>Herz</strong>leiden wie koronare <strong>Herz</strong>krankheit,<br />

<strong>Herz</strong>infarkt, <strong>Herz</strong>schwäche<br />

(<strong>Herz</strong>insuffizienz), Klappen­ oder Rhythmusstörungen<br />

(siehe auch «Die fünf häufigsten<br />

<strong>Herz</strong>krankheiten», Seite 24) sowie<br />

Operationen und Medikamente: Therapiemöglichkeiten bei Defekten an <strong>Herz</strong> und Gefässen<br />

Medikamente<br />

w ACE-hemmer, Angiotensin-ii- und<br />

Kalzium-Antagonisten entspannen und<br />

erweitern die Gefässe und senken<br />

den Blutdruck.<br />

w nitratpräparate (zum Beispiel Nitroglyzerin)<br />

erweitern die <strong>Herz</strong>kranzgefässe<br />

und verbessern die Durchblutung<br />

des <strong>Herz</strong>muskels.<br />

w diuretika (harntreibende Mittel) kurbeln<br />

die <strong>Was</strong>ser­ und Salzausscheidung<br />

an. Dadurch fliesst weniger<br />

Blut im Körper, der Blutdruck sinkt,<br />

und <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> wird entlastet.<br />

w Betablocker senken die <strong>Herz</strong>schlagfrequenz<br />

und den Blutdruck.<br />

w Blutgerinnungshemmer und Plättchenaggregationshemmer<br />

beugen Blutgerinnseln<br />

und Blutplättchenanlagerungen<br />

vor.<br />

w digitalispräparate stärken die Pumpkraft<br />

des <strong>Herz</strong>muskels, lassen <strong>das</strong><br />

<strong>Herz</strong> langsamer und gleichmässiger<br />

schlagen.<br />

w Lipidsenker (zum Beispiel Statine)<br />

senken die Blutfettwerte und<br />

schützen die Gefässwand.<br />

Operationen<br />

w Koronarangioplastie: Ein kleiner Kunststoffschlauch<br />

wird in eine Arterie in<br />

der Leiste eingeführt (Katheter) und<br />

Richtung <strong>Herz</strong> geschoben. Verengte<br />

oder verstopfte <strong>Herz</strong>kranzgefässe<br />

werden mit einem kleinen Ballon<br />

gedehnt (Ballondilatation). Häufig<br />

setzen die Ärzte via Katheter auch<br />

ein kleines Implantat (Stent) ein.<br />

Das röhrenförmige Metallnetz stützt<br />

<strong>das</strong> Gefäss und hält es offen.<br />

w Bypass: Am <strong>Herz</strong>en werden Umgehungsgefässe<br />

eingepflanzt, die<br />

die Funktion von verstopften <strong>Herz</strong>kranzarterien<br />

übernehmen. Das<br />

Überbrückungsstück wird einer Beinvene<br />

oder einer Brustwandarterie<br />

entnommen und an gesunde <strong>Herz</strong>kranzgefässe<br />

genäht. Während der<br />

Operation verrichtet meist eine <strong>Herz</strong>­<br />

Lungen­Maschine die <strong>Herz</strong>arbeit.<br />

w Katheterablation: Via <strong>Herz</strong>katheter<br />

(siehe «Koronarangioplastie») wird<br />

mit Hilfe von Strom gezielt diejenige<br />

<strong>Herz</strong>muskelregion verödet (Ablation),<br />

die für eine <strong>Herz</strong>rhythmusstörung<br />

verantwortlich ist.<br />

w Kardioversion/defibrillation: Zwei Elektroden<br />

werden auf die Brustwand<br />

des Patienten gedrückt, dann wird<br />

ein Stromstoss durch den Körper geschickt<br />

(Elektroschock). Notfallmassnahme<br />

bei <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen<br />

(Kardioversion) oder <strong>Herz</strong>stillstand<br />

(Defibrillation), um die elektrische<br />

<strong>Herz</strong>aktivität wieder zu normalisieren<br />

beziehungsweise anzuwerfen.<br />

w herzschrittmacher- und/oder defibrillator-implantation:<br />

Die Geräte werden<br />

in der Schlüsselbeingegend unter<br />

die Haut implantiert und durch eine<br />

Sonde mit dem <strong>Herz</strong>en verbunden.<br />

Die Hauptfunktion des <strong>Herz</strong>schrittmachers:<br />

Bei einem verlangsamten<br />

<strong>Herz</strong>rhythmus gibt <strong>das</strong> Gerät regelmässig<br />

elektrische Impulse ab, um<br />

<strong>das</strong> <strong>Herz</strong> zum schnelleren Schlagen<br />

anzuregen. Der Defibrillator entdeckt<br />

Kammerflimmern und gibt einen<br />

starken Stromstoss ab, um <strong>das</strong> Flimmern<br />

zu beenden. Bei der sogenannten<br />

kardialen Resynchronisationstherapie<br />

wird ein Mehrkammer­<br />

Schrittmacher eingesetzt, der die<br />

Bewegung von <strong>Herz</strong>kammern und<br />

Vorhöfen besser aufeinander abstimmt<br />

(resynchronisiert). Die Batterie<br />

der Geräte muss jeweils nach<br />

einigen Jahren ersetzt werden.<br />

w herzklappenoperation: Fehlerhafte<br />

<strong>Herz</strong>klappen können chirurgisch<br />

repariert beziehungsweise durch<br />

eine Klappe aus tierischem Gewebe<br />

(Bioprothese) oder aus Metall/Carbon<br />

(mechanische Prothese) ersetzt<br />

werden. Während der Operation<br />

übernimmt meist eine <strong>Herz</strong>­Lungen­<br />

Maschine die <strong>Herz</strong>arbeit.<br />

w herztransplantation: Der gravierende<br />

Eingriff ist bei schwerer <strong>Herz</strong>insuffizienz<br />

möglich. Allerdings sind<br />

Spenderorgane rar. Die Auswahl<br />

der in Frage kommenden Patienten<br />

wird aufgrund von Alter, passendem<br />

Spenderherzen, Wartezeit, Dringlichkeit<br />

und anderen Kriterien getroffen. FOTO:<br />

SIEGFRIED KRAMER/ALIMDI.NET


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806<br />

Bluthochdruck sind chronische Krankheiten.<br />

Sie entstehen nicht von heute<br />

auf morgen und machen sich – dies ist<br />

der einzige positive Aspekt – zum Glück<br />

meist schon früh bemerkbar.<br />

Nur einer von vier Infarkten kommt wirklich<br />

überraschend in Form des «plötzlichen<br />

<strong>Herz</strong>tods». In drei von vier Fällen<br />

hingegen ist der Infarkt programmiert<br />

und kündigt sich an. «Wenn die <strong>Herz</strong>kranzarterien<br />

verkalken und sich verengen,<br />

zeigt sich dies bald in leichten<br />

Angina­Pectoris­Anfällen mit zeitweiliger<br />

Atemnot und einem belastungsabhängigen<br />

Schmerz in der Brust», sagt<br />

Tobias Wettstein, Kardiologe mit eigener<br />

Praxis in Zürich. Solche Symptome<br />

sollten immer mit dem Arzt besprochen<br />

werden – bevor sich der nächste vermeintliche<br />

Angina­Pectoris­Anfall als<br />

Infarkt entpuppt. Wenn die Angina­<br />

Pectoris­Schmerzen hingegen schon<br />

beim Liegen oder Sitzen, also ohne körperliche<br />

Anstrengung, auftreten, ist die<br />

Verengung der <strong>Herz</strong>kranzgefässe oft<br />

schon sehr weit fortgeschritten: Dann<br />

droht ein <strong>Herz</strong>infarkt.<br />

Frühe Warnsignale machen sich auch bei<br />

anderen <strong>Herz</strong>leiden bemerkbar. Wird<br />

<strong>das</strong> <strong>Herz</strong> bei der sogenannten <strong>Herz</strong>insuffizienz<br />

langsam schwächer, erleben<br />

fast alle Betroffenen einen Leistungsknick,<br />

verbunden mit Atemnot: Schon<br />

beim Spaziergang oder nach wenigen<br />

Treppenstufen kommen sie ausser Atem<br />

und ins Schwitzen; die Muskeln werden<br />

schwach und schmerzen, da sie vom<br />

<strong>Herz</strong>en zu wenig Blut erhalten. «Leider<br />

engen daraufhin viele Betroffene einfach<br />

ihren Lebensradius ein», sagt Peter<br />

Buser, «statt die Symptome als Warnsignale<br />

zu deuten und sich medizinisch<br />

behandeln zu lassen.»<br />

Auch <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen können<br />

zum Teil direkt auffallen: Das <strong>Herz</strong> rast<br />

oder stolpert spürbar, den Betroffenen<br />

wird schwindlig. «Rhythmusstörungen<br />

kommen oft vor und können ganz<br />

harmlos sein», sagt Buser. Wird aber jemand<br />

– vor allem in jungen Jahren – bei<br />

körperlicher Anstrengung plötzlich ohnmächtig,<br />

sollte <strong>das</strong> unbedingt ernst genommen<br />

werden: Manchmal steckt dahinter<br />

eine Rhythmusstörung, die eine Mangeldurchblutung<br />

im Gehirn zur Folge haben<br />

und auch zum plötzlichen <strong>Herz</strong>tod<br />

führen kann.<br />

Es gibt aber auch weniger auffällige Vorboten.<br />

«Ein drohender <strong>Herz</strong>infarkt zeigt<br />

sich leider nicht immer so klassisch, wie es<br />

im Lehrbuch steht», sagt der Kardiologe<br />

Tobias Wettstein. Manche Beschwerden,<br />

die aufs <strong>Herz</strong> zurückzuführen sind, könnten<br />

leicht falsch gedeutet oder verkannt<br />

werden. «Angina Pectoris äussert sich<br />

nicht immer nur durch einen Druckschmerz<br />

auf der Brust, der in den linken<br />

Arm ausstrahlt. Manchmal leiden die Betroffenen<br />

auch unter Bauch­ oder Rückenschmerzen,<br />

Atemnot, Schmerzen im Kiefer<br />

oder in den Zähnen.»<br />

Vermeintlich harmlose Symptome führen<br />

einen in aller Regel nicht schnurstracks<br />

zum Hausarzt oder zum Kardiologen.<br />

«Hellhörig sollten solche unspezifischen<br />

Symptome aber Menschen mit gewissen<br />

Risikofaktoren machen», sagt Peter Buser.<br />

«Besonders Zuckerkranke, Raucher, Menschen,<br />

die übergewichtig sind, erhöhte<br />

Blutfettwerte, einen zu hohen Blutdruck<br />

oder auffallend viele <strong>Herz</strong>­Kreislauf­Erkrankungen<br />

in ihrer Familie haben, sollten<br />

sich medizinisch abklären lassen.» Denn<br />

mit Medikamenten, kathetertechnischen<br />

und chirurgischen Eingriffen können Veränderungen<br />

wie zum Beispiel die krankhafte<br />

Verdickung des <strong>Herz</strong>muskels oder<br />

Verkalkungen der <strong>Herz</strong>kranzgefässe teilweise<br />

rückgängig gemacht werden.<br />

Auch wer seinen Lebensstil ändert (siehe<br />

«Drei Ansätze für beherztes Handeln»,<br />

Seite 36), sich mediterran ernährt, sich<br />

regelmässig bewegt und aufs Rauchen<br />

verzichtet, kann viel dazu beitragen, <strong>das</strong>s<br />

sein <strong>Herz</strong>leiden geheilt oder zumindest in<br />

seinem Fortschreiten gebremst wird. n<br />

FOTO: PLAINPICTURE/MASKOT


GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008 23<br />

OFFEnhEit


24 GESUNDHEIT BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

Die fünf häufigsten <strong>Herz</strong>krankheiten: Entstehung und Symp<br />

Koronare <strong>Herz</strong>krankheit<br />

Die Koronararterien (<strong>Herz</strong>kranzarterien)<br />

versorgen den <strong>Herz</strong>muskel<br />

mit Blut, decken also dessen Eigenbedarf<br />

ab. Bei der koronaren <strong>Herz</strong>krankheit<br />

sind diese Gefässe verengt –<br />

der <strong>Herz</strong>muskel wird nicht mehr mit<br />

genügend Blut versorgt.<br />

w Ursachen: Grund für die Verengung<br />

der <strong>Herz</strong>kranzarterien ist Arteriosklerose,<br />

im Volksmund Arterienverkalkung<br />

genannt. Dabei lagern<br />

sich in den Arterien des Körpers<br />

Fette an, die verkalken und mit der<br />

Zeit zu einer dicken, weniger elastischen<br />

Gefässwand und zu einem<br />

verengten Blutgefässquerschnitt<br />

führen – auch in den <strong>Herz</strong>kranzarterien.<br />

Risikofaktoren für Arteriosklerose<br />

sind: erhöhte Blutfettwerte,<br />

Rauchen, hoher Blutdruck, Über-<br />

<strong>Herz</strong>insuffizienz (<strong>Herz</strong>schwäche)<br />

Ein geschwächtes <strong>Herz</strong> hat nicht genügend<br />

Kraft, <strong>das</strong> Blut durch den Kreislauf<br />

zu pumpen und den Körper optimal mit<br />

Blut zu versorgen. Das Blut staut sich<br />

vor dem <strong>Herz</strong>en. Chronische <strong>Herz</strong>insuffizienz<br />

ist eine fortschreitende Erkrankung:<br />

Die Wand der linken <strong>Herz</strong>kammer<br />

verdickt, und die <strong>Herz</strong>kammern weiten<br />

sich aus – die <strong>Herz</strong>leistung wird zunehmend<br />

schlechter. Das <strong>Herz</strong> wird mit<br />

der Zeit grösser und zugleich kraftloser.<br />

Der Blutkreislauf droht zu versagen.<br />

Die Hälfte der Patienten stirbt an einem<br />

plötzlichen <strong>Herz</strong>tod wegen einer <strong>Herz</strong>rhythmusstörung.<br />

w Ursachen: Hoher Blutdruck, ein zuvor<br />

erlittener <strong>Herz</strong>infarkt, ein <strong>Herz</strong>klap-<br />

<strong>Herz</strong>klappenfehler<br />

<strong>Herz</strong>klappen sind Ventile und sorgen<br />

dafür, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Blut nur in eine Richtung<br />

fliesst. Ist eine Klappe verengt<br />

(Stenose), staut sich vor der Klappe <strong>das</strong><br />

Blut, schliesst sie nicht richtig (insuffiziente<br />

Klappe), fliesst Blut zurück in den<br />

Vorhof beziehungsweise in die Kammer.<br />

In der linken <strong>Herz</strong>hälfte liegen zwischen<br />

Vorhof und Kammer die Mitralklappe,<br />

gewicht, Zuckerkrankheit (Diabetes<br />

mellitus), Bewegungsmangel sowie<br />

familiäre Veranlagung (siehe auch<br />

«Das fatale Quartett», Seite 26).<br />

w Symptome: Am Anfang machen sich<br />

keine Symptome bemerkbar. Bei<br />

fortschreitender Erkrankung kommt<br />

es zu Angina-Pectoris-Anfällen<br />

(Druckschmerz auf der Brust, Engegefühl<br />

oder Brennen hinter dem<br />

Brustbein). Bei leichten Gefässverengungen<br />

treten die Schmerzanfälle<br />

nur bei körperlicher Anstrengung<br />

auf, bei starken Verengungen<br />

hingegen auch in Ruhephasen.<br />

Weitere Symptome sind<br />

Kurzatmigkeit sowie ein Schweregefühl<br />

in Armen und Schultern.<br />

Wenn die schlechte Durchblutung<br />

des <strong>Herz</strong>ens die elektrische Impuls-<br />

penfehler, koronare <strong>Herz</strong>krankheit,<br />

<strong>Herz</strong>muskelerkrankungen, Lungenkrankheiten<br />

und andere.<br />

w Symptome: Erste Anzeichen sind Kurzatmigkeit,<br />

Schwäche, <strong>Herz</strong>klopfen,<br />

zunächst nur bei körperlicher<br />

Anstrengung, bei fortgeschrittener<br />

Erkrankung auch in Ruhephasen. Zudem<br />

treten <strong>Was</strong>seransammlungen<br />

im Körper auf (Ödeme), insbesondere<br />

in den Unterschenkeln. Auch<br />

häufiges <strong>Was</strong>serlassen in der Nacht<br />

kann ein Symptom sein. Denn beim<br />

Liegen verschiebt sich <strong>das</strong> angestaute<br />

<strong>Was</strong>ser im Körper (via Blut)<br />

vermehrt von den Beinen in den<br />

Brustraum. Die Niere versucht dann,<br />

am Ausgang der Kammer die Aortenklappe,<br />

in der rechten Hälfte liegen<br />

zwischen Vorhof und Kammer die<br />

Trikuspidalklappe und am Kammerausgang<br />

die Pulmonalklappe.<br />

w Ursachen: Alterungsbedingte Veränderungen<br />

der Klappen, bakterielle<br />

Klappeninfektionen und Ausweitung<br />

des Klappenhalteapparats etwa bei<br />

entstehung und -ausbreitung, die<br />

den <strong>Herz</strong>schlag steuern, beeinträchtigt,<br />

kommt es zu <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen.<br />

Bildet sich an einer<br />

verengten Stelle ein Blutgerinnsel,<br />

<strong>das</strong> <strong>das</strong> Gefäss gänzlich verstopft,<br />

kann es zum <strong>Herz</strong>infarkt kommen.<br />

Die Arteriosklerose betrifft <strong>das</strong><br />

gesamte Gefässsystem des Körpers,<br />

die Gefässverschlüsse können auch<br />

an anderen Organen auftreten<br />

(Hirnschlag oder Raucherbein).<br />

w Therapien: Angina Pectoris: Betablocker,Blutplättchenaggregationshemmer,<br />

Kalziumantagonisten,<br />

Nitratpräparate. Therapie der Risikofaktoren:Angiotensin-II-Antagonisten,<br />

ACE-Hemmer, Lipidsenker, Diabetesbehandlung.<br />

Eingriffe: Bypassoperation,<br />

Koronarangioplastie.<br />

dieses <strong>Was</strong>ser auszuscheiden. Das<br />

kranke <strong>Herz</strong> hat Mühe, <strong>das</strong> zusätzliche<br />

<strong>Was</strong>servolumen weiterzutransportieren,<br />

was die Sauerstoffaufnahme<br />

in der Lunge behindert<br />

und die Kurzatmigkeit weiter verstärkt.<br />

Atemnot beim flachen Liegen<br />

ist besonders typisch. Die Hälfte der<br />

Betroffenen stirbt an <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen,<br />

die bei schwachem<br />

<strong>Herz</strong>en zu einem plötzlichen <strong>Herz</strong>stillstand<br />

führen können.<br />

w Therapien: ACE-Hemmer, Betablocker,<br />

Diuretika, Angiotensin-II-<br />

Antagonisten, Digitalispräparate,<br />

<strong>Herz</strong>schrittmacher, Defibrillator,<br />

<strong>Herz</strong>transplantation.<br />

<strong>Herz</strong>insuffizienz, selten durch eine<br />

rheumatische <strong>Herz</strong>krankheit.<br />

w Symptom: Klappenfehler erzeugen oft<br />

lange keine Beschwerden. Sie belasten<br />

aber <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> und schwächen es<br />

(<strong>Herz</strong>insuffizienz). Die Leistungsfähigkeit<br />

der Patienten nimmt ab.<br />

w Therapie: Operation, weitere Therapien<br />

siehe unter «<strong>Herz</strong>insuffizienz».


tome auf einen Blick<br />

<strong>Herz</strong>infarkt<br />

Bei einem <strong>Herz</strong>infarkt verschliesst ein<br />

Blutgerinnsel (Thrombus) ein arteriosklerotisch<br />

verändertes <strong>Herz</strong>kranzgefäss<br />

(Koronararterie). Ein Teil des<br />

<strong>Herz</strong>muskels kann nicht mehr mit Blut<br />

und Sauerstoff versorgt werden und<br />

stirbt ab, wenn nicht sofort Hilfe<br />

geleistet wird. Wird der <strong>Herz</strong>muskel<br />

stark in Mitleidenschaft gezogen,<br />

bleiben eine <strong>Herz</strong>insuffizienz, <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen<br />

oder manchmal<br />

auch <strong>Herz</strong>klappendefekte zurück.<br />

w Ursache: Einem <strong>Herz</strong>infarkt gehen<br />

meist Arteriosklerose und eine<br />

koronare <strong>Herz</strong>krankheit voraus<br />

(siehe «Lassen Sie den Risiken<br />

freien Lauf?», Seite 14).<br />

w Symptome: Es gibt unterschiedlichste<br />

Schweregrade: vom kleinen, wenig<br />

gefährlichen bis zum tödlichen<br />

<strong>Herz</strong>rhythmusstörungen<br />

Gerät <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> aus dem Takt, kann es<br />

seine Pumpfunktion nicht mehr so gut<br />

wahrnehmen wie im Normalzustand.<br />

Rhythmusstörungen können harmlos<br />

sein. Wenn <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> aber bereits krank<br />

ist, kann ein anhaltend gestörter Rhythmus<br />

zu schweren Kreislaufproblemen<br />

und zu <strong>Herz</strong>schädigungen führen. Zu<br />

den <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen gehören<br />

<strong>das</strong> zu schnelle Schlagen des <strong>Herz</strong>ens<br />

(Tachykardie), <strong>das</strong> zu langsame (Bradykardie)<br />

sowie <strong>das</strong> unregelmässige<br />

Schlagen des <strong>Herz</strong>ens (Arrhythmie).<br />

Die wichtigsten Krankheitsbilder sind:<br />

Extrasystolen: Einzelne zusätzliche<br />

<strong>Herz</strong>schläge ausserhalb des normalen<br />

Rhythmus (diese können, müssen aber<br />

nicht krankhaft sein).<br />

Vorhofflimmern: Unkoordiniertes Zucken<br />

der Vorhöfe mit meist schnellem<br />

Kammerrhythmus (110 bis 170 Schläge<br />

pro Minute).<br />

Kammertachykardien: Die <strong>Herz</strong>kammern<br />

schlagen unabhängig von den Vorhöfen<br />

mit schneller Frequenz (150 bis 200<br />

Schläge pro Minute). Wenn dieser<br />

Zustand über 30 Schläge lang dauert,<br />

kommt es häufig zu Kreislaufversagen.<br />

Kammerflimmern: Die <strong>Herz</strong>kammern<br />

zucken unkoordiniert mit 300 bis 500<br />

Infarkt. Der Schweregrad des <strong>Herz</strong>infarkts<br />

ist abhängig von der Grösse<br />

der verschlossenen Kranzarterie:<br />

je grösser <strong>das</strong> Gefäss, desto grösser<br />

der Schaden. Die Chance, einen<br />

<strong>Herz</strong>infarkt zu überleben, ist recht<br />

gut (grösser als 90 Prozent), wenn<br />

<strong>das</strong> verschlossene <strong>Herz</strong>kranzgefäss<br />

in weniger als vier Stunden im Spital<br />

wieder geöffnet werden kann.<br />

w Vorboten des Infarkts: Belastungsabhängiges<br />

Enge- oder Schmerzgefühl<br />

in der Brust, manchmal<br />

mit Ausstrahlung in Schulter, Arm,<br />

Hals oder Oberbauch.<br />

w Akute Symptome: Meist ein plötzlicher,<br />

starker Schmerz hinter dem Brustbein,<br />

der bis in den linken Arm, den<br />

Hals und die Schultern ausstrahlen<br />

kann, eventuell Atemnot, Todes-<br />

Bewegungen pro Minute oder mehr.<br />

Folge: <strong>Herz</strong>-Kreislauf-Stillstand.<br />

w Ursachen: Die Ursachen können nicht<br />

immer ausgemacht werden. Oft sind<br />

im Vorfeld der Rhythmusstörung<br />

gewisse <strong>Herz</strong>regionen geschädigt<br />

worden, die für die Entstehung und<br />

Ausbreitung der elektrischen Impulse<br />

zuständig sind und den <strong>Herz</strong>schlag<br />

steuern. Zum Beispiel kann<br />

diese Schädigung durch die koronare<br />

<strong>Herz</strong>krankheit, durch einen <strong>Herz</strong>infarkt,<br />

eine <strong>Herz</strong>muskelkrankheit<br />

oder einen <strong>Herz</strong>klappenfehler entstanden<br />

sein. Auch veränderte Mineralsalz-Konzentrationen<br />

im Körper<br />

(zu wenig Kalium, Magnesium,<br />

häufig durch Medikamente wie zum<br />

Beispiel Diuretika verursacht), eine<br />

Schilddrüsenüberfunktion, Alkoholund<br />

Nikotinmissbrauch, Medikamente<br />

(Abführmittel, Antihistaminika),<br />

Infektionskrankheiten oder<br />

Stress können die Erregungsleitungen<br />

im <strong>Herz</strong>en stören.<br />

w Symptome: Rhythmusstörungen bleiben<br />

entweder unbemerkt, machen<br />

sich als «Aussetzer», als «<strong>Herz</strong>stolpern»,<br />

als <strong>Herz</strong>klopfen, <strong>Herz</strong>rasen<br />

oder als spürbar zu langsamer<br />

GESUNDHEIT BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008 25<br />

angst, «<strong>Herz</strong>stolpern», Engegefühl,<br />

Übelkeit und starkes Schwitzen. Sich<br />

hinsetzen und ausruhen sowie die<br />

Einnahme des Medikaments Nitroglyzerin<br />

bringen – im Gegensatz<br />

zum Angina-Pectoris-Anfall (siehe<br />

«Koronare <strong>Herz</strong>krankheit») – keine<br />

Besserung. Wichtig zu wissen: Bei<br />

zuckerkranken, älteren Menschen<br />

oder bei Frauen verläuft der <strong>Herz</strong>infarkt<br />

oft atypisch oder «stumm»,<br />

<strong>das</strong> heisst ohne die beschriebenen<br />

Beschwerden (vergleiche «Frauenherzen<br />

schlagen anders», Seite 30).<br />

w Therapien: Bei Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt:<br />

sofort (ohne Zeitverlust) ins<br />

Spital! Akuttherapie: Ballondilatation,<br />

Stent. Später: siehe «Koronare<br />

<strong>Herz</strong>krankheit», «<strong>Herz</strong>rhythmusstörungen»<br />

und «<strong>Herz</strong>insuffizienz».<br />

respektive zu schneller Puls bemerkbar.<br />

Rhythmusstörungen können<br />

Kurzatmigkeit, ein unangenehmes<br />

Gefühl in der Brust, Schwindel,<br />

Schwäche oder Bewusstlosigkeit<br />

auslösen. Insbesondere bei Vorhofflimmern<br />

können sich im <strong>Herz</strong>en<br />

Blutgerinnsel bilden, die mit dem<br />

Blutstrom wegschwimmen und Gefässe<br />

in anderen Organen verstopfen,<br />

was zu einem Hirnschlag oder<br />

einem <strong>Herz</strong>infarkt führen kann. Bei<br />

Kammerflimmern kann <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> zudem<br />

gänzlich versagen und aufhören<br />

zu schlagen (<strong>Herz</strong>stillstand).<br />

Als zu langsam wird ein Ruhepuls<br />

von weniger als 60 Schlägen pro Minute<br />

angesehen, zu schnell bedeutet<br />

Werte über 100 Schlägen pro Minute.<br />

Doch <strong>das</strong> sind lediglich Faustregeln:<br />

Bei Sportlern zum Beispiel kann der<br />

Ruhepuls auch auf 45 sinken, ohne<br />

<strong>das</strong>s eine Erkrankung vorliegt.<br />

w Therapien: Antiarrhythmika, Betablocker,<br />

Blutgerinnungshemmer,<br />

Kalziumantagonisten, Digitalispräparate,<br />

Katheterablation,<br />

Defibrillation/Kardioversion, Implantation<br />

eines <strong>Herz</strong>schrittmachers<br />

und/oder Defibrillators.


26 GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

queLLe: aDuLt tReatMeNt PaNeL<br />

SynDrom X<br />

Das fatale Quartett<br />

An Syndrom X leiden Menschen, wenn die Werte der vier Indikatoren Blutdruck, Blutfett,<br />

Übergewicht und Blutzucker aus dem Ruder gelaufen sind. Das Risiko, Opfer einer<br />

<strong>Herz</strong>-Kreislauf-Erkrankung zu werden, ist markant erhöht. Text: Marianne Botta Diener<br />

Die Warnsignale sind leise und werden<br />

oft erst bei einer Routineuntersuchung<br />

erkannt: Blutdruck, Cholesterin­<br />

und Blutzuckerspiegel sind zu<br />

hoch. Von all dem verspüren die Betroffenen<br />

jahrelang nichts. Doch die Folgen<br />

dieses unter dem Namen Syndrom X<br />

(metabolisches Syndrom) bekannten Leidens<br />

können gravierend sein, denn es greift<br />

die Gefässe der betroffenen Menschen an:<br />

Es können sich Thrombosen bilden, und<br />

<strong>das</strong> Risiko, Opfer eines <strong>Herz</strong>infarkts oder<br />

Hirnschlags zu werden, steigt markant.<br />

Schätzungen gehen davon aus, <strong>das</strong>s bereits<br />

ein Drittel der Erwachsenen in den industrialisierten<br />

Ländern am Syndrom X<br />

leiden. Und die Zukunft sieht düster aus:<br />

Manche Expertinnen und Experten warnen<br />

bereits davor, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Syndrom X<br />

epidemische Formen anzunehmen drohe.<br />

Doch was bedeutet Syndrom X genau?<br />

Wie bei anderen chronischen Leiden handelt<br />

es sich auch beim Syndrom X um ein<br />

komplexes, durch den Lebensstil verursachtes<br />

Phänomen, weshalb es auch<br />

«Wohlstandssyndrom» genannt wird.<br />

Laut den Richtlinien des amerikanischen<br />

National Cholesterol Education Program<br />

aus dem Jahr 2001 umfasst der gefährliche<br />

Symptomkomplex bauchbetontes Übergewicht,<br />

erhöhte Blutfett­ und Cholesterinwerte,<br />

einen erhöhten Blutdruck sowie<br />

risikofaktoren: Welche Werte Gefahr signalisieren<br />

einen im nüchternen Zustand erhöhten<br />

Blutzuckerwert (siehe «Auf den Glyx<br />

kommt es an: Die Nahrung beeinflusst den<br />

Blutzuckerspiegel», Seite 28). Seit rund<br />

zehn Jahren ist die Hauptursache des Phänomens<br />

bekannt: chronisch erhöhte Insulinwerte<br />

(Insulinresistenz).<br />

<strong>Was</strong> läuft schief? Das von der Bauchspeicheldrüse<br />

gebildete Hormon Insulin dient<br />

dem Organismus als Schlüssel, der die Zellwände<br />

öffnet. Dadurch kann Traubenzucker<br />

(Glukose) aus dem Blut in die Zellen<br />

einfliessen und ihnen die benötigte Energie<br />

liefern. Bei Insulinresistenz funktioniert<br />

dieser Mechanismus nicht mehr optimal:<br />

Die Körperzellen können den Zucker aus<br />

dem Blut nur noch eingeschränkt aufnehmen.<br />

Als Folge davon produziert die<br />

Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin.<br />

Je weniger wirksam <strong>das</strong> Insulin ist, desto<br />

stärker gerät der Stoffwechsel durcheinander<br />

und desto wahrscheinlicher wird es, an<br />

Diabetes Typ II zu erkranken und einem<br />

<strong>Herz</strong>­ und Gefässleiden zu erliegen.<br />

Besonders gefährdet sind Übergewichtige,<br />

da bei ihnen die Bauchspeicheldrüse Zusatzarbeit<br />

leisten muss. Denn auch <strong>das</strong><br />

Fettgewebe besteht aus Körperzellen, die<br />

mit dem Energielieferanten Glukose versorgt<br />

werden müssen. Genau <strong>das</strong> bringt<br />

früher oder später die Bauchspeicheldrüse<br />

an ihre Grenzen: Sie schafft es nicht mehr,<br />

ständig grössere Insulinmengen bereit­<br />

Man spricht vom Syndrom X oder vom metabolischen Syndrom,<br />

wenn drei oder mehr der folgenden Risikofaktoren vorhanden sind:<br />

Kriterium Mann Frau<br />

Bauchumfang >102 cm >88 cm<br />

Blutdruck ≥130/85 mmHg ≥130/85 mmHg<br />

Plasmatriglyceride ≥1,7 mmol/l ≥1,7 mmol/l<br />

HDL-Cholesterin 6,1 mmol/l<br />

zustellen. Die Blutzuckerwerte werden zu<br />

hoch, im Extremfall lautet die Diagnose<br />

Diabetes Typ II. Früher wurde dieser Diabetes­Typ<br />

auch Altersdiabetes genannt;<br />

heute zählen zu den jüngsten Patienten<br />

auch Sechsjährige – meist sind sie massiv<br />

übergewichtig.<br />

Die Entstehung des Syndroms X begünstigen<br />

neben dem bauchbetonten Übergewicht<br />

weitere Risikofaktoren. Ältere Menschen,<br />

die keinen Sport treiben, sind am häufigsten<br />

betroffen. Rund jede zweite erkrankte<br />

Person hat Vorfahren, die unter ähnlichen<br />

Problemen litten. Die Insulinresistenz<br />

hängt also auch mit einer genetischen Veranlagung<br />

zusammen. Manchmal zeichnet<br />

sich <strong>das</strong> Leiden schon bei der Geburt ab:<br />

Babys mit einem Geburtsgewicht unter<br />

drei Kilogramm oder über vier Kilogramm<br />

sind stark gefährdet, im Lauf ihres Lebens<br />

am Syndrom X zu erkranken.<br />

Neben diesen vorgegebenen Faktoren gibt<br />

es glücklicherweise eine ganze Reihe von<br />

Risikofaktoren, denen man nicht hilflos<br />

ausgeliefert ist. Man kann sie durch richtiges<br />

Verhalten ausschalten. So ist etwa <strong>das</strong><br />

Risiko der Entstehung des metabolischen<br />

Syndroms bei Nichtrauchern erheblich tiefer<br />

als bei Rauchern. Ähnlich positiv wirkt<br />

ein stressarmes Leben. Ebenso spielt die<br />

Ernährung eine herausragende Rolle bei<br />

der Entstehung oder eben bei der Verhütung<br />

des Syndroms X und all seiner gefährlichen<br />

Begleiterscheinungen.<br />

Besonders auf die Zufuhr von Kohlenhydraten<br />

ist zu achten. Nicht alle Speisen lassen<br />

den Blutzucker gleich stark ansteigen. Wer<br />

Kohlenhydratlieferanten bevorzugt, die<br />

nur eine geringe Blutzucker­ und Insulinreaktion<br />

bewirken, ist weniger gefährdet.<br />

Darum lohnt es sich, auf den sogenannten<br />

Glyx zu achten. Die geringsten Reaktionen<br />

lösen Nüsse, Eier, Käse und Fleisch aus.<br />

Günstig wirkt sich auch der Konsum von<br />

Früchten, Gemüse und Salat aus: Ernährungswissenschaftler<br />

empfehlen den Verzehr<br />

von 600 bis 800 Gramm Gemüse,<br />

Obst und Salat pro Tag.


Abnehmen als Vorbeugung: Wie Sie dem «bisschen Bauch» zu Leibe rücken<br />

Fett am Bauch (apfelfigur) ist eine der<br />

Hauptursachen für <strong>das</strong> Syndrom X. Viel<br />

weniger gefährlich ist Fett an den Hüften<br />

und am Po (Birnenfigur). Schon mit<br />

einem Gewichtsabbau von fünf bis zehn<br />

Prozent und regelmässiger körperlicher<br />

Bewegung halbiert sich <strong>das</strong> Risiko,<br />

zuckerkrank zu werden. Oder anders<br />

ausgedrückt: Pro Kilogramm Gewichtsverlust<br />

ergibt sich eine Reduktion des<br />

Diabetes-Risikos um 13 Prozent. und<br />

bei einem Gewichtsverlust von 20 Kilogramm<br />

verschwindet die Zuckerkrankheit<br />

bei 95 von 100 Betroffenen ganz.<br />

So schaffen Sie es, abzunehmen:<br />

w Ziel definieren: Wie viel möchten Sie<br />

abnehmen? Legen Sie eine Belohnung<br />

fest, die Sie sich gönnen, wenn<br />

<strong>das</strong> Ziel erreicht ist (Reise, neue<br />

Kleider et cetera).<br />

w Gefahren eruieren: Schreiben Sie auf,<br />

wann und in welchen Situationen Sie<br />

zu viel oder falsch essen. Schreiben<br />

Sie sich Gegenstrategien auf wie:<br />

«Wenn ich an der Bäckerei vorbeigehen<br />

müsste, wechsle ich die<br />

Strassenseite.»<br />

w Gemeinsam stark: Suchen Sie sich<br />

andere Übergewichtige zum gemeinsamen<br />

abnehmen. Zusammen fällt<br />

Positiv wirken sich zudem die Nahrungsfasern<br />

auf den Blutzuckerspiegel aus. Sie<br />

bremsen den Anstieg des Blutzuckers und<br />

verstärken <strong>das</strong> Sättigungsgefühl. Die wichtigsten<br />

Lieferanten von Nahrungsfasern<br />

sind Vollkornprodukte, Früchte, Gemüse<br />

und Salat. Anderseits jagen Süssigkeiten<br />

– vor allem die sogenannten Soft Drinks,<br />

also Süssgetränke – den Blutzuckerspiegel<br />

in die Höhe. Eine aktuelle Studie hat aufgezeigt,<br />

<strong>das</strong>s der regelmässige tägliche<br />

Konsum eines einzigen Soft Drinks <strong>das</strong><br />

Syndrom­X­Risiko signifikant erhöht.<br />

es leichter, bei Durchhängern nicht<br />

aufzugeben.<br />

w Alle fünf sinne ansprechen: Suchen Sie<br />

Möglichkeiten, Frust, Langeweile<br />

oder Stress anders abzubauen als<br />

mit essen. Massagen, Bäder, Musik<br />

hören, schöne Dinge anschauen sind<br />

sinnvollere Mittel, sich Gutes zu tun.<br />

w hunger und sättigung: essen Sie erst,<br />

wenn Sie Hunger haben (Magenknurren).<br />

Hören Sie auf zu essen, wenn<br />

Sie satt sind. Weil 15 bis 30 Minuten<br />

vergehen, bis sich <strong>das</strong> Sättigungsgefühl<br />

einstellt, sollte man möglichst<br />

langsam essen.<br />

w Fett macht fett: Sie sollten höchstens<br />

50 Gramm Fett pro tag zu sich nehmen.<br />

Ideal sind Oliven und Rapsöl<br />

sowie fette Meerfische wie Lachs<br />

oder Hering. Besonders tückisch<br />

dagegen sind transfettsäuren und<br />

die versteckten Fette in Chips, fettem<br />

Fleisch, Wurstwaren, Käse, Süssigkeiten,<br />

Frittiertem oder Saucen.<br />

w <strong>Was</strong>ser, <strong>Was</strong>ser, <strong>Was</strong>ser: trinken Sie<br />

mindestens anderthalb Liter <strong>Was</strong>ser<br />

oder ungesüssten Kräuter- oder<br />

Früchtetee pro tag. Gewöhnen Sie<br />

sich an, vor jedem Naschen ein<br />

grosses Glas <strong>Was</strong>ser zu trinken.<br />

Vorsicht ist bei stark verarbeiteten und lange<br />

gekochten Esswaren geboten: Sie lassen<br />

den Blutzuckerspiegel in die Höhe schnellen.<br />

Rohkost und schonend zubereitete,<br />

knackig gekochte Lebensmittel sind deshalb<br />

verkochtem Gemüse, pürierten und<br />

gepressten Lebensmitteln vorzuziehen.<br />

Verkochte Teigwaren wirken sich schlechter<br />

auf den Blutzuckerspiegel aus als «al<br />

dente» zubereitete, Milchreis ist ungesünder<br />

als körniger Trockenreis, Orangensaft<br />

erhöht den Blutzuckerspiegel stärker als<br />

der Genuss von Orangenschnitzen.<br />

GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008 27<br />

w nicht snacken: Gewöhnen Sie sich<br />

an einen regelmässigen Mahlzeitenrhythmus.<br />

Ideal sind drei bis fünf<br />

Mahlzeiten pro tag. Ständiges<br />

Snacken senkt die Fettverbrennung.<br />

w Five a day: Befolgen Sie die Regel,<br />

fünf Portionen Früchte, Gemüse oder<br />

Salat pro tag zu essen, also zwischen<br />

600 und 800 Gramm täglich.<br />

w Achtung, Alkohol: Verzichten Sie auf<br />

alkohol. er liefert reichlich Kalorien<br />

und hemmt die Fettverbrennung.<br />

w Appetitdämpfer: Beginnen Sie die<br />

Mahlzeit mit einer heissen fettfreien<br />

Bouillon oder mit einem Salatteller.<br />

Beides dämpft den Heisshunger.<br />

w Bewegung tut gut: Bewegen Sie sich<br />

so viel wie möglich. Je mehr Muskeln<br />

Sie haben, desto mehr Kalorien<br />

verbrauchen Sie täglich.<br />

w Keine Ausreden: es gibt keinen Grund,<br />

den Vorsatz, weniger zu essen und<br />

sich mehr zu bewegen, auf später zu<br />

verschieben. auch Weihnachten oder<br />

Ostern sind kein Hinderungsgrund,<br />

sein Gewichtsproblem anzupacken<br />

und <strong>das</strong> Programm durchzuziehen.<br />

w Alles ist erlaubt: Verbieten Sie sich<br />

nichts, aber essen Sie nur wenig von<br />

kalorienreichen Lebensmitteln.<br />

Fruchtzucker erhöht zwar den Blutzuckerspiegel<br />

nicht, die pulverisierte Form aber<br />

ist nicht zu empfehlen. US­Studien zeigen<br />

eine parallele Entwicklung zwischen der<br />

rasanten Zunahme von Übergewicht, Bluthochdruck,<br />

schlechten Blutfettwerten und<br />

der Verwendung von pulverisiertem Fruchtzucker<br />

und Fruchtzuckersirup. Trotzdem<br />

verarbeitet die Lebensmittelindustrie –<br />

auch in der Schweiz – immer häufiger dieses<br />

billige Süssmittel bei der Herstellung<br />

von Lifestylegetränken, Milchprodukten<br />

und anderen Fertiggerichten. Wer also die


28 GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

queLLe: MaRIaNNe BOtta DIeNeR: «eSSeN. GeNIeSSeN. FIt SeIN»; BeOBaCHteR-BuCHVeRLaG, 2. auFLaGe, 2008<br />

Auf den Glyx kommt es an: Die nahrung beeinflusst den Blutzuckerspiegel<br />

Mit richtiger ernährung lässt sich der<br />

Blutzuckerspiegel positiv beeinflussen.<br />

Lebensmittel mit einem niedrigen<br />

glykämischen Index (Glyx) lassen den<br />

Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen.<br />

Sie sättigen lange, es wird wenig<br />

Insulin ausgeschüttet.<br />

Lebensmittel mit einem hohen Glyx<br />

hingegen erhöhen den Blutzuckerspiegel<br />

und die Insulinausschüttung<br />

rasant, die Sättigung ist nur von kurzer<br />

Dauer. Langzeitstudien zeigen, <strong>das</strong>s<br />

Menschen, die über Jahre Nahrungsmittel<br />

mit einem hohen Glyx bevorzugen,<br />

ein signifikant höheres Diabetesrisiko<br />

haben als solche, die vorwiegend<br />

Lebensmittel mit einem niedrigen Glyx<br />

konsumieren.<br />

allerdings kommt es immer auch auf<br />

die jeweils gegessene Menge an Kohlenhydraten<br />

an – und darauf, wie viele<br />

Kohlenhydrate ein Lebensmittel tatsächlich<br />

enthält. <strong>Was</strong>sermelonen sind<br />

so wasserreich, <strong>das</strong>s sie trotz einem<br />

hohen Glyx den Blutzuckerspiegel<br />

kaum ansteigen lassen. Deshalb ist<br />

der Glyx zwar ein hilfreiches Instrument,<br />

aber nicht <strong>das</strong> Mass aller Dinge.<br />

Einen hohen Glyx haben:<br />

Brot und Gebäck:<br />

Weissbrot, Baguettes, Waffeln, Gipfeli<br />

Frühstückszerealien und Getreideflocken:<br />

Cornflakes, Chocopops, Rice Krispies,<br />

Smacks, Frosties und andere mehr<br />

Getreide, teigwaren, Kartoffeln:<br />

gebackene Kartoffeln, Pommes frites,<br />

Entstehung des Syndroms X vermeiden<br />

möchte, sollte die Lebensmitteletiketten<br />

auf den Hinweis «Fruchtzucker» absuchen<br />

– und vom Produkt die Finger lassen, wenn<br />

es den Stoff enthält. Der natürliche Zucker<br />

in den Früchten hat diesen negativen Effekt<br />

zum Glück nicht.<br />

Um die Stoffwechselsituation zu verbessern,<br />

ist es zudem wichtig, Übergewicht<br />

abzubauen (siehe «Abnehmen als Vorbeugung:<br />

Wie Sie dem ‹bisschen Bauch› zu<br />

Leibe rücken», Seite 26). So lohnt es sich<br />

etwa, täglich nur noch dreimal zu essen –<br />

sofern der Arzt oder die Ernährungsberaterin<br />

nichts anderes empfehlen. Ständiges<br />

Snacken hingegen lässt den Blutzuckerspiegel<br />

nie absinken. Ausserdem ist unmittelbar<br />

nach den Mahlzeiten die Gefahr beson­<br />

Stock aus Kartoffelflocken, weisser<br />

Reis (gekocht)<br />

Früchte:<br />

Bananenchips<br />

Getränke:<br />

Soft Drinks<br />

süssigkeiten:<br />

traubenzucker, Malzzucker,<br />

Maltodextrin<br />

Einen mittleren Glyx haben:<br />

Brot und Gebäck:<br />

feines Vollkornbrot, Vollkornknäckebrot,<br />

Pitabrot, Bagels, Reiswaffeln,<br />

Pizzas, Gebäck, Cracker, Kuchen,<br />

Guetsli<br />

Frühstückszerealien und Getreideflocken:<br />

Fertigmüeslimischungen mit Zucker,<br />

feine Haferflocken, Haferbrei<br />

Getreide, teigwaren, Kartoffeln:<br />

geschwellte Kartoffeln, neue<br />

Kartoffeln, Basmatireis, wilder Reis,<br />

Hirse, Couscous, Mais, Kartoffelstock,<br />

Chips, Gnocchi, Naturreis<br />

Gemüse:<br />

grüne erbsen, weichgekochte Karotten,<br />

Kürbisse, Randen, Zuckermais<br />

Früchte:<br />

ananas, Dosenaprikosen, Bananen,<br />

Mangos, Papayas, Datteln, Melonen,<br />

Rosinen<br />

Getränke:<br />

Fruchtsaftgetränke und -nektare, Bier,<br />

isotonische Getränke<br />

süssigkeiten:<br />

Konfitüre, Milchschokolade, Glace,<br />

Honig, normaler Haushaltszucker<br />

ders gross, <strong>das</strong>s sich Ablagerungen in den<br />

Blutgefässen bilden, weil dann die Werte<br />

von Blutzucker, Insulin und vor allem der<br />

Triglyceride (Neutralfette, die dem Körper<br />

als Energiespeicher dienen) im Blut erhöht<br />

sind.<br />

Sport hilft bei der Vorbeugung und Behandlung<br />

des Syndroms X. Wer sich ausreichend<br />

bewegt, verstärkt die Wirkung des körpereigenen<br />

Insulins, senkt Blutzuckerspiegel<br />

und Blutdruck und erhöht <strong>das</strong> erwünschte<br />

HDL­Cholesterin (siehe «Frauenherzen<br />

schlagen anders», Seite 30). Studien zeigten<br />

sogar, <strong>das</strong>s körperlich trainierte Menschen<br />

mit Risikofaktoren wie Rauchen<br />

oder einem zu hohen Cholesterinspiegel<br />

paradoxerweise «gesünder» leben als untrainierte<br />

ohne Risikofaktoren. n<br />

Milch und Milchprodukte:<br />

stark gesüsster quark, stark gesüsste<br />

Joghurts und Milchdesserts<br />

Einen niedrigen Glyx haben:<br />

Brot und Gebäck:<br />

Sojabrot mit Leinsamen, Vollkornbrot<br />

mit Leinsamen, Haferkleiebrot,<br />

Walliser Roggenbrot, Pumpernickel,<br />

ballaststoffreiches Knäckebrot<br />

Frühstückszerealien und Getreideflocken:<br />

Kleie, Vollkornmüesli ohne Zucker,<br />

Vollkornhaferflocken, Weizenkeime<br />

Getreide, teigwaren, Kartoffeln:<br />

geschrotete Getreidekörner, Hartweizenteigwaren<br />

«al dente», Glasnudeln<br />

aus Mungobohnen, Bulgur<br />

hülsenfrüchte, samen, Kerne:<br />

alle (Baumnüsse, Sesam, Leinsamen,<br />

Kürbiskerne, Sojabohnen, rote Bohnen<br />

und weitere mehr)<br />

Gemüse, Früchte:<br />

fast alle<br />

Getränke:<br />

<strong>Was</strong>ser, tee und Kaffee ohne Zucker<br />

haben gar keinen Glyx.<br />

Lediglich einen niedrigen Glyx weisen<br />

auf: apfelsaft, apfelschorle, Buttermilch,<br />

Grapefruitsaft, Orangensaft,<br />

Sojadrink, tomatensaft.<br />

süssigkeiten:<br />

Fruchtzucker, Milchzucker, dunkle<br />

Schokolade mit einem Kakaoanteil<br />

von über 70 Prozent<br />

Milch und Milchprodukte:<br />

fast alle (ausser Produkte mit einem<br />

hohen Zuckerzusatz)<br />

Weitere Infos<br />

w Buchtipp<br />

annette Bopp: «Von <strong>Herz</strong>infarkt bis<br />

Schlaganfall. Risiken und Vorboten<br />

erkennen»; Stiftung Warentest, 2003,<br />

336 Seiten, Fr. 30.90<br />

w internet<br />

www.swissheart.ch:<br />

Schweizerische <strong>Herz</strong>stiftung;<br />

Informationen zu den themen<br />

<strong>Herz</strong>krankheiten, <strong>Herz</strong>gruppen,<br />

Prävention und erste Hilfe; plus<br />

Notfallausweise, Broschüren<br />

und mehr; ausserdem: <strong>Herz</strong>telefon<br />

0848 443 278, jeden Mittwoch von<br />

17 bis 19 uhr<br />

FOtO: aMY & CHuCK WILeY/KeYStONe/INDeX StOCK IMaGeRY


GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008 29<br />

VERLEtZBARKEit


30 GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

FRAUEN<br />

Frauenherzen schlagen anders<br />

Fataler Irrtum: Der <strong>Herz</strong>infarkt galt lange als reine Männerkrankheit. Doch der moderne<br />

Lebensstil macht zunehmend auch Frauen zu Opfern. Und weil ihre Symptome nicht<br />

dem Lehrbuch entsprechen, wird der Infarkt oft zu spät erkannt. Text: Walter Aeschimann<br />

Rauchen, Alkohol, Übergewicht und<br />

Stress im Beruf: Der <strong>Herz</strong>infarkt ist<br />

eine Männerkrankheit. Dieses Vorurteil<br />

hat sich jahrelang gehalten. Forschung<br />

und Medizin, sogar die Prävention<br />

konzentrierten sich lange auf die Männer.<br />

Doch je mehr sich der Lebensstil der modernen<br />

Frauen ändert, desto mehr sind<br />

auch sie betroffen.<br />

Die Sterbestatistik der Schweiz aus dem<br />

Jahr 2005 zeigt, <strong>das</strong>s <strong>Herz</strong>-Kreislauf-Krankheiten<br />

weit vor Krebs die häufigste Todesursache<br />

sind. Bei den Frauen sind 42 Prozent<br />

der Todesfälle auf eine <strong>Herz</strong>-Kreislauf-Krankheit<br />

zurückzuführen, bei den<br />

Männern 35 Prozent – obwohl Frauen zwischen<br />

45 und 64 deutlich seltener einen<br />

<strong>Herz</strong>infarkt erleiden als gleichaltrige Männer.<br />

Diese Erkenntnisse haben sich erst in<br />

den letzten zehn Jahren durchgesetzt. Zugleich<br />

hat die Forschung gezeigt, <strong>das</strong>s sich<br />

die Erfahrungen mit <strong>Herz</strong>- und Gefässerkrankungen<br />

bei Männern nicht unbedingt<br />

auf Frauen übertragen lassen.<br />

Denn <strong>das</strong> weibliche <strong>Herz</strong> schlägt anders.<br />

Es ist kleiner. Auch der Durchmesser der<br />

<strong>Herz</strong>kranzgefässe ist geringer, weshalb sie<br />

leichter verstopfen. Bei der Frau erhöht<br />

zudem Diabetes <strong>das</strong> Risiko eines akuten<br />

Ereignisses stärker als beim Mann.<br />

Alarmierend ist zudem, <strong>das</strong>s auch die Symptome<br />

geschlechtsspezifisch verschieden<br />

sind. Beim Mann ereignet sich ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />

meistens mit den als typisch geltenden<br />

Anzeichen: starke Schmerzen in der<br />

Brust und möglicherweise Ausstrahlung in<br />

den linken Arm.<br />

Bei den Frauen sind die Symptome weniger<br />

klar. Engegefühl, Druck oder Brennen<br />

Weibliche Risikofaktoren: Wo Frauen mehr Gefahr droht als Männern<br />

Das «fatale Quartett» aus Übergewicht,<br />

Bluthochdruck, erhöhten Zucker- und<br />

Cholesterinwerten ist der <strong>Herz</strong>infarkt-<br />

Risikofaktor Nummer eins. Die Geschlechterforschung<br />

zeigt jedoch<br />

spezielle «weibliche» Risikofaktoren:<br />

w die Zuckerkrankheit diabetes mellitus<br />

Typ II ist für Frauen gefährlicher als<br />

für Männer. Ihr Risiko für eine <strong>Herz</strong>-<br />

Kreislauf-Erkrankung ist dreimal höher<br />

als bei zuckerkranken Männern.<br />

w störungen des Fettstoffwechsels, etwa<br />

zu hohe Cholesterinspiegel, belasten<br />

Frauen stärker als Männer, wobei<br />

sich <strong>das</strong> «schlechte» Cholesterin<br />

LDL bei Frauen vermutlich weniger<br />

schädlich auswirkt als bei Männern.<br />

Ein zu niedriger Wert an «gutem»<br />

Cholesterin HDL stellt für Frauen<br />

allerdings eine grössere Bedrohung<br />

dar – vor allem dann, wenn auch<br />

die Triglyceride (energiespeichernde<br />

Neutralfette) erhöht sind.<br />

w Rauchen setzt den Gefässen von<br />

Frauen deutlich stärker zu. Die im<br />

Rauch enthaltenen Substanzen verengen<br />

die Gefässe und lassen den<br />

Blutdruck steigen. Rauchen verringert<br />

den schützenden Östrogenspiegel<br />

im Blut. Frauen, die gleichzeitig<br />

rauchen und die Pille zur Empfängnisverhütung<br />

nehmen, erhöhen ihr<br />

<strong>Herz</strong>-Kreislauf-Risiko deutlich.<br />

w Psychische Faktoren scheinen bei<br />

Frauen eine grössere Rolle bezüglich<br />

Infarktrisiko zu spielen als bei Männern.<br />

Angst, Ärger, Hektik, Verlust<br />

eines nahestehenden Menschen oder<br />

Leistungsdruck verursachen Stress,<br />

der wiederum bewirkt, <strong>das</strong>s im Körper<br />

Hormone wie Adrenalin und Cortisol<br />

freigesetzt werden. In der Akutphase<br />

schlägt <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> schneller,<br />

und der Blutdruck steigt. Im Blut<br />

steigen Triglycerid- und Zuckerwerte<br />

an. Konstanter Stress wirkt sich auch<br />

in der Brust mit Ausstrahlung in den Hals,<br />

den Unterkiefer, den Oberbauch und auch<br />

in die Rückenpartie zwischen den Schulterblättern.<br />

Mögliche Begleiterscheinungen<br />

sind Schweissausbrüche, Übelkeit, akute<br />

Atemnot, Schwäche oder aussergewöhnliche<br />

Müdigkeit und Todesangst.<br />

«Oft nennen Frauen aber als alleiniges<br />

<strong>Herz</strong>infarktsymptom akute Atemnot, etwas<br />

seltener Schwäche, aussergewöhnliche<br />

Müdigkeit, kalten Schweiss oder<br />

Schwindelgefühle», sagt Roger Darioli,<br />

Professor am Universitätsspital CHUV in<br />

Lausanne und Mitglied des Stiftungsrats<br />

der Schweizerischen <strong>Herz</strong>stiftung.<br />

Weil diese Symptome nicht als typisch gelten,<br />

wird der Infarkt oft spät diagnostiziert<br />

und behandelt. Die Konsequenz: Die Überlebenschancen<br />

von Frauen nach einem<br />

<strong>Herz</strong>infarkt sind schlechter als jene von<br />

auf <strong>das</strong> Verhalten aus: Viele rauchen<br />

mehr, trinken Alkohol oder leiden an<br />

Essstörungen. Es ist deshalb wichtig,<br />

negativen Stress zu analysieren und<br />

aktiv abzubauen.<br />

w der Blutdruck ist nach dem 45. Lebensjahr<br />

bei fast jeder zweiten Frau<br />

erhöht. Aber nicht nur mit zunehmendem<br />

Alter, sondern auch bei<br />

Übergewicht, Diabetes oder anderen<br />

Stoffwechselstörungen steigen die<br />

Werte. Die Einnahme der Pille oder<br />

eine Schwangerschaft können ebenfalls<br />

einen Anstieg des Blutdrucks<br />

bewirken.<br />

Der natürliche Schutz vor einem <strong>Herz</strong>infarkt<br />

bei den Frauen nimmt nach den<br />

Wechseljahren ab. Studien konnten<br />

nicht nachweisen, <strong>das</strong>s Hormonersatztherapien<br />

<strong>das</strong> Risiko eines Infarkts mindern.<br />

Im Gegenteil: Es wurde sogar ein<br />

erhöhtes Risiko für Venenthrombosen<br />

und Lungenembolien festgestellt.


Cholesterin: Lebensnotwendig und Risikofaktor zugleich<br />

Cholesterin ist eine fettähnliche Substanz, die nur in tierischen Lebensmitteln<br />

vorkommt. Neben der Aufnahme über die Ernährung produziert unser Körper<br />

selbst Cholesterin. Es ist lebensnotwendig für die Bildung von Hormonen und<br />

Gallensäure und ist in jeder Zelle enthalten.<br />

Im Blut wird <strong>das</strong> Cholesterin hauptsächlich über die zwei Lipoproteine LDL<br />

(Low-Density-Lipoprotein) und HDL (High-Density-Lipoprotein) transportiert.<br />

Das «schlechte» LDL-Cholesterin dient dazu, <strong>das</strong> Gewebe mit Cholesterin zu<br />

versorgen. Auf dem Weg dorthin neigt dieses bei höheren Konzentrationen dazu,<br />

sich in den Blutgefässen abzulagern, was zu Arterienverkalkung und Blutbahnverengung<br />

führen kann: Das Risiko für einen <strong>Herz</strong>infarkt oder einen Hirnschlag<br />

steigt markant. Das «gute» HDL-Cholesterin dagegen entzieht dem Körper<br />

überschüssiges Cholesterin und transportiert es zurück zur Leber, von wo es<br />

aus dem Körper ausgeschieden wird.<br />

Männern – obwohl die Frauen biologisch<br />

besser gegen Infarkte geschützt sind als<br />

Männer. Das verdanken sie nach heutigem<br />

Stand des Wissens ihrem Östrogenhaushalt<br />

und dem höheren Anteil an<br />

«gutem» Cholesterin (siehe «Cholesterin:<br />

Lebensnotwendig und Risikofaktor zugleich»).<br />

Östrogene, die weiblichen Geschlechtshormone,<br />

üben einen schützenden<br />

Effekt auf <strong>Herz</strong> und Gefässe aus.<br />

Doch wenn die Eierstöcke die Produktion<br />

von Östrogen nach der Menopause<br />

einstellen, reduziert sich dieser typisch<br />

weibliche Schutz.<br />

Der Östrogenrückgang wirkt sich gleich auf<br />

mehrere Risikofaktoren ungünstig aus:<br />

«Schlechtes» LDL-Cholesterin, Triglyceride<br />

(energiespeichernde Neutralfette)<br />

und Blutdruck erhöhen sich, die Insulinsensibilität<br />

vermindert sich. Die <strong>Herz</strong>infarkt-Rate<br />

bei Frauen in und nach den<br />

Wechseljahren steigt, vor allem dann,<br />

wenn weitere Risikofaktoren wie hoher<br />

Blutdruck, Übergewicht und Diabetes<br />

mellitus Typ II hinzukommen.<br />

Der wirksamste Schutz vor einer <strong>Herz</strong>-<br />

Kreislauf-Erkrankung ist auch bei den<br />

Frauen ein ausgewogener Lebensstil: gesunde<br />

Ernährung, Verzicht auf Zigaretten<br />

und übermässigen Alkoholkonsum<br />

und vor allem viel Bewegung. Diese regt<br />

den Stoffwechsel an, trainiert <strong>Herz</strong>muskel<br />

und Gefässwände, erhöht die Konzentration<br />

an «gutem» Cholesterin im Blut<br />

und senkt den Blutdruck. Frauen, die<br />

täglich 30 Minuten Rad fahren, laufen<br />

oder zügig spazieren gehen, können ihr<br />

Infarktrisiko um 30 Prozent senken.<br />

Mit gezielten Aktionen versucht die<br />

Schweizerische <strong>Herz</strong>stiftung Frauen zu<br />

motivieren, rechtzeitig an ihr <strong>Herz</strong> zu<br />

denken. Selbst wenn Sie sich gesund fühlen,<br />

ist es sinnvoll, die Risikofaktoren<br />

regelmässig kontrollieren zu lassen. Und<br />

wenn Sie unvermittelt Anzeichen oder<br />

Warnsignale wahrnehmen, alarmieren<br />

Sie die Notfallnummer 144. Bei <strong>Herz</strong>-<br />

oder Hirninfarkten zählt jede Minute. n<br />

Weitere Infos<br />

Literatur<br />

w Broschüre «Frau & <strong>Herz</strong>»;<br />

Schweizerische <strong>Herz</strong>stiftung, Bern<br />

w Anita Rieder, Brigitte Lohff (Hrsg.):<br />

«Gender-Medizin. Geschlechtsspezifische<br />

Aspekte für die klinische<br />

Praxis»; Springer-Verlag, 2004,<br />

444 Seiten, 119 Franken<br />

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32 GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

tempeRatuRen<br />

Risikofaktor Backofenhitze<br />

Kaum ist er da, heisst es: Vorsicht! Der heissgeliebte Sommer fordert dem Organismus<br />

Sonderleistungen ab. Wer ohnehin Probleme mit <strong>Herz</strong> und Kreislauf hat, sollte einen<br />

kühlen Kopf bewahren und seinen Lebensstil der Hitze anpassen. Text: Susanne Wagner<br />

Das Thermometer zeigt 32 Grad im<br />

Schatten an, der Schweiss läuft aus<br />

allen Poren – es ist Hochsommer.<br />

Der Körper befindet sich im Ausnahmezustand,<br />

was viele zu wenig berücksichtigen.<br />

Wer seinen Alltag so weiterlebt wie<br />

bisher, gefährdet die Gesundheit – denn<br />

Backofentemperaturen fordern unserem<br />

<strong>Herz</strong>en und dem Kreislauf Höchstleistungen<br />

ab. Selbst vielen jüngeren und gesunden<br />

Menschen macht die Hitze zu schaffen.<br />

Für Betagte, Pflegebedürftige, Übergewichtige<br />

und <strong>Herz</strong>­Kreislauf­Patienten<br />

bedeutet die hochsommerliche Hitze Qual<br />

– und mitunter Lebensgefahr.<br />

An Hitzetagen steigt die Sterblichkeitsrate<br />

bei Menschen mit <strong>Herz</strong>­Kreislauf­Krankheiten<br />

und Atemwegserkrankungen an.<br />

So führte der Hitzesommer 2003 in der<br />

Schweiz zu fast 1000 Todesfällen. Starke<br />

Wärmebelastungen haben einen Einfluss<br />

auf Psyche, Schlafqualität, Leistungsfähigkeit<br />

und Wohlbefinden des Menschen.<br />

Kein Wunder, denn die Hitze löst einiges<br />

aus im menschlichen Organismus: Der<br />

Körper versucht sich zu kühlen, indem er<br />

durch die Schweissdrüsen Körperflüssigkeit<br />

abgibt, die an der Hautoberfläche verdunstet<br />

und dem Körper Wärme entzieht.<br />

Gleichzeitig schlägt <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> schneller, die<br />

Blutgefässe erweitern sich, und der Blutdruck<br />

sinkt – für Menschen mit schwachem<br />

<strong>Herz</strong>en eine grosse Belastung.<br />

Bei älteren Personen sind <strong>Herz</strong> und Kreislauf<br />

schnell überfordert – der Körper kann<br />

die Wärme nicht mehr richtig regulieren.<br />

Zudem haben ältere Menschen ein geringeres<br />

Durstgefühl, und ihre <strong>Was</strong>serreserven<br />

im Körper sind kleiner als bei jüngeren.<br />

Deshalb ist es besonders wichtig, <strong>das</strong>s<br />

Senioren den Flüssigkeitsverlust ausgleichen,<br />

indem sie auch dann trinken, wenn<br />

sie keinen Durst empfinden.<br />

Weil dem Körper durch den Schweiss auch<br />

Kochsalz und andere Elektrolyte wie Kalium<br />

und Magnesium entzogen werden, ist<br />

es empfehlenswert, diese durch eine Mi­<br />

Speis und trank: Wie man heisse tage meistert<br />

w Trinken Sie genug <strong>Was</strong>ser, Früchte- oder Kräutertee. Verzichten Sie<br />

aber auf eiskalte Getränke; diese regen den Körper an, noch mehr<br />

Wärme zu produzieren.<br />

w Meiden Sie Koffein und Alkohol. Bier löscht kurzfristig den Durst,<br />

langfristig wird dem Körper dadurch jedoch Flüssigkeit entzogen –<br />

eine unnötige Belastung für den Organismus.<br />

w Menschen mit einer <strong>Herz</strong>insuffizienz und Personen, die blutdrucksenkende<br />

Medikamente nehmen, sollten die Trinkmenge mit ihrem<br />

Arzt absprechen.<br />

w Geniessen Sie erfrischende Nahrungsmittel wie zum Beispiel<br />

Melonen, Pfirsiche und Gurken.<br />

w Fettes Essen wie Würstchen, Frittiertes oder Schweinefleisch ist<br />

schwer verdaulich und belastet den Körper zusätzlich.<br />

w Bei grosser Hitze ist die mediterrane Küche mit viel Gemüse, Pasta,<br />

Salat, gegrilltem Fisch, Kräutern und Olivenöl sehr bekömmlich.<br />

w Achten Sie peinlich genau auf Hygiene in der Küche. Bakterien<br />

vermehren sich bei feuchter Wärme besonders schnell. Stellen Sie<br />

angebrochene Lebensmittel schnell in den Kühlschrank zurück.<br />

schung aus Fruchtsaft und <strong>Was</strong>ser (im Verhältnis<br />

1 zu 3) auszugleichen. Elektrolytepulver<br />

aus der Apotheke erfüllen denselben<br />

Zweck. Unter normalen Bedingungen<br />

sollten dem Körper täglich mindestens<br />

anderthalb Liter <strong>Was</strong>ser über Getränke<br />

zugeführt werden. Bei grosser Hitze und<br />

starkem Schwitzen steigt der Bedarf.<br />

Folgen von Flüssigkeitsmangel können Kreislaufschwäche,<br />

Schwindel, Verwirrtheit,<br />

Bewusstlosigkeit oder gar ein lebensgefährlicher<br />

Hitzschlag sein. Selbst in der Wohnung<br />

ist es möglich, einen Hitzschlag zu<br />

erleiden, sofern sie nicht gut belüftet oder<br />

gekühlt ist. Die Wohnung kühl zu halten<br />

empfiehlt sich darum. Es ist eine bewährte<br />

Methode, frühmorgens kühle Luft in die<br />

Räume zu lassen und dann die Fenster und<br />

Rollläden zu schliessen, um die Hitze auszusperren.<br />

Wer dennoch schwitzt, kann<br />

sich mit Kneippanwendungen wie kalten<br />

<strong>Was</strong>sergüssen auf die Arme, <strong>Was</strong>sertreten<br />

im kalten Badewannenwasser oder mit<br />

kalten Umschlägen (mit <strong>Was</strong>ser getränktes<br />

Baumwolltuch) abkühlen.<br />

Beim Reisen unter Hochtemperaturen gilt<br />

besondere Vorsicht. Jeder zehnte <strong>Herz</strong>infarkt<br />

ereignet sich in den Ferien. Das<br />

liegt laut Andreas Hoffmann, Professor für<br />

<strong>Herz</strong>krankheiten an der Universität Basel,<br />

auch am heutigen Freizeitverhalten: «Das<br />

<strong>Herz</strong> kennt keine Grenzen. Die Häufigkeit<br />

der <strong>Herz</strong>infarkte in den Ferien hängt mit<br />

der Häufigkeit von Ferien und weiten Reisen<br />

in der heutigen Zeit zusammen.» Als<br />

besonders riskant schätzt er Expeditionen<br />

in die Anden, die Wüste oder andere extreme<br />

Höhen­ und Klimagebiete ein.<br />

Ältere Menschen sollten eine bevorstehende<br />

Ferienreise in der Apotheke oder beim<br />

Arztbesuch ansprechen. <strong>Herz</strong>spezialist<br />

Hoffmann weist auf die Gefahr von Beinvenenthrombosen<br />

bei stundenlangem<br />

Herumsitzen in Bus oder Flugzeug hin:<br />

«Insbesondere wer nach einer Operation<br />

oder Geburt schon einmal Beinvenenthrombosen<br />

hatte, sollte sich von einer<br />

medizinischen Fachperson beraten lassen.<br />

Die Einnahme von Aspirin hilft entgegen<br />

landläufiger Meinung nichts.» n<br />

FOTO: GETTyiMAGES


GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008 33<br />

sEhnsuCht


34 GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

RAUCHSTOPP<br />

So bleiben Körper und <strong>Herz</strong> in Form<br />

Rauchen zählt zu den wichtigsten Ursachen für einen <strong>Herz</strong>infarkt. Der Abschied von der Sucht<br />

Nummer eins ist oft mit einer Gewichtszunahme verbunden. Wer einige Tipps beherzigt,<br />

nimmt nach dem Rauchstopp nicht übermässig zu. Text: Marianne Botta Diener<br />

Rund ein Drittel aller Todesfälle unter<br />

den 35- bis 69-Jährigen ist nikotinbedingt.<br />

Rauchen schädigt nicht nur<br />

Haut, Atemwege, Lunge – schon wenige<br />

Zigaretten pro Tag wirken sich auch negativ<br />

auf <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> aus. So zeigen Untersuchungen,<br />

<strong>das</strong>s Frauen, die drei bis fünf<br />

Zigaretten pro Tag rauchen, ihr <strong>Herz</strong>infarktrisiko<br />

verdoppeln. Ebenso ergeht es<br />

Männern, die sechs bis neun Zigaretten<br />

täglich rauchen.<br />

Rauchen ist hierzulande die am meisten<br />

verbreitete Sucht: Rund ein Drittel der<br />

Männer und ein Fünftel der Frauen sind<br />

nikotinabhängig. Nikotin führt zur Ausschüttung<br />

von Stresshormonen, die Blutgefässe<br />

verengen sich, der Blutdruck steigt.<br />

Das Blut wird dickflüssiger, <strong>das</strong> <strong>Herz</strong> und<br />

<strong>das</strong> Gehirn werden schlechter durchblutet<br />

und die Blutplättchen klebriger, es können<br />

Blutgerinnsel entstehen.<br />

Ausserdem bilden sich sogenannte freie<br />

Radikale. Dabei handelt es sich um kurzlebige,<br />

aggressive, sauerstoffhaltige Verbindungen.<br />

Sie haben ein freies Elektron<br />

und sind daher sehr reaktionsfreudig. Sie<br />

entreissen anderen Verbindungen ein Elektron<br />

oder geben eines ab, wodurch Kettenreaktionen<br />

ausgelöst werden und neue<br />

Radikale entstehen. Bestimmte Vorgänge<br />

in den Zellen können dadurch gestört und<br />

Substanzen, Zellmembranen und die Zellkerne<br />

geschädigt werden.<br />

Freie Radikale reagieren auch mit Cholesterin<br />

und erhöhen seine Schädlichkeit. Dadurch<br />

kommt es zu Ablagerungen in den<br />

Blutgefässen und damit längerfristig zum<br />

<strong>Herz</strong>infarkt oder Hirnschlag. Wer aufhört<br />

zu rauchen, profitiert enorm: Schon nach<br />

einem Jahr halbiert sich <strong>das</strong> Risiko, einen<br />

<strong>Herz</strong>infarkt zu erleiden. Und nach zwei bis<br />

fünf Jahren sinkt <strong>das</strong> Risiko auf nahezu<br />

normale Werte ab.<br />

Bei vielen Raucherinnen und Rauchern<br />

dürfte die Angst vor einer Gewichtszunahme<br />

mit ein Grund sein, <strong>das</strong>s sie sich<br />

nicht dazu durchringen können, ihrer<br />

Sucht zu entsagen. Tatsächlich nimmt man<br />

Rauchstopp: So halten Sie Ihr Gewicht unter Kontrolle<br />

<strong>das</strong> tut ihnen gut Vermeiden sie<br />

Ein ausgewogenes Frühstück<br />

mit Früchten und mageren Milchprodukten<br />

für starke Knochen.<br />

Vollkornprodukte, frische Früchte,<br />

grüne Gemüse, Salat, Trockenobst<br />

für einen ausgeglichenen<br />

Blutzuckerspiegel.<br />

Zweimal pro Woche Fisch mit wichtigen<br />

Omega­3­Fettsäuren (zum<br />

Beispiel Lachs, Forelle, andere fette<br />

Meerfische, Fischölkapseln).<br />

Hauptmahlzeiten mit Kräutern und<br />

scharfen Gewürzen, die stimmungsaufhellende<br />

Substanzen liefern und<br />

den Stoffwechsel anregen (Curry,<br />

Chili, Ingwer, Petersilie).<br />

Langsames Essen, damit <strong>das</strong><br />

Sättigungsgefühl eintreten kann<br />

(15 bis 30 Minuten).<br />

Viel <strong>Was</strong>ser und ungesüsster Tee<br />

zwischen den Mahlzeiten.<br />

Eine Duftlampe mit dem Öl von<br />

appetitdämpfenden, stimmungsaufhellenden<br />

Zitrusfrüchten<br />

(Bergamotte, Mandarine, Orange)<br />

am Arbeits­ und Wohnort.<br />

Ein kleines, feines Dessert (etwa<br />

eine Vanilletrüffel) nach dem Essen<br />

und dann raus an die frische Luft.<br />

im Schnitt zwei bis vier Kilo zu, wenn man<br />

den Tabakkonsum aufgibt. Denn Nikotin<br />

erhöht den Kalorienverbrauch und beschleunigt<br />

den Stoffwechsel. Darum<br />

schlägt sich die aufgenommene Nahrung<br />

in etwas weniger Gewicht nieder, als wenn<br />

man nicht raucht.<br />

Dies ist allerdings kein Grund, am Nikotinkonsum<br />

festzuhalten. Einige Verhaltensweisen<br />

helfen, der Gewichtszunahme<br />

den Gang aus dem Haus, ohne<br />

etwas im Magen zu haben.<br />

viel Kaffee, Schwarztee,<br />

gesüsste Getränke, Alkohol,<br />

Aufputschmittel.<br />

Fertigprodukte, Gebäck, süsse<br />

und fettige Zwischenmahlzeiten,<br />

die zu viele Kalorien und<br />

ungesunde Fette liefern.<br />

Hauptmahlzeiten, die den<br />

Blutzuckerspiegel in die Höhe<br />

schnellen lassen: Weissbrotsandwichs,<br />

Pizzas,<br />

Hamburger, Süssigkeiten.<br />

schnelles Herunterschlingen,<br />

Essen im Auto, im Büro oder<br />

vor dem Fernsehgerät.<br />

Naschereien und Bonbons<br />

zwischen den Mahlzeiten.<br />

den Besuch von verrauchten<br />

Orten und meiden Sie<br />

Menschen, die noch rauchen.<br />

<strong>das</strong> lange Sitzenbleiben am<br />

Tisch, bis sich die Lust auf eine<br />

Zigarette meldet.<br />

Lernen, sich zu entspannen. alles, was Stress verursacht.<br />

vorzubeugen (siehe «Rauchstopp: So halten<br />

Sie Ihr Gewicht unter Kontrolle»).<br />

Stellen Sie sich einmal pro Woche auf die<br />

Waage, damit Sie rechtzeitig reagieren<br />

können, wenn <strong>das</strong> Gewicht in die Höhe<br />

schnellt. Und bewegen Sie sich, so oft es<br />

nur geht. Wie Nikotin regt Sport den<br />

Stoffwechsel an, ist aber eine weit «herzlichere»<br />

Art, <strong>das</strong> Gewicht unter Kontrolle<br />

zu halten. n<br />

FOTO: SILKE SCHäFEr/PANTHErMEDIA


GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008 35<br />

KLARhEit


36 GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

liFEStylE<br />

Drei Ansätze für beherztes Handeln<br />

Gesundheit dank verändertem Lebensstil: Wer dem Körper reichlich Bewegung gönnt,<br />

sich klug ernährt und Stress vermeidet, schützt <strong>Herz</strong> und Kreislauf. Es ist nie zu spät,<br />

der Gesundheit zuliebe neue Gewohnheiten einzuüben. Text: Marianne Botta Diener<br />

Machen Sie sich Gedanken über Ihre<br />

Lebensweise? Wenn nicht, dann<br />

sollten Sie <strong>das</strong> dringend tun. Fachleute<br />

gehen davon aus, <strong>das</strong>s sich jeder<br />

zweite <strong>Herz</strong>infarkt in den industrialisierten<br />

Ländern durch eine gesündere Lebensweise<br />

vermeiden oder zumindest lange<br />

hinauszögern lässt. Nicht nur Menschen<br />

mit <strong>Herz</strong>problemen, sondern auch Gesunde<br />

profitieren von einer Änderung ihres<br />

Lifestyles. Denn regelmässige Bewegung,<br />

ausgewogene Ernährung und Entspannung<br />

beugen nicht nur den sogenannten<br />

Zivilisationserkrankungen wie Übergewicht,<br />

Bluthochdruck und Diabetes vor,<br />

sie steigern generell <strong>das</strong> Wohlbefinden.<br />

Bewegung: Schweizerinnen und Schweizer<br />

bewegen sich generell zu wenig. Nur jeder<br />

und jede Zweite treibt genügend Sport,<br />

ideale Ernährung: Mittelmeerküche und Kreta-Diät<br />

ein Drittel der Bevölkerung ist gänzlich<br />

inaktiv. Dabei wirkt sich Sport äusserst<br />

positiv auf <strong>das</strong> <strong>Herz</strong>-Kreislauf-System aus.<br />

Menschen, die auf Stress mit erhöhtem<br />

Blutdruck und mit <strong>Herz</strong>rasen reagieren,<br />

gelingt es dank regelmässiger Bewegung,<br />

diese Symptome auszugleichen und etwas<br />

ruhiger zu werden.<br />

Wissenschaftliche Studien zeigen, <strong>das</strong>s körperliche<br />

Betätigung <strong>das</strong> <strong>Herz</strong>infarktrisiko<br />

senkt, denn regelmässige Bewegung wirkt<br />

sich positiv auf Blutdruck und Cholesterinspiegel<br />

aus. Besonders zu empfehlen sind<br />

Sportarten, bei denen sich die Muskeln<br />

abwechslungsweise anspannen und entspannen.<br />

Dazu gehören etwa Velofahren,<br />

Wandern, Walken, leichtes Joggen, Tanzen,<br />

Aerobic, Schwimmen und Aquafit.<br />

Allerdings: Wer nach einer längeren «unsportlichen»<br />

Zeit ein Training aufnimmt,<br />

­Der­Inbegriff­der­gesunden,­für­<strong>Herz</strong>infarktpatienten­geeigneten­Kücheist­die­sogenannte­Mittelmeerküche.­Verschiedene­Studien­haben­­aufgezeigt,­<strong>das</strong>s­Menschen­aus­mediterranen­Ländern­weniger­<strong>Herz</strong>infarkte­erleiden­und­insgesamt­länger­und­gesünder­leben.­Der­US­Wissenschaftler­Ancel­Keys­stellte­bereits­in­den­fünfziger­Jahren­fest,<strong>das</strong>s­die­Bewohner­Kretas­von­allen­Völkern­am­wenigsten­<strong>Herz</strong>infarkteund­insgesamt­die­höchste­Lebenserwartung­aufweisen.­Verschiedeneinternationale­Kontrollstudien­bestätigten­den­positiven­Effekt­der­<br />

­Kreta­Ernährung,­die­auch­Kreta­Diät­genannt­wird,­obwohl­sie­mit­<br />

­Nahrungsverzicht­nichts­zu­tun­hat.­<br />

Die­mediterrane­Ernährung­ist­sehr­reich­an­Früchten,­Gemüsen­und­<br />

­Salaten,­ebenso­an­Getreideprodukten­wie­Brot,­Reis­und­Teigwaren.­Dabei­wird­doppelt­so­viel­Fisch,­aber­nur­halb­so­viel­Fleisch­verzehrt­wiein­unseren­Breitengraden.­Mindestens­einmal­pro­Woche­wird­Geflügelgegessen.­Rotes­Fleisch­kommt­selten­auf­den­Tisch,­dafür­gibts­täglich­<br />

Joghurt­und­Käse.­Als­Öl­wird­Olivenöl­oder­Rapsöl­empfohlen.­<br />

Seit­einigen­Jahren­mehren­sich­die­Beweise,­<strong>das</strong>s­Olivenöl­bei­der­<br />

­Vorbeugung­von­<strong>Herz</strong>krankheiten­eine­grosse­Rolle­spielt.­Dafür­verantwortlich­ist­seine­Fettsäurenzusammensetzung.­Ungesättigte­Fettsäurenwie­die­Ölsäure­bringen­den­Cholesterinspiegel­ins­Lot.­Zudem­deutenverschiedene­Studien­darauf­hin,­<strong>das</strong>s­Olivenöl­auch­den­Blutdruck­zusenken­vermag­und­<strong>das</strong>s­der­regelmässige­Genuss­von­Olivenöl­bei­­Diabetesbetroffenen­zu­einem­günstigeren­Blutzuckerprofil­führt.­<br />

sollte <strong>das</strong> Programm mit dem Hausarzt planen,<br />

ebenso wer bereits über 40-jährig ist.<br />

Ihre ideale Trainingspulsfrequenz können<br />

Sie berechnen: 200 minus Ihr Alter ergibt<br />

die Zahl <strong>Herz</strong>schläge pro Minute, die Sie<br />

beim Training erzielen sollten.<br />

Eine Faustregel besagt, <strong>das</strong>s man sich täglich<br />

mindestens 30 Minuten bewegen sollte.<br />

Ideal ist, wenn Sie dabei etwas ausser<br />

Atem kommen, aber noch reden können.<br />

Die 30 Minuten müssen nicht am Stück<br />

absolviert werden, drei über den Tag verteilte<br />

Blöcke à zehn Minuten reichen völlig<br />

aus. Steigen Sie zum Beispiel eine Tramhaltestelle<br />

früher aus und gehen Sie zügig<br />

nach Hause.<br />

Oder warum nicht wieder einmal die Fenster<br />

putzen? Auch Hausarbeit gilt als leichte<br />

sportliche Betätigung. Dasselbe gilt für<br />

Gartenarbeit. Bewegen Sie sich, so oft sich<br />

Ihnen die Möglichkeit dazu bietet. Steigen<br />

Sie die Treppen hoch und lassen Sie den<br />

Lift links liegen; gehen Sie beim Telefonieren<br />

hin und her. Machen Sie während der<br />

«Tagesschau» leichte Gymnastikübungen<br />

– Hauptsache, Sie bewegen sich.<br />

Ernährung: Die Ernährung spielt bei den<br />

Risikofaktoren für <strong>Herz</strong>infarkt eine entscheidende<br />

Rolle. Einer der Hauptrisikofaktoren<br />

ist ein zu hoher Blutdruck. Davon<br />

ist gemäss einer Studie aus dem Jahr 2004<br />

die Hälfte der Schweizer Bevölkerung betroffen.<br />

Viele davon sind übergewichtig.<br />

Vor allem <strong>das</strong> Fett am Bauch hat einen negativen<br />

Einfluss auf den Blutdruck. Ist der<br />

Blutdruck nur leicht erhöht, reicht meist<br />

schon eine Ernährungsumstellung aus, um<br />

wieder normale Werte zu erreichen:<br />

w Mehr Gemüse, Früchte und Salat: Genügend<br />

Kalium – etwa drei bis vier Gramm<br />

pro Tag – senkt den Blutdruck. Eine ausreichende<br />

Versorgung wird erreicht, wenn<br />

täglich mindestens fünfmal eine Frucht<br />

oder Gemüse konsumiert wird. Auch Magnesium<br />

spielt bei der Blutdruckregulation<br />

eine wichtige Rolle. Essen Sie deshalb täglich<br />

eine Portion ungesalzene Nüsse (zirka


20 Gramm) und eine Portion grünes Blattgemüse<br />

oder grünen Salat.<br />

w Mehr Milch: Kalzium senkt den Blutdruck.<br />

Sehr gute Kalziumlieferanten sind<br />

Milch und Milchprodukte. Konsumieren<br />

Sie täglich drei Portionen (eine Portion =<br />

zwei Deziliter Milch oder 150 bis 180<br />

Gramm Joghurt oder 30 bis 60 Gramm<br />

Käse). Der Kalziumbedarf liegt bei zirka<br />

1000 Milligramm pro Tag. Auch grünes<br />

Gemüse wie Brokkoli, Grünkohl oder<br />

Spinat ist reich an Kalzium.<br />

w Mehr Eiweiss: Neue Studien belegen, <strong>das</strong>s<br />

eine eiweissreiche Ernährung den Blutdruck<br />

senken kann. Dies gilt sowohl für<br />

pflanzliche Eiweisslieferanten wie zum<br />

Beispiel Tofu und Bohnen als auch für tierische<br />

wie Geflügel und Milchprodukte.<br />

Das goldene Mittelmass sieht so aus: Essen<br />

Sie pro Tag abwechslungsweise eine<br />

Portion Fleisch oder Fisch (100 bis 120<br />

Gramm), zwei Eier, Hüttenkäse oder<br />

Quark (200 Gramm), Tofu und Quorn<br />

(100 bis 120 Gramm).<br />

w Wenig Alkohol: Alkohol führt zu einer<br />

Erweiterung der kleinen Blutgefässe und<br />

zieht so den grossen Blutgefässen einen<br />

Teil des Blutes ab. Dadurch sinkt der Blutdruck<br />

leicht. Aber nur Alkoholmengen<br />

von unter 10 bis 15 Gramm wirken blutdrucksenkend,<br />

grössere Mengen hingegen<br />

erhöhen den Blutdruck. Deshalb sollten<br />

Sie pro Tag höchstens ein Glas Wein oder<br />

eine Stange Bier trinken.<br />

w Moderater Kaffeekonsum: Kaffee scheint<br />

den Blutdruck vor allem bei Wenigtrinkern<br />

zu erhöhen. Bei Menschen, die an Kaffee<br />

gewöhnt sind, ist dieser Effekt nicht nachweisbar.<br />

Empfohlen wird jedoch, Filterkaffee<br />

zu trinken. Er scheint besser fürs<br />

<strong>Herz</strong> zu sein.<br />

w Wenig Kochsalz: Salzarme Ernährung<br />

wirkt sich bei salzsensiblen Menschen<br />

blutdrucksenkend aus. Bei sogenannt salzresistenten<br />

Menschen bringt diese Massnahme<br />

hingegen nichts, und es ist fast<br />

unmöglich, herauszufinden, zu welcher<br />

Gruppe man gehört.<br />

Generell konsumieren Schweizerinnen<br />

und Schweizer aber zu viel Kochsalz. Besonders<br />

salzhaltig sind gepökelte Fleisch-<br />

und Wurstwaren, Salzgebäck, Chips, gesalzene<br />

Nüsse und Fertiggerichte. Essen<br />

Sie also nur wenig davon – oder verzichten<br />

Sie ganz darauf.<br />

Viele Menschen vergessen auch, <strong>das</strong>s Aromat<br />

und andere Streu- und Flüssigwürzen<br />

extrem salzhaltig sind. Verzichten Sie auf<br />

ein Nachwürzen am Tisch, verstärken Sie<br />

GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008 37<br />

Stressabbau: Erkennen, umdenken, entscheiden<br />

w Zeit:­Nehmen­Sie­sich­täglich­eine­halbe­Stunde­Zeit,­um­ungestörtvon­äusseren­Einflüssen­ruhig­und­entspannt­zu­sitzen­oder­zu­liegenund­an­etwas­Schönes­zu­denken.w<br />

Ausgleich:­Verschaffen­Sie­sich­einen­Ausgleich­zum­Alltag.­Das­<br />

­Angebot­ist­gross:­Sport,­Entspannungsmethoden­wie­Yoga,­autogenes­Training,­Muskelrelaxation.­Es­kann­auch­ein­Hobby­wie­Musikoder­ein­interessantes­Gespräch­im­Freundeskreis­sein.­Sorgen­Siefür­einen­körperlichen­Ausgleich.­Auch­vielbeschäftigte­Leute­finden­Gelegenheit,­Sport­zu­treiben,­um­Spannungen­abzubauen.w<br />

Vermeidungstaktik:­Versuchen­Sie,­stressauslösende­Situationen­<br />

­entweder­zu­vermeiden­oder­zu­entschärfen.­Fahren­Sie­zum­Beispielnicht­zu­Stosszeiten­Auto,­nehmen­Sie­für­weite­Strecken­den­Zug.­<br />

Gehen­Sie­Leuten,­die­Sie­nerven,­aus­dem­Weg.­Kaufen­Sie­nicht­am­<br />

Samstag­ein.<br />

w Persönliche stresssituationen:­Lernen­Sie­Ihr­Verhalten­in­bestimmten­<br />

Situationen­kennen.­Versuchen­Sie,­negative­Reaktionsmuster­zudurchbrechen­und­möglichst­positiv­und­entspannt­zu­reagieren.­Überlegen­Sie­sich,­was­Ihnen­Ihre­Aufregung­nützt.­Lassen­Sie­sichaber­auch­nicht­alles­gefallen.­Bringen­Sie­anfallende­Schwierigkeiten­und­Probleme­zur­Sprache,­suchen­Sie­Rat­und­gute­<br />

­Gespräche­bei­Ihnen­nahe­stehenden­Menschen.<br />

w scheibchentaktik:­Versuchen­Sie­nicht,­alles­aufs­Mal­zu­erledigen.­<br />

Führen­Sie­ein­Tagebuch­über­Ihre­täglichen­Erledigungen,­mit­einer­<br />

Strichliste­der­Dinge,­die­Sie­unbedingt­tun­sollten.­<strong>Was</strong>­Sie­erledigthaben,­streichen­Sie­genüsslich­durch.­Nehmen­Sie­nur­einen­<br />

­Telefonanruf­nach­dem­andern­entgegen.<br />

w sackgassen:­Seien­Sie­ehrlich­mit­sich­selbst.­Wenn­der­Stress­überlange­Zeit­zu­viel­wird,­sollten­Sie­sich­nach­einer­neuen­Arbeitsstelleumsehen.­Oder­einmal­unbezahlten­Urlaub­machen,­um­sich­überlegen­zu­können,­wie­es­weitergeht.­Alles­ist­besser,­als­in­eineschwere­Burn­out­Situation­zu­kommen,­aus­der­Sie­nur­mit­fachlicher­Hilfe­und­viel­Zeit­wieder­herauskommen.<br />

<strong>das</strong> Aroma der Speisen mit frischen Kräutern<br />

und salzlosen Gewürzen wie Pfeffer<br />

oder Curry.<br />

Neben zu hohem Blutdruck haben auch ein<br />

zu hoher Cholesterinspiegel und erhöhte<br />

Werte der Triglyceride (Neutralfette, die<br />

dem Körper als Energiespeicher dienen)<br />

negative Auswirkungen auf <strong>das</strong> <strong>Herz</strong>-Kreislauf-System.<br />

Die offizielle Empfehlung lautet,<br />

pro Tag nicht mehr als 300 Milligramm<br />

Cholesterin aufzunehmen. Allerdings wird


38 GEsundhEit BEOBACHTER KOMPAKT 17/2008<br />

der grösste Teil des Cholesterins von der<br />

Leber selbst hergestellt, etwa zur Herstellung<br />

von Vitamin D, Zellwänden, Gallensäure,<br />

Sexualhormonen und als Gegenspieler<br />

der körpereigenen Stresshormone.<br />

Wer mehr Cholesterin mit der Nahrung<br />

aufnimmt, produziert normalerweise automatisch<br />

weniger Cholesterin – solange die<br />

Leber gut funktioniert. Allerdings können<br />

auch andere Faktoren wie der Konsum ungeeigneter<br />

Fette, Stress und Schlafmanko<br />

den Cholesterinspiegel erhöhen. Diese Faktoren<br />

spielen eine weitaus wichtigere Rolle<br />

als zum Beispiel der Genuss von Eiern, die<br />

früher als Cholesterinbösewichte schlechthin<br />

galten. Befolgen Sie die folgenden<br />

Tipps, um Ihren Cholesterin- und Triglyceridspiegel<br />

ins Lot zu bringen:<br />

w Cholesterinbomben: Sehr viel Cholesterin<br />

enthalten Innereien, Eigelb, tierische Fette<br />

und fettreiches Fleisch. Funktioniert die<br />

körpereigene Cholesterinproduktion normal,<br />

haben Ausrutscher keine negativen<br />

Folgen für den Cholesterinspiegel.<br />

w Pflanzliche lebensmittel: Essen Sie reichlich<br />

Früchte, Gemüse und Salate. Cholesterin<br />

ist nur in tierischen Geweben enthalten,<br />

pflanzliche Lebensmittel erhöhen den<br />

Cholesterinspiegel nicht.<br />

w Knoblauch: Er bildet Allicin, <strong>das</strong> den<br />

Cholesterinspiegel senkt – vorausgesetzt,<br />

man isst genug davon, also ungefähr drei<br />

bis fünf Gramm frischen Knoblauch pro<br />

Tag. Allicin ist nicht hitzebeständig. Gekochter<br />

und getrockneter Knoblauch, aber<br />

auch die industriell hergestellten Knoblauchpräparate<br />

enthalten wesentlich weniger<br />

Knoblauchschutzstoffe.<br />

w Fettkonsum: Beschränken Sie Ihren Fett-<br />

und Ölkonsum. Mehr als 50 bis 70 Gramm<br />

Fett pro Tag sollten es nicht sein. Ein wenig<br />

Butter aufs Brot ist erlaubt – mit Betonung<br />

auf «wenig». Gesund sind Oliven- und<br />

Rapsöl und gelegentlich eine Handvoll<br />

Nüsse und Kerne.<br />

w Fetter Fisch: Omega-3-Fettsäuren wirken<br />

sich vielfach positiv aus. Planen Sie<br />

pro Woche zwei Fischmahlzeiten ein (am<br />

verträglichsten sind Lachs, Forelle, Makrele,<br />

Hering oder Thunfisch). Oder konsumieren<br />

Sie täglich zwei Fischölkapseln.<br />

w transfettsäuren: Bei der industriellen<br />

Fetthärtung entstehen Transfettsäuren, die<br />

<strong>das</strong> Infarktrisiko erhöhen und unter anderem<br />

den Cholesterinspiegel aus dem Lot<br />

bringen können. Verzichten Sie möglichst<br />

auf Fertigbackwaren und -gerichte, die gehärtete<br />

pflanzliche Fette enthalten. Butter<br />

ist die bessere Variante, obwohl auch sie<br />

Transfettsäuren enthält – aber immerhin<br />

weniger schädliche als jene aus gehärteten<br />

Pflanzenölen. Auch Kokosfett, Palmöl und<br />

Palmkernfett sind nicht optimal. Sie enthalten<br />

langkettige, gesättigte Fettsäuren,<br />

die den Cholesterinspiegel erhöhen.<br />

w Raps- und Olivenöl: Diese beiden Öle weisen<br />

bezüglich Fettsäurezusammensetzung<br />

optimale Eigenschaften auf. Benutzen Sie<br />

Olivenöl für die warme Küche und Rapsöl<br />

für die kalte. Doch Vorsicht: Wird Rapsöl<br />

stark erhitzt, bilden sich ungesunde Transfettsäuren.<br />

w Hafer: Lösliche Nahrungsfasern aus den<br />

Haferflocken können den Cholesterinspiegel<br />

ebenfalls günstig beeinflussen.<br />

Beginnen Sie den Tag mit einem Müesli,<br />

essen Sie Haferbrot oder Hafersuppe.<br />

w Hülsenfrüchte: Die in den Hülsenfrüchten<br />

enthaltenen sogenannten Saponine<br />

können den Cholesterinspiegel ebenfalls<br />

senken. Deshalb gehören Linsen, Erbsen,<br />

Bohnen, Kichererbsen und Soja regelmässig<br />

auf den Menüplan.<br />

w Volles Korn: Nahrungsfasern wirken,<br />

bildlich dargestellt, wie ein Besen, der überschüssiges<br />

Cholesterin «aus dem Darm<br />

putzt». Bevorzugen Sie deshalb Vollkorn-<br />

statt Weiss- oder Ruchbrot, essen Sie wenn<br />

immer möglich Vollreis, Vollkornteigwaren<br />

und Vollkornflocken.<br />

Entspannung: Neben genügend Bewegung<br />

und einer gesunden Ernährung brauchen<br />

Sie genügend Entspannung. Denn auch<br />

andauernder Stress schadet dem <strong>Herz</strong>en.<br />

Er kommt häufig am Arbeitsplatz, in der<br />

Ausbildung oder in schwierigen Familiensituationen<br />

und Beziehungen vor.<br />

Das dabei ausgeschüttete Stresshormon<br />

Cortisol begünstigt die Fetteinlagerung,<br />

insbesondere am Bauch. Es vermindert die<br />

Insulinempfindlichkeit der Zellen, fördert<br />

die Bildung von Glukose aus der Muskelmasse,<br />

erhöht den Blutzuckerspiegel und<br />

den Blutdruck sowie die Gerinnungsneigung<br />

des Blutes. Als Folge davon kommt<br />

es zu einer Umverteilung des Fettgewebes<br />

weg von den Armen und Beinen hin zum<br />

Bauch. Das Risiko für die Entwicklung<br />

eines Syndroms X (siehe «Das fatale Quartett»,<br />

Seite 26) steigt. Bei <strong>Herz</strong>patienten<br />

wirken sich Stresshormone zudem als<br />

direkter Risikofaktor für den Krankheitsverlauf<br />

aus.<br />

Auch zu wenig Schlaf führt zu Stressreaktionen.<br />

Dieses Problem ist weit verbreitet.<br />

Während die durchschnittliche<br />

Schlafdauer vor 100 Jahren noch bei zirka<br />

neun Stunden lag, schläft der heutige<br />

Mensch Schätzungen zufolge nur noch<br />

rund siebeneinhalb Stunden. Studien haben<br />

gezeigt, <strong>das</strong>s Schlafentzug zu einem<br />

rapiden Anstieg des Blutzuckerspiegels,<br />

zu einer verminderten Insulinempfindlichkeit<br />

der Zellen, zu einem langsameren<br />

Glukoseabbau im Blut und zu einem massiven<br />

Cortisolanstieg führt.<br />

Und noch etwas Wichtiges zum Schluss:<br />

Egal, ob Ihre geplante Lifestyleänderung<br />

die Bewegung, die Ernährung oder die Entspannung<br />

betrifft – es braucht viel Disziplin<br />

und Geduld. Denn all die genannten<br />

Massnahmen greifen erst nach einer gewissen<br />

Zeit. Und sie nützen nur, solange man<br />

sie konsequent durchführt. n<br />

Weitere infos<br />

w internet<br />

www.suissebalance.ch:­­<br />

Informationen­und­Tipps­rund­um­<strong>das</strong>gesunde­Körpergewicht­(Bundesamtfür­Gesundheit­und­Gesundheitsförderung­Schweiz)


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Beobachter-Mitglieder 38 Franken)<br />

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und Kranke wissen müssen»; 2005,<br />

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E-Mail: buchverlag@beobachter.ch<br />

Internet: www.beobachter.ch/buchshop<br />

Weitere Infos<br />

Buchtipps<br />

w Annette Bopp: «Von <strong>Herz</strong>infarkt<br />

bis Schlaganfall. Risiken und Vorboten<br />

erkennen»; Stiftung Warentest,<br />

2003, 336 Seiten, Fr. 30.90<br />

w Harald Klepzig, Eve-Brigitte Klepzig:<br />

«Der grosse Trias-Ratgeber<br />

<strong>Herz</strong>erkrankungen. Information<br />

und Rat für Sie: Gut leben mit<br />

einem kranken <strong>Herz</strong>en»; Trias,<br />

2002, 220 Seiten, Fr. 32.90<br />

Impressum<br />

DER SCHWEIZERISCHE BEOBACHTER<br />

82. Jahrgang; Axel Springer Schweiz AG,<br />

Förrlibuckstrasse 70, Postfach, 8021 Zürich<br />

Telefon Redaktion 043 444 52 52<br />

Leserbriefe: redaktion@beobachter.ch<br />

Telefon Anzeigen 043 444 54 46<br />

Chefredaktion<br />

Balz Hosang (publizistischer Leiter)<br />

Andres Büchi (Chefredaktor), Matthias Pflume<br />

(Stellvertreter), Remo Leupin (Leiter Projekte)<br />

Toni Wirz (Leiter Beratung)<br />

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<strong>Herz</strong>telefon 0848 443 278,<br />

jeden Mittwoch von 17 bis 19 Uhr<br />

w www.sge-ssn.ch:<br />

Schweizerische Gesellschaft<br />

für Ernährung<br />

w www.hepa.ch:<br />

Netzwerk Gesundheit und<br />

Bewegung Schweiz<br />

Produktion und Grafik<br />

Leitung/Redaktion: Remo Leupin<br />

Textproduktion: Theophil Zurbuchen<br />

Korrektorat: Rolf Prévôt (Leitung), Klaus Beger<br />

Art Director: Andrea Schamaun<br />

Layout: Rudi-Renoir Appoldt, rrenoir.com<br />

Bildredaktion: Adele Bachmann<br />

Verlag Verlagsleiter: Roland Wahrenberger<br />

Internet Fred Frohofer, Markus Röösli<br />

Auflage 311 910 Exemplare (WEMF-beglaubigt 2007);<br />

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