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Willkürliche Haft und Misshandlung geistig behinderter Menschen

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ulgarien: ... aus den augen aus dem sinn?Psychopharmaka wurden großzügig <strong>und</strong> unangemessen zur Disziplinierung eingesetzt, auchwenn ein Verhalten nicht psychotisch, sondern nur Ausdruck von Kummer oder Ärger war.Die VertreterInnen von amnesty international waren überrascht, dass bei keinem der 700PatientInnen, die sie bei ihren Besuchen trafen, Depressionen diagnostiziert worden waren<strong>und</strong> daher mit Antidepressiva behandelt wurde. Sie hatten viel höhere Ausmaße anDepressionen in solchen Gemeinschaften erwartet.In vielen Heimen hängt die Wahl des Medikaments davon ab, was erhältlich ist <strong>und</strong> wie vieles kostet. Im Heim in Podgumer erfuhren die VertreterInnen von amnesty international, dasszehn InsassInnen mit Entwicklungsstörungen mit dem billigsten Sedativ, das erreichbar war,behandelt wurden. Diese Medikation wurde offensichtlich nicht zur Behandlung, sondernzum Ruhig Stellen verwendet.Im Heim von Samuil hatte es seit Mai 2001 keine Visite eines Psychiaters gegeben –damals lief ein Vertrag aus. Ein praktischer Arzt, der allerdings keine Psychopharmakaverschreiben durfte, verlängerte die Rezepte. Bei der Visite von amnesty internationalbekamen einige InsassInnen potentiell gefährliche anticholinerge Mittel, aber keineantipsychotischen Medikamente.Das Recht der HeimbewohnerInnen auf freies <strong>und</strong> mündiges Einverständnis zu einerMedikation wird nicht beachtet. Diazepam (Valium) lag frei herum, obwohl es nur als Kurzzeit–Therapeutikum von Nutzen ist <strong>und</strong> schnell zu Abhängigkeit führen kann.PsychopharmakaMedikamente, die in der Psychiatrie verwendet werden, werden als psychotrop bezeichnet,weil sie hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich, auf die psychischen Symptomewirken. Bis vor etwa 40 Jahren wurden Medikamente, darunter die Barbiturate, zurSedierung des ganzen Nervensystems benutzt, wenn Patienten an Manien oder schwererSchizophrenie litten. Seit etwa 1960 beruhigen zielgerichtetere Tranquillizer(neuroleptische oder antipsychotische Medikamente) ohne das Bewusstsein zu trüben.Überdosen der alten Tranquillizer, Chlorpromazine (Largactil) <strong>und</strong> Haloperidol, <strong>und</strong> auchneuerer antipsychotischer Medikamente mit weniger Nebenwirkungen können einenPatienten wie einen „Zombie“ wirken lassen.Das therapeutische Ziel der Medikamente besteht darin, die <strong>Menschen</strong> von belastendenErfahrungen zu befreien <strong>und</strong> nicht darin, sie zu lähmen. Diese Medikamente <strong>und</strong> dieMedikamente gegen die Nebenwirkungen (anticholinerge Medikamente) können jedoch auflange Sicht zu neurologische Störungen führen.Beschäftigungstherapeutische Programme <strong>und</strong> Workshops, die in der Vergangenheitorganisiert worden waren, wurden wegen der beschränkten Mittel wieder eingestellt. In denmeisten Heimen bestand die einzige „Beschäftigungstherapie“ für die InsassInnen darin,dass die saubermachten, Wäsche wuschen oder fernsahen. In Samuil konnten diebettlägrigen HeimbewohnerInnen überhaupt nichts tun.22

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