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Willkürliche Haft und Misshandlung geistig behinderter Menschen

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ulgarien: ... aus den augen aus dem sinn?In einer versperrten Abteilung für akute Frauenfälle in Kardzali fanden die ai-Delegierten ineinem Isolationsraum ein Metallbett, das auf einem Zementfußboden fixiert war. Darauf lageine nasse, zerrissene, Fäkalien-verschmutzte Matratze.Auf die Frage hin, ob das Personal demonstrieren könne, wie sie eine Patientin auf einemBett ruhig stellen würden, fragte ein Mitglied des Personals: „Soll ich die Gürtel holengehen?“ Eine Kollegin meinte, sie würden keine Fesselungsgürtel verwenden – äußerstungeschickte Versuche, einen Freiwilligen zu Demonstrationszwecken mit Leintüchern zufixieren, zeigten jedoch nur allzu deutlich, dass das Personal wenig Erfahrung damit hatte,PatientInnen nur mit Hilfe von Leintüchern ruhig zu stellen.Mit Isolationshaft werden PatientInnenoffenbar offenbar für „Ausbruchsversuche“ bestraft –sogar dann, wenn es sich um PatientInnen handelt, die freiwillig in der Anstalt sind. In derversperrten, unter Bewachung stehenden Männer-Akut-Abteilung des Karzali-Krankenhauses gab es vier Patienten, die sich offenbar einer freiwilligen Behandlungunterzogen, als die ai-Delegation das Spital besuchte. Einer der Männer – Suleiman O. –hatte das Formular für die freiwillige Einlieferung nicht selbst unterschrieben, sondern warangeblich von Verwandten ins Krankenhaus gebracht worden, nachdem er von zu Hauseweggelaufen war. Der Direktor des Krankenhauses sagte, dass diese vier Männereingeschlossen worden wären, weil „wir sicher sein wollen, dass sie bei ihrer Entlassungnach Hause gehen <strong>und</strong> dort sicher sind“. Sie hätten die Möglichkeit, das Krankenhaus zuverlassen, das sei aber „gegen ärztlichen Rat“.zwangseinweisungInternationale <strong>Menschen</strong>rechtsstandardsDie UNO Prinzipien für den Schutz von Personen mit <strong>geistig</strong>er Erkankung <strong>und</strong> für dieVerbesserung des Fürsorgesystems für psychisch Kranke setzen fest: „Jede/r PatientIn solldas Recht haben, in einer Umgebung behandelt zu werden, die so wenig einschränkend wiemöglich ist. Auch die Behandlung selbst sollte so wenig einschränkend <strong>und</strong> belastend fürden/die PatientIn sein, wobei sein/ihr ges<strong>und</strong>heitlicher Zustand sowie der Schutz derphysischen Sicherheit anderer berücksichtigt werden muss“ (Prinzip 9)Das Antifolter-Komitee des Europarates (CPT) empfiehlt, dass über Einweisungen fürpsychiatrische Zwangsbehandlungen von einer richterlichen Stelle entschieden werden sollteoder die Einweisung von ihr bestätigt werden sollte. Jede Person, die gegen ihren Willen voneiner anderen Stelle in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen wird, muss das Rechthaben, die Rechtmäßigkeit dieses Freiheitsentzugs unverzüglich vor einem Gerichtüberprüfen zu lassen.Zwangseinweisungen in Bulgarien erfüllen diese internationalen Kriterien nicht. DieVerfahrensregeln für Zwangseinweisung sind außerdem diskriminierend wenn man sie mitjenen vergleicht, die bei „unfreiwilligem“ Freiheitsentzug nach dem Strafrecht angewandtwerden. Diese schreiben eine rechtliche Vertretung vor bzw. muss der Staatsanwalt einmedizinisches Gutachten einholen <strong>und</strong> Nachforschungen anstellen, ob eine Person eineGefahr für die Gesellschaft darstellt oder nicht.Das bulgarische Ges<strong>und</strong>heitsgesetz sieht Zwangsbehandlung für PatientInnen vor, vondenen man annimmt, dass sie eine „ernsthafte Gefahr“ für sich selbst <strong>und</strong> andere darstellen.Der zuständige Bezirksstaatsanwalt stellt dann Nachforschungen an bzw. beauftragtpsychiatrische Gutachten, die normalerweise in geschlossenen psychiatrischen Abteilungenangefertigt werden. Diese Untersuchungen sollten innerhalb von 30 Tagen abgeschlossensein – wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, können sie auch bis zu drei Monatendauern. Wenn die Untersuchung abgeschlossen ist, muss ein Bezirksgericht darüberentscheiden, ob eine Einweisung zur Zwangsbehandlung erfolgen soll. Alle sechs Monate10

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