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pdf, 1.0 MB - Peter Lienhard

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Kann denn Integrationdie Lösung sein?~PAULUS-AKADEMIE1 mchSystem seit Jahren praktiziert, gibt <strong>Lienhard</strong>zu beden ken . In den Schulklassen sei einständiges Kommen und Gehen, denn imGegensatz zum starren Schulsystem in derSchweiz, beginne in Neuseeland die Schulzeitfür ein Kind an dem Tag, an dem es seinen5 . Geburtstag feiere. Zugegebenermassenkönnten im Bereich der Schnittstellengewisse Probleme entstehen.Die Qualität der integrativen Schulformhänge - so <strong>Lienhard</strong> - in massgebenderWeise von den differenzierten Lernangebotenab. Sie bildeten die Basis und seien fürdie erfolgreiche Schulung entscheidend.Dr. Franziska Felber moderiert die Podiumsdiskussion äusserst kompetent und mit viel Charme.Die Herausforderung der schulischenIntegration von Kindernmit Behinderung.Integration ist nicht zuletzt aufgrund vonGesetzesänderungen eine gesellschaftspolitischeVerpflichtung geworden, die auchdie Regelschule betrifft. Während schulischeIntegration für viele Kinder und Schulenzur Realität wird, mehren sich kritische Stimmen.Der Sinn von Integration wird hinterfragt.Es wird bezweifelt, dass auch Kindermit schweren Behinderungen integriert werdenkönnen. Lehrpersonen befürchten, dassbehinderte Kinder in Regelschulklassennicht optimal gefördert werden könnten unddie Heterogenität in den Schulklassen sievor fast unlösbare Aufgaben stelle.Am 23. Oktober 2012 lädt die Paulus-AkademieZürich im Volkshaus in Zürich zu einemPodiumsdiskussionsabend ein. Unter derLeitung und Moderation von Dr. phil. FranziskaFelber soll angesichts des Glaubenskriegs,der um Integration entstanden ist,darüber diskutiert werden, was die Integrationfür die verschiedenen Akteure - Kinder,Eltern, Lehrpersonen, Bildungspolitik -bedeutet. Was macht erfolgreiche schulischeIntegration aus? Ist sie erreicht, wennsich das Kind wohl fühlt, viel lernt oder wennes sozial akzeptiert ist?Felber heisst ihre beiden Referenten, Dr.phil. Riccardo Bonfranchi und Prof. Dr. <strong>Peter</strong><strong>Lienhard</strong>, herzlich willkommen. Sie erklärt,dass sie sich sehr darüber freue, mit zweiäusserst versierten Experten das Thema1 ntegration kontradiktorisch zu beleuchten,zu diskutieren und den Ausblick zu wagen,wie es mit der schulischen Integrationbehinderter Kinder in der Regelschule weitergehen soll.Sie eröffnete die Diskussionsrunde im bisauf den letzten Platz gefüllten Gelben Saalim Volkshaus Zürich und stellt einleitendfest, dass der Glaubenskrieg bei der schulischenIntegration immer mehr zur Realitätwerde. Sie nimmt in diesem ZusammenhangBezug auf einen kürzlich publizierten Bundesgerichtsentscheid.Die Wissenschaftkönne auf das komplexe Thema eben auchkeine umfassenden Antworten geben, meintsie.Blick in ausländische Schulzimmer<strong>Lienhard</strong> veranschaulicht in seinem Einstiegsreferatanhand ausgewählter Fotografienausländischer Schulzimmer, dass einWandel nicht überall stattgefunden habe. Ineinem moldawischen Schulzimmer sitzendie Kinder an ihren Schulpulten und alleshat seine Ordnung. Dagegen vermittelt dasFoto eines neuseeländischen Schulzimmerseher Unordnung. Aber für Neuseeland ebennichts Aussergewöhnliches. In Neuseelandwerde das integrative Mehrklassen-Schul-In Flensburg im deutschen BundeslandSchleswig-Holstein sei die Sonderschule fürBlinde abgeschafft worden. Heute setze mandort auf massgeschneiderte Unterstützungenvon Fachpersonen. Es werde nur nochganz wenig separativ, aber ganz viel integrativgeschult. Dieser Ansatz sei dann erfolgreich,wenn im «Setting» genügend behinderungsspezifischeFachkompetenz vorhandensei. Zudem könne ohne Sonderschulen eineneue Art der Verantwortung entstehen.Ein Foto einer Schule in Israel zeigt, dassdort die Schule komplett und völlig bewusstdurchmischt sei. Dies sowohl in Bezug aufdie kulturelle wie auch auf die religiöse Herkunft.Daraus entstehe in der Zusammenarbeitunter den Lehrpersonen ein laufendesRingen mit den unterschiedlichen Kulturen,erwähnt <strong>Lienhard</strong>.Am Beispiel einer italienischen Schule legter dar, dass in Italien die Sonderschulen perDekret abgeschafft worden seien. Heute seies so, dass eigentlich zu jeder Zeit ein behindertesKind in die Regelklasse stossenkönne. Dieses System sei für alle Beteiligtenzur Selbstverständlichkeit geworden und essei klar, dies bilde der Auftrag, der erfülltwerden müsse.<strong>Lienhard</strong> nimmt schliesslich noch Bezug aufdas bündnerische Dorf Trin und den behin·derten Schüler Dario. Das ganze Dorf undalle Schülerinnen und Schüler setzten sichdafür ein, dass Dario ganz normal - trotz sei·ner Behinderung - im Klassenverband integ·riert sein könne.<strong>Lienhard</strong> schliesst seine Ausführungen mitdem Hinweis, dass die schulische lntegrati·


Prof. Dr. <strong>Peter</strong> <strong>Lienhard</strong>. Departement Weiterbildung, Forschung und Dienstleis·tungen, Interkantonale Hochschule ftlr Heilpadagogik HfH m Zurich.Dr. phil. Riccardo Bonfranch1, Sonderschullehrer, selbststandiger Supervisor, Coach undBerater.onsfähigkeit vom Sozialverhalten, den Bonfranchi erklärt, dass in der Regelschule behindert» und würden dann in die sonderpädagogischenLehrpersonen, dem Unterstützungssystem,den Rahmenbedingungen etc. beeinflusstwerde. So seien die Umgebung und die Mit·schülerlnnen für Dario enorm wichtig. Eineinsbesondere geistige Behinderung undstarke Lernschwäche bagatellisiert würden.Dies im Zusammenhang, dass dies ebenintellektuelle oder kognitive BeeinträchtigungenSchulen abgeschoben.Eventuell brauche es einen radikaleren Wandel.Denkbar wäre es auch, noch kooperati­neue und grosse Herausforderung warteseien. Dies passe nicht zusammen. ven Zusammenarbeitsmodellen zwischenaber beim Übertritt von der Mittel- in dieOberstufe auf Dario.Deshalb seien die Sonderschulen überhauptauch entstanden. Dies bilde der grosseden Sonderschulen und den Regelschulen zusuchen. Teilintegration wäre unter EinbezugUnterschied beispielsweise gegenüber bzw. Berücksichtigung der lnterdisziplinarität«Was in der einen Lebensphase gut war, istin der nächsten nicht automatisch richtig.Kinder nutzen ihre Chancen, wenn wir sienicht daran hindern.»gehörlosen Menschen, deren Kognitionbzw. lntellektualität in keiner Weise beeinträchtigtsein müssten.ein denkbarer Weg. Auch die Ressourcenseien ein wichtiges Thema. Glücklicherweiseseien zurzeit noch genügend finanzielle Mittelim System . Der Sozialaspekt dürfe zudemAus seiner Sicht ist es wichtig, dass spezifi­nicht vernachlässigt bzw. verkannt werden.Podiumsdiskussionsches Fachwissen in den Regelschulen gesichertAuch gewinne die Akzeptanz der pränatalenwerden müsse. Die Regelschule habe Diagnostik immer mehr anBedeutung.nicht den Auftrag auf alle möglichen undNach den interessanten Ausführungen von<strong>Lienhard</strong> nimmt Bonfranchi darauf Bezugund stellt fest: «Ich höre die Botschaft,aber mir fehlt der Glauben.»unterschiedliche Haltungen eingehen zumüssen. So wie es jetzt ablaufe, könne esnicht funktionieren. Man müsse einfacherkennen, dass man so den Schülern nichtgerecht werden könne. Er betont nochmals,So weit wie möglich soll es Integration undSeparation nur - wenn wirklich notwendiggeben.Durchlässigkeit seien gefragt undFörderung der Differenzierung. Es sei nochnicht allzu lange her, da habe es gar keineDen Zuhörenden und auch den anwesendenRegelschule bedeute Selektion und Anpas­Sonderschulen und keine Sonderpädagogikgehörlosen Zuschauenden wird sung. Die Rege lschulen seien ein Abbild der gegeben. Eine ernst zu nehmende Tatsachesogleich klar, dass Bonfranchi und <strong>Lienhard</strong>unterschiedliche LösungsstrategienGesellschaft, und die Schule sei ein mächtigesKonstrukt innerhalb der Gesellschaft.liege auch im Umstand, dass an integrativenSchulen die Lehrkräfte schon nach relativin Zusammenhang mit der Integration vonkurzer Zeit «aussteigen».Behinderten im Schulwesen verfolgen. <strong>Lienhard</strong> erklärt, die Strukturen müsstensich ständig und radikaler verändern und Ganz kurz wird auch noch die Frage, ob IntegrationBonfranchi weist darauf hin, dass die anpassen. In der Schweiz habe man einevon Gehörlosen funktioniere, disku­Schule mit Selektion zu tun habe. Davon Volksschule und dorthin gehe primär das tiert. Es gebe zu dieser Fragestellung keinseien alle Schüler betroffen. Es sei völlig Volk. Heute sei es möglich herumzureisen eigentliches Pro und Kontra. Vielmehr sei sienormal, verschieden zu sein. Er denke, dass und andere gute eventuell bessere Beispiele eine moralische. Grundsätzlich gebe esder kognitive Ansatz und die soziale Entwicklungkennenzulernen.einen gesetzlichen Auftrag. Wichtig sei aber,in der integrierten Schule nichtkeine dogmatische und einseitige Haltungumgesetzt werden könnten. Sinnvoller und Diskutiert wird unter Anderem auch, dass einzunehmen.wirkungsvoller sei es, den individuellen die Umschichtung der Finanzen heikel sei.und spezifischen Förderbedarf der Schüler Die Sonderschulen hätten deshalb kein InteresseBonfranchi meint, Schule sei ein intellektuel­zu erkennen und darauf einzugehen. Diesan der integrativen Ausrichtung. Im les Geschäft. Er sei davon überzeugt, dasssei im dualen System eben besser möglich, Kanton Zürich seien die Schülerzahlen in die Integrationsbewegung eine Fussnote inals im integrativen Schulsystem. Er frage den Sonderschulen stabil geblieben. Es sei der Geschichte sein werde. Es sei dringendsich auch, was schulische Integration mit ein klarer Systemfehler, dass die Gemeindenangezeigt, dass der Begriff von IntegrationMenschenwürde zu tun haben soll. RealitätSonderschüler «produzieren» dürften. neu überdacht werden müsse.sei, dass es laufend Situationen gebe, wo Realität sei, habe es i n der Gemeinde nichtjemand etwas besser könne als jemand integrierbare Schüler! nnen, erhielten dieseanderes. Kinder schnell einmal den Status «geistes- [rr]21

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