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➤ PRODUKT Wellness »Viele klassische Kurorte passen sich dem Zeitgeist an« Claudia Wagner FIT-Geschäftsführerin Gesund im Urlaub Trend ■ Immer mehr Deutsche wollen sich in den Ferien nicht nur verwöhnen lassen, sondern buchen Therapien, um präventiv körperlichen Beschwerden entgegenzuwirken. Nach Feierabend mit Nordic-Walking- Stöcken in den Stadtwald marschieren, Freunden zum Geburtstag Massagen schenken und am Wochenende den von der Bildschirmarbeit verspannten Nacken im Thermalbad um die Ecke kurieren: In Zeiten, in denen Krankenkassen immer weniger Therapien und Kuren finanzieren, haben sich die Deutschen daran gewöhnt, selbst Zeit und Geld für die eigene Gesundheit zu investieren. Das schlägt sich auch im Urlaubsverhalten nieder. Denn wer im Alltag Gesundheitsaspekte als wichtig erachtet, verzichtet auch in den Ferien nicht darauf. Morgens an den Strand, mittags zum Anti-Aging Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass das Interesse für Gesundheits- und Wellnessurlaub kontinuierlich gestiegen ist. Im vergangenen Jahr haben die Deutschen 5,9 Millionen Gesundheitsurlaube im Inland verbracht, informiert die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT). Eine im Februar erschienene Studie von Gruner+Jahr analysiert den Trend noch genauer. Diesen Untersuchungen zufolge haben in den vergangenen drei Jahren 10,3 Prozent der Deutschen einen Gesundheitsurlaubgemacht: 6,3 Prozent haben sich für eine Kur im Urlaub entschieden, 4,1 Prozent nutzten die Ferien für einen Fitnessurlaub und 3,4 Prozent entspannten mit Wellness, heißt es bei »Märkte und Tendenz Wellnessurlaub« von Gruner+Jahr. Immer häufiger werden klassische Urlaubsformen mit Gesundheits- und Wellnessaspekten kombiniert, haben die Forscher herausgefunden: Badeurlaub mit Anti-Aging-Anwendungen oder Thalassotherapie mit einer Kulturreise. Ein Trend, den Dertour bestätigt. So setzt der Frankfurter Bausteinespezialist auf die Kombination von Stadttrip und Wellness und offeriert entsprechende Pakete, etwa in Berlin oder Rostock. Ein ausbaufähiges Angebot, sofern geeignete Hotels in attraktiven Städten liegen, sagt Sabine Gerhard, Bereichsleiterin Europareisen und damit für den Katalog »Dertour-Wellnesswelten« zuständig. Generell gilt: Der Markt hat Potenzial. Die Ausgaben für gesundheitsorientierten Ur- 8 TRAVEL ONE 6.4.2005
laub werden laut dem Institut für Freizeitwirtschaft bis zum Jahr 2010 auf 3,65 Milliarden Euro steigen. Damit klettert der Anteil an den gesamten Tourismusausgaben von 2,9 auf 4,2 Prozent. Dabei zeichnet sich ab, dass zunehmend Aspekte der präventiven Gesundheitsvorsorge eine Rolle spielen. »Urlauber buchen Anwendungen, um die Gesundheit zu erhalten und wiederherzustellen«, stellt Andreas Casdorff fest, Leiter Produktlinienmanagement und Produktentwicklung bei TUI. Der Manager, der in Hannover seit Januar damit auch für den TUI Vital Katalog verantwortlich ist, sieht den Grund dafür in den gewandelten Lebensverhältnissen. Die Menschen könnten sich beim Thema Gesundheit nicht nur auf den Staat verlassen, wollten aber ihr Alter genießen und seien deshalb auch bereit, dafür etwas zu tun, so Casdorff. »Der Trend geht zu Medical Wellness«, bestätigt Dertour-Frau Gerhard. Amerikanische Forscher sind überzeugt, dass in diesem Segment das Marktpotenzial in Europa bei rund 250 Millionen Euro liegt, so die Gruner+Jahr- Studie. Eine Chance für traditionelle Kurorte: Nachdem die Zahl der verordneten Kuren drastisch eingebrochen ist, versuchen die Heilbäder nun, den Markt der Selbstzahler für sich zu gewinnen, frischen ihr Image auf und investieren in gefälligeres Ambiente. Als Qualitätsoffensive hat der Deutsche Heilbäderverband im März 2004 das Gütesiegel »Wellness am Kurort« eingeführt. Es wird nur an staatlich anerkannte Heilbäder und Kurorte vergeben und soll den Verbrauchern die Orientierung im Wellness-Dschungel erleichtern. Das Engagement scheint sich auszuzahlen: Mit rund zwölf Millionen Ankünften im vergangenen Jahr verzeichneten deutsche Heilbäder und Kurorte trotz der rapide sinkenden Zahl der ärztlich verordneten Aufenthalte gegenüber 2003 einen Zuwachs von 1,1 Prozent, informiert die DZT. »Deshalb setzen wir auch in Zukunft auf die erfolgreiche Doppelstrategie: Festigung der traditionellen Kur durch ständige Qualitätsverbesserung und Erschließung neuer Kundenkreise außerhalb der Sozialversicherung – zum Beispiel in den Bereichen Wellness und Prävention«, gibt DZT- Chefin Petra Hedorfer die Marschrichtung vor. Der Präventionsgedanke und damit Kuren spielen eben eine zentrale Rolle, weiß Claudia Casdorff: Ganzheitliche Gesundheit wird wichtiger Wagner, Geschäftsführerin von FIT Gesellschaft Ihre Selbstheilungskräfte können Urlauber in der Kneipp Kurklinik in Bad Wörishofen aktivieren (oben); Ayurveda liegt ebenfalls im Trend für gesundes Reisen. »Es gibt immer mehr Menschen, die Geld haben und bereit sind, etwas für ihre Gesundheit zu tun«, so ihre Einschätzung. Dementsprechend werden die Angebote ausgebaut. Neu im Programm ist beispielsweise Schüles Gesundheitsresort & Spa, das »alles für die Gesundheit von Körper, Geist und Seele« bieten will. Denn auch das ist ein Trend: Nicht nur für den Körper, auch für den Geist soll sich ein solcher Aufenthalt lohnen. »Immer mehr ist heute vom ganzheitlichen Wohlbefinden und vom Verwöhnen aller Sinne die Rede«, sagt Christian Werner, Herausgeber des Wellnessführers »Relax Guide«. Schön dank Skalpell, entspannt mit neuer Nase Eine Einschätzung, die FIT-Chefin Wagner bestätigt. Auf der Suche nach der Sinnfrage nutzen offenbar immer mehr Menschen Entspannungsurlaub, um innezuhalten, über ihre Lebenssituation nachzudenken und vielleicht auch nach dem Urlaub gesunde Lebensformen beizubehalten. So gehen die Angebote schon heute weit über Massagen und Sprudelbäder hinaus. Neu im FIT-Katalog ist etwa die Kneipp Kurklinik für Naturheilverfahren, die von den Barmherzigen Brüdern geführt wird. Neben autogenem Training, Qi Gong, Mandala-Malen gibt es dort auch geistliche Vorträge, Gottesdienste in der Hauskapelle und Gesprächsangebote. Der Zenit des reinen Wellness sei überschnitten, diagnostiziert denn auch TUI-Manager Casdorff. Werden ganzheitliche Angebote für Geist und Körper derzeit bedeutender, so will er bereits einen weiteren Trend erkennen: Den Wunsch nach körperlicher Perfektion, den man sich notfalls mit Skalpell erfüllt. Sendungen wie »The Swan«, bei der Frauen mit allen Mitteln auf das gängige Schönheitsideal getrimmt werden, feiern hierzulande ja bereits große Erfolge. Ein Trend, der bereits aus den USA nach Deutschland geschwappt ist. Nicht nur aktiv und gesund, nein, auch faltenlos und knackig müssen erfolgreiche Menschen offenbar sein. Das gilt sicher auch für die »Best Ager« – wie die TUI Senioren bezeichnet. Schönheitsoperationen seien der Wachstumsmarkt der Zukunft, zeigt sich Casdorff jedenfalls überzeugt. »Natürlich mit neuer Nase«, ein Kombipaket mit Korrektur und Typberatung, »Botox-Wellness« für den Mann ohne Stirnfalten und »Faltenfrei über die Feiertage«. Sehen so also bald die Veranstalterangebote der Zukunft aus? Tanja Ronge 6.4.2005 TRAVEL ONE 9 Fotos: FIT Reisen
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