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Auch den Hunden im Tierheim soll es gut gehen - Tierheim Paderborn

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Tierhe<strong>im</strong> Zeitung <strong>Paderborn</strong> Ausgabe 1/2012<br />

Seite 24<br />

sich nur schwer konzentrieren. Sie muss sich zwingen,<br />

ihre Arbeit zu tun.<br />

Kurze Zeit später wird <strong>es</strong> unruhig <strong>im</strong> Tierhe<strong>im</strong>. Die ehrenamtlichen<br />

Spaziergänger kommen. Die Hunde sind aufgeregt.<br />

Ohrenbetäubend<strong>es</strong> Gebell setzt ein. Einer übertönt<br />

<strong>den</strong> anderen, und jeder will zuerst hinaus.<br />

Sie schließt die Tür und stellt <strong>den</strong> Anrufbeantworter aus,<br />

um für <strong>den</strong> R<strong>es</strong>t d<strong>es</strong> Tag<strong>es</strong> persönlich erreichbar zu sein.<br />

Eine Anruferin berichtet aufgeregt, dass <strong>im</strong> Erdg<strong>es</strong>choss<br />

ihr<strong>es</strong> Mietshaus<strong>es</strong> eine verwirrte Frau neunzehn Katzen in<br />

einer zwölf Quadratmeter kleinen Küche hält. Keine davon<br />

sei kastriert und die meisten seien durch die Inzucht bereits<br />

schwer g<strong>es</strong>chädigt.<br />

Sie notiert sich die Adr<strong>es</strong>se und verspricht, der Meldung<br />

spät<strong>es</strong>tens am Abend nachzu<strong>gehen</strong>.<br />

Zeitgleich mit dem nächsten G<strong>es</strong>präch steht unvermittelt<br />

ein Polizist mit einem Pappkarton auf dem Arm in der Tür.<br />

Ein kleiner Hund, ein Meerschweinchen und ein Kaninchen<br />

drängen sich dicht aneinander und zittern gemeinsam<br />

um die Wette.<br />

Die Tierhe<strong>im</strong>leiterin entschuldigt sich bei dem Herrn am<br />

Telefon und n<strong>im</strong>mt zunächst die drei ungleichen Gefährten<br />

entgegen. Gefun<strong>den</strong> wurde der Pappkarton an einer<br />

nahegelegenen Autobahnraststätte.<br />

Zurück am Telefon meldet sich ein Mitarbeiter d<strong>es</strong> Veterinäramt<strong>es</strong>.<br />

Sechs kleine und drei große Hündinnen seien<br />

von der Behörde b<strong>es</strong>chlagnahmt wor<strong>den</strong> und <strong>soll</strong>ten möglichst<br />

um<strong>gehen</strong>d abgeholt wer<strong>den</strong>, da sie sich in einem<br />

d<strong>es</strong>olaten Zustand befän<strong>den</strong>. Es handele sich um Rassehunde,<br />

die zur Zucht missbraucht wor<strong>den</strong> seien und Zeit<br />

ihr<strong>es</strong> bisherigen Lebens zu di<strong>es</strong>em Zweck ausschließlich<br />

in einem schmutzigen Stall gehalten wur<strong>den</strong>.<br />

Sie lässt all<strong>es</strong> stehen und liegen und holt die Transportboxen<br />

aus dem Lagerraum. Innerhalb weniger Minuten ist<br />

der Transit vorbereitet, und eine der Mitarbeiterinnen jongliert<br />

ihn zügig aus dem Tor.<br />

Sie selbst geht zurück ins Büro. Auf dem Schreibtisch findet<br />

sie eine Notiz ihr<strong>es</strong> Mitarbeiters. Sie möchte sich be<strong>im</strong><br />

Ordnungsamt mel<strong>den</strong>. Die Freigabe ein<strong>es</strong> von der Behörde<br />

b<strong>es</strong>chlagnahmten Hund<strong>es</strong>, d<strong>es</strong>sen B<strong>es</strong>itzer inhaftiert<br />

wurde, sei genehmigt.<br />

„Ausgerechnet jetzt mussten die anrufen!“, ärgert sie sich,<br />

da sie auf di<strong>es</strong>e erlösende Nachricht seit mehr als einer<br />

Woche wartet. Sie greift sofort zum Hörer, um <strong>den</strong> zuständigen<br />

Beamten zu bitten, ihr die Freigabe um<strong>gehen</strong>d per<br />

Fax zukommen zu lassen, damit sie <strong>den</strong> verwaisten Hund<br />

noch am selben Abend in seine neue Familie bringen<br />

kann. Aber das Amt hat bereits g<strong>es</strong>chlossen.<br />

„Schriftlich bekomme ich das heute also nicht mehr!“,<br />

stellt sie für sich f<strong>es</strong>t und wählt die Nummer der Familie,<br />

die ebenfalls sehnsüchtig auf di<strong>es</strong>e Nachricht wartet. Die<br />

Freude am anderen Ende ist groß, und der Termin zur<br />

Übergabe wird für <strong>den</strong> nächsten Tag vereinbart.<br />

Eine knappe Stunde später kommt das Ehepaar, das<br />

schon eine ganze Weile täglich mit Leica spazieren geht.<br />

Sie lachen und sehen glücklich aus.<br />

„Sympathische Menschen!“, <strong>den</strong>kt die Tierhe<strong>im</strong>leiterin und<br />

beobachtet Leica, die nervös und schwanzwedelnd vor<br />

der verschlossenen Bürotür hin und her wippt.<br />

„Du hast schon gemerkt, dass sie kommen, was?“ Sie hat<br />

<strong>es</strong> noch nicht ausg<strong>es</strong>prochen, da stehen die bei<strong>den</strong> auch<br />

schon <strong>im</strong> Büro.<br />

„Wir wer<strong>den</strong> sie mitnehmen. Wir haben all<strong>es</strong> vorbereitet“,<br />

sagt der Mann sogleich, und Leica scheint verstan<strong>den</strong> zu<br />

haben, was er ihr da vorg<strong>es</strong>chlagen hat. Sie springt an<br />

ihm hoch und wirft ihn mit ganzer Kraft auf das - Gottlob! -<br />

hinter ihm stehende Sofa.<br />

„Wohin wollen Sie Leica mitnehmen?“, fragt die Leiterin<br />

und zieht die Stirn in Falten.<br />

„Nach Hause, wohin sonst?“, bekommt sie zur Antwort,<br />

und sie weiß nicht, ob sie vor Freude lachen oder weinen<br />

<strong>soll</strong>.<br />

Eine halbe Stunde später nehmen sie und zwei ihrer Mitarbeiter<br />

Abschied von Leica. Tränen d<strong>es</strong> Glücks vermischen<br />

sich in di<strong>es</strong>em Augenblick mit <strong>den</strong> Tränen der Trauer um<br />

die toten Welpen.<br />

Am frühen Abend kommt die elegante Dame, die das kleine<br />

verschnupfte Kätzchen gebracht hatte, noch einmal<br />

zurück. Sie würde <strong>es</strong> gern wiederhaben, wenn <strong>es</strong> g<strong>es</strong>und<br />

sei, meint sie, und ob sie sich darauf verlassen könne,<br />

dass sie angerufen würde, wenn <strong>es</strong> soweit sei.<br />

„Das Veterinäramt wird sich bei Ihnen mel<strong>den</strong>!“, antwortet<br />

die Tierhe<strong>im</strong>leiterin <strong>im</strong> Vorbei<strong>gehen</strong>, da sie gerade auf<br />

dem Weg zum Tierarzt ist. „Dem Amtstierarzt wer<strong>den</strong> Sie<br />

noch ein paar Erklärungen geben müssen.“<br />

Im Arztz<strong>im</strong>mer angekommen, zerreißt ihr der Anblick der<br />

neun Hündinnen, die bereits notversorgt wer<strong>den</strong>, das<br />

Herz. Sämtliche Knochen drücken sich durch dünn<strong>es</strong> und<br />

filzig<strong>es</strong> Fell. Ihre Haut ist voller Entzündungen, Kratzwun<strong>den</strong><br />

und G<strong>es</strong>chwüre. Zwei der Schäferhündinnen sind<br />

tragend. Sie zittern vor Angst. „Wer<strong>den</strong> sie <strong>es</strong> schaffen?“,<br />

fragt sie, und der Tierarzt zieht zweifelnd die Schultern<br />

hoch.<br />

Leise klopft <strong>es</strong> an der Tür. „Entschuldigen Sie! Man sagte,<br />

wir können Sie hier fin<strong>den</strong>. Haben Sie einen Moment Zeit<br />

für uns?“ Von einer warten<strong>den</strong> Mutter und ihrer Tochter<br />

wird sie gebeten, ihnen <strong>den</strong> schwarz-weißen Kater Felix<br />

vorzustellen. Er sei <strong>im</strong> Katzenhaus nicht von ihrer Seite<br />

gewichen.<br />

Sie lässt sich nicht zwe<strong>im</strong>al bitten, <strong>den</strong>n Felix sitzt schon<br />

seit drei Jahren <strong>im</strong> Tierhe<strong>im</strong>, und bisher hat sich noch niemand<br />

für ihn inter<strong>es</strong>siert.<br />

Während sie die Schleusentür öffnet und davon erzählt,<br />

wie r<strong>es</strong>erviert Felix sei, und dass man ein bisschen Geduld<br />

aufbringen müsse, bis er sich streicheln lässt, kommt<br />

er geradewegs angerannt und schnurrt bei<strong>den</strong> um die Beine.<br />

Die Tochter n<strong>im</strong>mt ihn auf <strong>den</strong> Arm, und er drückt sein<br />

Köpfchen f<strong>es</strong>t gegen ihren Hals. Alle sehen sich an und<br />

lachen, und Felix hat sein Glück gefun<strong>den</strong>.

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