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als PDF - Theater Im Pfalzbau

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viii. festspiele<br />

Ein Chor irrt sich gewaltig<br />

An Literatur glaube ich nicht.«, stellt René Pollesch klar, der in diesem Jahr T H E A T E R S A A L<br />

mit dem Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis des Pfalztheaters Kaisers- so, 16.12.2012, 19.30 uhr [sg a]<br />

lautern ausgezeichnet wurde. Deshalb schreibt er seine eigenen Stücke, die<br />

Publikumsgespräch im Anschluss<br />

er mit den jeweiligen Schauspielern gemeinsam erarbeitet. Seine Darsteller sollen<br />

an die Vorstellung<br />

an das glauben, was sie sagen. Doch worum geht es im <strong>Theater</strong> des René Pollesch?<br />

Es geht womöglich immer wieder um Polleschs zentralen Verdacht, dass uns allen, text und regie: René Pollesch<br />

gerade auch im <strong>Theater</strong>, das Bewusstsein dafür fehlt, dass wir den ausbeuterischen bühne und kostüme: Bert Neumann<br />

Produktions- und Herrschaftsverhältnissen anheimfallen und uns vor deren Karren mit: Sophie Rois u. a.<br />

spannen lassen.<br />

Volksbühne Berlin<br />

Zur Untermauerung seines Argwohns lässt Pollesch in Ein Chor irrt sich gewaltig<br />

die Quintessenzen dreier Quellen zusammenfließen: Dietmar Daths den Kom- preise:<br />

munismus bedenkendes Manifest »Maschinenwinter«, Boris Groys’ quasiphiloso- 33 euro 28 euro 23 euro 18 euro<br />

phisches »Kommunistisches Postskriptum« und Giorgio Agambens utopistische<br />

Betrachtungen aus »Kindheit und Geschichte«. Lockerer, boulevardesker Rahmen<br />

des sozial-politischen Diskurses ohne eigentliche Handlung bildet die Anspielung<br />

auf einen französischen Filmklassiker aus den 70er Jahren mit dem Non-Sense-Titel<br />

»Ein Elefant irrt sich gewaltig«. In eben jener Komödie Yves Roberts ging es um<br />

die lustvollen Abgründe, in die sich ein unbescholtener Beamter auf Grund seines<br />

Mangels an Abgebrühtheit in Sachen Seitensprünge reichlich rettungslos verliert.<br />

Die Ausgangssituation in Ein Chor irrt sich gewaltig lehnt sich daran an: Polleschs<br />

Protagonistin steht vor den Trümmern einer Beziehung, deren Ausdruck die leeren<br />

Zimmer der ehem<strong>als</strong> gemeinsamen Wohnung sind, denn der Ex hat alles ausgeräumt<br />

und weggeschafft. Hoch geschnürt in strengem Witwenschwarz versucht Polleschs<br />

Muße Sophie Rois, ausgezeichnet mit dem diesjährigen Berliner <strong>Theater</strong>preis, dieser<br />

außergewöhnlichen Situation Herr zu werden und laviert dabei souverän zwischen<br />

diversen Spiel- und Zitatebenen hin- und her. <strong>Im</strong> Übrigen hat sie offenbar bereits »<strong>Theater</strong>abend wie ein Croissant:<br />

einen neuen Verehrer, oder besser gesagt mindestens schmeckt süß und knusprig und ist doch am<br />

einen, denn er spricht beharrlich und folgerichtig im Ende bloß dünner Teig und gebackene Luft.<br />

Chor. Dazu klingen Klassiker des französischen Schla- Sehr zu empfehlen.«<br />

gers von Joe Dassin bis Gilbert Bécaud, während das Rüdiger Schaper, Tagesspiegel, 4.4.2009<br />

Ensemble unbeirrt durch die Kapitalismuskritik surft<br />

und dabei schon mal ein Croissant zertreten wird, bis<br />

am Ende Gilbert Bécauds »Nathalie« ertönt, um diesem<br />

durchgeknallten Spaß die Krone aufzusetzen.<br />

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viii. festspiele

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