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viii. festspiele<br />
Ein Volksfeind<br />
Von Henrik Ibsen<br />
Ibsens Volksfeind zeigt, wie im politischen Diskurs Überzeugung und Eigenin-<br />
teresse aufs Engste miteinander verflochten sind und wie leicht die öffentliche<br />
Stimmung durch die Medien zu manipulieren ist. Das Stück setzt sich kritisch<br />
mit dem Mehrheitsprinzip der Demokratie auseinander und erzählt davon, dass der<br />
Kampf für die Wahrheit genauso pervertieren kann wie eine Politik, die sich nur<br />
pragmatisch an Sachzwängen und Machtinteressen orientiert.<br />
Langhoffs Debüt in Bonn ist eine Parabel in Zeiten leerer kommunaler Kassen<br />
und zugleich eine Hommage an seine Ziehväter Kresnik, Castorf und Schlingen-<br />
sief. Scheinbar unbeschwert schüttet er diese gewitzte Inszenierung aus dem Ärmel,<br />
schafft es, das Publikum zu begeistern und erntet tosenden Beifall. Wie heißt es im<br />
Stück: »Das kann ich brauchen in ’nem Nest wie hier, wo selten was Spannendes passiert!«<br />
(Anina Valle Theile, schnüss, 10/2011)<br />
T H E A T E R S A A L<br />
fr, 14.12.2012,19.30 uhr [s, tg 3, wa]<br />
Publikumsgespräch im Anschluss<br />
an die Vorstellung<br />
Deutsch von Angela Gundlach<br />
inszenierung: Lukas Langhoff<br />
mit: Falilou Seck, Jele Brückner,<br />
Marleen Lohse, Stefan Preiss,<br />
Konstantin Lindhorst, Nico Link,<br />
Simon Brusis<br />
<strong>Theater</strong> Bonn<br />
»Kaum hat Falilou Seck im glitzernden Entertainer-Frack ein paar müde An- preise:<br />
biederungen ins Publikum geschlenzt, da vergeht ihm die Lust. Der dunkelhäutige 33 euro 28 euro 23 euro 18 euro<br />
Schauspieler mit der Afro-Krause leiht sich ein paar knappe Verse aus Heiner Müllers<br />
Landschaft mit Argonauten, die Ibsen ins Heute kippen. Sein Volksfeind hat Migrationshintergrund,<br />
scheint bestens assimiliert und bleibt trotzdem ein unberechenbarer<br />
Fremdkörper im biederen Städtchen. Lukas Langhoff setzt knappe, scharfe Schlaglichter.<br />
Der beflissene Stockmann, wie er die Stadthonoratioren daheim devot zum Rotwein<br />
empfängt, während seine anspruchsvolle Gattin hinterrücks den Bürgermeister<br />
knutscht. Die berufsfröhliche Tochter Petra, eine Lehrerin, deren pädagogischer Eros<br />
aus eisern durchgedrücktem Kreuz und ins Gesicht gefrorenem Optimismus besteht.<br />
Die Herren der Stadt, schmierige 70er-Jahre-Gespenster, eiserne Interessenvertreter ihrer<br />
selbst und Sachwalter einer stehengebliebenen Zeit. Dazwischen Stockmann, der es<br />
jedem recht machen will und von allen wie ein gutmütiges<br />
Haustier behandelt wird. Dabei ist dieser Volksfeind<br />
moralisch auch nicht respektabler <strong>als</strong> die anderen. Der<br />
biedere Badearzt sonnt sich in peinlichen Träumereien<br />
von allgemeiner Anerkennung und glüht vor süßlicher<br />
Bescheidenheit. Diesem Wahrheitssucher geht es auch<br />
nur um sich selbst.«<br />
(Franz Wille, theater heute, Januar 2012)<br />
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viii. festspiele