neue Betätigungsfelder für Sachverständige? - Werner Baurecht

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Stand: 12.01.2011 34Hier haben die Industrie- und Handelskammern die Neuregelung des RDG bereitsvorgedacht und vorweggenommen. Aber auch hier dürfen solche juristischenLeistungen grundsätzlich nicht zur Hauptleistung eines Auftrags an denSachverständigen werden, sollen sie erlaubt sein. Anders ist die Rechtslagezu beurteilen, wenn die Rechtsanwendung untrennbar mit den jeweils zu behandelndenSachfragen verbunden sind; dann müssen die Rechtsfragen in diegutachterliche Hauptleistung integriert werden, soweit sie untrennbar mit denzu behandelnden Sachfragen verbunden sind.- Bei den öffentlich bestellten Sachverständigen erhebt sich die noch ungeklärteFrage, ob sie ihre nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubte Rechtsdienstleistungen in ihrerEigenschaft als öffentlich bestellte Sachverständige erbringen oder ob siedie rechtliche Annexleistung wie Sachverständige ohne öffentliche Bestellunganbieten und erledigen. Im Falle der ersten Alternative müssten sie dann wieein Fachanwalt über überdurchschnittliche Rechtskenntnisse verfügen undwürden dem gesamten Pflichtenkatalog der Sachverständigenordnung unterlegen;bei der zweiten Alternative bezieht sich die öffentliche Bestellung geradenicht auf die Rechtsdienstleistung, so dass die Rechtskenntnisse auf demNiveau eines Anwalts ausreichen.Also ist hier beim Angebot gutachterlicher auf der einen und zusätzlicherrechtsberatender und rechtsbesorgender Tätigkeit auf der anderen Seite eineeindeutige Trennung von Fachfragen und rechtlicher Beurteilung des festgestelltenSachverhalts angesagt. Einem Nachfrager muss in der Werbungund bei der Übernahme eines Auftrags im Vertrag deutlich gemacht werden,dass die öffentliche Bestellung nur die fachlichen Fragen und dieunmittelbar damit zusammenhängenden Rechtsfragen erfasst, währenddie Beantwortung zusätzlicher Rechtsfragen als Annextätigkeit im Rahmendes RDG nicht unter die öffentliche Bestellung fällt, also keine überdurchschnittlichenKenntnisse vorhanden sein müssen. Unabhängig davon mussauch die rechtliche Annextätigkeit auf dem fachlichen Niveau eines Anwaltserbracht werden.© 2011 by Wolters Kluwer Deutschland GmbH / werner-baurecht.de

Stand: 12.01.2011 35- Nicht nachvollziehbar und somit abzulehnen ist die vereinzelt gehörte Auffassung,dass öffentlich bestellte Sachverständige einem Kontrahierungszwangunterlägen und daher ihren Auftraggebern künftig auch Rechtsrat im Rahmender nach dem RDG erlaubten Annextätigkeit erbringen müssten, wenn danachgefragt werde. 30 Zum einen gilt die Vertragsfreiheit bei Privatauftrag auch fürdie öffentlich bestellten Sachverständigen; sie unterliegen keinem gesetzlichgeregelten Kontrahierungszwang wie beim Gerichtauftrag (§ 407 ZPO); dieSachverständigenordnung verlangt lediglich, dass die Sachverständigen nachMöglichkeit private Nachfrager bedienen sollen, wenn die nachgefragte Sachkundevorhanden ist. Zum andern erstreckt sich die öffentliche Bestellungnach § 36 GewO ausschließlich auf die Beurteilung von Fachfragen; Inhaltund Umfang des Gutachtenauftrags werden im außergerichtlichen Bereichin jedem Einzelfall vertraglich ausgehandelt und festgelegt; dies gilt auch füreine rechtliche Annextätigkeit.Anders ist diese Frage dann zu beurteilen, wenn beispielsweise der Bausachverständigedie Ursache eines Baumangels und dessen Beseitigungskostenzu ermitteln hat. Hier muss er sich zwangsweise mit dem juristischen Mangelbegriffdes § 633 Abs. 2 BGB bzw. § 13 Nr. 1 VOB/B beschäftigen, also mitder Frage, ob bestimmte Regelungen die Qualität einer vereinbarten Beschaffenheithaben.Ähnlich liegt die Sach- und Rechtslage beim Architekten, weil die Rechtsbetreuungteilweise zum Berufsbild des Architekten gehört und bei Abschlusseines umfassenden Architektenvertrags automatisch zur Vertragspflicht wird.Auf die im Literaturverzeichnis angeführten Beiträge von Bönker und Bruns(siehe Kapitel 10) wird ergänzend verwiesen. Zum Berufs- und Tätigkeitsbildeines Objetkplaners (Architekt oder Ingenieurs) gehören zweifelsfrei all diejenigenTeilleistungen, die in den einzelnen Leistungsphasen der HOAI aufgelistetund teilweise rein juristischer Natur sind. Aus dieser rechtlichen Zwickmühlekommt der Architekt nur dann heraus, wenn er bei Vertragsabschluss solchejuristischen Tätigkeiten ausdrücklich aus seinem Leistungsumfang he-30 So Ulrich, DS 2008, 95.© 2011 by Wolters Kluwer Deutschland GmbH / werner-baurecht.de

Stand: 12.01.2011 35- Nicht nachvollziehbar und somit abzulehnen ist die vereinzelt gehörte Auffassung,dass öffentlich bestellte Sachverständige einem Kontrahierungszwangunterlägen und daher ihren Auftraggebern künftig auch Rechtsrat im Rahmender nach dem RDG erlaubten Annextätigkeit erbringen müssten, wenn danachgefragt werde. 30 Zum einen gilt die Vertragsfreiheit bei Privatauftrag auch fürdie öffentlich bestellten Sachverständigen; sie unterliegen keinem gesetzlichgeregelten Kontrahierungszwang wie beim Gerichtauftrag (§ 407 ZPO); dieSachverständigenordnung verlangt lediglich, dass die Sachverständigen nachMöglichkeit private Nachfrager bedienen sollen, wenn die nachgefragte Sachkundevorhanden ist. Zum andern erstreckt sich die öffentliche Bestellungnach § 36 GewO ausschließlich auf die Beurteilung von Fachfragen; Inhaltund Umfang des Gutachtenauftrags werden im außergerichtlichen Bereichin jedem Einzelfall vertraglich ausgehandelt und festgelegt; dies gilt auch füreine rechtliche Annextätigkeit.Anders ist diese Frage dann zu beurteilen, wenn beispielsweise der Bausachverständigedie Ursache eines Baumangels und dessen Beseitigungskostenzu ermitteln hat. Hier muss er sich zwangsweise mit dem juristischen Mangelbegriffdes § 633 Abs. 2 BGB bzw. § 13 Nr. 1 VOB/B beschäftigen, also mitder Frage, ob bestimmte Regelungen die Qualität einer vereinbarten Beschaffenheithaben.Ähnlich liegt die Sach- und Rechtslage beim Architekten, weil die Rechtsbetreuungteilweise zum Berufsbild des Architekten gehört und bei Abschlusseines umfassenden Architektenvertrags automatisch zur Vertragspflicht wird.Auf die im Literaturverzeichnis angeführten Beiträge von Bönker und Bruns(siehe Kapitel 10) wird ergänzend verwiesen. Zum Berufs- und Tätigkeitsbildeines Objetkplaners (Architekt oder Ingenieurs) gehören zweifelsfrei all diejenigenTeilleistungen, die in den einzelnen Leistungsphasen der HOAI aufgelistetund teilweise rein juristischer Natur sind. Aus dieser rechtlichen Zwickmühlekommt der Architekt nur dann heraus, wenn er bei Vertragsabschluss solchejuristischen Tätigkeiten ausdrücklich aus seinem Leistungsumfang he-30 So Ulrich, DS 2008, 95.© 2011 by Wolters Kluwer Deutschland GmbH / werner-baurecht.de

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