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11.07.2015 Aufrufe

Die Frauen im Stammbaum JesuEine Meditation von Joseph Ratzinger aus dem Jahr 1982Der Stammbaum, den Matthäus anden Anfang seines Evangeliumsgestellt hat (1,1-17), zeigt Jesus alsMenschen, hineinverwoben in einemenschliche Geschichte mit ihrenAuf- und Abstiegen, als Frucht eineslangen Weges, dessen tiefstes Ziel eswar, Christus hervorzubringen. (...)Dieser Stammbaum nennt auchFrauen, vier Frauen der jüdischenGeschichte und dann Maria. Nunwar es durchaus Überlieferung, vierFrauen in der Geschichte Israels alsdie großen Stammmütter herauszuheben:Sara, Rebekka, Lea, Rachel.Matthäus aber nennt nicht diese vier,sondern vier andere, vier Frauen,denen etwas Peinliches anhaftete;Frauen, die die Reinheit einesStammbaums stören und als Makelin der Geschichte Israels galten; vierFrauen, die daher gern dem Verschweigenüberlassen wurden. (...)Da ist Rahab, die Hure, die denKundschaftern Israels den Weg nachJericho öffnet und so überhaupt dieTür ins Heilige Land hinein aufgeschlossenhat. Sie tut es, weil sie demGott dieser Fremden glaubt, und sogilt sie im Neuen Testament sowohlals die Mutter des Glaubens wie alsdie Mutter der guten Werke (Hebr11,31; Jak 2,25). In der Alten Kircheerscheint sie als Typus der Kirche22der Heiden: Sie bildet die Kirche,die sich aus dem Schmutz des Heidentumssammelte, und die doch inihrer Sehnsucht nach Heil den KundschafternGottes, den Aposteln, diein Israel keine Bleibe fanden, die Türauftat und so die Welt zum heiligenLand des Glaubens werden ließ.Rut war Heidin, die durch Hochzeitmit einem Juden verbunden, abernach dessen Tod frei war, zurückzukehren.Und doch, gerade im ElendIsraels und in der Not ihrer Schwiegermutterblieb sie, weil für sie dasWort ihrer Vermählung bleibendePrägung ihres Lebens gewordenwar: Dein Gott soll mein Gott sein.Sie hatte sich dem Gott Israels angeschlossen,sie, die Heidin, und wurdezur eigentlichen Stammmutter derdavidischen Dynastie.Batseba, die Frau des Urija, warwohl Hethiterin wie dieser. Auch sienimmt mit dem Ja zu David seinenGott an und wird so zur Mutter Salomos,in dem das Matthäusevangeliumimmer wieder das Urbild JesuChristi zeigt.Durch Tamar endlich, die sich vonJuda das ihr verweigerte Rechtauf Nachkommenschaft erzwingt,kommt überhaupt das Königtum anJuda und wird so die Verheißungdes Jakobsegens erfüllt: „Es wird

der kommen, dem der Herrscherstabgehört, dem der Gehorsam derVölker gebührt“ (Gen 49,10).Das bedeutet: Dieser Stammbaum,der für das erste Zusehen ein reinerAbrahams- und Davidsstammbaumist, ist durch die vier Frauenein Stammbaum für die Kirche ausJuden und Heiden. Er verweist aufdas Kommende, die Kirche derVölker. Ja, man könnte sagen: Diesevier Frauen schieben bei ihm dieganze hochwichtige Geschichte derMänner beiseite; sie sind die eigentlichenGelenke des Stammbaums,der damit aus einem Stammbaumangeblicher männlicher Taten zueinem Stammbaum des Glaubensund der Gnade wird – auf dem Glaubendieser Frauen ruht das Eigentlichedieser Geschichte, der Fortgangder Verheißung.Damit wird nun bei allen Gegensätzender innere Zusammenhangmit der fünften Frau sichtbar, aufdie alles zugeht: mit Maria. Hier,an diesem entscheidenden letztenPunkt, wird vollends die Relativierung,die letzte Unwichtigkeit derganzen Männergeschichte sichtbar.Vorher sind die einzelnen Namenjeweils miteinander verbunden durchdas Wort „zeugte“ (was leider dieneue [Einheits-]Übersetzung unbegreiflicherweiseglaubte umschreibenzu müssen). Am Schluss aber istnicht mehr von „zeugen“ die Rede,sondern es heißt: Jakob zeugte denJoseph, den Mann Marias, aus dergeboren wurde Jesus, der Christus.Joseph zeugte Jesus nicht, er war nurder Mann Marias. Allein über dieBrücke dieser rechtlichen Zugehörigkeit,nicht auf dem Weg der biologischenVerknüpfung, gehört Jesusdiesem Stammbaum zu, gehört derStammbaum ihm. Er ist sein rechtlicher,rechtmäßiger Eigentümer –für Israel war immer die rechtliche,nicht die biologische Herkunft dasEntscheidende, das Reale. Über dieBrücke dieses Rechtes ist das AlteTestament sein.Aber zugleich ist ein neuer Anfanggesetzt und dieser wahre Anfang,auf den letztlich alles ankommt,geschieht durch den Glauben – durchMarias Ja.Entnommen aus:Benedikt XVI. / Joseph Ratzinger:Der Segen der Weihnacht, Herder200523

der kommen, dem der Herrscherstabgehört, dem der Gehorsam derVölker gebührt“ (Gen 49,10).Das bedeutet: Dieser <strong>St</strong>ammbaum,der für das erste Zusehen ein reinerAbrahams- und Davidsstammbaumist, ist durch die vier Frauenein <strong>St</strong>ammbaum für die Kirche ausJuden und Heiden. Er verweist aufdas Kommende, die Kirche derVölker. Ja, man könnte sagen: Diesevier Frauen schieben bei ihm dieganze hochwichtige Geschichte derMänner beiseite; sie sind die eigentlichenGelenke des <strong>St</strong>ammbaums,der damit aus einem <strong>St</strong>ammbaumangeblicher männlicher Taten zueinem <strong>St</strong>ammbaum des Glaubensund der Gnade wird – auf dem Glaubendieser Frauen ruht das Eigentlichedieser Geschichte, der Fortgangder Verheißung.Damit wird nun bei allen Gegensätzender innere Zusammenhangmit der fünften Frau sichtbar, aufdie alles zugeht: mit Maria. Hier,an diesem entscheidenden letztenPunkt, wird vollends die Relativierung,die letzte Unwichtigkeit derganzen Männergeschichte sichtbar.Vorher sind die einzelnen Namenjeweils miteinander verbunden durchdas Wort „zeugte“ (was leider dieneue [Einheits-]Übersetzung unbegreiflicherweiseglaubte umschreibenzu müssen). Am Schluss aber istnicht mehr von „zeugen“ die Rede,sondern es heißt: Jakob zeugte denJoseph, den Mann Marias, aus dergeboren wurde Jesus, der Christus.Joseph zeugte Jesus nicht, er war nurder Mann Marias. Allein über dieBrücke dieser rechtlichen Zugehörigkeit,nicht auf dem Weg der biologischenVerknüpfung, gehört Jesusdiesem <strong>St</strong>ammbaum zu, gehört der<strong>St</strong>ammbaum ihm. Er ist sein rechtlicher,rechtmäßiger Eigentümer –für Israel war immer die rechtliche,nicht die biologische Herkunft dasEntscheidende, das Reale. Über dieBrücke dieses Rechtes ist das AlteTestament sein.Aber zugleich ist ein neuer Anfanggesetzt und dieser wahre Anfang,auf den letztlich alles ankommt,geschieht durch den Glauben – durchMarias Ja.Entnommen aus:Benedikt XVI. / Joseph Ratzinger:Der Segen der Weihnacht, Herder200523

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