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Die Affäre Max Planck - Wolf-Ekkehard Lönnig

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96Es ist ein Unterschied, ob man unter gewissen Voraussetzungen in einemevolutionstheoretischen Rahmen Elemente von Rekapitulation erblickt oderRekapitulationen als Leitbild nützt.Es ist klar, dass auf Basis dieses Mechanismenverständnisses – EvoDevo –zwar die Existenz von Rekapitulationen nicht ausgeschlossen ist, nur wo dieseeine wichtige Rolle für das Verständnis ontogenetischer Prozesse spielen,geschweige denn ein Leitbild darstellen sollen, bleibt unklar. Daran ändert auchdie von der AG Evolutionsbiologie zitierte Passage von SANDER nichts. Dennwie dieser laut deren Zitat schreibt, knüpfe mit "EvoDevo" heute ein ganzerBiologiezweig am "Leitbild der ontogenetischen Rekapitulation an" - bewusstoder unbewusst. Etwas, woran man auch unbewusst anknüpfen kann, dürfte wohlschwerlich die Rolle eines Leitbildes übernehmen. Wenn man freilich die"historische Bedingtheit des Geschehens in der Ontogenese" als Kerngedankenheraushebt, hat man etwas so allgemeines formuliert, das zumindest in einemevolutionstheoretischen Kontext nie falsch sein kann. Eine nicht näher präzisierte"historische Bedingtheit" sagt aber nichts darüber aus, ob Rekapitulationen einLeitbild sind, oder inwiefern darauf bezogene Gesetze bzw. Regeln Relevanzbesitzen – gerade darum geht es jedoch. Es ist jedoch nicht nur so, dass dieBedeutung von Rekapitulationen in Bezug auf evolutionäre Zusammenhängenicht klar scheint (Sind sie jetzt "Leitbilder" oder Interpretationen innerhalb einesgrößeren phylogenetischen Kontextes?). Wenn es darum geht, Aufbau undFunktion von Lebewesen zu erforschen, sind spekulative phylogenetischeKonzepte ebenfalls nichts, was dem Forscher als "Leitbild" dienen würde –zumindest ist mir das noch nie aufgefallen, wenn ich derartige Publikationengelesen habe. Mir ist jedoch aufgefallen – und hier komme ich auf dieSchlussbemerkungen von 12) zurück –, dass sich wiederholt evolutionärhistorischeInterpretationen in Bezug auf Strukturen von Organismen (bzw. derenfunktionellen Status) als nicht zwingend oder gar irreführend erwiesen haben.Wenn z. B. SCADDING (1981) zeigt, wie die Liste angeblich rudimentärerOrgane im menschlichen Körper schrumpft, sollte man sich einmal fragen, wohier evolutionär-historische Hintergründe das "Leitbild" oder auch nur dieMotivation für die Entdeckung all der komplexen Funktionszusammenhängegeliefert haben. Und was solche Hintergründe in Gestalt desRekapitulationsgedankens für die Embryologie bedeuten, kann ebenfalls kaummit einer Leitfunktion in Zusammenhang gebracht werden, wenn man bedenktdass die renommierten Embryologen Ronan O'RAHILLY und Fabiola MÜLLERden Begriff "Rekapitulation" in ihrem Lehrbuch "Embryologie und Teratologiedes Menschen" (1999) nur mehr in Anführungszeichen gebrauchen und dieTerminologie ihres Fachgebietes von damit verbundenen Ausdrücken befreien.Aus den Ausführungen der Vertreter der AG Evolutionsbiologie im Kapitel"Ernst Haeckel und das Leitbild der ontogenetischen Rekapitulation" geht somitmeiner Einschätzung nach nicht hervor, wo das Leitbild liegt. Anstatt einesLeitbildes scheint mit dem Konzept so genannter "Rekapitulationen" ein Faktor(genauer: eine spezielle Form homolog gewerteter Ähnlichkeiten 7 ) von vielen, im

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