UM UTZU G N N - Restaurator im Handwerk eV
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Fachbeiträge<br />
lena langer<br />
Wie ich Joseph köpfte<br />
Bericht über ein "Studienvorbereitendes Jahrespraktikum als <strong>Restaurator</strong>in"<br />
� Mit viel Elan, aber wenig Vorkenntnissen begann ich<br />
<strong>im</strong> November 2010 ein einjähriges Vorpraktikum für ein<br />
Studium der Restaurierung von Möbeln und Holzobjekten<br />
in einer Schreinerei mit dem Schwerpunkt Restaurierung<br />
und Denkmalpflege.<br />
Eines der ersten Projekte, das ich nach einer Einführungsphase<br />
mit relativ großer Eigenverantwortung bearbeiten<br />
durfte, war eine geschnitzte dreiteilige Figurengruppe,<br />
bestehend aus Maria, Joseph und Jesus in einer<br />
Krippe. Die Heilige Familie war eine Dankesgabe eines<br />
Kriegshe<strong>im</strong>kehrers an seine Kirchengemeinde und hatte<br />
durch schlechte Lagerung stark gelitten: Fugen- und<br />
Schwundrisse am zusammengesetzten Block und Verluste<br />
an exponierten Stellen waren zu bearbeiten.<br />
Gerade hatte ich die etwa 90 cm große Josephs-Figur<br />
vor einer Holzplatte <strong>im</strong> Freien aufgebaut, um ihn bei<br />
natürlicher Beleuchtung für die noch ausstehende Dokumentation<br />
zu fotografieren, da passierte es: Ein Windstoß<br />
fuhr in die Platte und brachte Joseph so zu Fall. Ich<br />
wollte es nicht glauben, aber der Kopf war ab!<br />
Spontan schossen mir tausend Gedanken durch den<br />
Kopf: Das kann man nicht mehr richten! Das hat Folgen!<br />
Was sagt wohl der Auftraggeber? Was sagt mein Chef?<br />
Langsam verteilte sich mein Blut wieder <strong>im</strong> Körper,<br />
und ich betrachtete mir die Bescherung genauer. Gott sei<br />
Dank war er nicht auf das Gesicht gefallen, so dass wenigstens<br />
hier keine aufwendigen Nacharbeiten nötig waren.<br />
Der Kopf war am Hals durch einen zackigen Bruch<br />
vom Rumpf getrennt. Augenscheinlich waren auch sonst<br />
keine weiteren Bruchstücke entstanden.<br />
Ich gewann meine Zuversicht zurück und war sicher,<br />
dass das wieder in den Griff zu bekommen war. Wir sind<br />
ja schließlich <strong>Restaurator</strong>en. Mein Chef sah dieses Unglück<br />
auch eher als effektive Fortbildung und erläuterte<br />
mir die Vorteile einer verzahnten Bruchstelle, die oft ein<br />
passgenaues Wiederansetzen begünstigt. Ich reinigte<br />
die Bruchstelle von querliegenden Fasern und kleinen<br />
Splittern und setzte den Kopf mit Unterstützung meines<br />
Meisters wieder an. Der Riss verschwand optisch am<br />
chsenfarth<br />
46<br />
DENKMALPFLEGE<br />
SCHWERPUNKTE<br />
Konservierung ♦ Restaurierung<br />
Baudenkmalpflege ♦ Kirchenmalerei<br />
Wandmalerei ♦ Raumgestaltung<br />
Fassaden ♦ Stein ♦ Stuck<br />
Skulpturen ♦ Gemälde ♦ Inventar<br />
Historische Ausstattungen<br />
Übergang zwischen Hals und Kragen. Kleinere Fehlstellen<br />
ließen sich mit Fischle<strong>im</strong>kitt wieder auffüllen.<br />
Nach der Restaurierung war nichts mehr von dem<br />
Unfall zu sehen, und auch die übrigen Schäden wurden<br />
erfolgreich gekittet und retuschiert. Der Auftraggeber<br />
war hoch zufrieden, und mir fiel ein Stein vom Herzen.<br />
Die bisher erlernten Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
hatten mir die Lösung ermöglicht. Der sensible Umgang<br />
mit Objekten hatte sich eingehämmert.<br />
Neben den grundlegenden schreinerorientierten manuellen<br />
Fertigkeiten wie etwa dem Umgang mit Stecheisen,<br />
Hobel und Säge habe ich <strong>im</strong> Laufe des Praktikums<br />
viele spezielle restauratorische Techniken erlernt:<br />
• die Wiederherstellung von Oberflächen mit Schellack<br />
als Ballenpolitur, den Aufbau einer Wachspolitur,<br />
Beizen und Retuschetechniken;<br />
• Reinigen und Lösen bzw. Abtragen von Oberflächen<br />
mechanisch, chemisch oder physikalisch mit Infrarottechnik,<br />
Schichtenfreilegung;<br />
• Verle<strong>im</strong>ungen mit historischen Le<strong>im</strong>en wie Knochenle<strong>im</strong>,<br />
Hautle<strong>im</strong>, Fischle<strong>im</strong> und modernen Produkten;<br />
• Festigung mit unterschiedlichen Materialien;<br />
• Kittungen mit diversen Rezepturen.<br />
Ochsenfarth<br />
Bücklerweg 34 - 36<br />
33104 Paderborn - Marienloh<br />
Tel.: 0 52 52 - 9 77 75 - 0<br />
Fax: 0 52 52 - 9 77 75 - 9<br />
www.ochsenfarth-wibbeke.de<br />
info@ochsenfarth-wibbeke.de<br />
Ochsenfarth & Wibbeke<br />
Wibbeke<br />
RESTAURIERUNG UND DENKMALPFLEGE GBR<br />
<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 4/2011<br />
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