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UM UTZU G N N - Restaurator im Handwerk eV

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Fachbeiträge<br />

CHriStian MetzerOtH<br />

Bewahrung eines fast 300 Jahre alten<br />

Fassaden-Schnitzwerks<br />

� Im Frühsommer 2011 fragte uns ein befreundeter<br />

Stuckrestaurator aus Glauchau, ob wir ihm bei einem<br />

Objekt behilflich sein könnten, an dem ergänzend zum<br />

Fassadenstuck best<strong>im</strong>mte Teile des barocken Zierwerkes<br />

aus Eichenholz gefertigt seien. Die Teile wären in einem<br />

erbärmlichen Zustand, und der Bauherr fordere einen<br />

<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> für die Bearbeitung.<br />

Das Gebäude steht in der alten einstigen Residenzstadt<br />

Weißenfels in Sachsen-Anhalt. Es handelt sich um<br />

einen repräsentativen Stadtbau mit direkter Anbindung<br />

an des Rathaus vis-à-vis der Stadtkirche, um eines der<br />

sogenannten Kavaliershäuser, errichtet laut Inschrift in<br />

der Fassade 1720 <strong>im</strong> Barock. Eine so umfangreich verzierte<br />

und original erhaltene Fassade hatte ich zuvor in<br />

dieser Region noch nicht gesehen. Insbesondere ein über<br />

zwei Etagen verlaufender Erker zur Marienstraße stellte<br />

ein echtes Kleinod dar, und an ihm waren die originalen<br />

Schnitzwerke aus Eiche über 290 Jahre erhalten geblieben.<br />

Der Erker selbst bot ein jammervolles Bild. Vor<br />

Beginn der Baumaßnahme musste er gegen den Boden<br />

abgestützt werden, weil das alte Balkenwerk angesichts<br />

über Jahrzehnte unterlassener sachkundiger Pflege abzusacken<br />

drohte. Den Teil der Beseitigung dieser Schäden<br />

besorgte eine Z<strong>im</strong>merei, allerdings aus unserer Sicht mit<br />

mäßiger Hingabe.<br />

Unsere Aufgabenstellung sollte es sein, die Altteile<br />

der verbliebenen hölzernen Grundkonstruktion des<br />

Erkers von allen alten Anstrichen zu befreien und die<br />

feinen Glättungen der durch Setzungen und Umbau<br />

entstandenen zahlreichen groben Fugen, Risse und Verbindungen<br />

tischlerisch sauber zu schließen und zu bearbeiten.<br />

Vor allem aber sollten die vier Ranken mit Blüten<br />

und Bänderwerk und die zugehörigen Kapitelle durch<br />

restauratorische Aufarbeitung möglichst vollständig erhalten<br />

werden. Es handelte sich dabei um vier Hauptstücke<br />

von je ca. 1.60 m bzw. 1,75 m Länge und sechs<br />

Stück obere bzw. untere Abschlusskapitelle. Alle Teile<br />

des Erkers einschließlich der Schnitzwerke waren 1720<br />

aus bester Eiche (Querkus Robur) gefertigt worden. Auf<br />

die restauratorische Bearbeitung dieser Stücke soll sich<br />

auch dieser Bericht in der Hauptsache konzentrieren.<br />

Schließlich sollten wir nach zahlreichen Abst<strong>im</strong>mungen<br />

mit dem Konservator alle sichtbaren Außenflächen aus<br />

Holz mit einem geeigneten Anstrichsystem auf der Basis<br />

von Leinöl versehen.<br />

Der Befund vor Arbeitsbeginn wies ganz unterschiedliche<br />

Ausgangssituationen an den vier Teilen auf.<br />

Je nach Bewitterungsseite war von den alten Anstrichen<br />

erheblich Substanz verlorengegangen, und dort, wo der<br />

Anstrich schon lange fehlte, war auch vom Holz entsprechend<br />

Substanz ausgewittert. Der Substanzverlust war<br />

teilweise so stark, dass zumindest von einem Teil der<br />

Gesamtaustausch in Erwägung gezogen werden musste.<br />

Sehr stark zur Verschlechterung hatten die letzten<br />

Anstriche in der DDR-Zeit beigetragen. Sie waren mit<br />

einem System von Dispersionsanstrichen ausgeführt<br />

worden, die eine solche Mächtigkeit in der Schichtdicke<br />

aufwiesen, dass eine echte Verankerung mit dem alten<br />

38 <strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 4/2011<br />

Der fertige Erker bietet eine überwältigende Formenvielfalt<br />

Untergrund, vor allem an glatten Außenwölbungen,<br />

nicht wirklich zustandegekommen war. Entsprechend<br />

schnell müssen die Anstriche ihre Funktionsfähigkeit<br />

verloren haben. Aber auch vorher ist der Anstrichpflege<br />

offensichtlich ab einem best<strong>im</strong>mten Zeitraum keine<br />

sachkundige Aufmerksamkeit mehr zuteil geworden,<br />

und es hatte auch schon mächtige Holzauswitterungen<br />

vor dem Anstrich mit Dispersion gegeben. In diese Ausgewitterten<br />

feinen Risse war nun diese Dispersion ohne<br />

sinnvolle Grundierung hineingearbeitet worden, ohne<br />

sich wirklich dichtschließend mit dem Untergrund zu<br />

verbinden. Andererseits waren gerade Hohlräume, welche<br />

durch verlorene Holzsubstanz entstanden waren,<br />

Vom Z<strong>im</strong>mermann ausgeführte restauratorische<br />

Ansetzung am Erker. Im oberen Bildteil ist der Altzustand<br />

gut zu erkennen.

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