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Mit Herz und Köpfchen: Hochschulmedizin in Halle - Martin-Luther ...

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22013<strong>Mit</strong> <strong>Herz</strong> <strong>und</strong> <strong>Köpfchen</strong>:<strong>Hochschulmediz<strong>in</strong></strong> <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>Gewissen im Alltag: Segen statt Fluch?<strong>Halle</strong> vs. Magdeburg: Studenten forschenE<strong>in</strong> Dirigent im Kreißsaalwww.magaz<strong>in</strong>.uni-halle.deD A S M A G A Z I N D E R M A R T I N L U T H E R U N I V E R S I T Ä T H A L L E W I T T E N B E R G


2 forschenwww.barner-halle.de<strong>und</strong> publizieren scientia halensis 2/2013E<strong>in</strong> außergewöhnlicher OrtAuf über 200m 2 Wohn- <strong>und</strong> Terrassenflächef<strong>in</strong>den Sie alles vor, wovon e<strong>in</strong> Gast träumenkann. Persönlicher als jedes Hotelzimmer<strong>und</strong> ansprechender als jeder Konferenzraum.Zwischen professioneller Arbeitsumgebung <strong>und</strong>dem kreativen Ausprobieren im Kochstudio.Hier ist Raum für <strong>in</strong>dividuelle Entfaltung.Ungewöhnliche kul<strong>in</strong>arischeErlebnisseEgal zu welchem Anlass Sie sich hier zusammenf<strong>in</strong>den:<strong>Mit</strong> dem passendem kul<strong>in</strong>arischenKonzept fühlen Sie sich im roofclub zu Hauseunter Fre<strong>und</strong>en. Egal ob Sie Ihr Traumbuffete<strong>in</strong>fach nur genießen, oder aktiv am Menü IhrerWahl mitwirken möchten: Wir erfüllen jeden Ihrerkul<strong>in</strong>arischen Wünsche.Essen wird im roofclub zum Erlebnis!Kreativität <strong>und</strong> Entspannung<strong>Mit</strong> professioneller Unterstützung zaubern SieMeisterwerke der <strong>in</strong>ternationalen Küche <strong>und</strong>entdecken Ihre latenten Kochtalente neu!Schauen Sie vorbei!Barner EventKard<strong>in</strong>al-Albrecht-Str. 4506108 <strong>Halle</strong> (Saale)Telefon: +49 (345) 3 88 08 08Telefax: +49 (345) 3 88 08 07post@roofclubhalle.dePARTYSERVICE | CATERING | EVENTWir stehen für Sie Kopf !


scientia halensis 2/2013 editorial3Liebe Leser<strong>in</strong>nen,liebe Leser,„die Kunst ist lang, das Leben kurz, die Zeit flüchtig“,wusste schon Hippokrates, der berühmtesteArzt des Altertums. Die Kunst, e<strong>in</strong> guter Arzt zuwerden <strong>und</strong> zu bleiben, ist heute e<strong>in</strong>e lebenslangeAufgabe. Aller zehn Jahre, so die Faustregel, gilt dieHälfte des erlernten Wissens als überholt. In dermediz<strong>in</strong>ischen Forschung werden fortwährend neueWege e<strong>in</strong>geschlagen – gegenwärtig etwa <strong>in</strong> RichtungPräventivmediz<strong>in</strong>, die auch von Kardiologen<strong>in</strong> <strong>Halle</strong> mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>novativen Studie verfolgt wird.Forschungsprojekte werden zunehmend <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är<strong>und</strong> translational gestaltet, d. h. vorkl<strong>in</strong>ischeGr<strong>und</strong>lagenforschung wird mit kl<strong>in</strong>ischen Studienverb<strong>und</strong>en.„Ars longa, vita brevis, tempus acutum“ – ob esHippokrates damals ähnlich g<strong>in</strong>g, wie den Universitätsmediz<strong>in</strong>ernim Jahr 2013? Das ist nur schwervorstellbar, sche<strong>in</strong>t 2013 für die hallesche <strong>Hochschulmediz<strong>in</strong></strong>doch außergewöhnlich arbeits- <strong>und</strong>ereignisreich zu werden: Ende Mai feiern die 36deutschen Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultäten „100 JahreMediz<strong>in</strong>ischen Fakultätentag“ <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>, wo 1913bereits der erste dieser Tage stattfand. Zwei weitereEreignisse s<strong>in</strong>d hochschulpolitischer Natur: Sohat die Landesregierung angekündigt, das <strong>Hochschulmediz<strong>in</strong></strong>gesetzzu novellieren <strong>und</strong> damit dieOrganisationsstruktur der Universitätskl<strong>in</strong>iken zuverändern. Zuvor wird im April e<strong>in</strong>e Gruppe desWissenschaftsrats die Situation der halleschen<strong>Hochschulmediz<strong>in</strong></strong> untersuchen. Bereits 2009 hattedas Gremium e<strong>in</strong>e Stellungnahme zur Entwicklungabgeben. Viel hat sich seitdem verändert, e<strong>in</strong>igeBeispiele f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong> diesem Heft. Das Dorothea-Erxleben-Lernzentrum bietet angehenden Ärztenheute moderne, praxisnahe Studienbed<strong>in</strong>gungen.In der Forschung s<strong>in</strong>d hallesche Epidemiologengeme<strong>in</strong>sam mit MLU-Physikern an e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigartigenProjekt beteiligt: der größten b<strong>und</strong>esweitenGes<strong>und</strong>heitsstudie. <strong>Mit</strong> e<strong>in</strong>er Neuberufung stärktdie Fakultät zudem ihren Schwerpunkt Ges<strong>und</strong>heits<strong>und</strong>Pflegewissenschaften.Außerdem im Heft: das Thema Glauben an derUniversität, e<strong>in</strong> Sprachtandem im Interview, „We<strong>in</strong>bergKids“sowie aktuelle Forschungsprojekte. E<strong>in</strong>Abschieds<strong>in</strong>terview mit Alt-Kanzler Dr. Mart<strong>in</strong> Hechtlesen Sie im Onl<strong>in</strong>emagaz<strong>in</strong>.Viel Spaß beim Lesen <strong>und</strong> Entdecken wünschtCor<strong>in</strong>na BertzRedakteur<strong>in</strong>Cor<strong>in</strong>na Bertz(Foto: Maike Glöckner)Wollen Sie mitdiskutieren,Kritik loswerden oderThemen vorschlagen?Wir freuen uns über IhreKommentare! Per Mail anmagaz<strong>in</strong>@uni-halle.deoder onl<strong>in</strong>e unterwww.magaz<strong>in</strong>.uni-halle.de.IMPRESSUMscientia halensisMagaz<strong>in</strong> der Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universität<strong>Halle</strong>-Wittenberg (MLU)Ausgabe 2/13, 21. JahrgangAuflage 6.000 Expl.ISSN 0945-9529ersche<strong>in</strong>t viermal im Jahrsowie im Internet:www.magaz<strong>in</strong>.uni-halle.deHerausgeber:Rektor der Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universität<strong>Halle</strong>-WittenbergRedaktion:Cor<strong>in</strong>na Bertz (red. Koord<strong>in</strong>ierung),Sarah Huke, Jens Müller,Ute Olbertz (V.i.S.d.P.),Christopher Pflug, Maria Preußmann,Melanie ZimmermannKontakt:Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universität<strong>Halle</strong>-WittenbergStabsstelle des Rektors / PressestelleUniversitätsplatz 9, 06108 <strong>Halle</strong> (S.)Telefon: 0345 55 21420Fax: 0345 55 27404E-Mail: magaz<strong>in</strong>@uni-halle.deGrafik-Design:Sisters of Designwww.sistersofdesign.deMediadaten:www.pr.uni-halle.de/mediadatenAnzeigen / Satz / Gesamtherstellung:Digital Druckservice <strong>Halle</strong> GmbHKutschgasse 4, 06108 <strong>Halle</strong> (S.)Telefon: 0345 47 88601Fax: 0345 47 88602www.digitaldruck-halle.deE-Mail: <strong>in</strong>fo@digitaldruck-halle.deDruck:IMPRESS Druckerei Halbritter KGwww.impressonl<strong>in</strong>e.deNamentlich gekennzeichnete Beiträgegeben die Me<strong>in</strong>ung der Autorenwieder. Bei unverlangt e<strong>in</strong>gesandtenTexten/Fotos besteht ke<strong>in</strong>e Gewähr füre<strong>in</strong>en Abdruck.Die Redaktion behält sich Änderungene<strong>in</strong>gesandter Texte vor. Der Nachdruckvon Artikeln ist bei Angabe der Quellegestattet. Die Redaktion bittet um e<strong>in</strong>Belegexemplar.scientia halensis ersche<strong>in</strong>t mit fre<strong>und</strong>licherUnterstützung der Vere<strong>in</strong>igungder Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Förderer der Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universität <strong>Halle</strong>-Wittenberge. V. (VFF)Titelbild:Jacquel<strong>in</strong>e Zudock, <strong>Mit</strong>arbeiter<strong>in</strong> amSkillsLab der Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät.Mehr zum SkillsLab lesen Sie aufSeite 6.(Foto: Michael Deutsch)


4 <strong>in</strong>haltsverzeichnis scientia halensis 2/2013Aus Tandems wachsenNetzwerke {14}„Im Tandem zum Erfolg“ lautetder Slogan des b<strong>und</strong>esweiten Mentor<strong>in</strong>g-Programmsfür Nachwuchswissenschaftler<strong>in</strong>nen.Es soll mehrFrauen an der Uni <strong>in</strong> Führungspositionenbr<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong> Tandemhat scientia halensis <strong>in</strong> der Zoologiegetroffen. (Foto: Maike Glöckner)Studierende erforschenStädterivalität {21}Ob Landeshauptstadt gegen Kulturhauptstadtoder Hasselbachplatzgegen Kle<strong>in</strong>e Ullrichstraße – <strong>Halle</strong>vergleicht sich gern mit Magdeburg.Wo der Städtezwist se<strong>in</strong>eWurzeln hat, erforscht die StudentischeForschungsgruppe zur Stadtgeschichte<strong>Halle</strong>s. (Foto: Michael Deutsch)Studium <strong>und</strong> Forschung <strong>in</strong> der<strong>Hochschulmediz<strong>in</strong></strong> {10}Hier dürfen noch Fehler gemacht werden: Angehende Ärzteerlernen ihr praktisches Handwerkszeug <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> heute amDorothea-Erxleben-Lernzentrum mit Hilfe von modernerAusstattung, e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> e<strong>in</strong> verbessertes Curriculum. Wiedie Ausbildung am SkillsLab aussieht, lesen Sie ab Seite 9.Außerdem: Zwei Forschungsprojekte, die aufgr<strong>und</strong> ihres <strong>in</strong>novativenKonzepts bzw. ihrer e<strong>in</strong>zigartigen Größe von besondererBedeutung s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> Epidemiologe <strong>in</strong>formiert im Interviewüber die laufenden Vorbereitungen zur größten Ges<strong>und</strong>heitsstudieDeutschlands, an der auch hallesche Epidemiologen– geme<strong>in</strong>sam mit Physikern der MLU – beteiligt s<strong>in</strong>d. Unde<strong>in</strong>e Kardiolog<strong>in</strong> berichtet über die kl<strong>in</strong>ische <strong>und</strong> vorkl<strong>in</strong>ischeForschung zur <strong>Herz</strong>alterung am Universitätskl<strong>in</strong>ikum.(Foto: Michael Deutsch)


scientia halensis 2/2013 <strong>in</strong>haltsverzeichnis5<strong>in</strong>halttitelthema6 Praxis macht den Meister:Das SkillsLab <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>8 Volkskrankheiten auf der Spur:Interview zur größten deutschenGes<strong>und</strong>heitsstudie11 Junges <strong>Herz</strong> <strong>und</strong> graue Haare:Innovative Kardiologie-Studiesoll das <strong>Herz</strong> verjüngen13 Interdiszipl<strong>in</strong>är <strong>und</strong> translational:Alternsforschung an der MLUvaria14 Aus Tandems wachsen Netzwerke:Neues Mentor<strong>in</strong>g-Programmdes Gleichstellungsbüros16 Sprachsalat / Bilderrätsel17 „We<strong>in</strong>bergKids“:Mehr Flexibilität für Elternstudieren,lehren, leben18 Glauben an der Universität:Das Projekt „Glaube · Geme<strong>in</strong>schaft· Geborgenheit“20 Ausstellung „FranckeBilder <strong>und</strong>Festkultur“ / Unterstützungsyrischer Studierender21 <strong>Halle</strong> vs. Magdeburg:Studenten erforschenStädterivalität22 Musizierende Hochschullehrer:E<strong>in</strong> Dirigent im KreißsaalForschen <strong>und</strong>publizieren24 Materialien aus der Meerestiefe:Neue Nachwuchsgruppe verb<strong>in</strong>detChemie <strong>und</strong> Biowissenschaften26 Historische Zeitungenper Mausklick:Bibliothek startetZeitungsarchiv-Projekt28 Die MLU als regionalerWirtschaftsfaktor / E<strong>in</strong>e Millionfür Unternehmensethik29 Fachliteraturfabrik30 Gewissen im Alltag –Segen statt Fluch?Personalia32 „Die Kaffee- <strong>und</strong> Kuchenerfahrung“:E<strong>in</strong> Sprachtandem im Gespräch35 Neu berufen36 20 Fragen anRichard SchmidtMaterialien aus der Meerestiefe{24}Seeigel, Meeresschwämme <strong>und</strong>Muscheln s<strong>in</strong>d geniale Baumeister:Sie bilden hochkomplexe Strukturen,die außergewöhnlich robusts<strong>in</strong>d. Dr. Filipe Natalio erforschtihren Wachstumsprozess, um neuartigeMaterialien entwickeln zukönnen. (Foto: Wikimedia/Nick Hobgood)38 Dr. Usus Zeitgeist„Die Kaffee- <strong>und</strong>Kuchenerfahrung“ {32}QR-Codes <strong>und</strong> Webcodes im HeftUnter www.magaz<strong>in</strong>.uni-halle.de ist das Unimagaz<strong>in</strong> im Internet zu f<strong>in</strong>den. <strong>Mit</strong> Hilfe der QR- <strong>und</strong> Webcodesneben den Beiträgen gelangen Sie direkt zur entsprechenden Internetseite. QR-Codes funktionieren ähnlichwie Barcodes. <strong>Mit</strong> e<strong>in</strong>em Tastendruck bzw. e<strong>in</strong>er Fotoaufnahme des Mobiltelefons können Sie die verl<strong>in</strong>kte Webseiteaufrufen. Für die E<strong>in</strong>gabe der Webcodes nutzen Sie e<strong>in</strong>fach die Internetseite www.uni-halle.de/webcode.Some stories are also available <strong>in</strong> English:www.<strong>in</strong>ternational.uni-halle.de/magaz<strong>in</strong>e Please look for the flag!Wie ist es, als Austauschstudent<strong>in</strong>an der MLU zu studieren? Was istanders im Sem<strong>in</strong>ar <strong>und</strong> außerhalbder Uni? E<strong>in</strong> ungarisch-hawaiianisch-deutschesSprachtandem imGespräch über deutsche Kommilitonen,Bafög <strong>und</strong> Hausschuhe.(Foto: Maike Glöckner)


6 titelthema scientia halensis 2/2013titelthemaPraxis macht den MeisterDie Faustregel besagt, dass alle zehn Jahre die Hälfte des mediz<strong>in</strong>ischen Wissens als überholt gilt. Um auf demLaufenden zu bleiben, müssen Ärzte standardisierte Behandlungsmethoden beherrschen <strong>und</strong> sich ständig weiterbilden.Doch wie schaffen Mediz<strong>in</strong>studierende den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> dieses schnelllebige System, dessen Beherrschungvon so enormer Bedeutung ist? Im SkillsLab, das zum Dorothea-Erxleben-Lernzentrum gehört, werden dieGr<strong>und</strong>lagen für den E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> der Praxis gelegt. Denn klar ist auch: Je sicherer die angehenden Mediz<strong>in</strong>ersich im Umgang mit den Methoden fühlen, umso leichter fällt ihnen später der Kontakt zu richtigen Patienten.Üben an der Schwe<strong>in</strong>ehälfte:Oberarzt Dr. ManfredHerrmann zeigt e<strong>in</strong>er Student<strong>in</strong>im SkillsLab, wie man e<strong>in</strong>eDra<strong>in</strong>age legt.(Fotos: Michael Deutsch)Mediz<strong>in</strong>ische Laien mag der Gang über die Fluredes SkillsLab etwas beklommen machen. Kündendie Schilder auf den vielen Türen doch von Behandlungsmethoden,die sich vor allem zart besaiteteBesucher wohl eher nicht im Detail vorstellen möchten:Harnblasenkatheder, Thoraxdra<strong>in</strong>age oder Endoskopie– so lauten nur e<strong>in</strong>ige der Aufschriften.Für die angehenden Ärzte, die hier während ihrerAusbildung an der Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universität Fähigkeiten<strong>und</strong> Fertigkeiten üben, s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong>sgesamt 50Stationen e<strong>in</strong>e wichtige Hilfe, um sich auf den späterenE<strong>in</strong>satz am Patienten vorzubereiten.Wie misst man den Puls? Wie kontrolliert man Reflexe?Wie hört man den Brustkorb ab? Das s<strong>in</strong>dwichtige Aspekte für den E<strong>in</strong>stieg. Handwerkszeug,das ab e<strong>in</strong>em gewissen Punkt <strong>in</strong> der Ausbildung


scientia halensis 2/2013 titelthema7e<strong>in</strong>fach sitzen muss. Der Vorteil im SkillsLab: DieStudenten können <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geschützten Atmosphäreüben. Und sie dürfen Fehler machen. Fehler, diespäter <strong>in</strong> der Praxis nicht passieren dürfen.„Die Kurse im SkillsLab s<strong>in</strong>d für alle Studentenverpflichtend <strong>und</strong> sie s<strong>in</strong>d für alle gleich“, sagt derLeiter der E<strong>in</strong>richtung, Dr. Dietrich Stoevesandt,e<strong>in</strong> Radiologe. Bei der Vermittlung des Wissens andie Studenten habe man sich vorher auf geltendeStandards gee<strong>in</strong>igt, auch damit später alle auf demgleichen Niveau s<strong>in</strong>d. „Dadurch gew<strong>in</strong>nen die StudentenSelbstvertrauen <strong>in</strong> das Gelernte. Das hilftihnen, wenn sie erstmals mit richtigen Patienten <strong>in</strong>Kontakt kommen“, so Stoevesandt.Die Ausbildung im SkillsLab läuft nach e<strong>in</strong>er so genanntenLernspirale, was nichts anderes bedeutet,als dass die Kurse vom E<strong>in</strong>fachen zum Speziellerenlaufen <strong>und</strong> sich damit am Fortschritt des Lernensorientieren. Soll heißen: Während die Studentender unteren Semester e<strong>in</strong>fache Fertigkeiten wie dasAbhören tra<strong>in</strong>ieren, lernen die Fortgeschrittenenbereits speziellere Untersuchungsmethoden wieetwa die Durchführung von Endoskopien kennen.Angeleitet werden sie dabei übrigens von Gleichges<strong>in</strong>nten.Denn auch die Tutoren, die an den jeweiligenStationen den Hut aufhaben, s<strong>in</strong>d Studenten.„Das spart e<strong>in</strong>erseits Personalkosten <strong>und</strong> ermöglichtso das Lernen <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen, andererseitssenkt es bei den Kursteilnehmern die Hemmschwelle“,erklärt Stoevesandt. Holger Bühler ist e<strong>in</strong>er vonihnen. Der 28-jährige Berl<strong>in</strong>er steht kurz vor demsechsten Fachsemester, hat bereits e<strong>in</strong>e Ausbildungals Krankenpfleger absolviert <strong>und</strong> sogar schon <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik gearbeitet. Nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>erErfahrung hat man ihm e<strong>in</strong>en Job als Tutor imSkillsLab angeboten. „Praxis ist alles“, sagt er.Deshalb f<strong>in</strong>det er die dortigen Angebote auch sowichtig. „Man kann nach vorheriger Anmeldung zusätzlichzum normalen Programm an den Stationenüben. Je mehr Sicherheit man dabei erlangt, umsosouveräner wird man“, so Bühler. Die Anfänge desSkillsLab waren eher bescheiden. Lediglich sechsStationen waren es zu Beg<strong>in</strong>n, an denen die Studentenüben konnten. Nach <strong>und</strong> nach kamen weitereStationen h<strong>in</strong>zu, auch weil der Wissenschaftsratwährend e<strong>in</strong>er Evaluation im Jahr 2008 mehr Praxis<strong>in</strong> der Ausbildung angemahnt hatte.Im Oktober 2011 wurde das gesamte Lernzentrumneu eröffnet <strong>und</strong> seither ständig erweitert. Der Ausbauder E<strong>in</strong>richtung g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>her mit vielen weiterenVeränderungen <strong>und</strong> Verbesserungen für <strong>Halle</strong>s Mediz<strong>in</strong>studierende.So wurde auch die Ausbildungsordnung,das so genannte Curriculum erneuert.Es ist jetzt <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är <strong>und</strong> erkrankungsspezifischaufgebaut. Das bedeutet: Alle Aspekte e<strong>in</strong>erErkrankung – von den Symptomen bis zur Therapie– werden <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är gelehrt. Das jeweiligeKrankheitsbild wird dabei eng mit den spezifischenAspekten aus allen Teilbereichen der Mediz<strong>in</strong> verknüpft.Auf diese Weise soll das Verständnis derStudierenden für e<strong>in</strong>e Erkrankung sowie derenDiagnostik <strong>und</strong> Therapie verbessert werden. „Dasbr<strong>in</strong>gt für das Lernen enorme Vorteile, der Stoffprägt sich dadurch e<strong>in</strong>fach besser e<strong>in</strong>“, sagt StudentHolger Bühler.E<strong>in</strong> weiterer Vorteil: Die Ausbildung im SkillsLab <strong>und</strong>die curriculare Lehre s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen gut aufe<strong>in</strong>anderabgestimmt. Das bedeutet, wenn die Studentenlaut Curriculum das Modul zum Thema „Lunge“absolvieren, dann üben sie zeitgleich im SkillsLabetwa das Durchführen e<strong>in</strong>es Lungenfunktionstests.Bei den Studenten kommt das neue System gut an.Und auch SkillsLab-Chef Stoevesandt ist zufrieden.Der 36-Jährige hat se<strong>in</strong>erzeit selbst <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> Mediz<strong>in</strong>studiert. Damals gab es noch ke<strong>in</strong> SkillsLab <strong>und</strong> derAusbildung fehlte es an praktischen <strong>und</strong> standardisiertenAspekten. „Die heutigen Studenten habenwesentlich bessere Bed<strong>in</strong>gungen. Uns geht es darum,sie so vorzubereiten, dass sie <strong>in</strong> ihrem späterenBeruf kompetent handeln können.“ Ines GodazgarKontakt: Dr. Dietrich StoevesandtSkillsLab / Dorothea-Erxleben-LernzentrumTelefon: 0345 557 4020E-Mail: Dietrich.Stoevesandt@mediz<strong>in</strong>.uni-halle.de„Praxis ist alles“, sagt Mediz<strong>in</strong>studentHolger Bühler.


8 titelthema scientia halensis 2/2013Den Volkskrankheitenauf der SpurEs ist die größte je geplante Ges<strong>und</strong>heitsstudie <strong>in</strong> Deutschland: In der „Nationalen Kohorte“ sollen 200.000Teilnehmer im Alter von 20 bis 69 Jahren untersucht werden. An b<strong>und</strong>esweit 18 Studienzentren laufen dieVorbereitungen zu dem Forschungsvorhaben zu Volkskrankheiten. <strong>Mit</strong> 210 Millionen Euro wird das Projektvon B<strong>und</strong>, Ländern <strong>und</strong> der Helmholtz-Geme<strong>in</strong>schaft Deutscher Forschungszentren f<strong>in</strong>anziert. Mediz<strong>in</strong>erder MLU leiten e<strong>in</strong>es der Zentren. Im Interview gibt Professor Dr. Andreas Stang, Direktor des Instituts fürkl<strong>in</strong>ische Epidemiologie, über die Studie <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> Auskunft.„Diese Studie wird unsvoraussichtlich die nächsten20 bis 30 Jahre beschäftigen“,sagt Prof. Dr. Andreas Stang.Er ist stimmberechtigtes<strong>Mit</strong>glied im Planungskomiteeder "Nationalen Kohorte".(Foto: UKH)Welches Anliegen verfolgt die Nationale Kohorte?Die Nationale Kohorte hat zum Ziel, neue E<strong>in</strong>flussfaktorenvon häufigen, <strong>in</strong> der Regel multifaktoriellverursachten, chronischen Erkrankungen wie<strong>Herz</strong>-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus oderKrebserkrankungen zu ermitteln. Die Studie bietete<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiges Potential für die Beantwortunge<strong>in</strong>er Vielzahl von wissenschaftlichen Fragestellungen.Insbesondere werden die Forscher wertvolleErkenntnisse darüber gew<strong>in</strong>nen, wie genetischeFaktoren, Umweltbed<strong>in</strong>gungen, soziales Umfeld <strong>und</strong>Lebensstil bei der Entstehung von Krankheiten zusammenwirken.Aus den Erkenntnissen sollen Strategienfür e<strong>in</strong>e bessere Vorbeugung <strong>und</strong> Behandlungder wichtigsten Volkskrankheiten abgeleitet werden.Womit konnte <strong>Halle</strong> bei der Bewerbung als Studienzentrumpunkten?Insbesondere sprach für <strong>Halle</strong>, dass hier Epidemiologenarbeiten, die e<strong>in</strong>e reiche Erfahrung <strong>in</strong> derDurchführung <strong>und</strong> Auswertung bevölkerungsbezogenerBeobachtungsstudien haben. So wird <strong>in</strong> <strong>Halle</strong><strong>in</strong> Zusammenarbeit des Instituts für Mediz<strong>in</strong>ischeEpidemiologie, Biometrie <strong>und</strong> Informatik mit derKl<strong>in</strong>ik für Innere Mediz<strong>in</strong> III seit 2002 die sogenannteCARLA-Studie durchgeführt. Das ist e<strong>in</strong>e Langzeit-Beobachtungsstudie, <strong>in</strong> der knapp 2000 <strong>Halle</strong>nser<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> <strong>Halle</strong>nser <strong>in</strong>sbesondere bezüglich <strong>Herz</strong>-Kreislauf-Erkrankungen <strong>und</strong> deren Risikofaktorenuntersucht werden. Ich selber habe <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Zeit<strong>in</strong> Essen die ‚He<strong>in</strong>z Nixdorf Recall Studie’, e<strong>in</strong>e bevölkerungsbezogeneStudie mit 4.814 Frauen <strong>und</strong>Männern zu <strong>Herz</strong>-Kreislauf-Erkrankungen im Ruhrgebiet,koord<strong>in</strong>iert.Welche Aufgaben übernimmt die Studienambulanz<strong>in</strong> <strong>Halle</strong>?Im Studienzentrum <strong>Halle</strong> sollen ab Ende des Jahres2013 10.000 Personen aus <strong>Halle</strong> <strong>und</strong> dem Saalekreisim Alter zwischen 20 <strong>und</strong> 69 Jahren untersucht werden.In der Vorbereitung der Nationalen Kohorte istdas Studienzentrum <strong>Halle</strong> <strong>in</strong>tensiv <strong>in</strong> die Entwicklungvon Untersuchungsmodulen <strong>in</strong>volviert.Kann man sich freiwillig melden?Leider ne<strong>in</strong>. Ziel der Studie ist es, e<strong>in</strong> möglichstrepräsentatives Abbild der <strong>in</strong> den Studienregionenlebenden Bevölkerung zu bekommen. Hierfür ist esnotwendig, Personen zufällig aus der Bevölkerungauszuwählen. Dies geschieht, <strong>in</strong>dem Zufallsstichprobenaus den zuständigen Melderegistern gezogenwerden. Nur die so ausgewählten Personen werdendann zur Untersuchung e<strong>in</strong>geladen. Um e<strong>in</strong>emöglichst hohe Repräsentativität zu erreichen, istes wichtig, dass von den ausgewählten Personen soviele wie möglich an der Untersuchung teilnehmen.


scientia halensis 2/2013 titelthema9Was erwartet die Teilnehmer?Die Teilnehmer erwartet e<strong>in</strong>e Vielzahl von <strong>in</strong>teressantenUntersuchungen aus unterschiedlichenmediz<strong>in</strong>ischen Bereichen. Dabei bekommen alleTeilnehmer e<strong>in</strong> sogenanntes Basis-Untersuchungsprogramm,welches unter anderem aus der Erhebungdes Blutdrucks, e<strong>in</strong>es EKGs, der arteriellenFlussgeschw<strong>in</strong>digkeit, kognitiven Tests, e<strong>in</strong>er Lungenfunktionsprüfung<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Handkraftmessungbesteht. Darüber h<strong>in</strong>aus werden Befragungen impersönlichen Interview <strong>und</strong> als Touchscreenbefragungdurchgeführt <strong>und</strong> Biomaterial, also vorallem Blut, Ur<strong>in</strong> <strong>und</strong> Speichel abgenommen. E<strong>in</strong>Teil der Probanden bekommt e<strong>in</strong> erweitertes Untersuchungsprogramm,zu dem unter anderem e<strong>in</strong>Diabetestest <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Ultraschall des <strong>Herz</strong>ens zählen.Wie ist der aktuelle Stand der Vorbereitung?Momentan bef<strong>in</strong>den wir uns quasi <strong>in</strong> der letztenPhase vor dem heißen Start. Es wurden bisherweitestgehend die Untersuchungsmodule zusammengestellt<strong>und</strong> getestet, sowie die gesamtenorganisatorischen <strong>und</strong> logistischen Strukturen aufgebaut.Nun f<strong>in</strong>det noch der „Fe<strong>in</strong>schliff“ des Untersuchungsprogrammsstatt.Wann starten die Untersuchungen?Der Beg<strong>in</strong>n der Pilotphase ist für September 2013vorgesehen, direkt danach wird Anfang 2014 dieHauptphase der Studie starten.Wie lange werden Sie <strong>und</strong> die Teilnehmer mit derStudie beschäftigt se<strong>in</strong>?Die durch das BMBF, die B<strong>und</strong>esländer <strong>und</strong> dieHelmholtz-Geme<strong>in</strong>schaft geförderte Studie wirduns voraussichtlich die nächsten 20 bis 30 Jahrebeschäftigen.Gibt es im Rahmen der Nationalen Kohorte Kooperationenmit anderen Fakultäten der MLU?Im Rahmen der Auswertung von Daten zur Schlafcharakterisierungarbeiten wir eng mit Dr. Jan Kantelhardtaus dem Institut für Physik zusammen. Erentwickelt mit uns geme<strong>in</strong>sam Algorithmen, mitHilfe derer Daten aus mobilen Untersuchungsgerätenausgewertet werden können.Wie passt die Nationale Kohorte zu den Forschungsschwerpunktender Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät<strong>und</strong> der Universität?E<strong>in</strong> Schwerpunkt unserer Fakultät ist die ‚Kl<strong>in</strong>ischeEpidemiologie <strong>und</strong> Pflegeforschung’. Damit passtdie Nationale Kohorte als epidemiologische Beobachtungsstudiebesonders gut an unsere Fakultät.Interview: Jens MüllerKontakt: Prof. Dr. Andreas StangInstitut für Kl<strong>in</strong>ische EpidemiologieTelefon: 0345 557 3567E-Mail: kl<strong>in</strong>epi@mediz<strong>in</strong>.uni-halle.deZur Langfassung desInterviews:WEBCODE MAG 14993QR CODE


10 anzeigen scientia halensis 2/2013Neue Stadt? Neues Leben? Neue Wohnung!ImmobilienmaklerHausverwaltungWEG-VerwaltungTel.: 0345 69 28 80<strong>in</strong>fo@his-halle.dewww.his-halle.deAUDI ZENTRUM HALLERennbahnkreuz 1 06122 <strong>Halle</strong> (Saale)Telefon: 0345 21157-0 Telefax: 0345 21157-15AUDI A3<strong>Mit</strong>e<strong>in</strong>anderSpitzenklasseVolkswagen Zentrum <strong>Halle</strong>Holzplatz 8 06110 <strong>Halle</strong> (Saale)Tel: 0345 21156-0 Fax: 0345 21156-56GOLF VIIwww.asa-gruppe.de


scientia halensis 2/2013 titelthema11Junges <strong>Herz</strong> <strong>und</strong> graue HaareWie altert das <strong>Herz</strong>? Lässt sich se<strong>in</strong> Alterungsprozess verlangsamen? Kardiologen der MLU gehen diesen Fragen<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Studie über den Prozess der <strong>Herz</strong>alterung nach. Die Besonderheit der „Anti-CardAge<strong>in</strong>g Studie“liegt <strong>in</strong> ihrem präventiven Ansatz: Die Mediz<strong>in</strong>er arbeiten ausschließlich mit herzges<strong>und</strong>en Probanden. Diekl<strong>in</strong>ische Studie läuft seit bald zweie<strong>in</strong>halb Jahren <strong>und</strong> wird an der Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät mit molekularbiologischerGr<strong>und</strong>lagenforschung verb<strong>und</strong>en.Das <strong>Herz</strong> ist das e<strong>in</strong>zige Organ, an dem man dasAlter e<strong>in</strong>es Menschen messen kann, ohne dass e<strong>in</strong>körperlicher E<strong>in</strong>griff notwendig ist. Denn unser<strong>Herz</strong>schlag verändert sich mit steigendem Alter:„Die Zahl der <strong>Herz</strong>schläge bleibt zwar ungefährgleich, aber die Variabilität der <strong>Herz</strong>frequenz s<strong>in</strong>kt.Unser <strong>Herz</strong> wird starrer“, erklärt die Kardiolog<strong>in</strong>Prof. Dr. Ursula Müller-Werdan. Je älter wir werden,desto schwerer fällt es unserem <strong>Herz</strong>, sich schnell<strong>und</strong> flexibel an körperliche Erfordernisse anzupassen.Se<strong>in</strong>e Leistungsreserve nimmt ab, das Organkann mit e<strong>in</strong>em <strong>Herz</strong>schlag weniger Blut durchunsere Adern pumpen <strong>und</strong> wir geraten beim Treppensteigenleichter außer Atem.<strong>Mit</strong> der „Anti-CardAge<strong>in</strong>g Studie“ wollen die halleschenMediz<strong>in</strong>er prüfen, wie die Alterungsprozesseim <strong>Herz</strong>en mit den Alterungsprozessen des Immunsystemszusammenhängen. „Dieser Fragestellungmithilfe von ges<strong>und</strong>en Probanden nachzugehen –das ist bislang e<strong>in</strong>malig“, sagt Projektleiter<strong>in</strong> Müller-Werdan. Die These der Forscher: Die <strong>Herz</strong>alterungwird durch das natürliche Altern des Immunsystemsbeschleunigt. Das hieße umgekehrt, „dass e<strong>in</strong>eSenkung der Entzündungslast im Körper die physiologische<strong>Herz</strong>alterung aufhalten kann.“ Zwei Maßnahmensollen den Alterungsprozess bei der Hälfteder Probanden verlangsamen: Sportlichen Aktivitäten<strong>und</strong> die E<strong>in</strong>nahme e<strong>in</strong>es Cholester<strong>in</strong>senkers<strong>in</strong> Tablettenform. Das Fettsenkungsmittel wird seitmehr als zehn Jahren e<strong>in</strong>gesetzt, um beispielsweisebei <strong>Herz</strong><strong>in</strong>farkt-Patienten e<strong>in</strong>em weiteren Infarktvorzubeugen.(Foto: Jakub Krechowicz /Fotolia)


12 titelthema scientia halensis 2/2013Prof. Dr. Ursula Müller-Werdan (Foto: UKH)Hat bislang der kranke Mensch im <strong>Mit</strong>telpunkt dermediz<strong>in</strong>ischen Bemühungen gestanden, so zeichnetsich im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert e<strong>in</strong> Zukunftstrend <strong>in</strong> RichtungPräventivmediz<strong>in</strong> ab.Schon heute gibt es Studien über den vorbeugendenE<strong>in</strong>satz von Mediz<strong>in</strong>. Bislang wird jedoch meistprimär-präventiv geforscht, d.h. um das Auftretene<strong>in</strong>er Erkrankung z. B. durch Tablettene<strong>in</strong>nahme zuvermeiden. „Wir wollen h<strong>in</strong>gegen dem natürlichen<strong>Herz</strong>alterungsprozess vorgreifen“, sagt Ursula Müller-Werdan.Dabei bestand die Herausforderung fürdie Kardiologen zunächst dar<strong>in</strong>, ideal <strong>Herz</strong>ges<strong>und</strong>eim Alter von 60 bis 75 Jahren zu f<strong>in</strong>den, die bislangmöglichst wenig Sport getrieben haben. Neue Probandenmüssen zunächst e<strong>in</strong> umfangreiches Untersuchungsprogrammsabsolvieren.Unterstützt werden die Mediz<strong>in</strong>er dabei durch dasKoord<strong>in</strong>ierungzentrum für Kl<strong>in</strong>ische Studien <strong>Halle</strong>(KKSH) sowie durch die Ethik-Kommission der MLU,welche die Studie beratend begleitet. „Ohne dasKKSH könnten wir diese Studie nicht durchführen.Durch das Zentrum ist gewährleistet, dass derPrüfarzt ke<strong>in</strong>erlei E<strong>in</strong>fluss auf die Randomisierungnehmen kann.“ Das KKSH übernimmt auch e<strong>in</strong>enGroßteil der Verwaltung <strong>und</strong> Auswertung.Die Studie wurde zudem über anderthalb Jahre vonder Deutschen Stiftung für <strong>Herz</strong>forschung f<strong>in</strong>anziellgefördert, sowie durch das Wilhelm-Roux-Programmzur Nachwuchs- <strong>und</strong> Forschungsförderungan der Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät unterstützt. IhreArbeitshypothese prüfen die Forscher nicht alle<strong>in</strong>mithilfe der Probanden, sondern auch auf moleku-larbiologischer Ebene: Das Projekt ist Teil e<strong>in</strong>es größerangelegten translationalen Forschungsansatzes,<strong>in</strong> dem dieselbe These von e<strong>in</strong>er durch die Alterungdes Immunsystems beschleunigten Organalterungdurch vorkl<strong>in</strong>ische Forschung <strong>und</strong> durch die kl<strong>in</strong>ischeStudie zugleich geprüft wird.In Teilprojekten erforschen die MLU-ProfessorenUdo Klöckner, Henn<strong>in</strong>g Ebelt <strong>und</strong> Ursula Müller-Werdan sowie der Dekan der Fakultät, Prof. Dr.Michael Gekle, <strong>in</strong>wieweit Entzündungsprozessedie <strong>Herz</strong>frequenz verändern können. Sie konntenbereits zeigen, dass mit <strong>in</strong>neren Entzündungsreaktionene<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>kende Variabilität der <strong>Herz</strong>frequenze<strong>in</strong>hergeht. Die kl<strong>in</strong>ische Studie soll die Forscherbei ihren molekularbiologischen Untersuchungenebenfalls voran br<strong>in</strong>gen: „Wir werden auch die Entzündungsmarkerim Blut der Probanden messen <strong>und</strong>auswerten“, so Müller-Werdan.Zwei Jahre, nachdem der letzte Proband se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schlussuntersuchungabsolviert hat, werden dieErgebnisse vorliegen. Cor<strong>in</strong>na BertzKontakt: Prof. Dr. Ursula Müller-WerdanUniversitätskl<strong>in</strong>ik u. Polikl<strong>in</strong>ik für Innere Mediz<strong>in</strong> IIITelefon: 0345 557 2816E-Mail: ursula.mueller-werdan@medz<strong>in</strong>.uni-halle.deDas Koord<strong>in</strong>ierungszentrum fürKl<strong>in</strong>ische Studien <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> (KKS <strong>Halle</strong>)Das KKS <strong>Halle</strong> ist seit 2002 Dienstleistungse<strong>in</strong>richtung der Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät der Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universität. 20 <strong>Mit</strong>arbeiter betreuen zurzeit 37 Projekte <strong>in</strong> dem Zentrum unweit des Universitätskl<strong>in</strong>ikums.Sie unterstützten Wissenschaftler, die e<strong>in</strong>e nichtkommerzielle Studie <strong>in</strong>itiieren möchten,bei deren Akquisition, Planung, Koord<strong>in</strong>ierung, Durchführung, Auswertung <strong>und</strong> Publikation. E<strong>in</strong>weiterer Fokus der Tätigkeit des KKS <strong>Halle</strong> liegt auf der Weiterbildung von kl<strong>in</strong>ischem Studienpersonal.Insgesamt wurden bislang circa 100 Projekte akquiriert. Nachdem die Anschubf<strong>in</strong>anzierungdes B<strong>und</strong>es ausgelaufen ist, sichern jetzt e<strong>in</strong>geworbene Drittmittel sowie die Mediz<strong>in</strong>ische Fakultätden Fortbestand des KKS <strong>Halle</strong>.


scientia halensis 2/2013 titelthema13Interdiszipl<strong>in</strong>är <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternational: Alternsforschung <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>Wie laufen Prozesse des Alterns ab? Wie können wirmöglichst ges<strong>und</strong> alt werden? Fragen der Alternsforschungs<strong>in</strong>d heute von hoher gesellschaftlicher Relevanz.<strong>Mit</strong> dem Interdiszipl<strong>in</strong>ären Zentrum für Altern(IZAH) hat sich an der Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universitätfrühzeitig e<strong>in</strong>es der wenigen <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är arbeitendenZentren zur Alternsforschung <strong>in</strong> Deutschlandetabliert. Denn Alternsforschung verknüpft nichtnur Gr<strong>und</strong>lagenforschung mit kl<strong>in</strong>ischer Forschung.„Sie verb<strong>in</strong>det alle mediz<strong>in</strong>ischen Fachgebiete mitanderen wissenschaftlichen Diszipl<strong>in</strong>en wie Biologie,Psychologie <strong>und</strong> Soziologie“, sagt Prof. Dr.Andreas Simm, stellvertretender Sprecher des Zentrums.So wird am Institut für Biologie zum Beispielerforscht, was geschieht, wenn Pflanzen durchStress altern.Über Fächer- <strong>und</strong> Ländergrenzen h<strong>in</strong>weg wird auchim September 2013 an der Universitätskl<strong>in</strong>ik <strong>und</strong>Polikl<strong>in</strong>ik für <strong>Herz</strong>- <strong>und</strong> Thoraxchirurgie über Alternsforschungdiskutiert. Die Kl<strong>in</strong>ik veranstaltetgeme<strong>in</strong>sam mit dem IZAH sowie mit der DeutschenGesellschaft für Gerontologie <strong>und</strong> Geriatrie <strong>und</strong> derDeutschen Gesellschaft für Thorax-, <strong>Herz</strong>- <strong>und</strong> Gefäßchirurgiedie sechste <strong>in</strong>ternationale Tagung zurAlternsforschung <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>. Renommierte Mediz<strong>in</strong>er,Psychologen, Soziologen <strong>und</strong> Biologen aus <strong>Halle</strong> <strong>und</strong>aus aller Welt werden sich mit dem Thema „Stress<strong>und</strong> Altern“ ause<strong>in</strong>andersetzen.Die Referenten sprechen unter anderem über psychosozialenStress, über die Wirkungen von Stressim <strong>Herz</strong>- <strong>und</strong> Gefäßsystem sowie über Stressbewältigung<strong>und</strong> Regeneration aus mediz<strong>in</strong>ischer Sicht.Im Rahmen der Veranstaltung wird zudem derKarl-Ludwig-Schober-Preis an e<strong>in</strong>en renommiertenAlternsforscher verliehen.Durch die Unterstützung der Vere<strong>in</strong>igung derFre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Förderer der Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universität<strong>Halle</strong>-Wittenberg e. V. (VFF) wird halleschenStudierenden aller Fächer sowie ausgewählten Gymnasiastene<strong>in</strong>e kostenfreie Teilnahme ermöglicht.Die Vere<strong>in</strong>igung übernimmt zudem die F<strong>in</strong>anzabwicklungzur Tagung. cbTROTHE OPTIKGroße Ste<strong>in</strong>straße 10 · 06108 <strong>Halle</strong>Telefon (03 45) 2029241Ste<strong>in</strong>weg 27 · 06110 <strong>Halle</strong>Telefon (03 45) 5126560www.trothe.deTROTHE sehzentrumKontaktl<strong>in</strong>sen-Institutvergrößernde SehhilfenKle<strong>in</strong>schmieden 6 · 06108 <strong>Halle</strong>Telefon (0345) 5238000www.trothe-sehzentrum.de


14 varia scientia halensis 2/2013variaAus Tandemswachsen Netzwerke„Im Tandem zum Erfolg“ lautet der Slogan des Mentor<strong>in</strong>g-Programms 2012 bis 2014 für Nachwuchswissenschaftler<strong>in</strong>nen,das zu den attraktiven Angeboten des Gleichstellungsbüros der Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universitätgehört. Es soll helfen, an der Hochschule noch mehr Frauen den Weg <strong>in</strong> Führungspositionen oder den Berufse<strong>in</strong>stieg<strong>in</strong> die Wissenschaft zu erleichtern. Der erste Zyklus startete im Herbst 2012 <strong>und</strong> erstreckt sich über dreiSemester. E<strong>in</strong> hallesches Tandem hat scientia halensis <strong>in</strong> der Zoologie getroffen.Stephanie Schneider <strong>und</strong>ihr Mentor PD Dr. Wolf-Rüdiger Große nehmen e<strong>in</strong>eFeuerwanze „unter die Lupe“.(Foto: Maike Glöckner)„Für das Mentor<strong>in</strong>g-Programm der Universität könnensich Promovend<strong>in</strong>nen, Habilitand<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>Junior-Professor<strong>in</strong>nen aller Fakultäten bewerben.Voraussetzung ist, dass sie mit e<strong>in</strong>er Haushaltsstellean der MLU beschäftigt s<strong>in</strong>d“, sagt Diplompädagog<strong>in</strong>Verena Stange, die das Projekt seit Januar 2013koord<strong>in</strong>iert. „Es handelt sich um e<strong>in</strong> Angebot, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong> Professor oder e<strong>in</strong>e Professor<strong>in</strong> (Mentor<strong>in</strong>)e<strong>in</strong>e Nachwuchswissenschaftler<strong>in</strong> (Mentee) <strong>in</strong>ihrer wissenschaftlichen Entwicklung gezielt begleitet<strong>und</strong> unterstützt.“ Die Laufbahn-Beratungsteht dabei im <strong>Mit</strong>telpunkt. In diesem Rahmen ge-


scientia halensis 2/2013 varia15ben die Mentoren ihre persönlichen Erfahrungenmit dem Wissenschaftssystem weiter. Damit wird<strong>in</strong>formelles Expertenwissen zur Qualifikation vonNachwuchswissenschaftler<strong>in</strong>nen genutzt.„Insgesamt 14 junge Wissenschaftler<strong>in</strong>nen nehmenan dem Programm teil“, resümiert Stange. Sie bef<strong>in</strong>densich <strong>in</strong> folgenden Qualifikationsstufen: siebenDoktorand<strong>in</strong>nen, sechs Post-Docs/Habilitand<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Junior-Professor<strong>in</strong>. „Die Mentees habensich unter b<strong>und</strong>esweit tätigen Wissenschaftler<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Wissenschaftlern ihre gewünschten Mentorenmit Unterstützung der Uni-GleichstellungsbeauftragtenDr. Kathr<strong>in</strong> Hirsch<strong>in</strong>ger ausgesucht“, so dieKoord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>. „Ziel ist es, e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Pool mitmöglichen Mentor<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mentoren der verschiedenstenFächer zu haben, aus dem wir wählenkönnen. Daher freuen wir uns auch, wenn sich Interessiertebei uns melden.“„Das Mentor<strong>in</strong>g-Programm an der MLU setzt sichaus drei Säulen zusammen: Mentor<strong>in</strong>g, Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>und</strong>Network<strong>in</strong>g“, erklärt Verena Stange. „H<strong>in</strong>ter derMentor<strong>in</strong>g-Säule steht das Zusammenwirken vonMentor<strong>in</strong> <strong>und</strong> Mentee <strong>in</strong>nerhalb ihres Tandems mitCoach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Wissensvermittlung. Im Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g erhaltendie Mentees e<strong>in</strong> vielfältiges Angebot an Sem<strong>in</strong>aren<strong>und</strong> Workshops zur Kompetenzerweiterung.Network<strong>in</strong>g wiederum dient der professionellenVernetzung mit anderen Mentees <strong>und</strong> dem ergänzendenAustausch über Promotion <strong>und</strong> Habilitation,um weitere Impulse zu erhalten.“Die halleschen Mentees kommen aus den verschiedenstenFächergruppen – von Agrar- <strong>und</strong>Ernährungswissenschaften über Psychologie biszu den Wirtschaftswissenschaften. Die Mentorenstammen aus Frankfurt (Oder), Leipzig, Eichstätt,Berl<strong>in</strong>, Gött<strong>in</strong>gen, Zürich, <strong>Halle</strong>, Gießen, Hamburg<strong>und</strong> Bremen. „Das Projekt hat vor allem auch denCharme, dass dabei Netzwerke <strong>und</strong> Forschungskooperationenmit anderen Universitäten entwickeltwerden können“, beschreibt Dr. Kathr<strong>in</strong> Hirsch<strong>in</strong>gerdie Vorteile.Darüber h<strong>in</strong>aus bietet das Programm auch Sem<strong>in</strong>are<strong>und</strong> Angebote, die Karrierestrategien fürNachwuchswissenschaftler<strong>in</strong>nen vorstellen oderStrategien zur Vere<strong>in</strong>barung von Familie <strong>und</strong> Beruf.Weitere Themen s<strong>in</strong>d Projektmanagement, Bewerbungscoach<strong>in</strong>gfür Frauen, Führungskompetenzen,Diskussionsführung sowie Fördermöglichkeiten fürdie Promotion <strong>und</strong> Post-Doc-Phase. Der Workshop„Karriere <strong>und</strong> K<strong>in</strong>d“ fand gute Resonanz. Im Maisoll e<strong>in</strong>e weitere Veranstaltung zur Drittmittele<strong>in</strong>werbungfolgen. Erstmals gab es im Februar e<strong>in</strong>enStammtisch für Mentees mit guter Beteiligung, derkünftig aller sechs Wochen fortgesetzt werden soll.Am 28. Juni 2013 ist e<strong>in</strong> Bergfest geplant, an demauch die M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Birgitta Wolff teilnehmen wird.E<strong>in</strong> hallesches Tandem <strong>in</strong> der Zoologie hat scientiahalensis befragt: Stephanie Schneider <strong>und</strong> ihrenMentor PD Dr. Wolf-Rüdiger Große. Die junge Diplombiolog<strong>in</strong>arbeitet seit April 2011 an ihrer Promotion<strong>und</strong> widmet sich Reproduktionsstrategienvon pflanzensaugenden Paraneoptera – das s<strong>in</strong>dInsekten wie Wanzen, Thripse oder Zikaden. Als speziellesModelltier dient dabei die Feuerwanze. StephanieSchneider besuchte bereits während ihresBiologiestudiums Lehrveranstaltungen bei PD Dr.Wolf-Rüdiger Große <strong>und</strong> hatte schon se<strong>in</strong>e mündlicheZusage, bevor sie ihn dem Gleichstellungsbüroals Mentor vorschlug.„Bisher gibt es e<strong>in</strong>e Reihe von Vorteilen durch dasTandem. Es ist wichtig, verschiedene Aspekte beimEntstehen der Arbeit diskutieren zu können <strong>und</strong> dasWissen des Mentors <strong>in</strong> methodischen D<strong>in</strong>gen ständigmit e<strong>in</strong>fließen zu lassen“, sagt die Entomolog<strong>in</strong>.Nicht zuletzt spiele auch die ständige Kommunikationper E-Mail e<strong>in</strong>e wichtige Rolle, denn hier gibt eszum Beispiel H<strong>in</strong>weise auf <strong>in</strong>ternationale Artikel zurThematik, auf Tagungen <strong>und</strong> Ähnliches.„Das Mentor<strong>in</strong>g-Programm gibt mir sehr viel“, sagtSchneider. „Vor allem s<strong>in</strong>d auch die Workshops wirklichgut, denn hier gehen kompetente Referentenauch auf persönliche Probleme e<strong>in</strong>. Nicht zuletzthalte ich den Stammtisch für e<strong>in</strong>e gute Idee. Beimersten Stammtisch war ich dabei <strong>und</strong> konnte mitMentees aus anderen Bereichen Erfahrungen austauschen.“Ute OlbertzKontakt: Verena StangeProjektkoord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>Büro der GleichstellungsbeauftragtenTelefon: 0345 55 21358E-Mail: verena.stange@gleichstellung.uni-halle.de„Das Projekt hatden Charme, dassdabei Netzwerke<strong>und</strong> Forschungskooperationenmitanderen Universitätenentwickeltwerden können.“dr. kathr<strong>in</strong>hirsch<strong>in</strong>gerMehr zum Mentor<strong>in</strong>g-Programm unter: www.gleichstellung.uni-halle.de


16 varia scientia halensis 2/2013bilderrätselWas zeigt diesesBild?Des Rätsels Lösung istwieder im Unimagaz<strong>in</strong>versteckt.Wer der Redaktion alsErste(r) per Telefon,E-Mail, Fax oder (Haus-)Post die richtige Lösungübermittelt, auf die oderden wartet e<strong>in</strong> Gutsche<strong>in</strong>im Wert von 15 Euro,e<strong>in</strong>zulösen im Uni-Shopim Marktschlösschen.Viel Glück!Das Rätselfoto <strong>in</strong> derscientia halensis 1/13,Seite 8, zeigte den Ausschnitte<strong>in</strong>er Publikationvon Prof. Dr. GeorgTheunissen auf Seite 41.Der Schnellste, der dasRätsel löste, warDr. Malte Bismarck.Der Mathematikerarbeitet am Zentrum fürMediz<strong>in</strong>ische Gr<strong>und</strong>lagenforschung(ZMG)der MLU.Zeichnung: Oliver Weiss„Bitte e<strong>in</strong>mal gemischten Sprachsalat …“Diesmal magenfre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong>geschmacklos garniertE<strong>in</strong> Unimagaz<strong>in</strong> zum Schwerpunkt Mediz<strong>in</strong> – da sagtmir me<strong>in</strong> Bauchgefühl, die Zutaten zum Sprachsalatsollten diesmal Vergleiche <strong>und</strong> Redewendungense<strong>in</strong>, die sich irgendwie auf den menschlichen Körper,Teile davon oder bestimmte S<strong>in</strong>nesreize beziehen.Und liegt es nicht auf der Hand, dass ich gleichf<strong>in</strong>gerfertig zu mixen beg<strong>in</strong>ne, damit mir nicht unversehensder Term<strong>in</strong> im Nacken sitzt? Denn wennich mich auf die faule Haut lege <strong>und</strong> der Salat amEnde nicht rechtzeitig fertig wird, drückt ke<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>Auge zu!Auf unsere fünf S<strong>in</strong>ne gehen auch die folgendenWendungen zurück: Wenn es jemandem schnuppeist, was andere von ihm wollen, geht ihm das zue<strong>in</strong>em Ohr re<strong>in</strong>, zum anderen raus; bei konkretenWünschen ist er manchmal auf e<strong>in</strong>em Auge bl<strong>in</strong>doder auf dem Ohr taub. Und falls er etwas partoutnicht will, verkündet er gern: Das schmeckt mirnicht. Von Leuten, die er nicht mag, sagt er, dass ersie nicht riechen könne.Gleichfalls <strong>in</strong> übertragener Bedeutung ist es geme<strong>in</strong>t,wenn man jemanden auffordert, Augen <strong>und</strong>Ohren offen zu halten oder jemand anderem dieDaumen zu drücken, die Stirn zu bieten, die Zähnezu zeigen oder (ke<strong>in</strong>e fe<strong>in</strong>e Art) die Ellenbogen zugebrauchen. Fordert etwas unser Misstrauen heraus,machen wir uns schon mal e<strong>in</strong>en Kopf <strong>und</strong>fragen uns, ob das Ganze Hand <strong>und</strong> Fuß hat. Ehewir jemand Neuen – womöglich noch jemanden,der auf großem Fuße lebt – <strong>in</strong> unseren Fre<strong>und</strong>eskreisaufnehmen, sollten wir nicht zu blauäugig se<strong>in</strong>, sondernihn lieber auf <strong>Herz</strong> <strong>und</strong> Nieren prüfen. Kriegenwir dabei Bauchschmerzen oder kalte Füße, dannhusten wir ihm was. Wir wollen uns ja nicht auf derNase herumtanzen lassen! Allerd<strong>in</strong>gs braucht mane<strong>in</strong> breites Kreuz, wenn man jemandem die kalteSchulter zeigen oder ihm gar auf die Zehen tretenwill … Hat man trotz Vorsicht doch e<strong>in</strong>e Bauchlandunggebaut <strong>und</strong> das Gesicht verloren, passiert es,dass e<strong>in</strong>em die Galle überläuft; das muss man dannzähneknirschend akzeptieren, ohne gleich <strong>in</strong> die Kniezu gehen oder verschnupft zu se<strong>in</strong>.Mancher me<strong>in</strong>t jetzt vielleicht, da sei doch gar zuvieles an den Haaren herbeigezogen, man müssesich nur dickköpfig <strong>und</strong> hartnäckig genug zeigen<strong>und</strong> ab <strong>und</strong> an mal die Muskeln spielen lassen, dannkönne das alles ke<strong>in</strong> Hals- <strong>und</strong> Be<strong>in</strong>bruch se<strong>in</strong>. Dasse<strong>in</strong>em, der sich ärgert, e<strong>in</strong>e Laus über die Leber läuftoder man, wie es Eltern ihren lieben Kle<strong>in</strong>en gernandrohen, vom Eisessen Läuse im Bauch kriegt, istja auch längst widerlegt.Allerd<strong>in</strong>gs gibt es doch ganz handfeste <strong>und</strong> direkt geme<strong>in</strong>teÄußerungen, etwa wenn sich e<strong>in</strong>er oder e<strong>in</strong>eals Nervenbündel zu erkennen gibt, dem leicht wasauf den Magen schlägt oder wenn uns jemandes Nasenicht passt, während wir andere umarmen oderumhalsen. Margarete We<strong>in</strong>


scientia halensis 2/2013 varia17WEINBERG KIDS... für Dich da ...Studierendenrat derMart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universität<strong>Halle</strong>-Wittenberg„We<strong>in</strong>bergKids“: Mehr Flexiblität für ElternVorlesungen am späten Nachmittag oder Kolloquienam Abend s<strong>in</strong>d auch an der MLU ke<strong>in</strong>e Seltenheit.Vor allem Eltern – egal ob sie studieren oder lehren– haben oft Schwierigkeiten, Term<strong>in</strong>e außerhalb derÖffnungszeiten von K<strong>in</strong>dertagesstätten wahrzunehmen.Ab 06. Mai soll das anders werden: Am We<strong>in</strong>bergCampus werden das Studentenwerk <strong>Halle</strong> alsTräger, das Familienbüro sowie der Studierendenratgeme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung zur Randzeitenbetreuungvon K<strong>in</strong>dern anbieten. „Das Angebot richtet sichan alle Studierenden <strong>und</strong> Beschäftigten, wird abersicherlich von Studierenden am We<strong>in</strong>berg Campusam stärksten genutzt werden“, sagt die Leiter<strong>in</strong> desFamilienbüros Andrea Ritschel.Dafür wurden Räumlichkeiten des Studentenwerks<strong>in</strong> der Kurt-Mothes-Straße 8 k<strong>in</strong>dergerecht umgebaut.„We<strong>in</strong>bergKids“ soll K<strong>in</strong>dertagese<strong>in</strong>richtungennicht ersetzen, sondern für zwei Zeitblöcke außer-halb der regulären Öffnungszeiten e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>enGruppe von K<strong>in</strong>dern offen stehen. Zwei Betreuungszeitenkönnen gebucht werden: Von 15.30 bis18 Uhr <strong>und</strong>/oder von 18 bis 20.30 Uhr betreuene<strong>in</strong>e Tagesmutter <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Tagesvater bis zu zehnK<strong>in</strong>der. Das Angebot kostet für Studenten 2 Euro proSt<strong>und</strong>e, für <strong>Mit</strong>arbeiter 5 Euro. Interessierte Elternkönnen sich auf der Webseite www.we<strong>in</strong>bergkids.de anmelden <strong>und</strong> Betreuungszeiten für ihre K<strong>in</strong>derbuchen.Für Andrea Ritschel ist „We<strong>in</strong>bergKids“ e<strong>in</strong> wichtigerSchritt <strong>in</strong> die richtige Richtung. „Wir brauchen vorallem mehr Flexibilität. Es muss selbstverständlichse<strong>in</strong>, dass K<strong>in</strong>der zum Studium <strong>und</strong> zur wissenschaftlichenKarriere dazu gehören. Nur so können wirden Studierenden auch vermitteln, dass Familie <strong>und</strong>wissenschaftliche Laufbahn mite<strong>in</strong>ander vere<strong>in</strong>bars<strong>in</strong>d.“ cbZur Anmeldung:www.we<strong>in</strong>bergkids.de


18 studieren, lehren, leben scientia halensis 2/2013studieren, lehren, lebenReligionen verb<strong>in</strong>den:E<strong>in</strong> Ort für Geme<strong>in</strong>schaftGlaube endet nicht an Stadt- oder Ländergrenzen, Geme<strong>in</strong>deleben aber schon. Wie f<strong>in</strong>de ich die passendeGeme<strong>in</strong>de, wenn ich neu <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> b<strong>in</strong>? Zwei ehemalige Studienanfänger<strong>in</strong>nen machten aus ihrer Suche e<strong>in</strong>Projekt. Das Ergebnis: E<strong>in</strong>e Webseite, die religionsübergreifend über viele Glaubensgeme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> <strong>Halle</strong><strong>in</strong>formiert, Kontakte vermittelt <strong>und</strong> dabei helfen kann, Vorurteile abzubauen.Br<strong>in</strong>gen Religionen zusammen:Christ<strong>in</strong> Wehe (r.) <strong>und</strong>Marie-Luise Gloger betreuendas Projekt.(Foto: Michael Deutsch)Dürfen me<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>gernägel rot se<strong>in</strong>? Muss me<strong>in</strong> Rocke<strong>in</strong>e bestimmte Länge haben? Darf ich e<strong>in</strong> Glas We<strong>in</strong>tr<strong>in</strong>ken? Das waren Fragen, die Christ<strong>in</strong> Wehe durchden Kopf schwirrten, bevor sie sich zum ersten Malmit der Muslimischen Hochschulgeme<strong>in</strong>de <strong>Halle</strong>traf. Die Geme<strong>in</strong>de wurde im Juni 2012 an der MLUgegründet. Sie setzt sich für die Belange muslimischerStudierenden e<strong>in</strong> <strong>und</strong> möchte e<strong>in</strong>en Beitragzum <strong>in</strong>terreligiösen Dialog leisten. Der Austauschzwischen den Religionen ist auch Wehe sehr wichtig.Ob Islam, Judentum, Christentum oder Buddhismus– wer neu <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stadt ist, hat es nicht leicht,


scientia halensis 2/2013 studieren, lehren, leben19e<strong>in</strong>e neue Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft zu f<strong>in</strong>den. DieseErfahrung machte auch die Theologiestudent<strong>in</strong><strong>und</strong> Studienbotschafter<strong>in</strong> Marie-Luise Gloger, alssie nach <strong>Halle</strong> kam: „Zu Hause hab ich <strong>in</strong> der JungenGeme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>e eigene Gruppe geleitet, wirhatten e<strong>in</strong>e Band <strong>und</strong> haben die gesamte Kircheumgestaltet. Und hier? Wusste ich nicht, wie ich diepassende Geme<strong>in</strong>de für mich f<strong>in</strong>den sollte.“ DiesesProblem wollte sie im Projekt „Glaube · Geme<strong>in</strong>schaft· Geborgenheit“ des Hochschulmarket<strong>in</strong>gsangehen. „Wir haben e<strong>in</strong>e Plattform geschaffen, diereligionsübergreifend ist <strong>und</strong> Studierenden e<strong>in</strong>enÜberblick über viele Glaubensgeme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong><strong>Halle</strong> gibt“, erklärt die Projektleiter<strong>in</strong> Christ<strong>in</strong> Wehe.„Sie soll beim ersten Schritt helfen, aber auch dieökumenischen Beziehungen stärken <strong>und</strong> Vorurteileabbauen.“„Es war leichter als gedacht, viele Geme<strong>in</strong>schaftenvon dem Projekt zu überzeugen“, erklärt die MLU-Alumna. „Alle traten uns mit e<strong>in</strong>er unglaublichenOffenheit gegenüber <strong>und</strong> luden uns e<strong>in</strong>, auch sehrprivate Momente zu teilen.“ Zum Beispiel AlexanderKahanovsky, e<strong>in</strong> junger Familienvater, der seit 2011Rabb<strong>in</strong>er für die Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> ist. „Freitag bisSonntag ist er mit se<strong>in</strong>er Familie <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>, den Restder Woche <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Als wir uns mit unserem Projektvorstellten, lud er uns <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Wohnungüber der Synagoge e<strong>in</strong>“, erzählt die Germanist<strong>in</strong>.„Wir wurden von dem großen, gestanden Mannmit Hut sehr fre<strong>und</strong>lich begrüßt. Man merkte, dasser e<strong>in</strong> wenig aufgeregt war. Aber er <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Frauhaben wirklich alle Fragen beantwortet, die uns aufder Zunge lagen: Zur Religion <strong>und</strong> zum Leben e<strong>in</strong>erjüdischen Familie.“E<strong>in</strong>ladung zum FastenbrechenDiese Offenheit der Geme<strong>in</strong>schaften beruht auchauf dem Bedürfnis Vorurteile abzubauen. „Im IslamischenKulturzentrum <strong>in</strong> Neustadt konnte ich – alsFrau – sogar den Gebetsraum der Männer sehen.Man zeigte mir, wo die Füße gewaschen werden.Damit hätte ich gar nicht gerechnet. Und zum Fastenbrechenwurde ich auch e<strong>in</strong>geladen“, schildertWehe ihre Erfahrungen.Auch die christlichen Geme<strong>in</strong>den <strong>und</strong> Zen-Kreises<strong>in</strong>d auf der Projekthomepage vertreten. TorstenEvers, Referent für Hochschulmarket<strong>in</strong>g an derMLU, praktiziert Zen-Buddhismus <strong>in</strong> der Traditiondes japanischen R<strong>in</strong>zai. „Zen ist e<strong>in</strong> Weg der Selbsterkenntnis.Über die Entwicklung von Weisheit <strong>und</strong><strong>Mit</strong>gefühl wird e<strong>in</strong> glückliches Leben angestrebt.Das kl<strong>in</strong>gt wahrsche<strong>in</strong>lich etwas abstrakt. Interessentenverschaffen sich daher bei e<strong>in</strong>em Übungsabendam besten e<strong>in</strong>en eigenen E<strong>in</strong>druck.“ Wiesolch e<strong>in</strong> Übungsabend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zen-Kreis aussehenkann, zeigt e<strong>in</strong> Video auf der Website.Aber auch Fotos <strong>und</strong> Audio<strong>in</strong>terviews auf denHauptseiten vermitteln e<strong>in</strong>e erste Vorstellung vonden verschiedenen Glaubensrichtungen. Das Angebotreicht dabei von Hochschulgeme<strong>in</strong>den bis h<strong>in</strong> zualte<strong>in</strong>gesessenen Geme<strong>in</strong>den, wie die der Marktkirche.Quer durch alle Religionen. Marie-Luise Glogererklärt: „Jeder soll hier die Geme<strong>in</strong>de f<strong>in</strong>den, die zuihm passt. Ob musikalisch ausgerichtet oder ganztraditionell.“ Und Christ<strong>in</strong> Wehe ergänzt: „Und geradeunsere <strong>in</strong>ternationalen Studierenden f<strong>in</strong>den<strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>schaft ihrer Religion e<strong>in</strong> Stück Heimatgefühl.“Für sie war es wichtig, e<strong>in</strong>e evangelische Geme<strong>in</strong>schaftzu f<strong>in</strong>den, die das komplette Geme<strong>in</strong>delebenvon Jung bis Alt bietet. So kannte sie es aus ihrerHeimat. „Bei me<strong>in</strong>er Suche hier <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> merkte ich,dass es nicht e<strong>in</strong>fach ist, als Student<strong>in</strong> ohne eigeneFamilie e<strong>in</strong>e Gruppe zu f<strong>in</strong>den, die genau für dieseLebenssituation gemacht ist.“ Auf der Buchmesse<strong>in</strong> Leipzig vor zwei Jahren stellte sie fest, dass esauch anderen so g<strong>in</strong>g. Zusammen mit Evers, Gloger<strong>und</strong> Wolfgang Seidel, dem Messebeauftragten derUni <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em aktiven <strong>Mit</strong>glied <strong>in</strong> der neu-apostolischenKirche, entwickelte sie die Idee e<strong>in</strong>er religionsübergreifendenPlattform.Das Team ist weiter gewachsen: Student<strong>in</strong> <strong>und</strong>Pfarrerstochter Luise Treu unterstützt bei der Umsetzung<strong>und</strong> Betreuung. „Wenn man e<strong>in</strong>en neuenLebensabschnitt anfängt <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Familie verlässt,dann wird die Geme<strong>in</strong>schaft umso wichtiger“,resümiert Wehe. „Glauben heißt schließlich auch,geme<strong>in</strong>sames Zusammenleben gestalten.“ Das geme<strong>in</strong>samauch religionsübergreifend heißt, merktesie beim ersten Zusammentreffen mit der MuslimischenHochschulgeme<strong>in</strong>de. „Ich habe an diesemAbend ganz unterschiedliche Menschen getroffen.E<strong>in</strong>ige Frauen trugen Kopftücher, andere nicht. Undaufgenommen hat man mich ganz selbstverständlich.“Sarah Huke„Alle traten uns mite<strong>in</strong>er unglaublichenOffenheit gegenüber<strong>und</strong> luden uns e<strong>in</strong>,auch sehr privateMomente zu teilen.“christ<strong>in</strong> weheDas Projekt im Internet:http://glauben.uni-halle.de


20 studieren, lehren, leben scientia halensis 2/2013HauS e. V. sammelt weiterh<strong>in</strong>für syrische Studierende:HypoVere<strong>in</strong>sbank <strong>Halle</strong>BLZ: 80020086Konto: 5100201323Shukran gazilan – <strong>Herz</strong>lichen Dank!An der Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universität studieren – dastun mehr als 20.000 junge Menschen aus aller Welt.Fast acht Prozent kommen aus dem Ausland. Fürmanche ist das Studium e<strong>in</strong>e große Herausforderung,weil sie es selbst f<strong>in</strong>anzieren müssen. Jetzthaben es vor allem 90 syrische Kommilitonen sehrschwer. Für sie startete die Prorektor<strong>in</strong> Prof. Dr.Ges<strong>in</strong>e Foljanty-Jost im Akademischen Senat e<strong>in</strong>enSpendenaufruf, der e<strong>in</strong>e überwältigende Resonanzfand. Mehrere tausend Euro kamen im Vere<strong>in</strong> „Hilfefür ausländische Studierende (HauS)“ seit Januarzusammen <strong>und</strong> lassen ihn die Hilfesuchenden wirksamerunterstützen als je zuvor.Allen Spender<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Spendern – ganz gleich, obsie 5 oder 50 oder 500 Euro gaben – dankt „HauS“,besonders im Namen der syrischen Studierenden,von <strong>Herz</strong>en! Wenn auch Sie helfen wollen, tun Siees: Überweisen Sie e<strong>in</strong>e Spende oder ziehen Sie als<strong>Mit</strong>glied e<strong>in</strong> <strong>in</strong>s „HauS“! mw„FranckeBilder <strong>und</strong> Festkultur“So oft die Franckeschen Stiftungen <strong>und</strong> August HermannFrancke selbst gefeiert wurden, so oft wurdensich unterscheidende Bilder von Francke <strong>und</strong> se<strong>in</strong>enAnstalten entworfen. E<strong>in</strong>e von Studenten derMLU organisierte Kab<strong>in</strong>ettausstellung zeigt dies im„Francke-Jahr“ anhand von fünf Zeitschichten derStiftungsgeschichte <strong>und</strong> lädt damit zu e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>enZeitreise e<strong>in</strong>. Die Ausstellung <strong>und</strong> die sie begleitendePublikation s<strong>in</strong>d das Arbeitsergebnis e<strong>in</strong>esMastersem<strong>in</strong>ars mit Geschichtsstudierenden. ZweiSemester lang trafen sie sich <strong>in</strong> der Bibelmansarde<strong>in</strong> Franckes Wohnhaus <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Bibliothek, um„FranckeBilder <strong>und</strong> Festkultur“ vorzubereiten. DasSem<strong>in</strong>ar wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kooperation zwischen demInstitut für Geschichte der MLU <strong>und</strong> den FranckeschenStiftungen durchgeführt. Die Ausstellung wirdam 25. April <strong>in</strong> der Historischen Bibliothek der Stiftungeneröffnet <strong>und</strong> ist bis 3. November dienstagsbis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. cbZur Schnitzelwirt<strong>in</strong>Restaurant & BiergartenWer Schnitzel liebt, der kommt zu uns!Wir kochen frisch & lecker ...mit täglich frischem Fleisch der StadtmetzgereiBarner, frische Zutaten <strong>und</strong> á la m<strong>in</strong>ute· für jeden Geschmackklassisch, experimentell, scharf, rustikal <strong>und</strong><strong>in</strong>ternational, vom Schwe<strong>in</strong>, Kalb, Pute, Hirsch· für jeden Hungerhalbe, normale <strong>und</strong> doppelte Portionen· für Abwechslungsorgen saisonale Angebote wie Spargel-,Pfifferl<strong>in</strong>gs- oder Weihnachtsgerichte . . .Amore mioGroße Märkerstraße 18, 06108 <strong>Halle</strong> • Telefon & Telefax [0345] 202 99 38mail: kontakt@schnitzelwirt<strong>in</strong>.de • web: www.schnitzelwirt<strong>in</strong>.deMo. - Sa. von 11:30 Uhr bis 23:00 Uhr <strong>und</strong> So. von 11:30 Uhr bis 15:00 UhrJeden letzten Montag im Monat bleibt das Restaurant geschlossen.


scientia halensis 2/2013 studieren, lehren, leben21Studenten erfoschen StädterivalitätOb Landeshauptstadt gegen Kulturhauptstadt, Saalegegen Elbe oder Hasselbachplatz gegen Kle<strong>in</strong>e Ullrichstraße,was für den Kölner Düsseldorf ist, das istfür Halloren, <strong>Halle</strong>nser <strong>und</strong> Hal(l)unken Magdeburg.Man vergleicht sich gern <strong>und</strong> Konfliktpotential gibtes genug. Die Verkündung der E<strong>in</strong>wohnerzahlenbeider Städte kommt da schon fast e<strong>in</strong>er Preisverleihunggleich. Wer darf die größte Stadt des Landesse<strong>in</strong>? Wo dieser viel beschworene Städtezwist se<strong>in</strong>eWurzeln hat <strong>und</strong> welche Facetten er zeigt, damit beschäftigtsich aktuell die Studentische Forschungsgruppezur Stadtgeschichte <strong>Halle</strong>s (SFG).Die SFG, das s<strong>in</strong>d derzeit neun Studierende derGeistes- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften an der MLU.Geleitet wird die Gruppe seit 2011 von Kathar<strong>in</strong>aSchmelzer, die gerade ihren Master <strong>in</strong> Geschichtemacht. Als Koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong> ist sie Sprecher<strong>in</strong> derGruppe <strong>und</strong> unter anderem für Organisation <strong>und</strong> F<strong>in</strong>anzierungverantwortlich. „Der Koord<strong>in</strong>ator ist der,der immer etwas macht <strong>und</strong> immer etwas anbietenmuss, ansonsten stirbt das Projekt. Es ist viel Arbeit,für alles verantwortlich zu se<strong>in</strong>, aber es macht auchunheimlich viel Spaß“, sagt sie.Die Forschungsgruppe will Stadtgeschichte öffentlichmachen <strong>und</strong> über sie diskutieren. Die Studentenforschen dazu eigenverantwortlich an e<strong>in</strong>em selbstgewähltenProjekt. Die Ergebnisse ihrer Forschungwerden dann auf eigens organisierten Vortragsabenden<strong>und</strong> Tagungen präsentiert. Da diese meistaufwendiger gestaltet s<strong>in</strong>d, hat sich die Gruppe e<strong>in</strong>breites Netzwerk aus Unterstützern wie dem Studentenwerk<strong>Halle</strong>, dem Vere<strong>in</strong> für hallische Stadtgeschichtee. V. <strong>und</strong> dem Landesheimatb<strong>und</strong> Sachsen-Anhalt e. V. aufgebaut. Die SFG arbeitet auch engmit dem Institut für Geschichte zusammen, hilftbeispielsweise Studenten bei ihren Forschungsprojekten<strong>und</strong> bietet e<strong>in</strong> ASQ-Modul an.Ihre nächste Tagung f<strong>in</strong>det am 19. Oktober statt. DieStudenten wollen dann mehr Klarheit zum Thema:„<strong>Halle</strong> vs. Magdeburg?“ Wieviel ist an den gängigenStereotypen dran? Wie fand der Konflikt se<strong>in</strong>enWeg <strong>in</strong>s kulturelle Gedächtnis <strong>und</strong> wie nehmen ihndie Stadtbewohner wahr? „Ich habe e<strong>in</strong>e Zeit langam Hauptbahnhof gewohnt <strong>und</strong> dort sehr gut dieStimmung nach e<strong>in</strong>em Fußballspiel zwischen <strong>Halle</strong><strong>und</strong> Magdeburg mitbekommen, das hat mich auf dieIdee gebracht“, sagt die 23-jährige Koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>.Sie hofft damit e<strong>in</strong> spannendes Thema gef<strong>und</strong>enzu haben, das andere zu Beiträgen <strong>in</strong>spiriert. Denndie Gruppe will e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Veranstaltungbieten. E<strong>in</strong>ige Studierende der Musikwissenschaftenversuchen deshalb das Thema musikalisch zubearbeiten.Außerdem sucht die Gruppe noch studentischeKünstler, die e<strong>in</strong>en visuellen Beitrag liefern möchten.„Wir können sogar e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Künstlergagebeim Studentenwerk beantragen“, verspricht Kathar<strong>in</strong>aSchmelzer. Christopher PflugEwige Rivalen? Die StudentischeForschungsgruppe(hier mit den MagdeburgerHalbkugeln auf dem We<strong>in</strong>bergCampus) erforscht dieRivalität zwischen <strong>Halle</strong> <strong>und</strong>Magdeburg.(Foto: Michael Deutsch)Die SFG im Internet:www.geschichte.uni-halle.de/sfg/


22 studieren, lehren, leben scientia halensis 2/2013E<strong>in</strong> Dirigentim KreißsaalVom ersten Schrei e<strong>in</strong>es Neugeborenen bis zum Fortissimo e<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>fonieorchesters ist es für Dr. Volker Thälejeden Dienstag nur e<strong>in</strong> kurzer Weg: Seit sechzehn Jahren dirigiert der leitende Oberarzt der Universitätskl<strong>in</strong>ikfür Geburtshilfe das Orchester der Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät. scientia halensis verrät er, wie sich der Alltag imKreißsaal mit se<strong>in</strong>er Leidenschaft für Musik vere<strong>in</strong>en lässt.Zwischen Schumann-Partitur <strong>und</strong> Babygeschrei:Oberarzt Dr. Volker Thäle(Foto: Maike Glöckner)Volker Thäles musikalische Ausbildung begann nochvor se<strong>in</strong>er mediz<strong>in</strong>ischen: <strong>Mit</strong> fünf Jahren lernte erKlavierspielen. Später kamen Violoncello <strong>und</strong> Gambe,e<strong>in</strong> historisches Streich<strong>in</strong>strument, h<strong>in</strong>zu. „Alsgebürtiger <strong>Halle</strong>nser habe ich die klassische Ausbildungam Konservatorium Georg Friedrich Händeldurchlaufen“, erzählt der Facharzt für Frauenheilk<strong>und</strong>e<strong>und</strong> Geburtshilfe.Als Cellist spielte er bereits im Jugends<strong>in</strong>fonieorchesterdes Konservatoriums, als Assistenzarzt gründeteer dann an der damaligen Universitätsfrauenkl<strong>in</strong>ikder MLU die erste Musiziergeme<strong>in</strong>schaft.Se<strong>in</strong> Doktorvater, Professor Kurt Rothe, stellte denHörsaalvorraum als Probendomizil zur Verfügung.Nach den wöchentlichen Probenabenden spieltedas Doppelquartett auf den Gängen der Kl<strong>in</strong>ik fürdie Patient<strong>in</strong>nen. Anfangs teils noch selbst am Cellositzend, übernahm Thäle bei der rasch wachsendenAnzahl an begeisterten Laienmusikern schließlichdas Dirigat des Ensembles.Schon zu Schulzeiten saß der Autodidakt mit Taschenpartituren<strong>in</strong> den Konzerten der <strong>Halle</strong>schenPhilharmonie. „Ich kannte die Beethoven-S<strong>in</strong>fonienfrühzeitig auswendig. Me<strong>in</strong>e große Liebe galt abervon jeher Brahms <strong>und</strong> Schumann.“ Schon im Schulorchestersprang Thäle e<strong>in</strong>, wenn der Musiklehrermal krank war. „Ich war voller Stolz, als ich imOrchesterlager damals Mozarts Titus-Ouvertüredirigieren durfte“, er<strong>in</strong>nert sich der Oberarzt. E<strong>in</strong>eprofessionelle Ausbildung im Dirigieren hat er zwarnie erhalten. „Aber ich habe mir vieles abgeschaut<strong>und</strong> immer wieder geübt – auch vor dem Spiegel.Gern würde ich e<strong>in</strong>en regulären Dirigierkurs besuchen,aber dazu fehlt mir leider die Zeit“, bedauertder Mediz<strong>in</strong>er. Umso erstaunlicher ist es, dass er seitvielen Jahren jeden Dienstag zur Orchesterprobe ersche<strong>in</strong>t.„Ich b<strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Kolleg<strong>in</strong>nen sehr dankbar,dass sie es mir seit Jahren ermöglichen, dienstagske<strong>in</strong>en Bereitschaftsdienst machen zu müssen.“Für Thäle ist die Musik als Ausgleich zur Arbeit <strong>in</strong>der Kl<strong>in</strong>ik unersetzbar. Wenngleich <strong>in</strong> der Orchesterleitungebenfalls viel Arbeit steckt – angefangenbei der Werkauswahl: „Nicht jedes Werk istfür e<strong>in</strong> Laienorchester spielbar. Leider! Ich mussmich damit abf<strong>in</strong>den, auch wenn es manchmal sehrschwer fällt!“ Als Dirigent hat er den Anspruch, dieOrchesterprogramme aufe<strong>in</strong>ander abzustimmen<strong>und</strong> Komponistenjubiläen zu berücksichtigen. Soist <strong>in</strong> diesem Jahr e<strong>in</strong>e Huldigung Richard Wagnersgeplant. M<strong>in</strong>destens genauso wichtig: „Die Werkesollen auch Spielfreude vermitteln, das ist für Laienorchesterbesonders wichtig. Schließlich sollendie Probenarbeit, geme<strong>in</strong>same Orchesterlager <strong>und</strong>die Konzerte allen Freude bereiten – Musikern <strong>und</strong>Zuhörern“.Das Musizieren auf dem eigenen Cello oder auf derGambe ist dabei aus Zeitgründen <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> denH<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> gerückt, erzählt er: „Das mache ich nurnoch im stillen Kämmerle<strong>in</strong> zu Hause.“ Christ<strong>in</strong>aNaumann


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24 forschen <strong>und</strong> publizieren scientia halensis 2/2013forschen <strong>und</strong> publizierenNeue Materialienaus der MeerestiefeVom Baumeister Natur lernen, „Erfolgsmodelle“ kopieren <strong>und</strong> sie für technische Entwicklungen nutzen – das istder Gr<strong>und</strong>gedanke der Biomimetik. Meerestiere wie Korallen, Schwämme oder Muscheln dienen dem ChemikerDr. Filipe Natalio als Inspiration für Innovationen. Ihm ist es gelungen, den natürlichen Bauplan des Biom<strong>in</strong>erals,das <strong>in</strong> Glasschwämmen vorkommt, zu entschlüsseln <strong>und</strong> künstlich herzustellen. Se<strong>in</strong>e Arbeit wurde <strong>Mit</strong>teMärz im renommierten „Science“-Magaz<strong>in</strong> veröffentlicht.Dr. Filipe Natalio untersucht,wie es die Meeresschwämmeschaffen, ihre perfektenStrukturen systematischherzustellen.(Foto: Maike Glöckner)Muscheln, Seeigel <strong>und</strong> Meeresschwämme liegen<strong>in</strong> Filipe Natalios Büro. Im Labor baut er geradee<strong>in</strong> Aquarium auf. Auf dem Fensterbrett wachsene<strong>in</strong> paar Baumwollpflanzen. „Nur e<strong>in</strong> Versuch. Malsehen, was daraus wird.“ Dabei ist er Chemiker <strong>und</strong>ke<strong>in</strong> Biologe. Zum 1. Dezember 2012 hat Natalio alsLeiter der „Nachwuchsgruppe für Bioanorganische<strong>und</strong> Biomimetische Chemie“ im Forschungnetzwerk„Nanostrukturierte Materialien“ an der MLUangefangen.Am Institut für Chemie ist er zurzeit dabei, sich Büro<strong>und</strong> Labor e<strong>in</strong>zurichten, Gelder für Projekte e<strong>in</strong>zu-


scientia halensis 2/2013 forschen <strong>und</strong> publizieren25werben <strong>und</strong> Doktoranden für se<strong>in</strong>e Nachwuchsgruppezu gew<strong>in</strong>nen. „Wir s<strong>in</strong>d sehr froh, dass wirunsere Nachwuchsgruppen mit herausragendenjungen Wissenschaftlern besetzen konnten“, sagtProf. Dr. Ingrid Mertig, Sprecher<strong>in</strong> des Forschungsnetzwerks.„ Die Gruppe von Filipe Natalio nimmte<strong>in</strong>en besonderen Platz im Netzwerk e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>dem siemit ihrem Fachgebiet der Biomimetischen Materialsynthesee<strong>in</strong>e Brücke zum ForschungsnetzwerkBiowissenschaften schlägt“, so Mertig.In <strong>Halle</strong> will sich der Portugiese bald Korallen <strong>und</strong>Strahlentierchen widmen. Die w<strong>in</strong>zigen Strahlentierchenschwimmen als Plankton im Meer. Siebestehen – wie Korallen, Muschelschalen <strong>und</strong> Meeresschwämmeauch – aus Biom<strong>in</strong>eral. Biom<strong>in</strong>eralebesitzen wertvolle, teils e<strong>in</strong>zigartige Eigenschaften.Für Biomimetik-Forscher s<strong>in</strong>d sie für die Entwicklungneuer Werkstoffe deshalb besonders <strong>in</strong>teressant.„E<strong>in</strong> Tiefseeschwamm ist zum Beispiel sehr systematischaufgebaut. Er hat die perfekte Struktur, istextrem resistent <strong>und</strong> leichtgewichtig. Er leitet Licht<strong>und</strong> man kann ihn sogar als mathematisches Modellabbilden“, erzählt Filipe Natalio, der e<strong>in</strong> paarder Meerestiere <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Schränken aufbewahrt.Filigran <strong>und</strong> zerbrechlich wirken die Schwämme,die auf dem Meeresgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>en immensen Wasserdruckaushalten müssen.Dabei steuern die geste<strong>in</strong>sbildenden Lebewesenselbst, wie sich M<strong>in</strong>erale <strong>und</strong> organischen Bestandteilesystematisch so anordnen, dass hochkomplexe,effiziente Skelettstrukturen entstehen. Dieser allmählicheWachstumsprozess wird als Biom<strong>in</strong>eralisationbezeichnet. Weil die Forscher den Organismenbeim Wachsen auf dem Meeresgr<strong>und</strong> schlecht zuschauenkönnen, möchte Natalio diesen Prozess <strong>in</strong>se<strong>in</strong>em Aquarium beobachten. „Wir arbeiten sonstnur mit den ausgewachsenen Exemplaren. Wennwir aber verstehen, wie Meerestiere wie Schwämmeoder Kieselalgen wachsen, können wir diesenProzess kopieren <strong>und</strong> damit neue Materialien entwickeln.“Diese könnten zum Beispiel künftig <strong>in</strong> derMediz<strong>in</strong> als neuartige Knochenimplantate genutztwerdenNatalio hat an der Johannes-Gutenberg-Universität<strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z zum ersten Mal mit Meeresschwämmengearbeitet. Dort wurde er bei Professor WernerMüller, e<strong>in</strong>em renommierten deutschen Schwamm-Experten, promoviert. In se<strong>in</strong>er Doktorarbeit entwickelteer e<strong>in</strong> Material, das zum Beispiel bei Knochenkrebspatientenals Knochenersatzmaterial dienenkönnte. Auch die Studie, die am 15. März im renommiertenWissenschaftsmagaz<strong>in</strong> „Science“ veröffentlichtwurde, ist noch <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z entstanden. Dar<strong>in</strong>beschreibt der 34-Jährige die Entwicklung e<strong>in</strong>esneuen Materials, das außergewöhnlich robust <strong>und</strong>zugleich so biegsam wie Gummi ist. Glasschwämmedienten dafür als Inspiration. Die stangenartigenTiere leben seit mehr als 500 Millionen Jahren aufdem Meeresgr<strong>und</strong>. Sie bestehen aus nadelförmigenSkelettelementen, die durch Biom<strong>in</strong>eralisation ausdem M<strong>in</strong>eral Kalzit <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em organischem Kleber(Prote<strong>in</strong>e) Schicht um Schicht zu e<strong>in</strong>er perfektenStruktur anwachsen. „Diesen natürlichen Entstehungsprozesshaben wir versucht zu kopieren, <strong>in</strong>demwir im Labor Silikate<strong>in</strong>e zu Kalzit-Nanopartikelnh<strong>in</strong>zugefügt haben“, erläutert Natalio. <strong>Mit</strong> Hilfe desProte<strong>in</strong>s Silikate<strong>in</strong> bilden e<strong>in</strong>ige Schwammarten ihrSkelett.Der Prozess ist mit e<strong>in</strong>er Kristallisation vergleichbar.„Aber statt wie bei e<strong>in</strong>er Kristallisation e<strong>in</strong>en Kristallmit Ecken <strong>und</strong> Kanten zu bilden, wuchsen länglicheStäbe, die aussahen wie Zigarren“, erzählt Natalio.Jeder der nadelförmigen „Stäbe“ besteht aus w<strong>in</strong>zigenNanopartikeln aus Kalzit. Außerlich ähneltensie ihren natürlichen Vorbildern. Zur Überraschungder Forscher erwiesen sie sich aber als dreimal sorobust. Selbst wenn sie im 180-Grad-W<strong>in</strong>kel zue<strong>in</strong>em U gebogen werden, überstehen die Nadelndiese extreme Belastung nahezu unbeschadet. Dah<strong>in</strong>tersteckt e<strong>in</strong> bislang unbekannter Aufbaumechanismusdes Biom<strong>in</strong>erals: Die Silikate<strong>in</strong>e wirkenwir e<strong>in</strong> Schmiermittel, das die Kalzit-Nanopartikelmite<strong>in</strong>ander verb<strong>in</strong>det <strong>und</strong> zugleich die Elastizitätder Struktur erhält. Dem Team um Filipe Natalioist es damit gelungen, den natürlichen Bauplandieses Biom<strong>in</strong>erals zu entschlüsseln <strong>und</strong> das erstebiomimetische Biom<strong>in</strong>eral mit ähnlichen bzw. sogarverbesserten Eigenschaften zu entwickeln. Cor<strong>in</strong>naBertzKontakt: Dr. Filipe NatalioBioanorganische <strong>und</strong> Biomimetische ChemieTelefon: 0345 55 25622E-Mail: filipe.natalio@chemie.uni-halle.deE<strong>in</strong> Forschungsvideo <strong>und</strong>Strahlentierchen untermMikroskop imOnl<strong>in</strong>emagaz<strong>in</strong>:WEBCODE MAG 14994QR CODE


26 forschen <strong>und</strong> publizieren scientia halensis 2/2013Historische Zeitungenper MausklickKaum zu glauben: In den Grenzen des heutigen B<strong>und</strong>eslandes Sachsen-Anhalt gab es früher e<strong>in</strong>e rege <strong>und</strong>abwechslungsreiche Zeitungslandschaft. An <strong>in</strong>sgesamt 180 Orten wurden die unterschiedlichsten Titel herausgegeben.Viele davon lagern bis heute <strong>in</strong> der Universitäts- <strong>und</strong> Landesbibliothek <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>. Der F<strong>und</strong>us ist soreichhaltig, dass es sich dabei um Deutschlands drittgrößte Zeitungssammlung handelt. Um sie künftig e<strong>in</strong>fachere<strong>in</strong>em größeren Publikum zugänglich zu machen, hat im Februar e<strong>in</strong> groß angelegtes Digitalisierungsprogrammbegonnen.Die Wöchentliche Relation ist die älteste Zeitungaus dem F<strong>und</strong>us der Universitäts- <strong>und</strong> Landesbibliothek(ULB). Erstmals erschienen am 7. Januar desJahres 1709 ist das regionale Blättchen <strong>in</strong>zwischene<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Kostbarkeit. Die Hürden für all jene, diesie sich im Orig<strong>in</strong>al anschauen oder lesen wollen,liegen bisher allerd<strong>in</strong>gs ziemlich hoch: Nicht mehr<strong>und</strong> nicht weniger als e<strong>in</strong> Nachweis darüber, dassder Nutzer das Werk zu wissenschaftlichen Zweckene<strong>in</strong>sehen will, ist erforderlich. Liegt er vor, darf derInteressent die historischen Blätter im Beise<strong>in</strong> e<strong>in</strong>erFachkraft im Lesesaal e<strong>in</strong>sehen. Der Gr<strong>und</strong> für diestrengen Regeln: Die Papierqualität ist zum Teil soschlecht, dass die wertvollen Orig<strong>in</strong>ale zu zerfallendrohen.Doch bald schon soll die Arbeit mit historischenZeitungen wesentlich e<strong>in</strong>facher werden. Nachdeman der ULB bereits seit 2007 diverse Projekte zurDigitalisierung von historischen Büchern über dieBühne gegangen s<strong>in</strong>d, laufen seit Anfang Februardie Vorbereitungen zu e<strong>in</strong>em groß angelegten Digitalisierungsprojektvon Zeitungen. „Damit könnenkünftig Wissenschaftler <strong>und</strong> auch private Nutzer dieTitel onl<strong>in</strong>e <strong>und</strong> <strong>in</strong> hoher Qualität e<strong>in</strong>sehen“, sagtdie stellvertretende Leiter<strong>in</strong> der ULB, Dr. DorotheaSommer, die das Projekt federführend betreut.Für die kommenden zwei Jahre hat die DeutscheForschungsgeme<strong>in</strong>schaft der ULB <strong>und</strong> anderen beteiligtengroßen wissenschaftlichen Bibliotheken <strong>in</strong>Deutschland die notwendigen <strong>Mit</strong>tel zur Verfügunggestellt. Die Arbeit wird im Verb<strong>und</strong> mit anderenBibliotheksstandorten laufen.<strong>Mit</strong> der Digitalisierung von Zeitungen betreten dieseE<strong>in</strong>richtungen Neuland. In e<strong>in</strong>er Pilotphase sollendeshalb zunächst vor allem technische Fragen geklärtwerden. Schließlich, so Dr. Sommer, verfügeman zwar bereits über reichlich Erfahrung bei derDigitalisierung von Büchern. Diese könnten jedochnicht automatisch auf Zeitungen angewendet werden.E<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong> dafür seien die vollkommen unterschiedlichenFormate, die wechselnde Periodizität<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene unterschiedliche Herangehensweisean die Arbeit.E<strong>in</strong>e Schwierigkeit besteht dar<strong>in</strong>, vor allem sehrgroße Zeitungsformate onl<strong>in</strong>e so darzustellen, dassdie Inhalte gut präsentiert werden können. Anschließendmüssen sie zudem noch s<strong>in</strong>nvoll strukturiertwerden. Was bedeutet das konkret? „Wirwerden <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der DeutschenNationalbibliothek e<strong>in</strong> Verfahren erarbeiten, dasdem Nutzer e<strong>in</strong> seitengenaues Zitieren von Artikelnermöglicht“, sagt Dr. Sommer. Das bedeutet: Durchden E<strong>in</strong>satz modernster Computertechnik lassensich sogar e<strong>in</strong>zelne Zitate oder Artikel der Zeitungimmer wieder f<strong>in</strong>den. Auch e<strong>in</strong>e Volltext-Recherchenach bestimmten Stichworten wird möglich.


scientia halensis 2/2013 forschen <strong>und</strong> publizieren27Der Startschuss für die eigentliche Zeitungsdigitalisierungfällt, sobald alle technischen Voraussetzungenvorhanden s<strong>in</strong>d. Zunächst werden alle ander ULB nachgewiesenen Titel mit speziellen Scannern<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em abgedunkelten Raum fotografiert. Begonnenwird mit den halleschen Zeitungen, genauermit dem Hallischen patriotischen Wochenblatt, das1799 erstmals <strong>in</strong> der Saalestadt erschienen ist <strong>und</strong>das später dann als <strong>Halle</strong>sches Tageblatt weiter geführtwurde.Der F<strong>und</strong>us der ULB zeugt davon, wie alt das Zeitungswesenbereits ist. Se<strong>in</strong>e Anfänge reichen bis<strong>in</strong>s 18. Jahrh<strong>und</strong>ert zurück. In <strong>Halle</strong> lagern sowohlregionale als auch überregionale Titel. Der Bestandist enorm. Alle<strong>in</strong> für das Gebiet des heutigenSachsen-Anhalts s<strong>in</strong>d 830 Titel nachgewiesen. IhrZustand ist unterschiedlich. Vor allem die im 19.Jahrh<strong>und</strong>ert oder später erschienenen Exemplaredrohen zu zerfallen. Gr<strong>und</strong> dafür s<strong>in</strong>d Zellulosefasern,die dem Papier ab dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert bei derHerstellung zugesetzt worden s<strong>in</strong>d. „Daraus resultierte<strong>in</strong> hoher Säuregehalt, der sehr problematischfür den Erhalt der Blätter ist“, erklärt Dr. Sommer.Fest steht jedoch, dass die historischen Zeitungenim F<strong>und</strong>us der ULB sehr gefragt s<strong>in</strong>d. Viele Wissenschaftlers<strong>in</strong>d auf sie als Quellen für ihre Arbeit angewiesen.Als Beispiel nennt Dr. Sommer e<strong>in</strong>en Musikwissenschaftleraus Großbritannien: Seit vielenJahren arbeitet er an der <strong>Halle</strong>schen Händelausgabemit. In historischen halleschen Zeitungen hofft erH<strong>in</strong>weise darauf zu f<strong>in</strong>den, wie oft Händel sich nachse<strong>in</strong>em Weggang aus der Saalestadt nochmals <strong>in</strong><strong>Halle</strong> aufgehalten hat. Aber auch Hobby-Historiker<strong>und</strong> Privatleute <strong>in</strong>teressieren sich häufig für regionaleZeitungstitel.Am Ende des Digitalisierungsprojekts soll die E<strong>in</strong>richtunge<strong>in</strong>es b<strong>und</strong>esweiten <strong>in</strong>ternetbasierten Zeitungsportalsstehen. Im Gegensatz zu Ländern wieÖsterreich, Großbritannien oder Neuseeland gebees so etwas <strong>in</strong> Deutschland bisher nicht. „Dadurchkönnen wir den Bestand allen Nutzern unabhängigvon ihrem Wohnort zugänglich machen“, so Dr.Sommer, die noch auf e<strong>in</strong>en weiteren Vorteil derZeitungsdigitalisierung verweist: „Sie ist nicht zuletzte<strong>in</strong> wirksamer Schritt, den vorhandenen Bestand<strong>in</strong>direkt zu schützen.“ Schließlich werden diehistorischen Orig<strong>in</strong>ale dadurch besser vor weitererAbnutzung bewahrt. E<strong>in</strong>e derartige Bestandspflegesei teuer <strong>und</strong> wichtig zugleich, „denn nur wenn mansie ernst nimmt, ist kulturelle Überlieferung anhandder Orig<strong>in</strong>ale möglich“. Ines GodazgarKontakt: Dr. Dorothea SommerUniversitäts- <strong>und</strong> LandesbibliothekTelefon: 0345 55 22191E-Mail: dorothea.sommer@bibliothek.uni-halle.deDr. Dorothea Sommer mite<strong>in</strong>er Ausgabe des <strong>Halle</strong>schenTagblatts <strong>in</strong> den Räumen derULB (Foto: Michael Deutsch)


28 forschen <strong>und</strong> publizieren scientia halensis 2/2013E<strong>in</strong>e Million für UnternehmensethikMLU als regionaler WirtschaftsfaktorKustos Dr. Ralf-Torsten Spelerreicht Friede Spr<strong>in</strong>ger <strong>und</strong>MLU-Rektor Udo Sträter denStiftungsvertrag zurUnterzeichnung .(Foto: Maike Glöckner)E<strong>in</strong>e Stiftungsprofessur für „Unternehmensethik<strong>und</strong> Controll<strong>in</strong>g“ richtet die Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universitätim kommenden W<strong>in</strong>tersemester am WirtschaftswissenschaftlichenBereich e<strong>in</strong>. F<strong>in</strong>anziertwird die Professur von der Friede Spr<strong>in</strong>ger Stiftung.Kooperationspartner ist das Wittenberg-Zentrumfür Globale Ethik. Anfang Februar trafen sich dieVertragspartner zur Unterzeichnung des Stiftungsvertrags.Insgesamt e<strong>in</strong>e Million Euro stellt die FriedeSpr<strong>in</strong>ger Stiftung für die Professur bereit. „Bisherf<strong>in</strong>den sich nur wenige Lehrstühle <strong>in</strong> Deutschland,die Ethik <strong>und</strong> Wirtschaft erforschen <strong>und</strong> versuchen,ihre Ergebnisse <strong>in</strong> die Praxis zu tragen. Daher gibtme<strong>in</strong>e Stiftung die <strong>Mit</strong>tel für e<strong>in</strong>e solche Professur<strong>in</strong> <strong>Halle</strong>“, sagte Friede Spr<strong>in</strong>ger anlässlich der Unterzeichnung<strong>in</strong> <strong>Halle</strong>. uoDie hallesche Universität ist mit ihren Aufgaben<strong>in</strong> Forschung <strong>und</strong> Lehre sowie mit dem damit verb<strong>und</strong>enenInnovationstransfer e<strong>in</strong> maßgeblicherWirtschafts- <strong>und</strong> Beschäftigungsmotor <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt. Bei e<strong>in</strong>em jährlichen Landeszuschuss von133,7 Mio. Euro (plus Mediz<strong>in</strong>: 53,3 Mio. Euro)betragen die durch die Universität ausgelösten Gesamtausgabenr<strong>und</strong> 506 Millionen Euro. Zu diesemErgebnis kommt e<strong>in</strong>e Untersuchung der ArbeitsgruppeSozialgeographie der Universität, die sichauf das Jahr 2010 bezieht.Autoren der Studie s<strong>in</strong>d Prof. Dr. Klaus Friedrich<strong>und</strong> die Diplomgeograph<strong>in</strong> Anne Rahmig. Pro Jahrgibt es <strong>in</strong> der Hochschulregion laut Studie durchdie Ausgaben der Universität E<strong>in</strong>kommenseffekte<strong>in</strong> Höhe von 278 Millionen Euro. Diese ergeben sichaus der Nachfrage nach Sach- <strong>und</strong> Dienstleistungensowie den Konsumausgaben des Personals <strong>und</strong> derStudenten. Von der MLU hängen demnach mehrals 8.100 Arbeitsplätze ab. „Die Studie gibt derUniversität Argumente gegenüber den politischenEntscheidungsträgern <strong>in</strong> die Hand, wenn es ummögliche Kürzungsdebatten geht. Denn e<strong>in</strong>e Reduzierungvon Innovations- <strong>und</strong> Wirtschaftseffektender Hochschule könnte auch für die Region nicht zuverantwortende Folgen nach sich ziehen“, so RektorUdo Sträter. Die Langfassung der Publikation kannauf der Internetseite: www.pr.uni-halle.de/publikationenheruntergeladen werden. uo


scientia halensis 2/2013 forschen <strong>und</strong> publizieren29(fach-)literaturfabrik universitätLese-Empfehlungen querbeet<strong>Halle</strong> – e<strong>in</strong> Eldorado der PsychotherapieIm Osten Deutschlands wurde Jahrzehnte lang dieIdee vom „neuen Menschen“ propagiert: Dieserließe sich nach Belieben <strong>und</strong> ideologiekonform erziehen.Psychosomatik h<strong>in</strong>gegen oder das Wirkendes Unbewussten seien zu bekämpfende Reliktebürgerlicher Wissenschaft.Trotzdem bauten Wissenschaftler auch an der AlmaMater Halensis die Mediz<strong>in</strong>ische Psychologie<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e moderne Psychotherapie auf <strong>und</strong> setztenMaßstäbe, die weit über den DDR-Tellerrand h<strong>in</strong>ausbeachtet wurden. Im Ensemble der 75 Autoren, diesich detailliert <strong>und</strong> kompetent zu dieser Entwicklungäußern, s<strong>in</strong>d drei hallesche Experten (<strong>und</strong> Alumni)– Erdmuthe Fikentscher, He<strong>in</strong>z Hennig (beide MLU)<strong>und</strong> Hans-Joachim Maaz – kont<strong>in</strong>uierlich präsent.Wie schwierig ihr Wirken angesichts vielfacher Beschränkungenwar, dürfte für Menschen, die unteranderen, von Freiheit geprägten Bed<strong>in</strong>gungen studiert<strong>und</strong> gearbeitet haben, kaum vorstellbar se<strong>in</strong>.Umso wichtiger ist dieses Buch: e<strong>in</strong> Panorama derhiesigen Psychotherapie vom Ende des zweitenWeltkriegs bis <strong>in</strong> die Nachwendezeit. Jedes Kapitelbeg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>em Überblick zu gesellschafts- <strong>und</strong>wissenschaftspolitischen Aspekten sowie e<strong>in</strong>er„Ostdeutschen Psychotherapiechronik“. „Geschichtenaus dem Alltag der Psychotherapeuten“ illustrierendie Theorie praxisnah <strong>und</strong> e<strong>in</strong>drucksvoll.E<strong>in</strong> Anhang mit Dokumenten, Literaturangaben,Namen- <strong>und</strong> Sachwortregistern komplettiert daskünftige Standardwerk der Geschichte der deutschenPsychotherapie. Margarete We<strong>in</strong>Michael Geyer (Hg.): Psychotherapie <strong>in</strong>Ostdeutschland. Geschichte <strong>und</strong> Geschichten–, . Auflage, Gött<strong>in</strong>gen , Seiten,, EuroZur ausführlichen Rezension:WEBCODE MAG 14992<strong>Halle</strong> an der Saale – e<strong>in</strong> Juden-Paradies?Mancher jüdische Kaufmann, Künstler, Gelehrteoder Student mag das so empf<strong>und</strong>en haben; dennim Vergleich zu anderen war die Saalestadt, vor allemseit der Universitätsgründung 1694, von liberalemGeist <strong>und</strong> Weltoffenheit geprägt. <strong>Halle</strong> war e<strong>in</strong>Zentrum der Aufklärung, se<strong>in</strong>e Universität e<strong>in</strong>e jenerHohen Schulen, an denen auch jüdische Mediz<strong>in</strong>studentenpromovieren durften. Wie widersprüchlichdie Haltung der Deutschen gegenüber Fremden,vor allem Juden, dennoch war, zeigen die Texte, dieIngeborg von Lips für die Reihe „<strong>Halle</strong> liest“ gesammelt<strong>und</strong> veröffentlicht hat.19 Stimmen aus zwei Jahrh<strong>und</strong>erten, 3 Frauen <strong>und</strong>16 Männer, kommen <strong>in</strong> Gedichten, Erzählungen,Romanauszügen <strong>und</strong> Er<strong>in</strong>nerungen zu Wort. Alles<strong>und</strong> alle nehmen irgendwie auf <strong>Halle</strong> Bezug: Sei es,dass die Autoren hier geboren wurden, studierten<strong>und</strong>/oder lehrten oder dass andere Gründe sie <strong>in</strong>die Stadt zogen respektive mit ihr verbanden. DieAuswahl lässt <strong>in</strong> vier Kapiteln die verschiedenstenSchicksale auferstehen. So wird bei Ludwig Börne<strong>und</strong> Henriette <strong>Herz</strong>, ebenso <strong>in</strong> den titelgebendenVersen des deutsch-polnischen Lyrikers IsascharFalkensohn Behr, die Zeit um 1800 lebendig. Ängste<strong>und</strong> Schrecken des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts stellen uns unteranderem Emil Fackenheim, Mart<strong>in</strong> Feuchtwanger,Edgar Hilsenrath, Alfred Kerr, Guido <strong>und</strong> EgonErw<strong>in</strong> Kisch sowie Anneliese Landau vor Augen.Margarete We<strong>in</strong>Ingeborg von Lips (Hg.): Ke<strong>in</strong> falschesBild. Deutsch-jüdische Literatur <strong>und</strong> e<strong>in</strong>eUniversitätsstadt, <strong>Halle</strong> , Seiten,zahlreiche Abbildungen, , EuroZur ausführlichen Rezension:WEBCODE MAG 14991


30 forschen <strong>und</strong> publizieren scientia halensis 2/2013Gewissen im Alltag –Segen statt Fluch?Wie oft <strong>und</strong> <strong>in</strong> welchen Situationen meldet sich das Gewissen? Welche Gefühle s<strong>in</strong>d mit Gewissensregungenverb<strong>und</strong>en? Und welche Moralvorstellungen werden damit angesprochen? Um dem Geist des Gewissens auf dieSchliche zu kommen, haben Soziologen der Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universität im vergangenen Jahr im Rahmen derStudie „Ausdrucksformen <strong>und</strong> Funktionsweisen des Gewissens im Alltag“ mehr als 1100 <strong>Halle</strong>nsern auf denZahn gefühlt. Die umfassende Auswertung der Befragung br<strong>in</strong>gt überraschende Ergebnisse ans Licht.Dr. Sylvia Terpe(Foto: Melanie Zimmermann)Das Gewissen – e<strong>in</strong> Thema für die Soziologie? Aufjeden Fall, f<strong>in</strong>den Dr. Sylvia Terpe, Marcus Heise <strong>und</strong>Prof. Dr. Helmut Thome vom Institut für Soziologieder MLU. Denn diese blicke zwar auf e<strong>in</strong>e lange Traditionder Werteforschung zurück, e<strong>in</strong>e emotionaleB<strong>in</strong>dung an solche Werte sei bislang jedoch weitgehendunberücksichtigt geblieben. „Dabei hat bereitsÉmile Durkheim darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass Gefühlee<strong>in</strong> sehr guter Indikator für die tatsächliche Geltungvon moralischen Werten s<strong>in</strong>d“, so Terpe.„<strong>Mit</strong> dem Zugang über die Gewissensregungen derMenschen wollen wir mehr erfahren über die Verb<strong>in</strong>dungvon moralischen Vorstellungen <strong>und</strong> Gefühlen– <strong>und</strong> letztlich darüber, was Personen wirklichbewegt <strong>und</strong> was sie als wertvoll erachten.“Solche E<strong>in</strong>blicke sollen die Ergebnisse der Befragung„Moral <strong>und</strong> Gewissen im heutigen Leben“ zutagefördern, die die Forscher im Rahmen ihrer Studie„Ausdrucksformen <strong>und</strong> Funktionsweisen des Gewissensim Alltag“ <strong>in</strong> der halleschen Bevölkerungdurchgeführt haben.Nach e<strong>in</strong>er Test-Umfrage unter 97 Angestelltender MLU <strong>und</strong> neun Test-Interviews zur Erprobung<strong>und</strong> Entwicklung der Fragen kamen im Rahmen derHauptbefragung im Sommer <strong>und</strong> Herbst vergangenenJahres 1149 ausgefüllte Fragebogen <strong>und</strong> 31ausführliche Interviews zusammen. Es antworteten<strong>Halle</strong>nser im Alter von 17 bis 92 Jahren mit verschiedenstenBildungs- <strong>und</strong> Erwerbsh<strong>in</strong>tergründen. DieStudie wird von der Deutschen Forschungsgeme<strong>in</strong>schaftf<strong>in</strong>anziert.E<strong>in</strong>e erste Sichtung des Materials ließ e<strong>in</strong>en engenZusammenhang zwischen den Gewissensregungen<strong>und</strong> dem Alter erkennen. „<strong>Mit</strong> steigendem Alterder Befragten nimmt nicht nur die Häufigkeit vonGewissensregungen ab; das Gewissen wird auch zunehmendals positiv, als ermutigend <strong>und</strong> bestärkendwahrgenommen“, berichtet Terpe. Darüber h<strong>in</strong>aussche<strong>in</strong>t auch die Wertorientierung altersabhängigzu se<strong>in</strong>. „Während die jüngeren Befragten eherleistungsorientiert s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> Unabhängigkeit wert-


scientia halensis 2/2013 forschen <strong>und</strong> publizieren31schätzen, fühlen sich ältere Umfrage-Teilnehmereher konservativen Werten verpflichtet. Das deutetdarauf h<strong>in</strong>, dass je nach Lebensalter verschiedeneAuslöser das Gewissen aktivieren.“Um die Auswertung dieser Fülle an Material überhauptmöglich zu machen, die Reichweite der gegebenenAntworten erfassen <strong>und</strong> Phänomene wiedas mit dem Alter variierende Gewissenserlebenerklären zu können, müssen die Antworten kodiertwerden. „Knapp 500 <strong>Halle</strong>nser haben zudem <strong>in</strong>eigenen Worten e<strong>in</strong>e Situation geschildert, <strong>in</strong> dersie ihr Gewissen bemerkt haben. Diese Antwortensortieren wir <strong>in</strong> verschiedene Kategorien wie angesprochenemoralische Pr<strong>in</strong>zipien <strong>und</strong> Gefühle <strong>und</strong>ob <strong>und</strong> mit wem diese Erlebnisse kommuniziertwurden“, so Terpe.Die größte Herausforderung für die Forscher besteht<strong>in</strong> der Entwicklung neuer Analysedimensionen. DieSoziolog<strong>in</strong> setzt sich zu diesem Zweck regelmäßigmit themenfremden Wissenschaftler<strong>in</strong>nen zusammen,um geme<strong>in</strong>sam mit <strong>Mit</strong>teln der HermeneutikInterviewpassagen <strong>und</strong> Textantworten sequenziellzu <strong>in</strong>terpretieren. So entwickeln die Forscher unterschiedlicheLesarten <strong>und</strong> versuchen die S<strong>in</strong>ngehalteder Aussagen zu rekonstruieren. „Der Blick von mehrerenPersonen ist notwendig, um Neues im Materialentdecken zu können. Andernfalls läuft man Gefahr,nur das zu sehen, was die eigene ‚theoretische Brille’sehen will“, erklärt sie.Der Segen des GewissensBei der voranschreitenden Auswertung kristallisiertsich besonders e<strong>in</strong> Aspekt heraus. „Die vielen positivenGedanken <strong>und</strong> Gefühle im Zusammenhangmit dem persönlichen Gewissenserleben überraschenuns“, berichtet Terpe. Etwa vier von zehnBefragten geben an, ihr Gewissen als primär positivzu empf<strong>in</strong>den; nur jeder Fünfte nimmt es vor allemals negativ wahr. Knapp e<strong>in</strong> Drittel verb<strong>in</strong>det mitse<strong>in</strong>em Gewissen sowohl positive als auch negativeGedanken <strong>und</strong> Gefühle.„Die Befragten beziehen sich dabei auf zwei unterschiedlicheFunktionen des Gewissens: Die e<strong>in</strong>enverstehen es als moralische Instanz, die klar vorgibt,was richtig <strong>und</strong> falsch, gut <strong>und</strong> schlecht ist. Andereschildern, dass ihr Gewissen vor allem Prozesse derReflexion über Moral <strong>in</strong> Gang setzt, sie dazu br<strong>in</strong>gt,zu h<strong>in</strong>terfragen, ob dieses oder jenes moralischePr<strong>in</strong>zip <strong>in</strong> bestimmten Situationen odergenerell angemessen ist“, erklärt die Soziolog<strong>in</strong>.„Beide Funktionen werden als wichtig<strong>und</strong> notwendig wahrgenommen.“E<strong>in</strong> nicht ger<strong>in</strong>ger Teil der Befragten sche<strong>in</strong>t das Gewissenalso nicht schlicht negativ als den nagenden„Gewissensbiss“ wahrzunehmen; die mahnendeFunktion wird von vielen als richtungsweisend <strong>und</strong>hilfreich geschätzt. „Gel<strong>in</strong>gt es den Befragten, derMahnung des Gewissens nachzukommen, stelltsich e<strong>in</strong>e ganze Reihe positiver Gefühle e<strong>in</strong>, etwaErleichterung, Stolz, Freude oder Wohlbef<strong>in</strong>den.Es lässt sich vermuten, dass diese positiven Gefühledazu beitragen, dass Menschen ihren Ideenvom Guten <strong>und</strong> Richtigen auch weiterh<strong>in</strong> folgen“,erklärte Terpe.Nicht weniger erfreulich ist, was dieses Ergebnisimplizit enthält: Wir haben noch Werte <strong>und</strong> Ideale<strong>und</strong> bemühen uns um sie. Melanie ZimmermannKontakt: Dr. Sylvia TerpeInstitut für SoziologieTelefon: 0345 55 24147E-Mail: sylvia.terpe@soziologie.uni-halle.de(Grafik: Oliver Weiss)


32 personalia scientia halensis 2/2013personalia„Die Kaffee- <strong>und</strong>Kuchenerfahrung“Tridem, Triplet oder Dreischnell? Ganz egal, wie die korrekte Bezeichnung für e<strong>in</strong> Sprachtandem lautet, das ausdrei Studierenden besteht – N<strong>in</strong>amarie Jeffrey, Timea Tacaks <strong>und</strong> Maria Preußmann haben bei ihren Treffenganz andere Themen. Für scientia halensis hat Maria Preußmann e<strong>in</strong> Gespräch mit den beiden Austauschstudentenfestgehalten. Auf Deutsch erzählen sie von ihren E<strong>in</strong>drücken aus deutschen Sem<strong>in</strong>aren, von ganz unterschiedlichenStudienbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> ihren ersten Hausschuhen.Von l<strong>in</strong>ks: N<strong>in</strong>amarie Jeffreyaus Hawaii <strong>und</strong> TimeaTacaks aus Ungarn mitMaria Preußmann im Kafékaju. (Foto: Maike Glöckner)Maria Preußmann: Warum habt ihr euch für e<strong>in</strong>Auslandssemester <strong>in</strong> Deutschland entschieden?N<strong>in</strong>amarie Jeffrey: Ich war das erste Mal mit 15 <strong>in</strong>Deutschland <strong>und</strong> es war im Gegensatz zu Hawaii e<strong>in</strong>eganz andere Welt. Ich habe angefangen Deutschzu lernen <strong>und</strong> gedacht: Wenn es möglich ist, kommeich wieder.Außerdem unterstützt die US-Regierung es f<strong>in</strong>anziell,wenn ich <strong>in</strong> Deutschland studiere.


scientia halensis 2/2013 personalia33Timea Takacs: Also du bekommt Geld dafür, dassdu hier bist?N<strong>in</strong>a: Ja genau, <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Studienförderung.Timea: Wow, das ist gut. Ich habe zu Hause e<strong>in</strong>eFre<strong>und</strong><strong>in</strong>. Sie hat <strong>in</strong> Österreich studiert <strong>und</strong> mirgesagt, dass ich auf jeden Fall im Ausland studierensoll. Da hatte ich so e<strong>in</strong> gutes Gefühl. Sie hat michunterstützt <strong>und</strong> mir Inspiration gegeben. Eigentlichhätte ich gerne <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em englischsprachigen LandPsychologie studiert, weil <strong>in</strong> der Psychologie alleArtikel auf Englisch ersche<strong>in</strong>en. Aber me<strong>in</strong> ungarischesInstitut hatte ke<strong>in</strong>e Partneruni <strong>und</strong> Deutschhatte ich auch schon gelernt. Deshalb b<strong>in</strong> ich hierhergekommen.Was ist hier anders als an eurer Heimatuniversität?N<strong>in</strong>a: An me<strong>in</strong>er Heimatuni b<strong>in</strong> ich so engagiert,ich spreche immer <strong>in</strong> den Vorlesungen. Aber hierkonnte ich wegen der Sprache nicht so engagiertreden, wie ich möchte. Da ist wie e<strong>in</strong>e deutscheMauer. Gut f<strong>in</strong>de ich die Mischung von Studenten.Ich hatte zwei englische Vorlesungen, da habe ichmich wohlgefühlt. In diesen Kursen war fast jedere<strong>in</strong> ausländischer Student. Das f<strong>in</strong>de ich toll, dieseInternationalität habe ich zu Hause nicht.Timea: Ich f<strong>in</strong>de me<strong>in</strong> Studium <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> sehr kompliziert,was St<strong>und</strong>enplan <strong>und</strong> Prüfungen betrifft.Aber wenn ich mit den Professoren oder dem InternationalOffice gesprochen habe, haben sie immergeholfen. Weil sie wissen, dass ich e<strong>in</strong> Ausländerb<strong>in</strong>, möchten sie mir helfen. Sie versuchen, es mirleichter zu machen. Interessant fand ich, dass dieStudenten vor der Vorlesung nicht so viel Kontaktmite<strong>in</strong>ander haben. In Ungarn sprechen wir immermite<strong>in</strong>ander, aber hier sagen sie eigentlich auchnicht Hallo. Das war furchtbar für mich.N<strong>in</strong>a: Das ist so kalt…Timea: Bei e<strong>in</strong>er Übung haben wir darüber geredet,wie ich die Deutschen sehe. E<strong>in</strong>e Kommiliton<strong>in</strong> hatmich korrigiert, dass die Deutschen nicht kalt s<strong>in</strong>d,sondern zurückhaltend.N<strong>in</strong>a: Hier <strong>in</strong> Deutschland fühle ich mich aus zweiGründen nicht ganz wie ich selbst. E<strong>in</strong>mal muss ichviel über die Sprache nachdenken. Ich sage Sachen,die würde ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Muttersprache gar nichtsagen. Und dann versuche ich, bei den Deutschenre<strong>in</strong>zupassen. Doch das ist nicht N<strong>in</strong>a <strong>und</strong> nichtme<strong>in</strong>e Kultur. Nur hier beim Tandemtreffen kann ichrichtig N<strong>in</strong>a se<strong>in</strong>. Ja Timi, ich hatte das gleiche Problem.Ich möchte so gern die Leute fest umarmen<strong>und</strong> ihnen e<strong>in</strong>en Kuss geben auf der Straße, aberman macht das hier nicht.Gibt es noch andere Sachen an Deutschland, diefür euch ungewohnt s<strong>in</strong>d?Timea: In Ungarn fahren die Leute nicht so gerneRad. Wir haben ke<strong>in</strong>e Fahrradkultur. Me<strong>in</strong> Tutor hatmich gefragt: Möchtest du e<strong>in</strong> Fahrrad? Nur warumsoll ich e<strong>in</strong> Fahrrad nehmen, wenn ich für 78 Euroe<strong>in</strong> Semesterticket kaufen kann? Warum soll ich beiSchnee e<strong>in</strong> Fahrrad nehmen? Und jeder Deutschehat hier e<strong>in</strong> Auto. Me<strong>in</strong>e Kommilitonen kommenmit dem Auto zur Vorlesung. Woher haben sie soviel Geld? Das ist e<strong>in</strong>e ganz andere Welt.Wie ist das Leben für Studenten <strong>in</strong> Ungarn?Timea: Ich lebe mit me<strong>in</strong>en Eltern zusammen. Ichkann nicht alle<strong>in</strong> leben, weil wir nicht genug Gelddafür haben. Deshalb habe ich mich dazu entschieden<strong>in</strong> Szeged zu studieren, wo auch me<strong>in</strong>e Elternwohnen. Ich könnte auch anderswo studieren, aberdann müsste ich e<strong>in</strong>en Studienkredit nehmen. Me<strong>in</strong>Studium bezahlt das Land mit e<strong>in</strong>em Stipendium. Somuss ich nur me<strong>in</strong>e Bücher <strong>und</strong> me<strong>in</strong> Essen zahlen.N<strong>in</strong>a: Musst du de<strong>in</strong>en Kredit später zurückzahlen?Timea: Ich nicht, weil ich e<strong>in</strong> sehr gutes Abiturzeugnishatte. Aber es gibt e<strong>in</strong> Gesetz, dass e<strong>in</strong>em dasLand den Kredit erlässt, wenn man zweimal so lange<strong>in</strong> Ungarn arbeitet, wie man studiert hat. Oder manzahlt alles zurück, plus drei Prozent Z<strong>in</strong>sen.Wir müssen die Hälfte vom Bafög zurückzahlen.Timea: Wirklich? Ich glaube, ich sollte hier wirklichme<strong>in</strong>en Master machen… Und wenn ich hier arbeitenkönnte, dann könnte ich vielleicht noch Geldnach Hause schicken!Das International Officeorganisiert die Sprachtandemsan der MLU.Alle Infos unter:www.contactus.uni-halle.de


34 personalia scientia halensis 2/2013Ich kann mir nicht vorstellen, als Student<strong>in</strong> me<strong>in</strong>enEltern Geld zu schicken…N<strong>in</strong>a: E<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g, das mir immer auffällt, ist, dass alles<strong>in</strong> Deutschland so sauber <strong>und</strong> ordentlich aussieht,fast steril. Man merkt, dass es ke<strong>in</strong> Meer <strong>in</strong> derNähe gibt <strong>und</strong> weniger Sonne. Und vielleicht ist esbekannt, dass das Studium <strong>in</strong> den USA so teuer ist.Ich zahle pro Semester 8000 Dollar, <strong>und</strong> das ist billig.Weißt du schon, wie du das zurückzahlst?N<strong>in</strong>a: Ja, ich habe den Plan, mich für e<strong>in</strong> Programmzu bewerben, wo ich e<strong>in</strong> ganzes Jahr arbeite, sodass ich dann die Studienförderung zurückzahlenkann. Das wäre e<strong>in</strong> Anfang, falls ich nicht gleiche<strong>in</strong>en guten Job f<strong>in</strong>de. Wie viel kostet das Studium<strong>in</strong> Ungarn?Timea: Also für Psychologie würde es 1000 Europro Semester kosten. Was zahlt man <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> proSemester?Hier zahlt man 74 Euro Semestergebühren…Timea: Und wie viel Studiengebühren zahlt man?Das ist alles.Timea: Nur 74 Euro? Ich komme her. Ich komme her!Oh me<strong>in</strong> Gott, wenn ich hier me<strong>in</strong>e letzte Prüfungabgelegt habe, dann gehe ich zur Studienberatung<strong>und</strong> ich b<strong>in</strong> sicher, dass ich <strong>in</strong> Deutschland me<strong>in</strong>enMaster machen werde.N<strong>in</strong>a: Von diesem Moment an?Timea: Von diesem Moment an!Wie hat euch das Sprachtandem <strong>in</strong> der Zeit hiergeholfen?N<strong>in</strong>a: Für mich war das e<strong>in</strong>e der besten Erfahrungen<strong>in</strong> Deutschland. Das me<strong>in</strong>e ich wirklich. Ich fühlemich hier so wohl. Sprachlich hat es mir auch sehrgeholfen. Und ich habe Fre<strong>und</strong><strong>in</strong>nen gef<strong>und</strong>en. Ichfreue mich jede Woche mehr <strong>und</strong> mehr darauf.Timea: Dieses Tandem war sehr gut. Bei uns <strong>in</strong> Ungarnan der Uni haben wir ke<strong>in</strong>e solche Möglichkeit.Was ist eure Liebl<strong>in</strong>gssache aus Deutschland?N<strong>in</strong>a: Ich mag so sehr die Gastfre<strong>und</strong>schaft derDeutschen. Jedes Mal war <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Zimmer e<strong>in</strong>kle<strong>in</strong>er Teller mit Süßigkeiten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e FlascheM<strong>in</strong>eralwasser. Ich mag auch sehr die Kaffee- <strong>und</strong>Kuchenzeit. Das würde ich gerne zu Hause weitermachen.Ich hatte hier mehr Kuchen- <strong>und</strong> Kaffeeerfahrung,als <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em ganzen Leben. Und ich magso sehr die deutschen Hausschuhe. Immer dieseHausschuhe … Dann habe ich welche gekauft <strong>und</strong>jetzt verstehe ich es!Interview: Maria Preußmann


scientia halensis 2/2013 personalia35Gabriele Meyer will europaweit über Pflege diskutierenWie können Patienten im hohen Lebensalter optimalversorgt <strong>und</strong> gepflegt werden? Diese Frageerforscht Gabriele Meyer anhand von kl<strong>in</strong>ischenStudien. Seit 1. März 2013 ist sie Professor<strong>in</strong> fürGes<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Pflegewissenschaften an der Mediz<strong>in</strong>ischenFakultät der MLU. An ihrem Fachgebietreizt die Pflegewissenschaftler<strong>in</strong> <strong>in</strong>sbesondere „dieHerausforderung, e<strong>in</strong>e Balance zwischen Über- <strong>und</strong>Unterversorgung zu f<strong>in</strong>den, sowie die Verquickungmit ethischen Fragestellungen“. Die gebürtige Lüneburger<strong>in</strong>war zuletzt fünf Jahre als Professor<strong>in</strong> fürKl<strong>in</strong>ische Pflegeforschung an der Privaten UniversitätWitten/Herdecke tätig. „E<strong>in</strong>e Standortveränderungerschien mir e<strong>in</strong>e gute Chance, noch e<strong>in</strong>maletwas Neues aufzubauen“, sagt die 46-Jährige. „DasInstitut für Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Pflegewissenschaften<strong>und</strong> die hervorragende Aufbauarbeit von ProfessorBehrens waren mir bereits persönlich bekannt.“Gabriele Meyer koord<strong>in</strong>iert unter anderem e<strong>in</strong> EU-Forschungsprojekt zur Versorgung bei Demenz <strong>und</strong>ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen europäischen Gremien tätig. „DieseBeziehungen <strong>und</strong> Netzwerke möchte ich an der MLUweiter <strong>in</strong>tensivieren <strong>und</strong> durch EU-Projekte <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalePublikationen e<strong>in</strong>en regen Austauschzwischen Wissenschaftlern aus Europa erzielen.“Ihr Fachgebiet kennt sie natürlich auch aus der Praxis.Als ausgebildete Krankenschwester hat Meyerlange Jahre <strong>in</strong> der Pflege gearbeitet, u. a. währendihres Germanistik- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsstudiums an derUniversität Hamburg. In Hamburg wurde sie 2004mit e<strong>in</strong>er Arbeit zu evidenzbasierter Pflege- <strong>und</strong>Ges<strong>und</strong>heitsversorgung mit „summa cum laude“promoviert. Ab 2006 lehrte sie zwei Jahre als Junior-professor<strong>in</strong>für Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong>kl<strong>in</strong>ische Pflegeforschung an der Universität Bremen,bevor sie 2008 nach Witten/Herdecke berufenwurde. Neben Literatur <strong>und</strong> Reisen <strong>in</strong>teressiert sichdie Pflegewissenschaftler<strong>in</strong> <strong>in</strong> ihrer Freizeit auchfür die Sepulkralkultur – die Kultur des Sterbens,Bestattens <strong>und</strong> Trauerns. Cor<strong>in</strong>na BertzProf. Dr. Gabriele MeyerInstitut für Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong>PflegewissenschaftenTelefon: 0345 557 4498E-Mail: gabriele.meyer@mediz<strong>in</strong>.uni-halle.de(Foto: Michael Deutsch)Johannes Varwick hat <strong>in</strong>ternationale Beziehungen im BlickDen Bereich <strong>in</strong>ternationale Beziehungen <strong>und</strong> europäischePolitik möchte Johannes Varwick „an derhalleschen Universität <strong>in</strong>ternational <strong>und</strong> nationalsichtbar positionieren“. Seit März 2013 hat er dieProfessur für Internationale Beziehungen <strong>und</strong> europäischePolitik am Institut für Politikwissenschaft<strong>und</strong> Japanologie der Mart<strong>in</strong>-<strong>Luther</strong>-Universität <strong>in</strong>ne.1968 <strong>in</strong> Aschaffenburg <strong>in</strong> Bayern geboren, studierteVarwick Politikwissenschaft, Wirtschaftspolitik <strong>und</strong>Rechtswissenschaft <strong>in</strong> Münster <strong>und</strong> Leeds/GB.Er wurde 1998 an der Universität Münster zumThema „Sicherheit <strong>und</strong> Integration <strong>in</strong> Europa“ promoviert.Als Juniorprofessor für europäische Integration<strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Organisationen arbeiteteer ab 2003 an der Universität Kiel. Zuletzt war er ander Universität Erlangen-Nürnberg tätig, dorth<strong>in</strong>war er 2009 e<strong>in</strong>em Ruf auf die Professur für PolitischeWissenschaft gefolgt. „Mich reizt besondersan me<strong>in</strong>em Fachgebiet, die Chancen <strong>und</strong> Problemedes <strong>in</strong>ternationalen Regierens <strong>in</strong> unterschiedlichenPolitikfeldern sowie die sich wandelnde Bedeutungdes Staates <strong>und</strong> von <strong>in</strong>ternationalen Organisationen<strong>in</strong> der Politik analytisch zu durchdr<strong>in</strong>gen“, sagtVarwick. „Dabei gilt es sowohl wissenschaftlicheAntworten zu geben, als auch diese für die Politiknutzbar zu machen.“ Zu diesem Zweck arbeitet ereng mit der praktischen Politik zusammen, zum Beispielals <strong>Mit</strong>glied des Vere<strong>in</strong>te Nationen-politischenBeirats im Auswärtigen Amt oder als Berater vonB<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterien, Th<strong>in</strong>k Tanks, Abgeordneten <strong>und</strong><strong>in</strong>ternationalen Organisationen.Politikwissenschaft sollte sich nach se<strong>in</strong>em Verständnisnicht im Elfenbe<strong>in</strong>turm e<strong>in</strong>schließen, sonderndurchdachte <strong>und</strong> abgewogene Beiträge fürpraktische Probleme mitentwickeln. Der verheirateteVater von drei K<strong>in</strong>dern ist an der MLU <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>bisher auf e<strong>in</strong>e „extrem kollegiale <strong>und</strong> offene Atmosphäre“gestoßen. Ute OlbertzProf. Dr. Johannes VarwickInternationale Beziehungen<strong>und</strong> europäische PolitikTel.: 0345 55 24211E-Mail: johannes.varwick@politik.uni-halle.deInternet: www.johannesvarwick.de(Foto: Maike Glöckner)


36 personalia scientia halensis 2/2013Richard SchmidtVerbales Porträt e<strong>in</strong>es Zeitgenossen … Unzählige Varianten des Fragebogens, der durch die Antworten vonMarcel Proust so berühmt geworden ist, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Medien (FAZ, Forschung & Lehre, UNICUM etc.) zuf<strong>in</strong>den. scientia halensis spielt ebenfalls mit. Diesmal ist unser Match-Partner Richard Schmidt. Der Lehramtsstudent(Mathematik, Late<strong>in</strong> <strong>und</strong> Sozialk<strong>und</strong>e) ist <strong>Mit</strong>glied des Akademischen Senats <strong>und</strong> des Studierendenrats.In der „Koord<strong>in</strong>ierungskommission zur Profilbildung“ vertritt er die Studierendenschaft.1 | Warum leben Sie <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> <strong>und</strong> nichtanderswo? Das hat e<strong>in</strong>en ganz praktischenGr<strong>und</strong>: Hier gibt es noch das Staatsexamen fürdas Lehramtsstudium.2 | Wenn nicht Student, was wären Sie danngeworden? Musiker? Aber dafür sollte man wohlauch studieren … Dann vielleicht Buchhändler.3 | Was war an Ihrer Studienzeit am besten?Dass ich sowohl im Studium als auch außerhalbso viel Neues kennenlerne <strong>und</strong> mir die Freiheitnehmen kann, viele unterschiedliche Sachenauszuprobieren.6 | Was ist für Sie die erste Aufgabe der Wissenschaft?Die Welt <strong>und</strong> die Menschen besser zuverstehen.7 | Was haben Intelligenz <strong>und</strong> Menschlichkeitmite<strong>in</strong>ander zu tun? Sie bed<strong>in</strong>gen sich nichtgegenseitig, denn e<strong>in</strong> <strong>in</strong>telligenter Mensch kannsehr unmenschlich se<strong>in</strong> <strong>und</strong> anders herum. Trifftbeides zusammen, ist das gut für die Person <strong>und</strong>ihre <strong>Mit</strong>menschen.8 | Worüber ärgern Sie sich am meisten?Über die Starrköpfigkeit <strong>und</strong> Oberflächlichkeite<strong>in</strong>iger Menschen.Bild: Richard Schmidt <strong>in</strong> denRäumen des Studierendenrates.(Foto Maike Glöckner)4 | Welchen Rat fürs Überleben würden SieStudenten geben? Lasst euch nicht von Kle<strong>in</strong>igkeiten(wie nicht funktionierenden Druckern)kle<strong>in</strong> kriegen <strong>und</strong> wenn euch etwas stört, unternehmtetwas dagegen.5 | Wenn Sie Rektor e<strong>in</strong>er Universität wären,was würden Sie als erstes tun? E<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>ar zumThema „Wie leite ich e<strong>in</strong>e Sitzung?“ besuchen.9 | Was br<strong>in</strong>gt Sie zum Lachen? Andere lachendeMenschen, politische Satire, Alltagskomik <strong>und</strong>schlafende Professoren <strong>in</strong> Sitzungen.10 | Was schätzen Sie an Ihren Fre<strong>und</strong>en? Dasssie offen zu mir s<strong>in</strong>d, dass ich mich nicht zuverstellen brauche <strong>und</strong> dass ich mit ihnen Spaßhaben kann.


scientia halensis 2/2013 personalia3711 | Wo sehen Sie Ihre Stärken? Ich b<strong>in</strong> zielstrebig<strong>und</strong> kann mich selbst gut diszipl<strong>in</strong>ieren. Aberdas sollten lieber andere beurteilen.12 | Was erwarten Sie von der Zukunft?Dass sie anders ist als die Gegenwart, hoffentlichbesser.13 | Woran glauben Sie? An Gott <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ebessere Welt.14 | Welchen bedeutenden Menschen unsererZeit hätten Sie gern als Gesprächspartner?Mir fällt ke<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>. Ich brauche ja ke<strong>in</strong>e bedeutendenMenschen, um gute <strong>und</strong> tiefgründigeGespräche führen zu können.15 | Wer war oder ist (bisher) für Sie der wichtigsteMensch <strong>in</strong> Ihrem Leben? Auch wenn esegozentrisch oder überheblich kl<strong>in</strong>gt: Ist mannicht immer selbst der wichtigste Mensch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>emLeben? Schließlich muss man zunächst Vielesmit sich selbst ausmachen <strong>und</strong> sollte <strong>in</strong> ersterL<strong>in</strong>ie mit sich selbst im Re<strong>in</strong>en se<strong>in</strong>. Abgesehendavon: Es gibt sehr viele wichtige Menschen <strong>in</strong>me<strong>in</strong>em Leben <strong>und</strong> nicht e<strong>in</strong>en wichtigsten.16 | Welchen Ort der Welt möchten Sie unbed<strong>in</strong>gtkennen lernen? Die fasz<strong>in</strong>ierende E<strong>in</strong>samkeit<strong>und</strong> Unendlichkeit der Natur <strong>in</strong> Wüsten,Steppen oder Gebirgen.17 | Womit verbr<strong>in</strong>gen Sie Ihre Freizeit amliebsten? <strong>Mit</strong> Musik <strong>und</strong> Büchern, mit anderenLeuten oder mit Bewegung an der frischen Luft.18 | Was wären Ihre drei Bücher für die Insel?„Der Schatten des W<strong>in</strong>des“ von Carlos Ruiz Zafón,e<strong>in</strong> ungelesener Krimi von Fred Vargas, JussiAdler-Olsen oder Simon Beckett <strong>und</strong> „Der Steppenwolf“von Hermann Hesse.19 | Wenn Sie e<strong>in</strong>en Wunsch frei hätten …?… würde ich wohl viel zu lange darüber grübeln,was ich mir wohl am besten wünschen sollte.20 | Ihr Motto? Wende de<strong>in</strong> Gesicht der Sonnezu, dann fallen die Schatten h<strong>in</strong>ter dich.Aus der VitaGeboren 1991 <strong>in</strong> Dresdenseit 2010 Studium <strong>in</strong><strong>Halle</strong>: Sozialk<strong>und</strong>e,Mathematik <strong>und</strong> Late<strong>in</strong>für Lehramt an Gymnasienseit 2012 <strong>Mit</strong>glied desAkademischen Senats<strong>Mit</strong>glied des Studierendenrats<strong>und</strong> der „Koord<strong>in</strong>ierungskommissionzurProfilbildung“ des Senats


38 zeitgeist scientia halensis 2/2013Der Zeitgeist, Jahrgang1760, tauchte zuerst beiJohann Gottfried Herderauf. Auch Johann Wolfgangvon Goethe setzteihm e<strong>in</strong> Denkmal, <strong>in</strong>demer Faust vom „Geist derZeiten“ sprechen ließ.Inzwischen wirkt er -unübersetzt oder als „spiritof the times“ - längst auch<strong>in</strong> der englischsprachigenWelt.Zeichnung: Oliver WeissDr. Usus Zeitgeistlegastheniker sucht lustobjektE<strong>in</strong> neuer Trend greift <strong>in</strong> diesem D<strong>in</strong>g namensInternet um sich: Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreiferBildungsbürger während des Studiumssoll sich weniger auf Kneipentouren oder imCafé beobachten lassen, genauso wenig ist die BibliothekBaggerbude; denn es gibt ja das sogenannte„Spott<strong>in</strong>g“. Unter dem Titel „Spotted: Mart<strong>in</strong> <strong>Luther</strong>Universität <strong>Halle</strong> Wittenberg“ wird e<strong>in</strong>e Seite aufFacebook geführt, da soll e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>trag machen,wer e<strong>in</strong> potentielles Objekt der Begierde (OdB) imRahmen des Studentenlebens gesichtet, sich jedochnicht getraut hat, es anzusprechen. Namenlos, be<strong>in</strong>aheanonym.Die Logik dieses Verfahrens ist auch schier bestechend:Denn wem im h<strong>in</strong>teren oberen Teil desBe<strong>in</strong>kleides die Substanz abgeht, e<strong>in</strong>e Absage vonAngesicht zu Angesicht <strong>in</strong> Kauf zu nehmen, dembietet sich hier die Chance, das OdB gewissermaßendazu zu br<strong>in</strong>gen, den ersten Schritt zu übernehmen.Interessant ist die Botschaft, die diese Paarungswilligenihrem potentiellen Gegenüber auf diesemWege mit senden, denn besser könnte man „Ichf<strong>in</strong>de dich toll <strong>und</strong> habe Angst vor dir“ kaum zumAusdruck br<strong>in</strong>gen. Sehr anziehend!Immerh<strong>in</strong>, so könnte man me<strong>in</strong>en, f<strong>in</strong>det der geme<strong>in</strong>eFeigl<strong>in</strong>g hier zum<strong>in</strong>dest Raum <strong>und</strong> Zeit, se<strong>in</strong>erKreativität freien Lauf zu lassen <strong>und</strong> sich denE<strong>in</strong>trag reiflich zu überlegen. Weit gefehlt: Ernstzunehmende,wohl formulierte E<strong>in</strong>träge nehmen sichaus wie etwas Verirrtes unter diesen <strong>Herz</strong>ens- <strong>und</strong>Hosengesuchen, von denen e<strong>in</strong> nicht unerheblicherTeil dem Typ „Legastheniker sucht Lustobjekt“ zuzuordnenist. Da liest man „Wenn sich zum<strong>in</strong>destense<strong>in</strong>e von euch [acht hübschen Mädels!] meldet- wärees der Hammer“ oder „ach Scheiß egal, ich f<strong>in</strong>ddich e<strong>in</strong>fach geil!“.Nach e<strong>in</strong>iger Zeit der Lektüre weiß man schließlichnicht mehr zu sagen, ob man sich auf der „Spotted“-Seite oder e<strong>in</strong>er missglückten Version des „Hohlspiegels“bef<strong>in</strong>det. E<strong>in</strong>er sche<strong>in</strong>t sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bislangunentdeckten Nische des Zoos verirrt zu haben <strong>und</strong>gibt unter diesen nicht m<strong>in</strong>der animalischen Beiträgenzum Besten, er habe se<strong>in</strong> OdB „<strong>in</strong> der Pantherei“gesehen. Könnte Heraklit das paarungswilligeRaubtier von heute beobachten, würden ihm zwarsicherlich die Tränen <strong>in</strong> Bächen r<strong>in</strong>nen; dennochmüsste er spätestens an dieser Stelle e<strong>in</strong>sehen, dassnicht nur se<strong>in</strong>e Sprache überholt ist, sondern auchnicht alles fließt – am wenigsten hier das Gebalzevon Gebildeten.


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