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Kleiner Guide 2 - PAKT

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<strong>Kleiner</strong> <strong>Guide</strong> 2<br />

Zur Rechtslage nach der Aufnahme des Tierschutzes als<br />

Staatsziel in das Grundgesetz (Artikel 20a)<br />

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.01.2002 (sog. Schächt-Urteil) entfaltet<br />

nach der Einführung des Tierschutzes in das GG nicht mehr die ihr normalerweise eigene<br />

Bindungswirkung gegenüber Behörden und Gerichten. Diese entfällt, sobald neue Tatsachen,<br />

aber auch Gesetzesänderungen die maßgebliche Entscheidungsgrundlage wesentlich<br />

verändern.<br />

Der Tierschutz konnte, unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des BVerfG im<br />

Entscheidungszeitpunkt keine zureichende verfassungsrechtliche Rechtfertigung darstellen,<br />

weil er keinen Verfassungsrang besaß. Genau das hat sich aber jetzt geändert. Deshalb muss<br />

die Frage einer zureichenden verfassungsrechtlichen Rechtfertigung in Bezug auf Art 4 GG<br />

(Glaubens- und Bekenntnisfreiheit), aber auch des Art 12 GG (Berufswahlfreiheit) neu gestellt,<br />

aber auch neu beantwortet werden. Ausgangspunkt dabei muss sein, dass der Tierschutz<br />

nunmehr in verfassungsrechtlicher Hinsicht den Grundrechten, hier also insbesondere der<br />

Glaubens- und Religionsfreiheit aus Art 4 Abs. 1 und 2 GG, prinzipiell gleichwertig ist.<br />

Das Staatsziel des Tierschutzes könnte leerlaufen, wenn z.B. nunmehr bereits eine kleine,<br />

möglicherweise sektiererische Gruppierung tierquälerische Handlungen als Akt der<br />

Glaubensausübung ausgibt und dies in der Abwägung zu einem Übergewicht der Religionsfreiheit<br />

gegenüber dem Tierschutz führte. Beim Schächten kann nichts anderes gelten.<br />

Der prinzipiellen Gleichrangigkeit von Religionsfreiheit und anderen Grundrechten auf der einen<br />

und dem Staatsziel Tierschutz auf der anderen Seite dürfte es auch nicht gerecht werden,<br />

wenn der die Ausnahmegenehmigung nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 Tierschutzgesetz Beantragende<br />

lediglich substantiiert und nachvollziehbar deren tatbestandliche Voraussetzungen<br />

soll darlegen müssen (so BVerfG). Auch hierin liegt eine dem Staatsziel Tierschutz kaum<br />

gerecht werdende Privilegierung der Antragsteller, denen nach den Regeln des allgemeinen<br />

Verwaltungsrechts die volle materielle Beweislast dafür obläge, dass die Voraussetzungen für<br />

eine Ausnahmegenehmigung auch tatsächlich vorliegen. Genau das dürfte auch der Wille des<br />

Gesetzgebers gewesen sein. Denn er hat mit keinem Wort angedeutet, die substantiierte und<br />

nachvollziehbare Darlegung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausnahmegenehmigung<br />

bereits als ausreichend ansehen zu wollen. Mag die diese Einschränkungen beinhaltende<br />

Auslegung durch das BVerfG dem damals noch fehlenden Verfassungsrang des Tierschutzes<br />

geschuldet gewesen sein. Nunmehr spricht aber nichts mehr dagegen, dem vom Gesetzgeber<br />

gewollten vollen Nachweis der tatbestandlichen Voraussetzungen zum Durchbruch zu<br />

verhelfen.<br />

(Tierschutzgesetz. Kommentar. Hg. von Hans-Georg Kluge, Landrat des Kreises Herford; Richter<br />

am Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg. Verlag W. Kohlhammer, 1. Aufl. 2002, S.<br />

173 ff.)<br />

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