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<strong>Kleiner</strong> <strong>Guide</strong> 2<br />
Vorwort<br />
Anlass zur ersten Ausgabe des „Kleinen <strong>Guide</strong>“ (2002) gab das sogenannte Schächturteil<br />
des Bundesverfassungsgerichts vom 15.01.2002, das insbesondere bei den für die<br />
Ausnahmegenehmigungen zuständigen Ämtern zu erheblicher Unsicherheit geführt hatte.<br />
Die Herausgeber waren sich nach genauer Analyse des Urteils sowie nach umfangreichen<br />
Korrespondenzen mit religionswissenschaftlichen und juristischen Fachleuten einig, dass keine<br />
Ausnahmegenehmigungen zu erteilen sind, da aus den in Frage kommenden religiösen Texten<br />
keine „zwingenden Vorschriften“ abzuleiten sind, aufgrund deren Angehörigen moslemischer<br />
und jüdischer Religionsgemeinschaften der Verzehr ungeschächteter oder mit Betäubung<br />
geschächteter Tiere verboten ist. Das betäubungslose Schächten ist kein Bestandteil der<br />
Religionsausübung.<br />
Rechtzeitig zum diesjährigen Opferfest vom 11.-14. Februar 2003 hatten die zuständigen<br />
Länderministerien weitgehend übereinstimmende Erlasse herausgegeben, in denen die<br />
Voraussetzungen für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für das betäubungslose<br />
Schächten benannt wurden, was dazu führte, dass fast keine solchen Genehmigungen erteilt<br />
wurden.<br />
Auch dieser neue <strong>Guide</strong> wendet sich an alle Interessierten, seien es Organisationen oder<br />
Privatpersonen, Behörden oder Politiker. Im Unterschied zur Erstausgabe, die einem dringenden,<br />
aktuellen Bedarf hinsichtlich des islamischen Opferfestes nachzukommen hatte, liegt der<br />
Schwerpunkt nunmehr in der Erörterung des jüdischen theologischen Hintergrunds. Auch von<br />
Seiten einer Minderheit unter den jüdischen Bürgern wird versucht, aus den einschlägigen<br />
heiligen Schriften bezüglich des betäubungslosen Schächtens etwas herauszulesen, was dort<br />
keineswegs geschrieben steht. Die grausame Schächtschlachtung kann nicht mit irgendwelchen<br />
koscheren Speisevorschriften gerechtfertigt werden, für die vor Tausenden von Jahren in<br />
bestimmten geographischen Zonen und vor der Erfindung der Elektrizität eine gewisse<br />
Berechtigung bestanden haben mag. In unserem Kulturkreis wird heute niemand zulassen, dass<br />
etwa eine Ehebrecherin gesteinigt wird, obwohl die Tora eine derartige Grausamkeit zulässt.<br />
Diese Erkenntnis hat sich auch in der deutschen Gesetzgebung niedergeschlagen, auch was den<br />
Umgang mit den Tieren betrifft. Inzwischen hat der Tierschutz Verfassungsrang! Auch das Urteil<br />
des Bundesverfassungsgerichts (noch vor dem Beschluss des Bundestags ergangen) weist<br />
bereits in die richtige Richtung, wenngleich es von etlichen Muslimen und Juden missverstanden<br />
wurde. Darüber mehr in dieser Broschüre.<br />
Angesichts der scheinbaren ethischen und rechtlichen Verworrenheit der Thematik ist es nach wie<br />
vor unerlässlich, fundamentierte Aufklärung zu leisten gegenüber der Bevölkerung, als Hilfestütze<br />
für Exekutivbehörden und für die Rechtssicherheit der oft auf sich gestellten Veterinäre aufgrund<br />
nachvollziehbarer Dokumente und Argumente, was zur rechtlich begründeten Ablehnung von<br />
Schächtanträgen, gleich, von welcher Seite sie gestellt werden, führen muss.<br />
2 Vorwort