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recher che-stipendium - Otto Brenner Shop

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Heidelberg, Anfang der Achtzigerjahre. Der Sturm, der seit den späten Sechzigerjahren<br />

durch die Universitäten fegte, hat sich nach und nach gelegt, jetzt sitzen<br />

andere Professoren auf den Lehrstühlen – jedoch keine besseren aus der Sicht<br />

des Germanistikstudenten, der seinen Frust über die Betonköpfe in Grün aus der<br />

Universität mit ins Leben tragen wird. Den politisch korrekten Diskurs, hier die<br />

Guten, dort die Schlechten, hier die Progressiven, dort die Reaktionären, empfindet<br />

er als langweilend und unergiebig – wie so viele aus der nachfolgenden<br />

Generation. Der kulturkritis<strong>che</strong>n Pose kann er nichts abgewinnen.<br />

Frank Schirrma<strong>che</strong>r verliert sich lieber in Literatur. Liest, bis die Seiten aus den<br />

Bü<strong>che</strong>rn fallen. Ernst Jünger, Gottfried Benn, Stefan George, Thomas Mann,<br />

Franz Kafka – und Joachim Fests Hitler-Biografie, die rasch zum Standardwerk<br />

avanciert. Ein sehr ausgewählter Kanon, den er noch heute zelebriert. „Man<br />

hatte keine Lust, in der Germanistik die Zwis<strong>che</strong>nprüfung über Habermas zu<br />

ma<strong>che</strong>n, sondern interessierte sich für Thomas Mann“, so beschreibt er die eigene<br />

Motivation, als er längst FAZ-Literatur<strong>che</strong>f ist.<br />

Als Lebensprinzip entdeckt Schirrma<strong>che</strong>r bereits in der Jugend die literaris<strong>che</strong><br />

Überformung der eigenen Biografie. „Ich habe wie in einem Bildungsroman<br />

gelebt. Das konstituierte mein Bewusstsein. Schon in sehr jungen Jahren habe<br />

ich mich aufgemacht und mir Vaterfiguren zusammengesucht. Früher habe ich<br />

mein Selbstbewusstsein von diesen Figuren abgeleitet.“ 1991 wird er diese Fährte<br />

legen, im ersten Interview mit Herlinde Koelbl über die Spuren der Macht. Seine<br />

Antworten aus dieser Zeit sind eine aufschlussrei<strong>che</strong> Quelle für den Code Schirrma<strong>che</strong>r,<br />

der mittlerweile über seine Person samt Privatleben nur noch selten<br />

spricht. Als unseriös empfinde er dies, wie es in einem Porträt des Deuts<strong>che</strong>n<br />

Allgemeinen Sonntagsblatts heißt.<br />

Schirrma<strong>che</strong>rs fasziniertes Interesse gilt neben Ernst Jüngers ‘In Stahlgewittern’<br />

dem George-Kreis, der sich aus Künstlern und Wissenschaftlern um Stefan George<br />

in männerbündis<strong>che</strong>r und autoritärer Hierarchie sammelte. Ihr Podium sind die<br />

1892 gegründeten Blätter für die Kunst, die unter strenger Aufsicht von George<br />

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