recher che-stipendium - Otto Brenner Shop
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Diese und andere, sehr viele andere Geschichten sind es, die man sich über<br />
Frank Schirrma<strong>che</strong>r erzählt. Die seine Wirkungsmacht mit jeder neuen Erzählung<br />
ein wenig größer, beängstigender und willkürli<strong>che</strong>r ers<strong>che</strong>inen lassen.<br />
Politiker müssen sich an Wahlergebnissen messen lassen, Manager an Unternehmensgewinnen.<br />
Und Meinungsführer? Ihr Erfolg lebt davon, dass die Gesellschaft,<br />
in der sie agieren, an sie glaubt.<br />
An Frank Schirrma<strong>che</strong>r jedenfalls glaubt sie. An den Aufsteiger, der einst von seiner<br />
Geburtsstadt Wiesbaden auszog, um die Welt, also Frankfurt am Main, und die<br />
intellektuelle Macht, also das Feuilleton der FAZ, zu erobern. Die Gesellschaft<br />
glaubt an den biografis<strong>che</strong>n Künstler, dessen Eintrag zu seiner Person im Onlinelexikon<br />
Wikipedia sich zeitweise geschönt las – etwa mit Auszeichnungen, die<br />
später wieder gelöscht waren.<br />
Die Gesellschaft glaubt an den Literaturliebhaber und Autofantasten, der es von<br />
Beginn an mit Größen wie Thomas Mann hielt, über den Schirrma<strong>che</strong>r im August<br />
2005 in der FAZ schrieb: „Er hat die deuts<strong>che</strong> Geistes- und Bildungsgeschichte<br />
mit Helden und Bösen versehen, er hat sehr viel weggelassen und sehr viel<br />
dazuerfunden – und das ist alles, was noch da ist.“ Helden und Böse, erfinden<br />
und weglassen – ein erster Schlüssel zu jenem Mann, der die deuts<strong>che</strong> Feuilletongeschichte<br />
wie keiner zuvor umgeschrieben hat.<br />
Eine persönli<strong>che</strong> Gesprächsanfrage läuft Mitte Mai, als sich die Bran<strong>che</strong> im<br />
Deuts<strong>che</strong>n Schauspielhaus trifft, seit gut zwei Wo<strong>che</strong>n. Die Sekretärin, Monika<br />
Stützel, verspricht, Tag für Tag, sich um den Wunsch zu kümmern. Bis dahin lässt<br />
sich die professionell inszenierte Warteschleife gut überbrücken. Frank Schirrma<strong>che</strong>r,<br />
der ‘Felix Krull’ unter den Mächtigen, wie ihn unter anderem Klaus<br />
Harpprecht, ehemaliger Redenschreiber von Willy Brandt und einer seiner<br />
gepflegten Exklusivfeinde, bezeichnet, ein einnehmender Trickser also, hat genügend<br />
Fährten gelegt für eine Annäherung. Es sind die Spuren eines Aufsteigers,<br />
dessen Werdegang ohne den Bedeutungsverlust von Intellektuellen in den vergangenen<br />
zwanzig Jahren nicht denkbar wäre.<br />
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