recher che-stipendium - Otto Brenner Shop
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Staatsgewalt in der Demokratie legitimiert<br />
sich durch Wahl und Pflichtenheft<br />
und institutionelle Kontrolle. Also<br />
auch durch Sanktion und Wegwahl.<br />
Wollen wir wirklich eine Art Staatsgewalt<br />
sein?<br />
Was hätten wir in dieser Welt der<br />
streng geregelten und beaufsichtigten<br />
Institutionen zu su<strong>che</strong>n? Nichts.<br />
Wir gehören dort hin, wo unsere<br />
Gesellschaft noch frei ist von institutionellen<br />
Zwängen: in die „Zivilgesellschaft“,<br />
also mitten hinein ins anarchis<strong>che</strong>,<br />
weil staatsfreie Alltagsgetümmel.<br />
Das gibt es. Sogar in Deutschland.<br />
Unsere angeschwollene Macht aber<br />
birgt für den journalistis<strong>che</strong>n Berufsstand<br />
noch andere Gefahren als nur<br />
die Verführung zur „Vierten Gewalt“.<br />
Wir sind neuerdings auch im Geschäft:<br />
Als journalistis<strong>che</strong> Marken, als hoch<br />
dotierte Stars der Medienszene, als<br />
Geschäftema<strong>che</strong>r.<br />
Ehedem waren Fernsehmoderatoren<br />
nur Fernsehmoderatoren, angestellte<br />
Journalisten mit einem ordentli<strong>che</strong>n<br />
Lohn, dem Kodex einer öffentlich-<br />
rechtli<strong>che</strong>n Fernsehanstalt unterworfen.<br />
Das ist alles ganz anders geworden:<br />
Heute haben Talk-Moderatoren eigene<br />
Produktionsfirmen. Sie vermarkten<br />
sich selbst als Werbeträger. Sie verdienen<br />
damit Millionen; siehe Beckmann,<br />
Jauch oder Kerner.<br />
In einer Welt, in der rastlos nach neuen,<br />
sensationellen Inhalten für die<br />
modernsten Kommunikationsträger<br />
gesucht wird, in einer Welt, in der<br />
Medienunternehmen per Rasterfahndung<br />
die neusten Stars aufspüren, in<br />
dieser Welt wittern auch die Journalisten<br />
ihr Geschäft.<br />
Ja, Journalismus als Geschäft: Das ist<br />
neu. Aber ist es auch vertretbar? Passt<br />
es zu unserer Aufgabe? Ist es – jetzt<br />
werde ich ganz altmodisch – überhaupt<br />
vereinbar mit unserer Arbeit an der<br />
Demokratie und für die Demokratie?<br />
Ich nenne diese Frage „altmodisch“,<br />
weil mir bewusst ist, wie wenig gegen<br />
die fortschreitende Kommerzialisierung<br />
der Medienberufe unternommen<br />
werden kann.<br />
Ich ma<strong>che</strong> mir Sorgen um die journalistis<strong>che</strong><br />
Unabhängigkeit: um die Unab-<br />
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