recher che-stipendium - Otto Brenner Shop
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Wenn Minister und Parlamentarier in<br />
Millionenauflage als raffgierige Clique<br />
hingestellt werden, dann fühlen sich<br />
Millionen betrogen.<br />
Selbstverständlich müssen wir Kritik<br />
üben. Das ist seit jeher unsere Aufgabe.<br />
Daran hat sich auch nichts verändert.<br />
Doch unsere Kritik darf nicht die Demokratie<br />
selbst treffen. Das ist die heikle<br />
Seite unserer Aufgabe: Wie kritisieren<br />
wir Politik und Politiker, ohne Demokratieverdrossenheit<br />
zu provozieren?<br />
In der „Welt am Sonntag“ las ich am<br />
letzten Sonntag den Titel: „Ist die<br />
Demokratie als sol<strong>che</strong> in Gefahr? Die<br />
Anzei<strong>che</strong>n mehren sich.“<br />
Die „Financial Times Deutschland“ lieferte<br />
mir am Montag die Zahlen zum<br />
Titel in der „Welt am Sonntag“: Mehr<br />
als die Hälfte der Deuts<strong>che</strong>n zweifelt<br />
an der Demokratie. 38 Prozent sind<br />
weniger zufrieden, 13 Prozent sind gar<br />
nicht zufrieden. Das ergibt addiert<br />
eine Mehrheit, die der Demokratie<br />
politis<strong>che</strong> Misserfolge anlastet.<br />
Sind wir an diesem höchst bedenkli<strong>che</strong>n<br />
Resultat unbeteiligt? Unschuldig?<br />
27<br />
Wir gehen über einen sehr schmalen<br />
Grat: zwis<strong>che</strong>n Liebedienerei und Politik-Bashing.<br />
Mir s<strong>che</strong>int, dass seit<br />
einiger Zeit das Politik-Bashing massiv<br />
überwiegt.<br />
Könnte es sein, dass wir uns in die<br />
Rolle der „Vierten Gewalt“ im Staat<br />
verliebt haben? Auch die Politiker<br />
bezeichnen uns ja schon so. Und die<br />
Bezeichnung schmei<strong>che</strong>lt unserer<br />
Eitelkeit: Wir sind nicht nur mächtig,<br />
wir werden auch noch als Machtträger<br />
anerkannt, sogar hofiert.<br />
Ich halte die uns zugeschriebene Rolle<br />
der „Vierten Gewalt“ für fatal. Was<br />
nämlich heisst „Vierte Gewalt“? Die<br />
drei anderen Gewalten, auf die sich<br />
der Begriff bezieht, sind Staatsgewalten:<br />
Legislative, Exekutive und Judikative.<br />
Sind wir – die Medien, die Journalisten<br />
– auch eine Staatsgewalt?<br />
Da muss doch jedem von uns mulmig<br />
werden. Staatsgewalt passt in keiner<br />
Weise zu uns: nicht der Begriff<br />
„Staat“, schon gar nicht der Begriff<br />
„Gewalt“.