24.11.2012 Aufrufe

recher che-stipendium - Otto Brenner Shop

recher che-stipendium - Otto Brenner Shop

recher che-stipendium - Otto Brenner Shop

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

hat. Aber sind auch wir selber unschuldig?<br />

Sind wir uns nicht wenigstens selbst<br />

ein biss<strong>che</strong>n unheimlich?<br />

Die Politik in der Demokratie, über die<br />

wir berichten und richten, ist eine<br />

langsame Angelegenheit. Sie ist der<br />

Ort der langen Weile ... wohlgemerkt<br />

lange Weile – in zwei Wörtern.<br />

Die Politik in der Demokratie ist ein<br />

mühsames Gestalten mit unablässigem<br />

Streit und unablässiger Quälerei<br />

um Kompromisse, ein mühseliger Prozess<br />

von Versuch und Irrtum.<br />

Wir Medien aber, wir Journalisten sind<br />

schnell, schneller geht es gar nicht:<br />

Rasch, rasch fällen wir unsere Verrisse<br />

und Verdikte; mit elektronis<strong>che</strong>r<br />

Geschwindigkeit verbreiten wir sie.<br />

Haben wir etwas geschrieben, haben<br />

wir etwas gesagt, ist unser Handwerk<br />

getan. Wir haben gehandelt.<br />

Das Handeln in der Demokratie dagegen<br />

ist nahezu immer stockend. Darum<br />

hält die Demokratie mit unserer Geschwindigkeit<br />

nicht Schritt.<br />

25<br />

Muss sich die Demokratie den Medien<br />

anpassen? Schnell im Handeln – ruckzuck<br />

– sind nur autoritäre Systeme.<br />

Die Demokratie macht uns ungeduldig,<br />

macht uns unwirsch. Wir lechzen<br />

nach Dramatik und Tempo, nicht nach<br />

Ausdifferenzierung und zäh erhandelten<br />

Kompromissen.<br />

Unser Geschäft ist der Showdown. Das<br />

Leitmedium Fernsehen macht es uns<br />

vor: Wer gegen wen? Wer gewinnt?<br />

Wer wird Millionär? Und natürlich:<br />

Wer ist der grösste Kra<strong>che</strong>r in der Talk-<br />

Runde?<br />

Im „Spiegel“ stand über Franz Müntefering<br />

der Satz: „Er reitet der Abendsonne<br />

entgegen.“ Das ist die Politik<br />

als Western-Szene, wie wir sie mögen.<br />

So stellen wir Politik dar, und so lesen<br />

es dann die Bürgerinnen und Bürger.<br />

Ich weiss, meine Ausführungen klingen<br />

wie eine Klagerede, wie Jammern<br />

über das eigene Metier. Aber bitte,<br />

reden und richten wir nicht täglich<br />

über andere? Sind wir nicht geübt im<br />

Zerlegen und Zerfetzen wie kein zweiter<br />

Berufsstand?<br />

Warum nehmen wir uns nicht aus-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!