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nen und Bundeskanzler – statt lauter<br />

kritis<strong>che</strong>, aber auch selbstkritis<strong>che</strong><br />

Journalisten.<br />

Leide ich unter Sinnestrübung, gar<br />

unter helvetis<strong>che</strong>r Anmassung, wenn<br />

ich die deuts<strong>che</strong> Politik einem Mahlstrom<br />

vernichtender Urteile durch ihre<br />

Medien ausgesetzt sehe?<br />

Oh, ich selbst bin nicht zimperlich,<br />

wenn ich Politik und Politiker kritisiere!<br />

Meine wö<strong>che</strong>ntli<strong>che</strong> Kolumne in der<br />

grössten Sonntagszeitung der Schweiz<br />

provoziert nahezu immer Widerspruch<br />

und Anfeindungen, auch durch Kolleginnen<br />

und Kollegen.<br />

Hier spre<strong>che</strong> ich an, was mir in Deutschland<br />

fehlt: Widerspruch und Streit zwis<strong>che</strong>n<br />

den Kollegen. Heftigen Widerspruch<br />

und heftigen Streit!<br />

Es fehlen mir die journalistis<strong>che</strong>n<br />

Krähen, die andern journalistis<strong>che</strong>n<br />

Krähen ein Auge aushacken.<br />

Es fehlt mir der Pluralismus der Meinungen,<br />

insbesondere unter den Grossmedien,<br />

insbesondere unter den Grossjournalisten,<br />

insbesondere unter den zahllosen<br />

Grosskanzlern in den Redaktionen.<br />

Steckt böse Absicht, gar Ideologie hinter<br />

all den selbstgerechten journalistis<strong>che</strong>n<br />

Richtersprü<strong>che</strong>n? Ich hoffe<br />

nicht. Ich vermute, dass wir, die wir<br />

gewohnt sind, die Anderen, vor allem<br />

die Politiker zu durchschauen, uns<br />

selbst nicht mehr durchschauen.<br />

Was wäre denn bei uns Journalisten zu<br />

durchschauen? Zunächst das Anwachsen<br />

unserer Macht durch Omnipräsenz<br />

rund um die Uhr und rund um den Erdball.<br />

Die Medien haben Zeit und Raum<br />

vereinnahmt. Wir Journalisten haben<br />

Zeit und Raum vereinnahmt.<br />

Die Medien sind vollständig globalisiert.<br />

Wir Journalisten sind vollständig<br />

globalisiert. Niemand ist so vollständig<br />

globalisiert wie wir – auch nicht die<br />

Wirtschaft, auch nicht die Manager.<br />

Unserem Zugriff entgeht keiner.<br />

Wir, die wir einst mit unserem Beruf<br />

für die Freiheit der Mens<strong>che</strong>n standen,<br />

überziehen die Mens<strong>che</strong>n jetzt mit<br />

unserem Netz. Von uns frei zu sein, ist<br />

unmöglich geworden.<br />

Freilich, es ist die unschuldige Technik,<br />

die uns diese Allgegenwart bes<strong>che</strong>rt<br />

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