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September 07 | No. 15 - Das Magazin für Kunst, Architektur und ...

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FOTOS: 1. © CHRISTOPGH SCHÄFER, 2. KIRLAND COLLECTION LONDON, © ANTHONY REYNOLDS<br />

HAMBURG<br />

Vernetzungen<br />

<strong>und</strong> Visionen<br />

DAS PROJEKT 10°KUNST BEFRAGT WILHELMSBURG<br />

Es ist mehr als 33 Jahre her, dass die Gelder von „<strong>Kunst</strong> am Bau“ erstmals<br />

<strong>für</strong> freie „<strong>Kunst</strong> im öffentlichen Raum“ umgewidmet wurden.<br />

Doch bis heute ist dabei das Verhältnis von künstlerisch freier Form<br />

<strong>und</strong> praktischem Nutzen, von Event-Spaß <strong>und</strong> sozialtherapeutischer<br />

Intervention durchaus problematisch. Hamburg hat seit 2004 offiziell<br />

die <strong>für</strong> <strong>Kunst</strong> im öffentlichen Raum zur Verfügung stehenden Gelder<br />

eindeutig dem Zweck untergeordnet, den „Sprung über die Elbe“ kulturell<br />

zu begleiten <strong>und</strong> die Innenstadt stärker mit dem Hamburger<br />

Süden zu vernetzen. Entlang des 10. Längengrads von der <strong>Kunst</strong>meile<br />

über die Hafencity bis Harburg werden <strong>Kunst</strong>- <strong>und</strong> Kulturaktivitäten<br />

unter dem Label „10°<strong>Kunst</strong>“ gefördert. Zum Auftakt der Internationalen<br />

Bauausstellung werden unter der künstlerischen Leitung von<br />

Britta Peters jetzt sechs Projekte internationaler Künstler auf der Veddel,<br />

in Wilhelmsburg <strong>und</strong> Kirchdorf-Süd realisiert. Ideen traditioneller<br />

Skulptur spielen dabei nur noch gelegentlich eine Rolle – so bei der<br />

aus Altholz errichteten interreligiösen „Kirche des guten Willens“ von<br />

Thorsten Passfeld oder bei Asli Cavusoglus „Twin Peaks“, einer 12 m<br />

hohen Plastik-Aufsattelung der Mülldeponie Georgswerder. Alle Arbeiten<br />

sind vor allem auf Kommunikation mit den Bürgern ausgerichtet,<br />

die dem neuen Interesse an ihrem Stadtteil oft sehr kritisch gegenüberstehen.<br />

Ob im Video-Taxi von Christoph Schäfer <strong>und</strong> Margit Czenki<br />

BRAUNSCHWEIG<br />

Der Bär ist los<br />

ZEHNJAHRES-RÜCKBLICK<br />

VON MARK WALLINGER IM KUNSTVEREIN<br />

Manchmal genügt eine marginale Hinzutat, um die Dinge zu verkehren.<br />

Zum Beispiel rot-weisse Streifen, die an Absperrbänder erinnern.<br />

Mark Wallinger hat sie auf eine groß dimensionierte Möbiusschleife<br />

angebracht, auf der Texte einer christlichen Lithurgie stehen. Flugs<br />

verkehrt sich die gepriesene Ewigkeit in eine Endlosschleife. Aus<br />

frommen Wünschen werden unüberwindbare Hindernisse. Mehr vom<br />

ehemaligen young british artist zeigt der <strong>Kunst</strong>verein in einer Retrospektive,<br />

der ersten in Deutschland.<br />

Weniger provokativ wie seine prominenten Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen<br />

Hirst & Co., vielmehr mit leicht ironischen Unterton intoniert Wallinger<br />

seine <strong>Kunst</strong>werke. Und das mitunter wortwörtlich. So unterlegte<br />

er zur 2005er Biennale in Venedig ein Flughafen-Video mit frommer<br />

Ausstellungen o.T. 7<br />

oder bei den Bürgerbefragungen zu fiktiven Bauprojekten der Gruppe<br />

Oda Projesi aus Istanbul (Projektbericht im Radio: Sonntag, 2. Sept.,<br />

FSK, <strong>15</strong>-17 Uhr) oder bei dem Projekt von Mandla Reuter aus Berlin,<br />

die den neuen Blockbuster-Film „Die Simpsons“ als 35 mm Projektion<br />

in eine kleine Privatwohnung in Kirchdorf-Süd bringt: Die <strong>Kunst</strong>schaffenden<br />

locken mit eher utopischen Partizipationsangeboten <strong>und</strong> Verschiebungen<br />

<strong>und</strong> stellen nichts auf Dauer. <strong>Das</strong>s auch der komplexe<br />

<strong>und</strong> gemischte Stadtteil Wilhelmsburg längst mit der ganzen Welt<br />

medial vernetzt ist, macht Lenka Clayton aus London sichtbar: Sie hat<br />

alle 313 Menschen, die in einer Ausgabe des Wilhelmsburger Wochenblatts<br />

erwähnt wurden, weltweit aufgespürt <strong>und</strong> fotografiert.<br />

| HAJO SCHIFF<br />

1. bis 23. <strong>September</strong>. Mi, Sa + So,16 – 20 Uhr. (Ausnahmen: „Pictures“ von Mandla Reuter,<br />

mittwochs erst ab 19.30 Uhr sowie Asli Cavusoglus „Twin Peaks“, die nur an den Wochenenden<br />

besucht werden können). Info-Cafe in der „Kirche des guten Willens“, Vogelhüttendeich 77,<br />

Reiherstiegviertel. www.wilhelmsburgerfreitag.de<br />

Mark Wallinger | Ghost, 2000<br />

Lichtbox, 295 x 249 x 18 cm<br />

Christoph Schäfer/Margit Czenki | Ganz wie zu Hause<br />

Musik. <strong>Das</strong> suggerierte einen höchst feierlichen<br />

Empfang der hier in Zeitlupe Ankommenden.<br />

Doch das nüchterne Airport-Allerwelts-Ambiente<br />

in „Treshold to the kingdom“<br />

konterkarierte jeglichen Advents-Gedanken<br />

ins scheinbar gelobte Land. Berliner mögen<br />

sich noch an den Bär erinnern, der anno 2004<br />

in der Nationalgalerie des nächtens <strong>und</strong> in<br />

Anspielung auf die ge<strong>für</strong>chteten „Schläfer“<br />

sein Unwesen trieb. Gar nicht respektvoll<br />

ging Wallinger schließlich mit einer briti-<br />

schen Ikone um, einem Pferdegemälde von George Stubbs, das er mit<br />

Einhorn versah <strong>und</strong> in gespenstisches Negativ-Weiss verkehrte.<br />

Eine zweite Ausstellung im Cuboid des <strong>Kunst</strong>verins gilt einem weiteren<br />

britischen, aber halb so alten Künstler: Tris Vonna Michell. Dessen<br />

Metier ist das story-telling, bei dem oft die Besucher die Länge<br />

der mal politischen, mal privaten Geschichten bestimmen. In Braunschweig<br />

wird Michell ein 2005 begonnenes Projekt, das sich mit Stasi-Akten<br />

beschäftigt, weiter fortsetzen. Performance 31.8. <strong>und</strong> Ende<br />

Oktober (geplant). Beide Ausstellungen bis 11.11. | WOLF JAHN<br />

Lessingplatz 12, 38100 Braunschweig, T. 0531 49556, www.kunstverein-bs.de

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