September 07 | No. 15 - Das Magazin für Kunst, Architektur und ...
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FOTO: © BALLINSTADT<br />
HAMBURG<br />
Verzettelt<br />
DER BALLINSTADT FEHLT ES AN INHALT<br />
UND GLAUBWÜRDIGKEIT<br />
Die spannungsvolle Wartezeit hat ein Ende:<br />
Nun sind sie eröffnet, die drei von der Stadt<br />
wiederaufgebauten Schlafbaracken der Auswandererhallen<br />
der HAPAG (1901-1934). Darin<br />
untergebracht die von der Freizeit-Firma<br />
Leisure Work Group konzipierte interaktive<br />
Ausstellung „BallinStadt“, Untertitel: „Port<br />
of Dreams – Auswandererwelt Hamburg“.<br />
Schon vorneweg: so flach der Titel, so flach<br />
der Inhalt. Der Versuch, mit der Wiederbelebung<br />
eines authentische Ortes an den Zulauf<br />
des Deutschen Auswandererhauses in<br />
Bremerhaven anzuknüpfen, wird vermutlich<br />
scheitern. Zu offensichtlich will man sich<br />
hier an Albert Ballins Erfolge im „Geschäft<br />
mit den Träumen auf ein besseres Leben“<br />
anhängen.<br />
Im ersten Bau mit dem schicken Foyer findet<br />
man zunächst eine ausführliche Sponsorenpräsentation<br />
<strong>und</strong> viele zusammengebrochene<br />
Computer-Arbeitsplätze der Abteilung<br />
„Familienforschung“. Im zweiten Gebäude<br />
geht die Reise los – „vom Aufbruch <strong>und</strong> Überfahrt<br />
bis zur Ankunft in New York.“ Doch die<br />
zahllosen Überseekoffer, die lieblos gekleideten<br />
Holzpuppen <strong>und</strong> die schief an die Wände<br />
geklebten Kopien historischer Dokumente<br />
vermitteln eher den Eindruck eines aufgelassenen<br />
Trödelladens als den einer f<strong>und</strong>iert aufgearbeiteten<br />
Edutainmentausstellung wie in<br />
Bremerhaven. Mühsam sucht man nach authentischen<br />
Informationen, die Holzpuppen<br />
erzählen beliebige <strong>und</strong> vorhersehbare Geschichten<br />
<strong>und</strong> erzeugen ein akustisches Chaos.<br />
Man streift an den Zetteln <strong>und</strong> Plakaten<br />
vorbei, steht genervt vor Goldrahmen oder<br />
Koffern, die alle gleichzeitig banale Filmausschnitte<br />
auf Screens abspielen, oder<br />
w<strong>und</strong>ert sich über blutleere Installationen<br />
wie Ballins Arbeitsplatz, ein Immigration<br />
Office oder eine New Yorker Einkaufsstraße.<br />
Ebenso einfältig sind die „Traumblasen“ am<br />
Eingang, die auf den Schiffsrumpf gepinselten<br />
Hoffnungen der Migranten, <strong>und</strong> die<br />
„Eingemachten Erinnerungen“ auf bunten<br />
Zetteln am Ende der „Reise“, die allenfalls an<br />
kreatives Brainstorming erinnern.<br />
Ein Ärgernis zudem der Stil der Bezugnahme<br />
zum multikulturellen Umfeld im dritten<br />
Pavillon, wo auch Informationen zur historischen<br />
Anlage, die Gastronomie <strong>und</strong> der Shop<br />
untergebracht sind. Mittels hochkopierten<br />
Statistiken <strong>und</strong> einer bunten Fotowand mit<br />
Kindern von der Veddel kann keinem das<br />
komplexe Thema „Migration“ nahegebracht<br />
werden. Geradezu zynisch das eingespielte<br />
Video am Ausgang, in dem die Kinder u n s<br />
die besten Wünsche in ihrer Landessprache<br />
auf den Weg geben, dabei hätten sie selbst<br />
diese sicher nötiger.<br />
Selten begegnet einem in dieser Ausstellung<br />
ein Gefühl von Bedeutung <strong>und</strong> Glaubwürdigkeit,<br />
alles wirkt seicht <strong>und</strong> gefällig, auf<br />
Klischees verdichtet. Nur wer hartnäckig genauer<br />
schaut findet interessante Belege wie<br />
den Brief eines jüdischen Auswanderers an<br />
Ausstellungen | Kritik o.T. 13<br />
Mehr Trödelladen als Ausstellung | Rauminstallation im<br />
Ausstellungsteil „Ankunft in der neuen Welt <strong>und</strong> neue Heimat“<br />
Ballin, der über Misshandlungen in den Kontrollstationen<br />
klagt, oder das einzige überlieferte<br />
Filmdokument des „Überseeheims“ aus<br />
dem Jahre 1926. <strong>Das</strong> spannendste Objekt der<br />
Ausstellung ist vielleicht das mechanische<br />
Pferd vor dem Gemüsekarren, das ständig seine<br />
Mähne schüttelt <strong>und</strong> dann den Schwanz<br />
erhebt – wird es wohl...?<br />
| CHARLOTTE BRINKMANN<br />
ANZEIGENSCHLUSS FÜR AUSGABE NR. 16<br />
IM OKTOBER 20<strong>07</strong> IST DER 16. SEPTEMBER 20<strong>07</strong><br />
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Mobil 0172 - 40 74 675, Fax 040 - 55 12 254<br />
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NIKKI S. LEE<br />
PROJECTS AND PARTS<br />
14. SEPTEMBER – 2. DEZEMBER 20<strong>07</strong>