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September 07 | No. 15 - Das Magazin für Kunst, Architektur und ...

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12 o.T. Ausstellungen | Kritik<br />

LÜBECK<br />

Phantastisches<br />

Finnland<br />

FÜNF PHOTOKÜNSTLERINNEN IN LÜBECK<br />

Idyllisch wirken diese Bilder aus Finnland. Doch auf den zweiten Blick<br />

ist kaum zu erklären, was die abgebildeten Personen tun, <strong>und</strong> die ruhige<br />

Landschaft ist durchsetzt mit verwirrenden Elementen. Da selbst<br />

im Land des finnischen Tango <strong>und</strong> der Handyweitwurfwettbewerbe<br />

nicht alles völlig anders ist, kann es diese Lichtquellen, diese Flugdächer<br />

<strong>und</strong> Rollercoaster in Wald <strong>und</strong> See nicht wirklich geben. Es ist<br />

die beängstigende Vision einer von der Freizeitindustrie organisierten<br />

Restnatur. In Ilkka Halsos Bildern trifft reale Landschaftsphotographie<br />

auf Computermodelle. Doch die Realitätsebenen bleiben unklar:<br />

Zu dem stimmungsvollen Bild des blauen Würfels, der im Abendlicht<br />

über dem gelben Kornfeld schwebt, zeigt ein <strong>15</strong>minütiges Zeitraffer-<br />

Video dessen durchaus realen Aufbau.<br />

Bis 30. <strong>September</strong> gibt die Lübecker Overbeck-Gesellschaft einen kleinen,<br />

aber guten Einblick in die international sehr erfolgreiche, als<br />

„Helsinki School“ propagierte Photokunst: Technisch perfekt, von<br />

hoher Sensibilität <strong>für</strong> Farben <strong>und</strong> von einer als typisch nordisch empf<strong>und</strong>enen<br />

Melancholie durchdrungen.<br />

Susanna Majuris | Schönes, tristes Finnland: The Plant,<br />

Foto 90 x 120<br />

Fallend-schwebend<br />

lässt eine Frau im<br />

Gewächshaus ihren<br />

Kopf genauso<br />

hängen wie die vernachlässigtenPflanzen<br />

um sie, noch im<br />

Kentern versucht<br />

eine andere im<br />

Matrosenanzug im<br />

altersschwachen<br />

Boot ein gute Figur<br />

zu machen: Susanna<br />

Majuris farblich<br />

ausgewogene Bilder<br />

scheinen ganze<br />

<strong>No</strong>vellen zu ver-<br />

dichten. Marja Pirilä holt in Installationen <strong>und</strong> <strong>für</strong> ihre Photos den<br />

Außenraum mittels der Camera Obscura ins Bild <strong>und</strong> Anni Leppäläs<br />

ruhige Bildmetaphern machen das unlösbare Problem sichtbar, im<br />

Festhalten etwas doch zugleich zu verlieren. Auch die Flugversuche<br />

von Janne Lehtinen sind nicht wirklich erfolgreich: Vom Findling am<br />

Moorsee, vom Sprungbrett im winterweißen leeren Bad, vom Schlitten<br />

im Sumpf versucht er mit kümmerlichen Flugapparaten abzuheben.<br />

Und bleibt doch mit der ruhigen Landschaft um ihn herum dauerhaft<br />

verb<strong>und</strong>en. | HAJO SCHIFF<br />

Mapping the unknown – Fotografie aus Finnland, Overbeck-Gesellschaft, <strong>Kunst</strong>verein Lübeck, Königstraße<br />

11, Behnhausgarten, 23552 Lübeck, Di – So 10 – 17 Uhr, 0451-74760,<br />

www.overbeck-gesellschaft.de<br />

GLÜCKSTADT<br />

Verlockung <strong>und</strong><br />

Verw<strong>und</strong>erung<br />

EIN DOPPELPACK FREMDER WELTEN AN DER UNTERELBE<br />

Fremd ist der Fremde<br />

nur in der Fremde<br />

sinnierte einst Karl<br />

Valentin. Aber wer ist<br />

fremder? Der Weltreisende<br />

im tiefen Afrika<br />

oder der Nachbar in<br />

seiner neuen Heimat?<br />

Zwei <strong>Kunst</strong>institutionen<br />

an der Unterelbe<br />

nähern sich solchen<br />

Fragen von zwei Seiten.<br />

In Glückstadt zeigen<br />

meist in Hamburg<br />

Anke Haarmann [AHA] | Public Blue, Installation, Film,<br />

Digital Prints, Diverse Materialien, 20<strong>07</strong><br />

lebende KünstlerInnen, was sie in diversen Reisen erfahren haben,<br />

in Agathenburg lassen Zugereiste ihre Erfahrungen mit der neuen<br />

Heimat zu <strong>Kunst</strong> gerinnen. In einem anderen Kulturkreis forschten<br />

die acht KünstlerInnen, die in Glückstadt unter dem Titel „So fern.<br />

So nah.“ ausstellen: Linda McCue, Rene Goffin, Anke Haarmann, Daniel<br />

Maier-Reimer, Dirk Meinzer, Gabi Schaffner, Gerda Steiner <strong>und</strong><br />

Jörg Lenzlinger sowie Jens Ullrich. Dagegen ist Deutschland die Fremde,<br />

in die der Weg von Adidal Abou-Chamat, Lukasz Chrobok, Nezaket<br />

Ekici, <strong>und</strong> Kei Takemura geführt hat. Sie reflektieren in Schloss<br />

Agathenburg unter dem umgekehrten Titel „So nah. So fern.“<br />

das Zweiheimisch sein <strong>und</strong> ein gewandeltes Verhältnis zu ihren mitgebrachten<br />

Traditionen.<br />

Gemeinsam ist dieser <strong>Kunst</strong> eine wache Neugierde. Gleich ob Fußmärsche<br />

an tibetischen Flüssen, Sirenensuche in Tansania oder die in blauen<br />

Zelten lebenden Verlierer der Globalisierung in Japan ihr Interesse<br />

wecken, DDR-Plattenbauten in Vietnam, isländische Kochrituale, die<br />

hindubalinesische Götterwelt oder afrikanische Samenkapseln: Die in<br />

die Welt Aufgebrochenen betrachten Klischees <strong>und</strong> eigene Irrungen,<br />

fortdauernde Kolonialisierung <strong>und</strong> andere poetische <strong>und</strong> reale ethnologische<br />

Delirien. Die Weithergekommenen dagegen behandeln ihre<br />

eigene Erfahrung zwischen den Kulturen <strong>und</strong> die Erwartungen, mit<br />

denen sie konfrontiert werden. Ortssuche nach verblichenen Bildern<br />

aus Familienalben, Schleierperformances im Rollenspiel zwischen erzwungener<br />

Verhüllung <strong>und</strong> erotischer Verheißung, der Mythos einzelner<br />

Dinge aus Familienbesitz, die Rekonstruktion ferner Wohnungen<br />

oder der andere Blick auf die Darstellung der alten Heimat in hiesigen<br />

Museen erwartet den Unterelbe-Reisenden dann im alten schwedischen<br />

Schloss Agathenburg. | HAJO SCHIFF<br />

Palais <strong>für</strong> Aktuelle <strong>Kunst</strong> – <strong>Kunst</strong>verein Glückstadt, bis 30. <strong>September</strong>.<br />

www.pak-glueckstadt.de, Schloss Agathenburg, Agathenburg bei Stade, 2. <strong>September</strong> bis<br />

28. Oktober. www-schlossagathenburg.de, Gemeinsame Aktion am Samstag, 29. <strong>September</strong>: Führung<br />

14.30 Uhr in Glückstadt, 16.00 uhr Lese-Performance auf der Elbfähre Glückstadt-Wischhafen<br />

<strong>und</strong> Führung in Agathenburg um 17 Uhr.<br />

FOTOS: © 1. SUSANNA MARJURIS, OVERBECK-GESELLSCHAFT © 2. KUNSTVEREIN GLÜCKSTADT

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