Brandenburgisches Ärzteblatt 1/1999 - qs- nrw

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FortbildungWeiterbildungskurs zurZusatzbezeichnung"Physikalische Therapie"neuer Zyklus (Kurs I bis IV) 1999Kursleiter: Dr. med. R. Hess,CottbusTeilnehmergebühr: je Kurs 500,-DMWeiterbildungskurs zurZusatzbezeichnung"Naturheilverfahren"Kurs I: 22. - 24. Jan./19. - 21. Febr. 1999Kurs II: 19. - 21. März/23. - 25. April 1999Kurs III: 28. - 30. Mai/11. - 13. Juni 1999Kurs IV: 15. - 17. Okt./12. - 14. Nov. 1999Ort: Fachklinik und MoorbadBad FreienwaldeLeitung:Dr. med. R. Hess, CottbusFrau Dr. med. G. Zander,Bad FreienwaldeTeilnehmergebühr: je 500,- DMKurse zur Erlangungder Zusatzbezeichnung"Chirotherapie"Der Informationskurs sowie dieKurse 1 bis 4 müssen in Reihenfolgebelegt werden. Die Abständezwischen den einzelnen KursenI bis IV müssen mindestensdrei Monate betragen.Kurs II21. - 27. Febr. 1999Kurs III1. - 7. Sept. 1999Kurs I6. - 11. Okt. 1999Teilnehmergebühr: je 850,- DM(für AiP 595,- DM)*Informationskurs4./5. Okt. 1999Teilnehmergebühr: 190,- DM(für AiP 130,-)*Ort: PotsdamKursleiter: Prof. Dr. sc. med.G. Badtke, PotsdamSozialmedizinAufbaukurs D22. Febr. - 5. März 1999Grundkurs B11. - 22. Okt. 1999Ort: BernauLeitung: Prof. Dr. med.J.-U. Niehoff, BerlinTeilnehmergebühr: 660,- DMFortbildungSpezielle Schmerztherapie(80 Stunden)Block I: 21./22. Mai 1999Block II: 23./24. Juli 1999Block III: 3./4. Sept. 1999Block IV: 1./2. Okt. 1999Block V: 3./4. Dez. 1999Ort: CottbusWissenschaftliche Leitung:Priv.-Doz. Dr. med. habil.Dipl.-Psych. D. Seefeldt,Dr. med. K. Gastmeier,Dipl.-Med. M. PassonTeilnehmergebühr:pro Block 240,- DMWeiterbildungskursAllgemeinmedizinBlock 16: 29./30. Jan. 1999Block 1: 29./30. Jan. 1999Block 17: 12./13. Febr. 1999Block 2: 12./13. Febr. 1999Block 3: 12./13. März 1999Block 4: 16./17. April 1999Block 5: 7./8. Mai 1999Block 7: 4. Juni 1999Block 6: 5. Juni 1999Block 10: 2. Juli 1999Block 8: 3. Juli 1999Block 12: 27. Aug. 1999Block 9: 28. Aug. 1999Block 11: 10./11. Sept. 1999Block 13: 8./9. Okt. 1999Block 14: 30. Okt. 1999Block 18: 5./6. Nov. 1999Block 19: 26./27. Nov. 1999Block 20: 10./11. Dez. 1999Ort: PotsdamKursleiter: OMR Dr. med.V. Puschmann, StorkowEEG-Einführungsseminar20./21. und 27./28. Febr. 1999Ort: Bad SaarowTeilnehmergebühr: 530,- DM(für AiP 375,- DM)*Kursleiter: Prof. Dr.med. habil.H.-G. Trzopek, Bad SaarowSeminargynäkologische Infektionen24. April 1999Ort: Frankfurt/OderTeilnehmergebühr: 180,- DM(für AiP 120,- DM)*Kursleiter:Priv.-Doz. Dr.med.habil.W. Mendling, Frankfurt/OderFortbildungfür Arzthelferinnen27. Jan. 1999, 15.00 UhrOrt: Kassenärztliche VereinigungBrandenburg, PotsdamLeitung: Dr. med. W. Gütthoff,PotsdamThemen:Die ambulant erworbenePneumonie, Malaria, mikrobiologischeDiagnostik ausgewählterInfektionskrankheitenTeilnehmergebühr: 50,- DMGesprächstrainingfür Arzthelferinnen20./21. Febr. 199924./25. April 1999(mit Internatsunterbringung)Ort: Schloß BagenzLeitung: Dr. med. R. Kirchner* Die Ermäßigung gilt nur fürAiP, die im Land Brandenburgihre Tätigkeit ausüben.Für Ihre Anmeldung verwendenSie bitte das Anmeldeformular:LandesärztekammerBrandenburg,Referat Fortbildung,Postfach 10 14 45,03014 CottbusFax: (0355) 78010-44Anmeldungen werden nachPosteingang berücksichtigt.Medizin-Nobelpreis für dieEntdeckung vonStickstoffmonoxid als BotenstoffDen Nobelpreis für Medizin haben1998 drei US-amerikanischeForscher Robert F. Furchgott, FeridMurad und Louis J. Ignarro erhalten.Ausgezeichnet wurden sie fürdie Entdeckung von Stickstoffmonoxidals Botenstoff im kardiovaskulärenSystem. Ihre Entdeckung,daß ein Gas als Botenstoff zwischenZellen funktionieren kann,läßt auf ein neues Prinzip der Signalübermittlungschließen. Deshalbbeschäftigt sich heute nichtnur die Kardiologie und Onkologiemit dem Stickstoffmonoxid-Molekül, sondern auch die Immunologie,Neurobiologie und Reproduktionsmedizin.Sachbericht 1997 zuTumorerkrankungen im LandBrandenburgDer Sachbericht 1997 der Tumorzentren,Onkologischen Schwerpunkteund Arbeitskreise des LandesBrandenburg liegt vor mit detailliertenstatistischen Auswertungenüber Beginn, Lokalisation,Art und Verlauf sowie das Auftretenund die Häufigkeit vonKrebserkrankungen in der Bevölkerung.Der Bericht gibt einen Überblicküber qualitative und quantitativeFortschritte bei der Erfassungsrateder Tumormeldungen durch diekooperierenden Krankenhäuserund Vertragsärzte. Angestrebtwerden die vollständige Erfassungder Tumorerkrankungen, einemöglichst lückenlose Verlaufsdokumentationund die noch stärkereNutzung der in den Registernerfaßten Daten in Form regelmäßigerRückinformationenan die primär behandelndenÄrzte, um deren Qualitätssicherungsmaßnahmenzu unterstützen.Der Sachbericht 1997 kann beider Geschäftsstelle der LAGOBrandenburg e. V., Mangerstraße42, 14467 Potsdam, kostenlosbei Einsendung des Rückportosvon DM 2,50 DM in Briefmarkenoder gegen eine Spendeangefordert werden.24 Brandenburgisches Ärzteblatt 1/99 • 9. Jahrgang

MedizingeschichteStärken und Schwächender SchulmedizinJosef HorntrichNach einem Vortrag in der BerlinerKatholischen Akademie 1998Der Siegeszug der modernen Medizinist beeindruckend. Sie bietet Erklärungenund Heilangebote für fastalle Krankheiten an. Dennoch wächstein alternativer Gesundheitsmarkt aufdem Boden eines Unbefriedigtseinsmit der Schulmedizin. Woran liegtes? Diese Frage fordert zu einemNachdenken über die Wurzeln derSchulmedizin, über ihre Stärken undSchwächen heraus. Welche Methodenkönnen Defizite der Schulmedizinkompensieren, gegen welche Verfahrenmuß sie sich abgrenzen?Wie stellt sich die Schulmedizin inihrem Selbstverständnis dar? Eineschnelle Antwort gibt das Lexikon.Dort heißt es: Die Schulmedizin istdie an den Hochschulen gelehrte naturwissenschaftlichbegründete Richtungder Medizin. Verfahren der Naturheilkundewerden, soweit wissenschaftlichbegründbar, akzeptiert. Siegrenzt sich ab von Außenseitermethodenund von der Erfahrungsheilkunde.Die naturwissenschaftlich begründeteMedizin basiert auf den NaturwissenschaftenPhysik und Chemie und führtmit der Anwendung der messendenund analytischen Methoden auf denOrganismus zur Physiologie und Biochemie.Dieser Zweig der Medizin istjung und etabliert sich in der erstenHälfte des 19. Jahrhunderts. Doch eineandere essentielle Komponenteder Schulmedizin ist viel älter undreicht bis in die Antike. Das ist die Rationaliltätin der medizinischen Lehre,die sich niederschlägt in Beobachtungund Erfahrung. Mit diesem Anteil ausErfahrungsheilkunde identifiziert sichSchulmedizin durchaus, setzt sichaber ab von Spekulationen und Deduktionenaus Lehrsystemen.Lassen Sie uns diese rationale Wurzelzurückverfolgen in der Geschichteder Medizin, als die Naturwissenschaftennoch nicht Grundlage waren,jedoch Wissen vorhanden war,das durch Lehren weitergegeben wurde.Alte KulturenNach den Vorstellungen der altenKulturen des Zweistromlandes, ähnlichauch im alten Ägypten, war derMensch heil, der den Göttern diente.Wer sich versündigte, wurde mitKrankheit bestraft. Der Medizinmann,Arzt und Priester zugleich, konnte ihnentsühnen, reinigen und resozialisieren.Daneben gab es in Ägypten einehochdifferenzierte Chirurgie.HippokratesIn der griechischen Kultur wird Heilungauf zwei verschiedenen Wegengesucht. In Heiligtümern, die demGott Asklepios geweiht sind, bittenihn die Kranken, sie von ihrem Leidenzu befreien. Daneben entwickelt sichauf dem Boden der nüchternen griechischenNaturphilosophie die hippokratischeMedizin offenbar konfliktfrei.Hippokrates wendet sich gegendie Ansicht, daß Krankheiten vonGeistern und Göttern als Strafe gesandtwerden. Nach seiner Lehre habenKrankheiten natürliche Ursachen,die erforschbar sind. Bei ihm findetsich eine professionelle Praxis aufdem Boden einer rationalen Medizin,verbunden mit einem hohen Ethos.Der griechischen Naturphilosophieliegt die 4-Elementenlehre zugrunde:Die Natur besteht aus den ElementenFeuer, Wasser, Erde, Luft. Ihnen zugeordnetdie Eigenschaften trocken,kalt, feucht, warm. Den Organismusdurchströmen und durchdringen vierSäfte: Blut, Schleim, gelbe Galle,schwarze Galle. Diesen zugeordnetsind die Temperamente Sanguiniker,Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker.Gesund ist die harmonischeStimmung dieser vier Säfte - Eukrasie,Krankheit ist Dyskrasie.Das Lehrgebäude der hippokratischenMedizin gliedert sich in dreiTeile: Eine Physiologie zur Natur desMenschen, eine Krankheitslehre unddie Therapeutik.Die Therapeutik enthältAbhandlungen zur Diätetik, zurPharmazeutik und zur Chirurgie. Damitist die Grundstruktur der Heilkunst,wie sie bis in das späte Mittelaltergelehrt wurde, vorgegeben. Dochsie erfuhr Bereicherungen im Laufeder Jahrhunderte und kam nicht geradlinigin unser Kulturgut.GalenGalen war es, der im 2. Jahrhundertnach Christus das Wissen der antikenMedizin in umfangreichen Schriftenzusammenfaßte. Aus diesem Standardwerkwurde bis in das hohe Mittelalterdie Heilkunde gelesen. Einwichtiger Bestandteil seiner Diätetikwaren die „res non naturales“ alsProgramm einer gesunden Lebensführung.Sie umfaßten die Bereiche:1. Licht und Luft2. Speise und Trank3. Arbeit und Ruhe4. Schlafen und Wachen5. Ausscheidungen und Absonderungen6. Leidenschaften.Auch ein Hufeland bediente sich nochdieser Einteilung, um die Beziehungenzwischen Heilkunde und Lebenskunstzu erklären. Ende des 19. Jahrhundertswar der Begriff Diätetik zurDiät verkümmert, verbunden mit demfaden Geschmack der Schleimsüppchen(Schipperges).Dem Untergang des römischen Reichesfolgten Verfall von Wissenschaftund Kultur. Aufstrebende Macht imMittelmeerraum waren die Araber. InBagdad (Harun al Raschid z. Z. Karlsdes Großen) wurden die philosophischenTexte des Aristoteles und diemedizinischen des Hippokrates in dasArabische übersetzt und auch weiterentwickelt(Abulcasis). In Toledo (um1200) wurden sie in das Lateinischerückübertragen und dienten alsGrundlage der jungen Universitätenund medizinischen Fakultäten (Salernound Montpellier).Nicht im Lehrinhalt, wohl aber imEthos, setzte das Christentum neueAkzente. Für Hildegard von Bingen istder barmherzige Samariter mit seinerMitmenschlichkeit Leitbild für das Tundes Arztes, die Aufgabe des Sanierenstritt zurück.RenaissanceErst der Aufbruchsgeist der Renaissancebeginnt, den Erkenntnishorizontder Alten zu überschreiten. Essind die Anatomen, die wieder Menschensezieren und bei Galen vieleIrrtümer entdecken. Vesal las als jungerAnatom in Padua 1537 nichtmehr aus den Schriften, sondern sezierte,dozierte und demonstrierteselbst an der Leiche. Seine in Baselveröffentlichte „Fabrica“ übertraf alsAnatomielehrbuch alle bisherigenWerke. Auch andere Anatomenmachten Entdeckungen und verewigtenihre Namen in anatomischen Gebilden.Ein bedeutender Meilensteinin der Physiologie war die Beschreibungdes Blutkreislaufs durch W. Harvey1628.Eine neue Welt tat sich den Physiologenund Biologen mit dem Blick durchdas Mikroskop auf. Malpighi (1628 -1694) entdeckte die Blutkapillaren.Die Malpighi-Körperchen in den Nierensind nach ihm benannt. Leuwenhoek(1632 - 1723) sah zahlreicheKleinlebewesen, erstmals die Spermatozytenund die Erythrozyten.Einen neuen Stil in der Ausbildungder Ärzte führte Boerhave (1668 -1738) mit dem klinischen Unterrichtam Krankenbett ein. Neben dieserPraxisbezogenheit der Lehre forderteer, sich an Fakten zu halten und ausBeobachtungen zu lernen, wie es Hip-Brandenburgisches Ärzteblatt 1/99 • 9. Jahrgang25

MedizingeschichteStärken und Schwächender SchulmedizinJosef HorntrichNach einem Vortrag in der BerlinerKatholischen Akademie 1998Der Siegeszug der modernen Medizinist beeindruckend. Sie bietet Erklärungenund Heilangebote für fastalle Krankheiten an. Dennoch wächstein alternativer Gesundheitsmarkt aufdem Boden eines Unbefriedigtseinsmit der Schulmedizin. Woran liegtes? Diese Frage fordert zu einemNachdenken über die Wurzeln derSchulmedizin, über ihre Stärken undSchwächen heraus. Welche Methodenkönnen Defizite der Schulmedizinkompensieren, gegen welche Verfahrenmuß sie sich abgrenzen?Wie stellt sich die Schulmedizin inihrem Selbstverständnis dar? Eineschnelle Antwort gibt das Lexikon.Dort heißt es: Die Schulmedizin istdie an den Hochschulen gelehrte naturwissenschaftlichbegründete Richtungder Medizin. Verfahren der Naturheilkundewerden, soweit wissenschaftlichbegründbar, akzeptiert. Siegrenzt sich ab von Außenseitermethodenund von der Erfahrungsheilkunde.Die naturwissenschaftlich begründeteMedizin basiert auf den NaturwissenschaftenPhysik und Chemie und führtmit der Anwendung der messendenund analytischen Methoden auf denOrganismus zur Physiologie und Biochemie.Dieser Zweig der Medizin istjung und etabliert sich in der erstenHälfte des 19. Jahrhunderts. Doch eineandere essentielle Komponenteder Schulmedizin ist viel älter undreicht bis in die Antike. Das ist die Rationaliltätin der medizinischen Lehre,die sich niederschlägt in Beobachtungund Erfahrung. Mit diesem Anteil ausErfahrungsheilkunde identifiziert sichSchulmedizin durchaus, setzt sichaber ab von Spekulationen und Deduktionenaus Lehrsystemen.Lassen Sie uns diese rationale Wurzelzurückverfolgen in der Geschichteder Medizin, als die Naturwissenschaftennoch nicht Grundlage waren,jedoch Wissen vorhanden war,das durch Lehren weitergegeben wurde.Alte KulturenNach den Vorstellungen der altenKulturen des Zweistromlandes, ähnlichauch im alten Ägypten, war derMensch heil, der den Göttern diente.Wer sich versündigte, wurde mitKrankheit bestraft. Der Medizinmann,Arzt und Priester zugleich, konnte ihnentsühnen, reinigen und resozialisieren.Daneben gab es in Ägypten einehochdifferenzierte Chirurgie.HippokratesIn der griechischen Kultur wird Heilungauf zwei verschiedenen Wegengesucht. In Heiligtümern, die demGott Asklepios geweiht sind, bittenihn die Kranken, sie von ihrem Leidenzu befreien. Daneben entwickelt sichauf dem Boden der nüchternen griechischenNaturphilosophie die hippokratischeMedizin offenbar konfliktfrei.Hippokrates wendet sich gegendie Ansicht, daß Krankheiten vonGeistern und Göttern als Strafe gesandtwerden. Nach seiner Lehre habenKrankheiten natürliche Ursachen,die erforschbar sind. Bei ihm findetsich eine professionelle Praxis aufdem Boden einer rationalen Medizin,verbunden mit einem hohen Ethos.Der griechischen Naturphilosophieliegt die 4-Elementenlehre zugrunde:Die Natur besteht aus den ElementenFeuer, Wasser, Erde, Luft. Ihnen zugeordnetdie Eigenschaften trocken,kalt, feucht, warm. Den Organismusdurchströmen und durchdringen vierSäfte: Blut, Schleim, gelbe Galle,schwarze Galle. Diesen zugeordnetsind die Temperamente Sanguiniker,Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker.Gesund ist die harmonischeStimmung dieser vier Säfte - Eukrasie,Krankheit ist Dyskrasie.Das Lehrgebäude der hippokratischenMedizin gliedert sich in dreiTeile: Eine Physiologie zur Natur desMenschen, eine Krankheitslehre unddie Therapeutik.Die Therapeutik enthältAbhandlungen zur Diätetik, zurPharmazeutik und zur Chirurgie. Damitist die Grundstruktur der Heilkunst,wie sie bis in das späte Mittelaltergelehrt wurde, vorgegeben. Dochsie erfuhr Bereicherungen im Laufeder Jahrhunderte und kam nicht geradlinigin unser Kulturgut.GalenGalen war es, der im 2. Jahrhundertnach Christus das Wissen der antikenMedizin in umfangreichen Schriftenzusammenfaßte. Aus diesem Standardwerkwurde bis in das hohe Mittelalterdie Heilkunde gelesen. Einwichtiger Bestandteil seiner Diätetikwaren die „res non naturales“ alsProgramm einer gesunden Lebensführung.Sie umfaßten die Bereiche:1. Licht und Luft2. Speise und Trank3. Arbeit und Ruhe4. Schlafen und Wachen5. Ausscheidungen und Absonderungen6. Leidenschaften.Auch ein Hufeland bediente sich nochdieser Einteilung, um die Beziehungenzwischen Heilkunde und Lebenskunstzu erklären. Ende des 19. Jahrhundertswar der Begriff Diätetik zurDiät verkümmert, verbunden mit demfaden Geschmack der Schleimsüppchen(Schipperges).Dem Untergang des römischen Reichesfolgten Verfall von Wissenschaftund Kultur. Aufstrebende Macht imMittelmeerraum waren die Araber. InBagdad (Harun al Raschid z. Z. Karlsdes Großen) wurden die philosophischenTexte des Aristoteles und diemedizinischen des Hippokrates in dasArabische übersetzt und auch weiterentwickelt(Abulcasis). In Toledo (um1200) wurden sie in das Lateinischerückübertragen und dienten alsGrundlage der jungen Universitätenund medizinischen Fakultäten (Salernound Montpellier).Nicht im Lehrinhalt, wohl aber imEthos, setzte das Christentum neueAkzente. Für Hildegard von Bingen istder barmherzige Samariter mit seinerMitmenschlichkeit Leitbild für das Tundes Arztes, die Aufgabe des Sanierenstritt zurück.RenaissanceErst der Aufbruchsgeist der Renaissancebeginnt, den Erkenntnishorizontder Alten zu überschreiten. Essind die Anatomen, die wieder Menschensezieren und bei Galen vieleIrrtümer entdecken. Vesal las als jungerAnatom in Padua 1537 nichtmehr aus den Schriften, sondern sezierte,dozierte und demonstrierteselbst an der Leiche. Seine in Baselveröffentlichte „Fabrica“ übertraf alsAnatomielehrbuch alle bisherigenWerke. Auch andere Anatomenmachten Entdeckungen und verewigtenihre Namen in anatomischen Gebilden.Ein bedeutender Meilensteinin der Physiologie war die Beschreibungdes Blutkreislaufs durch W. Harvey1628.Eine neue Welt tat sich den Physiologenund Biologen mit dem Blick durchdas Mikroskop auf. Malpighi (1628 -1694) entdeckte die Blutkapillaren.Die Malpighi-Körperchen in den Nierensind nach ihm benannt. Leuwenhoek(1632 - 1723) sah zahlreicheKleinlebewesen, erstmals die Spermatozytenund die Erythrozyten.Einen neuen Stil in der Ausbildungder Ärzte führte Boerhave (1668 -1738) mit dem klinischen Unterrichtam Krankenbett ein. Neben dieserPraxisbezogenheit der Lehre forderteer, sich an Fakten zu halten und ausBeobachtungen zu lernen, wie es Hip-<strong>Brandenburgisches</strong> Ärzteblatt 1/99 • 9. Jahrgang25

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