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Vor Ort in Spanien<br />
Klar, findest Du auch ein Zuhause... (Bild: RK)<br />
be man übernimmt, letztendlich<br />
geht es um das Wohl der Hunde<br />
und nicht um das eigene Wohlbefinden<br />
oder gar die Befriedigung<br />
des eigenen Egos. Die Zeit nach<br />
den täglichen Reinigungsaktionen<br />
durfte ich dazu nutzen, ein wenig<br />
an der „Sozialisation“ von verschiedenen<br />
Hunden zu arbeiten. Es gibt<br />
mehr als genug Kandidaten, deren<br />
Erlebnisse in der Vergangenheit<br />
traumatisierend waren und die zu<br />
Recht kein Vertrauen mehr in den<br />
Menschen haben. Diesen armen Geschöpfen<br />
muss man mit viel Geduld<br />
und Zuwendung, ja mit Liebe und<br />
Zuneigung das wiedergeben, was<br />
sie verloren haben. Die oft extreme<br />
Angst vor dem Zweibeiner verhindert<br />
so lange eine Vermittlung in<br />
ein neues Zuhause, wie der Hund<br />
es nicht zulässt, sich berühren zu<br />
lassen und sich aus freien Stücken<br />
seiner Führung anvertraut. Diese<br />
Aufgabe ist zeitaufwendig und ein<br />
Tag müsste mehr als 24 Stunden<br />
haben, um den Erfordernissen und<br />
den Hunden gerecht zu werden.<br />
Einer der extrem verängstigten<br />
Hunde zum Beispiel kauerte sich<br />
ständig vor lauter Angst in die hinterste<br />
Ecke des Paddocks. Ich konnte<br />
mich nur langsam gehend in eine<br />
für ihn akzeptable Distanz bringen.<br />
Dort setzte ich mich auf den Boden<br />
und gab ihm Zeit, diese neue<br />
Situation auf ihn wirken zu lassen.<br />
Danach rutsche ich auf dem Hosenboden<br />
ein kleines Stück weiter auf<br />
ihn zu, ohne zu riskieren, dass er die<br />
Flucht ergreift. So näherte ich mich<br />
ihm und überbrückte die Distanz<br />
von rund 4 Metern in ca. 1 Stunde.<br />
Kein Wunder übrigens, dass ich mir<br />
dabei die „Glatze“ verbrannte. Am<br />
Ende schaffte ich es, ihn zu berüh-<br />
6 <strong>New</strong> <strong>Graceland</strong><br />
ren. Jedoch reagierte er auf diese<br />
Berührung mit heftigem Atmen<br />
und die Panik stand ihm in den Augen.<br />
Das war für mich das Zeichen,<br />
dass ich ihn nun allein lassen sollte,<br />
damit er sich wieder beruhigt. Diese<br />
Annäherungsversuche wiederholte<br />
ich mehrmals, jedoch nicht immer<br />
mit Erfolg. Man mag sich vorstellen,<br />
wie frustrierend es ist, wenn man<br />
fast eine Stunde braucht, um sich<br />
dem Hund zu nähern, nur damit er<br />
dann plötzlich aufspringt und davonrennt.<br />
Da war das Mühen dann<br />
für die Katz oder besser: für den<br />
Hund. Manchmal reichte es nur für<br />
einen mehr oder weniger kurzen<br />
Besuch im Paddock, für ein paar<br />
Streicheleinheiten, für ein Hand-<br />
Hinhalten damit die Hunde sich<br />
in Ruhe nähern und schnuppern<br />
konnten. Und immer hatte ich dabei<br />
im Hinterkopf: In diesem Paddock<br />
sind die Welpen bzw. Junghunde,<br />
die mit ihrem verspielten Wesen<br />
auf ein wenig Abwechslung warten.<br />
In jenem Paddock sitzt ein hyperaktiver<br />
Schäferhund, der dringend die<br />
richtige Betreuung und Beschäftigung<br />
braucht. Dort wartet am Zaun<br />
der Hund mit den traurigen Augen,<br />
hier springt ein „Kläffer“ vor Aufregung<br />
auf und ab und sollte betreut<br />
werden. Dahinten sind noch die<br />
Mischlinge, die gern ein paar Streicheleinheiten<br />
haben möchten oder<br />
mit dem Ball beschäftigt werden<br />
könnten…<br />
Letztendlich ist immer zu wenig<br />
Zeit, sind immer zu wenig Helfer<br />
da, die all diese Aufgaben übernehmen<br />
könnten. Scooby braucht Menschen,<br />
die freiwillig einen Teil der<br />
Arbeitslast von den Schultern der<br />
Angestellten abnehmen. Und hier<br />
geht mein Appell ganz besonders<br />
an die Männer: Meldet Euch bei<br />
Scooby, bietet Eure Arbeitskraft an.<br />
Jeder hat seine eigenen Fähigkeiten<br />
und ich bin mir sicher, dass jeder<br />
an einem Platz eingesetzt werden<br />
kann, der für ihn der richtige ist.<br />
Auch wenn das Einsammeln von<br />
Hundekot nicht der „Traumjob“ ist,<br />
er ist notwendig. Nach diesem Job<br />
warten andere Aufgaben, die dann<br />
wieder eher dem persönlichen „Gusto“<br />
entsprechen werden. Und ein<br />
Wort am Rande: Männer, habt Mut,<br />
Eure „sanfte“ Seite zu zeigen. Es<br />
braucht auch „Kerle“ mit Gefühl<br />
und vor allem Ruhe, die sich der<br />
scheuen Hunde annehmen können.<br />
Als „Rauhbein“ hat man bei diesen<br />
Tieren schlechte Karten.<br />
Nach rund einer Woche kam dann<br />
der Zeitpunkt des Abschieds. Ich<br />
hatte neue und liebe Menschen kennengelernt,<br />
neben Fermin, Sandra<br />
und dem Stammpersonal auch die<br />
Freiwilligen aus Holland und Amerika,<br />
mit denen sich gut und ohne<br />
Komplikationen zusammenarbeiten<br />
liess. Einen besonderen Platz in<br />
meinem Herzen haben sich die<br />
vielen Hunde erobert, vierbeinige<br />
Freunde, egal ob sie nun scheu oder<br />
wild sind, Galgo oder Mischling,<br />
gross oder klein. Alle und ausnahmslos<br />
sind sie die Mühe, Strapazen<br />
und den Aufwand wert. Und<br />
mag der eine oder andere Zweibeiner<br />
auch sagen, dass ein Hund<br />
hässlich sei und er keine Chance<br />
hat oder gar verdient, so ist ihm auf<br />
jeden Fall zu widersprechen. Nicht<br />
das Äussere zählt! Jeder Hund<br />
hat seine Persönlichkeit und jeder<br />
Hund verdient die menschliche<br />
Aufmerksamkeit, Zuneigung und<br />
natürlich auch ein Zuhause.<br />
Musst Du denn schon gehen? (Bild: RK)<br />
Ich verliess Scooby so, wie ich gekommen<br />
war, nämlich zu Fuss (jedoch<br />
um Erfahrungen und Freunde<br />
reicher). Der Marsch zurück in die<br />
Stadt – und hier komme ich auf das<br />
eingangs gesagte zurück – gab mir<br />
Gelegenheit, innerlich Abschied zu<br />
nehmen und loszulassen. Gleichzeitig<br />
wurde aus einem anfänglichen<br />
Wunsch Gewissheit: Ich komme<br />
wieder zurück zu Scooby! Ich bin<br />
infiziert mit dem Scooby-Virus.