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New Graceland Ausgabe 9

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Vor Ort in Spanien<br />

Klar, findest Du auch ein Zuhause... (Bild: RK)<br />

be man übernimmt, letztendlich<br />

geht es um das Wohl der Hunde<br />

und nicht um das eigene Wohlbefinden<br />

oder gar die Befriedigung<br />

des eigenen Egos. Die Zeit nach<br />

den täglichen Reinigungsaktionen<br />

durfte ich dazu nutzen, ein wenig<br />

an der „Sozialisation“ von verschiedenen<br />

Hunden zu arbeiten. Es gibt<br />

mehr als genug Kandidaten, deren<br />

Erlebnisse in der Vergangenheit<br />

traumatisierend waren und die zu<br />

Recht kein Vertrauen mehr in den<br />

Menschen haben. Diesen armen Geschöpfen<br />

muss man mit viel Geduld<br />

und Zuwendung, ja mit Liebe und<br />

Zuneigung das wiedergeben, was<br />

sie verloren haben. Die oft extreme<br />

Angst vor dem Zweibeiner verhindert<br />

so lange eine Vermittlung in<br />

ein neues Zuhause, wie der Hund<br />

es nicht zulässt, sich berühren zu<br />

lassen und sich aus freien Stücken<br />

seiner Führung anvertraut. Diese<br />

Aufgabe ist zeitaufwendig und ein<br />

Tag müsste mehr als 24 Stunden<br />

haben, um den Erfordernissen und<br />

den Hunden gerecht zu werden.<br />

Einer der extrem verängstigten<br />

Hunde zum Beispiel kauerte sich<br />

ständig vor lauter Angst in die hinterste<br />

Ecke des Paddocks. Ich konnte<br />

mich nur langsam gehend in eine<br />

für ihn akzeptable Distanz bringen.<br />

Dort setzte ich mich auf den Boden<br />

und gab ihm Zeit, diese neue<br />

Situation auf ihn wirken zu lassen.<br />

Danach rutsche ich auf dem Hosenboden<br />

ein kleines Stück weiter auf<br />

ihn zu, ohne zu riskieren, dass er die<br />

Flucht ergreift. So näherte ich mich<br />

ihm und überbrückte die Distanz<br />

von rund 4 Metern in ca. 1 Stunde.<br />

Kein Wunder übrigens, dass ich mir<br />

dabei die „Glatze“ verbrannte. Am<br />

Ende schaffte ich es, ihn zu berüh-<br />

6 <strong>New</strong> <strong>Graceland</strong><br />

ren. Jedoch reagierte er auf diese<br />

Berührung mit heftigem Atmen<br />

und die Panik stand ihm in den Augen.<br />

Das war für mich das Zeichen,<br />

dass ich ihn nun allein lassen sollte,<br />

damit er sich wieder beruhigt. Diese<br />

Annäherungsversuche wiederholte<br />

ich mehrmals, jedoch nicht immer<br />

mit Erfolg. Man mag sich vorstellen,<br />

wie frustrierend es ist, wenn man<br />

fast eine Stunde braucht, um sich<br />

dem Hund zu nähern, nur damit er<br />

dann plötzlich aufspringt und davonrennt.<br />

Da war das Mühen dann<br />

für die Katz oder besser: für den<br />

Hund. Manchmal reichte es nur für<br />

einen mehr oder weniger kurzen<br />

Besuch im Paddock, für ein paar<br />

Streicheleinheiten, für ein Hand-<br />

Hinhalten damit die Hunde sich<br />

in Ruhe nähern und schnuppern<br />

konnten. Und immer hatte ich dabei<br />

im Hinterkopf: In diesem Paddock<br />

sind die Welpen bzw. Junghunde,<br />

die mit ihrem verspielten Wesen<br />

auf ein wenig Abwechslung warten.<br />

In jenem Paddock sitzt ein hyperaktiver<br />

Schäferhund, der dringend die<br />

richtige Betreuung und Beschäftigung<br />

braucht. Dort wartet am Zaun<br />

der Hund mit den traurigen Augen,<br />

hier springt ein „Kläffer“ vor Aufregung<br />

auf und ab und sollte betreut<br />

werden. Dahinten sind noch die<br />

Mischlinge, die gern ein paar Streicheleinheiten<br />

haben möchten oder<br />

mit dem Ball beschäftigt werden<br />

könnten…<br />

Letztendlich ist immer zu wenig<br />

Zeit, sind immer zu wenig Helfer<br />

da, die all diese Aufgaben übernehmen<br />

könnten. Scooby braucht Menschen,<br />

die freiwillig einen Teil der<br />

Arbeitslast von den Schultern der<br />

Angestellten abnehmen. Und hier<br />

geht mein Appell ganz besonders<br />

an die Männer: Meldet Euch bei<br />

Scooby, bietet Eure Arbeitskraft an.<br />

Jeder hat seine eigenen Fähigkeiten<br />

und ich bin mir sicher, dass jeder<br />

an einem Platz eingesetzt werden<br />

kann, der für ihn der richtige ist.<br />

Auch wenn das Einsammeln von<br />

Hundekot nicht der „Traumjob“ ist,<br />

er ist notwendig. Nach diesem Job<br />

warten andere Aufgaben, die dann<br />

wieder eher dem persönlichen „Gusto“<br />

entsprechen werden. Und ein<br />

Wort am Rande: Männer, habt Mut,<br />

Eure „sanfte“ Seite zu zeigen. Es<br />

braucht auch „Kerle“ mit Gefühl<br />

und vor allem Ruhe, die sich der<br />

scheuen Hunde annehmen können.<br />

Als „Rauhbein“ hat man bei diesen<br />

Tieren schlechte Karten.<br />

Nach rund einer Woche kam dann<br />

der Zeitpunkt des Abschieds. Ich<br />

hatte neue und liebe Menschen kennengelernt,<br />

neben Fermin, Sandra<br />

und dem Stammpersonal auch die<br />

Freiwilligen aus Holland und Amerika,<br />

mit denen sich gut und ohne<br />

Komplikationen zusammenarbeiten<br />

liess. Einen besonderen Platz in<br />

meinem Herzen haben sich die<br />

vielen Hunde erobert, vierbeinige<br />

Freunde, egal ob sie nun scheu oder<br />

wild sind, Galgo oder Mischling,<br />

gross oder klein. Alle und ausnahmslos<br />

sind sie die Mühe, Strapazen<br />

und den Aufwand wert. Und<br />

mag der eine oder andere Zweibeiner<br />

auch sagen, dass ein Hund<br />

hässlich sei und er keine Chance<br />

hat oder gar verdient, so ist ihm auf<br />

jeden Fall zu widersprechen. Nicht<br />

das Äussere zählt! Jeder Hund<br />

hat seine Persönlichkeit und jeder<br />

Hund verdient die menschliche<br />

Aufmerksamkeit, Zuneigung und<br />

natürlich auch ein Zuhause.<br />

Musst Du denn schon gehen? (Bild: RK)<br />

Ich verliess Scooby so, wie ich gekommen<br />

war, nämlich zu Fuss (jedoch<br />

um Erfahrungen und Freunde<br />

reicher). Der Marsch zurück in die<br />

Stadt – und hier komme ich auf das<br />

eingangs gesagte zurück – gab mir<br />

Gelegenheit, innerlich Abschied zu<br />

nehmen und loszulassen. Gleichzeitig<br />

wurde aus einem anfänglichen<br />

Wunsch Gewissheit: Ich komme<br />

wieder zurück zu Scooby! Ich bin<br />

infiziert mit dem Scooby-Virus.

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