Deutsche Aufsteiger - Baker & McKenzie

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23.11.2012 Aufrufe

titEl Gefördert: Yasemin Körtek wurde in der Schule vor allem von ihren Eltern unterstützt. Heute ist die Juristin am Max- Planck-institut Referentin. 20 azur 02 10 Karrieremagazin für junge Juristen unter die deutschen Kinder. Andererseits vertieft die fehlende Kindergartenpflicht und die zu schnelle Trennung der Schulformen den frühkindlichen Bildungsnachteil von Migrantenkindern.“ Dieser Nachteil sei systembedingt bis zur vierten Schulklasse kaum mehr auf zuholen. Seine drei Töchter ziehen er und seine Ehefrau, die ebenfalls türkischen Migrationshintergrund hat, deswegen bewusst zweisprachig auf, jedoch mit Deutsch als erster Muttersprache. „Die Sprachkompetenz stärkt das Selbstbewusstsein und hilft zum Beispiel unserer Ältesten, sich im Kindergarten wie ein ‚deutsches‘ Kind zu fühlen und so wahrgenommen zu werden. Mittlerweile gibt sie dort auch bereits ganz schön den Ton an“, erzählt er lachend über seine vierjährige Tochter. Die Studie des Berlin-Instituts gibt Sahin ˛ Recht. Die Sprachkompetenz gilt auch als wichtiges Integrationsinstrument, das von einer Parallelgesellschaft blockiert wird. Die Türkischstämmigen haben jedoch im Vergleich zu anderen Migranten vor allem den Nachteil ihrer Größe. Weil sie in Städten so stark vertreten sind, fällt es ihnen leicht, unter sich zu bleiben, so das Berlin-Institut. Dass die Mütter von der Isolation besonders stark betroffen sind, erschwert einmal mehr die Integration der Kinder. Oft bereits ohne Qualifikation und Sprachkenntnisse zugewandert, können nun rund 40 Prozent der türkischstämmigen Frauen zwischen 15 und 64 zudem keinen Schul- oder Berufsabschluss vorweisen – der höchste Wert in der Statistik. Letztlich ist auch die Hausfrauenquote mit rund 50 Prozent sehr hoch. in Kinderschuhen Starke Sprachprobleme hatte auch Dr. Yasemin Körtek früher. Als die 38-jährige Juristin in Bayreuth eingeschult wurde, ging sie zunächst zwei Jahre lang zum türkischsprachigen Unterricht. Deutsch wurde nur einige Stunden in der Woche gelehrt. „Meine Eltern wollten aber unbedingt, dass ich das Abitur machen kann und damit die Möglichkeit erhalte, zu studieren“, erinnert sie sich. Ihr Vater erkundigte sich und meldete sie nach der zweiten Klasse zum deutschsprachigen Unterricht an, um ihr den Weg zum Gymnasium zu ebnen. In der neuen Klasse verstand Körtek kaum ihre Mitschüler, die ebenfalls eine neue Erfahrung machten. Damals zählte Körtek nämlich zu den ersten Ausländern der Schule. „Es war eine grausame Zeit, weil ich mich ausgeschlossen fühlte“, erzählt sie. Von der Lehrerin fühlte sie sich zunächst abgelehnt. „Erst später verstand ich mich mit ihr besser – nicht nur, weil ich besser Deutsch sprechen konnte. Vor allem, weil mein Vater Interesse an meiner Eingliederung zeigte und sich immer wieder für mich bei ihr einsetzte“, sagt sie. Die türkische Sprache ist dennoch wichtig für sie. „Es ist wichtig, Türkisch als seine Muttersprache als Erstes zu lernen und erst danach Deutsch. Es darf nur nicht zu lange dauern. Im Kindergarten sollte es in jedem Fall beginnen.“ Die Abschlussnoten reichten bei Körtek damals nicht für den Übergang zum Gymnasium aus. Nachdem sie sich in der fünften Klasse auf der Hauptschule bewährte, durfte sie jedoch direkt auf das Gymnasium wechseln, wo sie das Schuljahr wiederholte und geradewegs das Foto: Andreas Anhalt

titEl Goodbye Deutschland: Direkt nach dem Referendariat wurde die Düsseldorfer Absolventin Özgül Koç Kahraman Rechtsabteilungsleiterin in istanbul. 22 azur 02 10 Karrieremagazin für junge Juristen Abitur machte. Daran schloss sich ihr Jurastudium an, das sie mit zweimal ‚befriedigend‘ bestand. „Es reichte zur Promotion“, sagt sie bescheiden. Heute arbeitet sie in München als wissenschaftliche Referentin am Max- Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Sozialrecht und ist dem Landesreferat Türkei zugeordnet. Zugleich ist sie Teilzeit-Associate in einer Bayreuther Kanzlei. Ihre Karriere hat sie dem Engagement ihrer Eltern zu verdanken, findet Körtek. „Meine Eltern hatten immer eine Sehnsucht nach Bildung – gerade weil es ihnen in der Türkei verwehrt blieb.“ Dort konnte Körteks Vater ähnlich wie ihre Mutter die Schule nicht lange besuchen, weil er für das Auskommen der Familie arbeiten musste. 1968 verließ er dann seine Heimatprovinz an der Ägäisküste in der Nähe von Izmir und nahm einen Job in einer oberfränkischen Textilfabrik an. Inhaltlich konnten Körteks Eltern ihren Schulweg nicht unterstützen – „aber sie haben immer hinter mir gestanden“, sagt sie. Zeiten ändern sich Warum es bei vielen anderen türkischen Familien nicht so gut funktioniert, kann sie sich nur so erklären: „Zu meiner Zeit existierte eine Angst vor dem Fremden. Viele Eltern wollten nicht, dass die Kinder vermeintlich ‚falsch‘ beeinflusst werden. Zudem war das Interesse an der schulischen Ausbildung wohl eher gering. Für üblich SEITE 165 PRAXIS ImmobIlIenwIrtschaftsrecht hielten es viele Eltern, dass ihre Kinder die Schule nach der neunten Klasse verließen und anfingen zu arbeiten.“ So wurde Körtek teilweise mit Unverständnis begegnet, weil sie die Schule fortsetzte. „Mittlerweile haben sich die Zeiten geändert, was sicherlich auch darauf zurückgeführt werden kann, dass die Türken aus ihrer ursprünglichen Rolle als Gastarbeiter herausgewachsen sind“, findet sie. „Eine bessere Bildung für die Kinder wird angestrebt und gewünscht, wobei es aber beim Wunsch bleibt, wenn der erforderliche Einsatz fehlt.“ Der Gründer des Dortmunder Instituts Futureorg, Kamuran Sezer, kennt die Problematik. „Natürlich freuen sich türkische Eltern, wenn die Töchter und Söhne Anwälte, Ärzte oder Ingenieure werden. Der Bildungserfolg der Kinder ist auch für sie wie für alle anderen Eltern ein Prestigegewinn“, sagt der Sozialwissenschaftler. Sie wüssten aber oft nicht, wie sie den Kindern helfen oder sie fördern können – vor allem wenn es in der Schule mal nicht so gut klappt. „Deswegen sollte Integration ganz klar bei den Eltern beginnen. Sie sind entscheidend.“ Dabei hat die türkische Community bereits den richtigen Weg eingeschlagen. „Es gibt positive Entwicklungen, die man nicht kleinreden sollte“, sagt Sezer und meint Fortschritte im Generationenvergleich, auf die das Berlin-Institut ebenfalls aufmerksam macht. Das Bildungsniveau der türkischstämmigen Migranten verbessert sich etwa von der ersten zur zweiten Generation Kaum eine branche hat die finanzkrise so stark getroffen wie das Geschäft mit Immobilien. fabian mühlen und Dr. fabian hinrichs von Dla PIPer zeichnen nach, wie es so weit kommen konnte und warum anwälte nun häufiger mittler zwischen Verkäufer und banken sind. Foto: Frederik Ataöz

titEl<br />

Goodbye Deutschland:<br />

Direkt nach dem Referendariat<br />

wurde die Düsseldorfer<br />

Absolventin Özgül Koç<br />

Kahraman Rechtsabteilungsleiterin<br />

in istanbul.<br />

22 azur 02 10 Karrieremagazin für junge Juristen<br />

Abitur machte. Daran schloss sich ihr Jurastudium an, das<br />

sie mit zweimal ‚befriedigend‘ bestand. „Es reichte zur<br />

Promotion“, sagt sie bescheiden. Heute arbeitet sie in<br />

München als wissenschaftliche Referentin am Max-<br />

Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Sozialrecht<br />

und ist dem Landesreferat Türkei zugeordnet.<br />

Zugleich ist sie Teilzeit-Associate in einer Bayreuther<br />

Kanzlei.<br />

Ihre Karriere hat sie dem Engagement ihrer Eltern zu<br />

verdanken, findet Körtek. „Meine Eltern hatten immer<br />

eine Sehnsucht nach Bildung – gerade weil es ihnen in<br />

der Türkei verwehrt blieb.“ Dort konnte Körteks Vater<br />

ähnlich wie ihre Mutter die Schule nicht lange besuchen,<br />

weil er für das Auskommen der Familie arbeiten musste.<br />

1968 verließ er dann seine Heimatprovinz an der Ägäisküste<br />

in der Nähe von Izmir und nahm einen Job in einer<br />

oberfränkischen Textilfabrik an. Inhaltlich konnten Körteks<br />

Eltern ihren Schulweg nicht unterstützen – „aber sie<br />

haben immer hinter mir gestanden“, sagt sie.<br />

Zeiten ändern sich<br />

Warum es bei vielen anderen türkischen Familien nicht<br />

so gut funktioniert, kann sie sich nur so erklären: „Zu<br />

meiner Zeit existierte eine Angst vor dem Fremden. Viele<br />

Eltern wollten nicht, dass die Kinder vermeintlich ‚falsch‘<br />

beeinflusst werden. Zudem war das Interesse an der<br />

schulischen Ausbildung wohl eher gering. Für üblich<br />

SEITE 165 PRAXIS<br />

ImmobIlIenwIrtschaftsrecht<br />

hielten es viele Eltern, dass ihre Kinder die Schule nach<br />

der neunten Klasse verließen und anfingen zu arbeiten.“<br />

So wurde Körtek teilweise mit Unverständnis begegnet,<br />

weil sie die Schule fortsetzte. „Mittlerweile haben sich<br />

die Zeiten geändert, was sicherlich auch darauf zurückgeführt<br />

werden kann, dass die Türken aus ihrer ursprünglichen<br />

Rolle als Gastarbeiter herausgewachsen sind“, findet<br />

sie. „Eine bessere Bildung für die Kinder wird<br />

angestrebt und gewünscht, wobei es aber beim Wunsch<br />

bleibt, wenn der erforderliche Einsatz fehlt.“<br />

Der Gründer des Dortmunder Instituts Futureorg, Kamuran<br />

Sezer, kennt die Problematik. „Natürlich freuen<br />

sich türkische Eltern, wenn die Töchter und Söhne Anwälte,<br />

Ärzte oder Ingenieure werden. Der Bildungserfolg<br />

der Kinder ist auch für sie wie für alle anderen Eltern ein<br />

Prestigegewinn“, sagt der Sozialwissenschaftler. Sie<br />

wüssten aber oft nicht, wie sie den Kindern helfen oder<br />

sie fördern können – vor allem wenn es in der Schule mal<br />

nicht so gut klappt. „Deswegen sollte Integration ganz<br />

klar bei den Eltern beginnen. Sie sind entscheidend.“<br />

Dabei hat die türkische Community bereits den richtigen<br />

Weg eingeschlagen. „Es gibt positive Entwicklungen,<br />

die man nicht kleinreden sollte“, sagt Sezer und<br />

meint Fortschritte im Generationenvergleich, auf die das<br />

Berlin-Institut ebenfalls aufmerksam macht. Das Bildungsniveau<br />

der türkischstämmigen Migranten verbessert<br />

sich etwa von der ersten zur zweiten Generation<br />

Kaum eine branche hat die finanzkrise so stark getroffen wie das Geschäft<br />

mit Immobilien. fabian mühlen und Dr. fabian hinrichs von Dla<br />

PIPer zeichnen nach, wie es so weit kommen konnte und warum anwälte<br />

nun häufiger mittler zwischen Verkäufer und banken sind.<br />

Foto: Frederik Ataöz

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