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Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, Nr. 2/2010, als pdf-Datei

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6 BeiträgeViktor Elser (1893–1979)Ausschuss für Soziale Verwaltung und<strong>als</strong> Ersatzmitglied in den Finanz- undBudgetausschuss. 44Aus den im Parlamentsarchiv verwahrtenAkten <strong>der</strong> Ausschüsse aus dieser Zeitist ersichtlich, dass die KP-Abgeordnetenauch hier eine rege Tätigkeit entfalteten.45 Sie wird bei an<strong>der</strong>er Gelegenheitund in einem größeren Rahmen darzustellensein. Wir beschränken uns hiernur auf ein Beispiel.Am 31. Juli 1947 beriet <strong>der</strong> Hauptausschussüber eine Ausgleichszulage fürdie Bundesbeamten. Es heißt da: „Abg.Koplenig erklärt, dass <strong>der</strong> vorgeschlageneTeuerungszuschlag nur den bereitseingetretenen Preiserhöhungen, jedochkeineswegs den nach den neuen Vereinbarungenzu erwartenden Preiserhöhungenentspricht. Nach dem Inkrafttreten<strong>der</strong> neuen Tarife und <strong>der</strong> erhöhten Preisefür alle Konsumgüter werden die Staatsangestelltenweiterhin zu ihrem bisherigenHungerdasein verurteilt sein, fürmanche Kategorien wird sogar eine Verschlechterungeintreten, vor allem für dieBezieher von kleinen Pensionen. Er stelltden Antrag, den Teuerungszuschlagnicht in <strong>der</strong> Höhe von 36 %, son<strong>der</strong>n von60 % zu gewähren.“ Zu Wort meldetensich in <strong>der</strong> Sache weitere Abgeordnete,darunter Pittermann von <strong>der</strong> SPÖ undGrubhofer von <strong>der</strong> ÖVP. Ergebnis: „DerHauptausschuss erteilt sodann unter Ablehnungdes Antrages Koplenig <strong>der</strong> Verordnungdie Zustimmung.“ 462/10Die Grenzenmunistischer Initiativen im Nationalrat,sowohl in den Ausschüssen <strong>als</strong> auch imPlenum. Nach <strong>der</strong> dam<strong>als</strong> geltenden Geschäftsordnungwar zwar je<strong>der</strong> Abgeordneteberechtigt, in den Plenarsitzungendes Nationalrates selbstständige Anträgeeinzubringen, jedoch musste je<strong>der</strong>Antrag unter Einrechnung des Antragstellersvon mindestens acht Abgeordnetenunterstützt sein. 47 (Seit 1961, <strong>als</strong> eineneue Geschäftsordnung in Kraft trat, dieunter an<strong>der</strong>em auch die Fragestundebrachte, sind dafür nur mehr fünf Abgeordneteerfor<strong>der</strong>lich.) 48 Unter diesenUmständen war es <strong>der</strong> KPÖ-Fraktionschon von Haus aus unmöglich, eigeneAnträge im Nationalrat einzubringen,und machte man das <strong>als</strong> Einzelpersonam Ende einer Rede <strong>als</strong> Test für jene,die sich ansonsten gerne <strong>als</strong> Arbeitervertreteraufspielten, konstatierte <strong>der</strong> Präsidentbei <strong>der</strong> Abstimmung regelmäßig:„Der Antrag ist nicht genügend unterstütztund daher abgelehnt“. Abgeordnetean<strong>der</strong>er Parteien zum Mitmachen zubewegen, um die Zahl acht zu erreichen,war wegen des Fraktionszwangs ebenfallsaussichtslos. Man konnte nur Mitunterzeichnerbei Entschließungsanträgenund Anträgen zur Geschäftsbehandlungsein, die von den Abgeordneten <strong>der</strong>Mehrheitsparteien eingebracht wurden.Das war immerhin bei jenen Materien<strong>der</strong> Fall, die eine progressive Tendenzaufwiesen und <strong>der</strong>en UnterstützungKommunisten mit ihrem Gewissen vereinbarenkonnten. Da es solche Initiativentatsächlich gab, vor allem in <strong>der</strong>V. und VI. Gesetzgebungsperiode, scheinenvon 1945 bis 1953 Elser <strong>als</strong> Mitunterzeichnervon sechs Entschließungsanträgen,Fischer von fünf, Honner vondrei, Koplenig von vier und Scharf voneinem Entschließungsantrag auf. 49An<strong>der</strong>s und besser stand es beimRecht, schriftliche Anfragen an die Bundesregierungbzw. einzelne Minister einzubringen.Sie mussten lediglich vonfünf Abgeordneten unterstützt sein. 50 Genaudiese Zahl erreichte die KPÖ in denJahren 1949 bis 1953, was man weidlichausnützte. Elser stellte in <strong>der</strong> VI. GesetzgebungsperiodeAnfragen in 40 Fällen,Fischer in 45, Honner in 41, Koplenig in25 und Scharf in 14 Fällen. 51Ihre Inhalte ebenso wie die Antworten<strong>der</strong> Minister, die <strong>als</strong> Beiblatt zur Parlamentskorrespondenzin eigenen Anfragen-und Antwortenbänden <strong>der</strong> Legislaturperiodenaufscheinen, sind hochinteressant.Von beiden Seiten manchm<strong>als</strong>achlich und in ruhigem Ton gehalten,zumeist aber polemisch und mit Seiten-„Ablehnung des Antrags“ – das war in99 von 100 Fällen das Schicksal komhiebengespickt, stellt sich dieses Instrumentdes Parlamentarismus heute gleichsam<strong>als</strong> Kaleidoskop <strong>der</strong> Ereignisse wie<strong>der</strong> politischen Atmosphäre jener Zeitdar. War die Angelegenheit den Regierungsmitglie<strong>der</strong>nbeson<strong>der</strong>s unangenehm,schaltete man nicht selten auf stur.Dazu zwei Beispiele: Im Juni 1952stellten „Ernst Fischer und Genossen“ anden Unterrichtsminister Kolb eine Anfragewegen des „Verbots, den SchauspielerKarl Paryla bei den SalzburgerFestspielen zu beschäftigen“. 52 Kolb antwortete:„Nach § 65 <strong>der</strong> Geschäftsordnungdes Nationalrates kann das befragteMitglied <strong>der</strong> Bundesregierung die Beantwortungeiner Anfrage mit Angabe <strong>der</strong>Gründe ablehnen. Meiner Überzeugungnach ist <strong>der</strong> Ton, in dem die Abg. ErnstFischer und Genossen ihre Anfrage gehaltenhaben, allein Grund genug, dieBeantwortung abzulehnen.“ 53Dasselbe wi<strong>der</strong>fuhr „Erwin Scharfund Genossen“ mit einer Anfrage imFebruar 1951 zu Korruptionsvorgängenin <strong>der</strong> verstaatlichten VÖEST. 54 DerMinister Waldbrunner teilte dazu mit:„Die obbezogene Anfrage enthält eineReihe von Ausdrücken, die ich <strong>als</strong>schwere persönliche Beleidigungen betrachtenmuss. Ich lehne es ab, eine ineinem solchen Tone gehaltene, <strong>der</strong>Würde des Nationalrates und den parlamentarischenGepflogenheiten wi<strong>der</strong>sprechendeAnfrage an ein Mitglied <strong>der</strong>Bundesregierung zu beantworten.“ 55Die politischen EtappenWorüber in Parlamenten verhandeltwird, mit welchen Ergebnissen und inwelchem Debattenstil, ist stets ein getreuesAbbild <strong>der</strong> politischen Lage. Derösterreichische Nationalrat bildete hierkeine Ausnahme, ja er war davon in beson<strong>der</strong>erWeise tangiert, weil zur Kräftekonstellationim Inneren auch noch diezwischen den Weltmächten ins Spielkam, die das Land bis 1955 besetzt hielten.Die Tatsache, dass dam<strong>als</strong> ein kommunistischerStaat, die Sowjetunion, aufeinem Viertel des österreichischen Territoriumsdazu gehörte und <strong>der</strong> AlliierteRat ein Einspruchsrecht bei allen Gesetzenhatte, die das Parlament verabschiedete,darf in dem Zusammenhang nieaußer Acht gelassen werden.Die politischen Gegebenheiten undVerän<strong>der</strong>ungen, die von 1945 bis 1959im nationalen wie internationalen Maßstabvor sich gingen, fanden daher auchin <strong>der</strong> Haltung <strong>der</strong> KPÖ-Abgeordnetenihren Nie<strong>der</strong>schlag und lassen sich invier Etappen glie<strong>der</strong>n.

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