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Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, Nr. 2/2010, als pdf-Datei

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18 BeiträgeNach dem zweiten Absatz dieses Artikelssind bei <strong>der</strong> Feststellung, ob solcheGründe vorliegen, von den zuständigenBehörden alle maßgeblichen Erwägungeneinschließlich des Umstands zuberücksichtigen, daß in dem betreffendenStaat eine ständige Praxis grober, offenkundigero<strong>der</strong> massenhafter Verletzungen<strong>der</strong> Menschenrechte herrscht.Die For<strong>der</strong>ung nach Berücksichtigung<strong>der</strong> allgemeinen Menschenrechtssituationsoll vor allem nicht nur Konventionsflüchtlinge,son<strong>der</strong>n allen Auslän<strong>der</strong>nzugute kommen, <strong>der</strong>en Ausweisung erwogenwird. Auch dieses Prinzip ergibtsich schon aus <strong>der</strong> erwähnten UN-Konvention,die deshalb jedenfalls die Notwendigkeiteiner entsprechenden Anpassung<strong>der</strong> innerstaatlichen Rechtslage mitsich gebracht hat.Zu 7): Dem Grundsatz <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeitund einer vertretbaren Interessenabwägungunter Berücksichtigung<strong>der</strong> legitimen Interessen des Betroffenenkommt dann beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu,wenn sich ein Auslän<strong>der</strong> nicht nur zufälligund vorübergehend – etwa zu Urlaubszwecken– in Österreich aufhält,son<strong>der</strong>n wenn er hier sozial integriert ist,zB <strong>als</strong> Gastarbeiter. Meiner Auffassungnach müsste dieser sozialen Verankerungim Inland bei <strong>der</strong> vorzunehmendenInteressenabwägung auch dann generellVorrang eingeräumt werden, wenn esum ein fremdenpolizeiliches Verfahrennach strafgerichtlicher Verurteilunggeht; umso mehr dann, wenn die Begehungvon VerwaltungsübertretungenAnlaß für ein solches Verfahren ist.Wenn man sich schon nicht – was die internationaleSolidarität und <strong>der</strong> sonst insbeson<strong>der</strong>eunter den Europaratsstaatenerreichte Standard <strong>der</strong> zwischenstaatlichenZusammenarbeit in Strafsachen ansich nahelegen würde – entschließenkann, überhaupt auf solche Ausweisungenwegen strafbarer Handlungen zuverzichten, dann müssten wenigstens sozialeHärten in diesem Zusammenhangsoweit wie möglich vermieden werden.Für ganz untragbar halte ich die immerwie<strong>der</strong> vorkommenden Fälle, in denenüber Jugendliche o<strong>der</strong> Heranwachsende,die lange Zeit in Österreich gelebt habeno<strong>der</strong> gar hier geboren sind und deshalbpraktisch Österreicher sind, ein Aufenthaltsverbotverhängt wird – nur weil ihreEltern die Voraussetzungen für die Erlangung<strong>der</strong> Staatsbürgerschaft nicht erfülleno<strong>der</strong> sich um diese Frage nichtgekümmert haben. Keine noch so schwereStraftat darf zu einer solchen MaßnahmeAnlaß geben.2/10Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofeszu § 3 Fremdenpolizeigesetzsollte daher zum Anlaß eines grundsätzlichenUmdenkens auf diesem Gebiet genommenwerden. Die Auffassung, daßdie deswegen noch in <strong>der</strong> 16. Gesetzgebungsperiodegetroffene Übergangsregelungdie Interessenabwägung, um die esgeht, „gesetzlich hinreichend determiniert“,kann ich – wie Du weißt – ganzund gar nicht teilen. 61 Bei den Überlegungenfür eine grundsätzliche Neuorientierungdes Gesetzes sollte mE je<strong>der</strong>Schematismus vermieden und die Interessenabwägungim Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzesund <strong>der</strong> Punkte 6)und 7) des For<strong>der</strong>ungsprogramms wirklichernst genommen werden.Zu 8), 9) und 10): Daß die „beson<strong>der</strong>sberücksichtigungswürdigen Gründe“nach § 10 Abs. 3 Staatsbürgerschaftsgesetzin <strong>der</strong> Praxis meist ausdehnend interpretiertwerden, ist sehr befriedigend.Ich meine, daß es gerade angesichts dieserWeiterentwicklung <strong>der</strong> Praxis an <strong>der</strong>Zeit wäre, über eine klarstellende gesetzlicheKonkretisierung <strong>der</strong> Generalklauselund darüber nachzudenken, ob nicht andie Stelle einer Kann-Bestimmung einRechtsanspruch treten könnte. Dies lägeim Sinne <strong>der</strong> Grundsatzbestimmung desArt. 34 <strong>der</strong> Flüchtlingskonvention. (DieUN-Konvention zur Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong>Staatenlosigkeit scheint mir hingegen fürFlüchtlinge nicht relevant).Bei einer solchen gesetzlichen Weiterentwicklungsollte man aber nicht nur,wie <strong>der</strong>zeit, Konventionsflüchtlinge, son<strong>der</strong>nauch Gastarbeiter und an<strong>der</strong>en Auslän<strong>der</strong>nim Staatsbürgerschaftsrecht entgegenkommen.Schließlich sind die Zeitenvorbei, daß man in Österreich arbeitendeAuslän<strong>der</strong> nur <strong>als</strong> „vorübergehendeGäste“ betrachtet hat. Die meisten vonihnen halten sich inzwischen schon längereZeit hindurch in Österreich auf undsind hier integriert. Für die zum Teil hiergeborene „zweite Generation“ gilt das innoch viel stärkerem Maß. Das Sozialministeriumhat sich mit <strong>der</strong> vor kurzem zurDiskussion gestellten Novelle zum Auslän<strong>der</strong>beschäftigungsgesetzbemüht, ausdieser geän<strong>der</strong>ten Situation gesetzgeberischeKonsequenzen zu ziehen. Ich glaube,daß auch das Staatsbürgerschaftsrechtseinen Beitrag dazu leisten müsste. DieserBeitrag könnte beispielsweise in einerallgemeinen o<strong>der</strong> differenzierten Verkürzung<strong>der</strong> Fristen des Staatsbürgerschaftsgesetzesgesehen werden.Dem Grundsatz <strong>der</strong> „Familieneinheit“und <strong>der</strong> Familienzusammenführung solltenicht nur im Asylrecht praktisch ent-sprochen werden, son<strong>der</strong>n es sollte zu einerentsprechenden Verrechtlichung –etwa durch gesetzliche Klarstellung <strong>der</strong>Rechte zB <strong>der</strong> Ehefrau eines Konventionsflüchtlings– im Sinne <strong>der</strong> schonweitgehend geübten Praxis bei Einreisesichtvermerkenim Rahmen des § 25Paßgesetzes und nicht zuletzt im Fremdenpolizeigesetzkommen. Bei den Einreisebestimmungendes Passgesetzessollte die Betonung des Erfor<strong>der</strong>nisses<strong>der</strong> „Sicherung des Lebensunterhaltes“zumindest dann zurücktreten, wenn esum die Familienzusammenführung o<strong>der</strong>überhaupt um Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Jugendlichegeht. In all diesen Fällen steht ja eine angemesseneKonkretisierung <strong>der</strong>Grundsätze <strong>der</strong> Artikel 8 und 12 MRKauf einfachgesetzlicher Ebene noch aus.In gar nicht wenigen Fällen scheinenPersonen, bei denen die Voraussetzungenfür den Erwerb <strong>der</strong> österreichischenStaatsbürgerschaft bereits vorliegen,darüber nicht hinreichend informiert zusein o<strong>der</strong> aus an<strong>der</strong>en Gründen die notwendigeAntragstellung zu unterlassen.Ganz beson<strong>der</strong>s unbefriedigend ist dasdann, wenn es um Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Jugendlichegeht, <strong>der</strong>en Interessen niemandwahrnimmt. Hier müsste man sich inverfahrensrechtlicher Hinsicht etwaseinfallen lassen, möglicherweise sogareine amtswegige Einleitung des Verfahrenso<strong>der</strong> die Bestellung eines Sachwaltersunter bestimmten Voraussetzungenin Erwägung ziehen.Zu 11): Vielleicht könntest Du anregen,daß <strong>der</strong> Verfassungsdienst des Bundeskanzleramteseine Prüfung im Sinnedieses Punktes <strong>der</strong> Charta in die Wegeleitet. Bei einer solchen „Durchforstung“sollte meines Erachtens vor allem an die„zweite Generation“ <strong>der</strong> Gastarbeiterfamiliengedacht werden, wie das ja auch<strong>der</strong> oben erwähnte Entwurf des Sozialministeriumszum Auslän<strong>der</strong>beschäftigungsgesetztut.Zu 12): Die Schaffung einer beson<strong>der</strong>sOmbudsman-Einrichtung für Auslän<strong>der</strong>,<strong>der</strong> auch Parteistellung und gegebenenfallsdie Vertretung eines Auslän<strong>der</strong>s imVerwaltungsverfahren – nicht zuletzt imAsyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren– zukäme, hielte ich für eine wichtigeund vordringliche Weiterentwicklungdes Rechtsschutzes.Zu 13): Die Gleichstellung von Flüchtlingenmit österreichischen Staatsbürgernim Bereich <strong>der</strong> Sozialhilfe ist eineVerpflichtung, die aus Art. 23 <strong>der</strong>Flüchtlingskonvention abzuleiten ist. Sozialhilfeleistungenan Flüchtlinge fallen,soviel mir bekannt ist, in die Zuständig-

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