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Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, Nr. 2/2010, als pdf-Datei

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14 Beiträge5. Dezember 1936 mit Artikel 129: „DieUdSSR gewährt den Bürgern ausländischerStaaten, die wegen Verfechtung<strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> Werktätigen o<strong>der</strong> wegenwissenschaftlicher Betätigung o<strong>der</strong>wegen Teilnahme am nationalen Befreiungskampfverfolgt werden, das Asylrecht.“39 Im Grundgesetz 1977 <strong>der</strong> UdS-SR lautet <strong>der</strong> Asylartikel 38: „Die UdS-SR gewährt Auslän<strong>der</strong>n, die wegen Verteidigung<strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> Werktätigenund des Friedens, wegen Teilnahme an<strong>der</strong> revolutionären und <strong>der</strong> nationalenBefreiungsbewegung, wegen fortschrittlichgesellschaftlich politischer, wissenschaftlichero<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er schöpferischerTätigkeit verfolgt werden, das Asylrecht.“40 Artikel 29 <strong>der</strong> Verfassung <strong>der</strong>Volksrepublik China vom 17. Jänner1975 bestimmt: „Die Volksrepublik Chinagewährt jedem Auslän<strong>der</strong> das Aufenthaltsrecht,<strong>der</strong> wegen <strong>der</strong> Unterstützungeiner gerechten Sache, wegen <strong>der</strong> Teilnahmean einer revolutionären Bewegungo<strong>der</strong> wegen seiner wissenschaftlichenTätigkeit verfolgt wird.“ 41 Art. 10<strong>der</strong> Verfassung <strong>der</strong> Deutschen DemokratischenRepublik (1949) besagt: „FremdeStaatsbürger werden we<strong>der</strong> ausgeliefertnoch ausgewiesen, wenn sie wegenihres Kampfes für die in dieser Verfassungnie<strong>der</strong>gelegten Grundsätze im Auslandverfolgt werden.“ 42 Die DDR-Verfassung1968 präzisiert (Art. 23, Abs. 3):„Die Deutsche Demokratische Republikkann Bürgern an<strong>der</strong>er Staaten o<strong>der</strong>Staatenlosen Asyl gewähren, wenn siewegen politischer, wissenschaftlichero<strong>der</strong> kultureller Tätigkeit zur Verteidigungdes Friedens, <strong>der</strong> Demokratie, <strong>der</strong>Interessen des werktätigen Volkes o<strong>der</strong>wegen ihrer Teilnahme am sozialen undnationalen Befreiungskampf verfolgtwerden.“ 43 Das Grundgesetz <strong>der</strong> DeutschenBundesrepublik (1949) schreibt<strong>als</strong> Art. 16 (2) vor: „Kein Deutscher darfan das Ausland ausgeliefert werden. PolitischVerfolgte genießen Asylrecht.“ 44Verfassungspapiere sind bekanntlichgeduldig. Viele kapitalistischen Staatenlehnten und lehnen es ab, Emigranten <strong>der</strong>Arbeiterbewegung o<strong>der</strong> von nationalenBefreiungsbewegungen jene bürgerlichenRechte zu geben, die in <strong>der</strong> Regel Auslän<strong>der</strong>sonst erhalten. Die allgemeineEntwicklung des Auslieferungsrechtsnach 1945 drängte die Neutralität gegenüber<strong>der</strong> politischen Überzeugungzurück, in einigen Län<strong>der</strong>n wie in denUSA wurden Vertreter <strong>der</strong> kommunistischenWeltanschauung schon wegen dieserÜberzeugung <strong>als</strong> Verbrecher, heutewürde man sagen Terroristen, kriminali-2/10siert. An<strong>der</strong>erseits geben diese Län<strong>der</strong> reaktionären,antikommunistischen Elementen(„Dissidenten“) bereitwillignicht nur Unterschlupf, son<strong>der</strong>n jede finanzielleund propagandistische Unterstützung.Ende <strong>der</strong> siebziger und in denachtziger Jahren des vorigen Jahrhun<strong>der</strong>tswurden in <strong>der</strong> BundesrepublikAsylgesuche türkischer Flüchtlinge, insbeson<strong>der</strong>ekurdischer Herkunft, regelmäßigabgelehnt, während Flüchtlingeaus den osteuropäischen Staaten in <strong>der</strong>Bundesrepublik selbst dann bleiben durften,wenn ihnen juristisches Asyl verweigertwurde. Obschon das Asylrecht in <strong>der</strong>Bundesrepublik Deutschland Bestandteildes Grundgesetzes ist, wurde in Bezugauf türkische Flüchtlinge diesen 1981 dasAsyl auch dann verwehrt, wenn ihnen in<strong>der</strong> Türkei Folter drohte. Das höchsteVerwaltungsgericht des Landes Hessenstellte fest, dass die im Fall <strong>der</strong> Rückkehrzu befürchtende Folterung eines Kurdenasylrechtlich nicht relevant sei, da sienicht auf verwerflicher politischer Gesinnungdes türkischen Staates bestehe(Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil20.11.1981 – X OE 676/81): „Eskomme vielmehr auch bei diesen [d.s.Folterungen] von staatlichen Stellen ausgehendenRechtsgutsverletzungen entscheidendauf die Motivation <strong>der</strong> Verfolgeran.“ Der Verwaltungsgerichtshof inMannheim (Beschluss vom 27. Mai 1982– A 13 S 641/81) trieb die abschreckendedeutsche Rechtspraxis gegenüber Flüchtlingenund Asylwerbern voran: „Nicht je<strong>der</strong>Verstoß gegen das Gebot, die Menschenwürdezu achten, sei asylrechtlichrelevant. Würden Personen, gegen diewegen des Verdachts ermittelt werde, einStaatsschutzdelikt begangen zu haben,gefoltert o<strong>der</strong> sonst misshandelt, so liegedarin in aller Regel keine politische Verfolgungim Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz 2GG in einem Land, in dem Folter undMisshandlungen ein allgemeines Phänomenseien, das nicht nur politisch aktivePersonen treffe.“ 45 Für solche in abstoßendbrauner Mentalität Recht sprechendenJuristen <strong>der</strong> Bundesrepublik gewinntFolter durch die Häufigkeit ihresVorkommens eben Rechtscharakter!Mit dem C.E.D.R.I. fürein den Menschenrechtenentsprechendes AsylrechtEine internationale Delegation des1982 in Basel gegründeten, heute auch<strong>als</strong> Anlaufstelle für Sans-Papiers dienendenEuropäischen Komitees zur Verteidigung<strong>der</strong> Flüchtlinge und GastarbeiterC.E.D.R.I. [European Committee for theDefence of Refugees and Immigrants],<strong>der</strong> aus Österreich Hans Goldschmied(Mitglied des Österreichischen KZ-Verbandes)und Gabriel Lansky (Rechtskonsulent)angehörten, erstellte nach ihrervom 14. bis 16. November 1981 durchgeführtenStudienreise einen Berichtüber Asylrecht und Asylpraxis in <strong>der</strong>Bundesrepublik Deutschland. 46 Darinwird dokumentiert, wie Bayern und Baden-Württemberg<strong>als</strong> erste deutscheBundeslän<strong>der</strong> eine wirksame Abschreckungspolitikgegen Asylwerbernicht nur gefor<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n auch praktizierthaben. Der Landkreisverband Bayernhatte 1978 in einer Stellungnahmeerklärt: „Die unerwünschte IntegrationAsylsuchen<strong>der</strong> in die deutschen Lebensverhältnisseist durch bewusst karge, lagermässigeUnterbringung zu verhin<strong>der</strong>n.Sie muss <strong>als</strong> psychologischeSchranke gegen den weiteren ZustromAsylwilliger aufgebaut werden. Eine Arbeitsaufnahmeist im Interesse abschrecken<strong>der</strong>Zustände abzulehnen.“ 47C.E.D.R.I. hatte in Österreich vor allemin Broda einen Ansprechpartner, mit ihmtrafen sich seine Vertreter zu Besprechungenmeist im Café Museum im1. Wiener Bezirk. Bruno Kreisky(1911–1990), obschon bereits ziemlichkrank, hat am II. Kongress desC.E.D.R.I. vom 14. bis 21. April 1985 imfranzösischen Limans teilgenommen unddort die Auslän<strong>der</strong>feindlichkeit in dengeschichtlichen Kontext gestellt: „DieFremdenfeindlichkeit von heute ist <strong>der</strong>Antisemitismus von gestern.“ 48 DieJuristenkommission des Kongresses,welcher <strong>der</strong> frühere BRD-BundesverfassungsrichterMartin Hirsch (1913–1992)zugehörte, prangerte die Flüchtlingspolitik<strong>der</strong> BRD an, in <strong>der</strong>en offizielles Vokabulargehöre das Wort „Abschreckung“,die angewandten Methodenseien: Zwangseinweisung von Asylbewerbernin Sammellager unter Arbeitsverbot,Abschiebung und Auslieferungpolitischer Flüchtlinge in ihr Heimatland,Zwangsarbeit für Asylbewerberund die Familienzusammenführung fürGastarbeiter sei nahezu unmöglich. DieC.E.D.R.I.-Juristen bestätigten, dass dieBRD durch solche Maßnahmen die EuropäischeMenschenrechtskonventionund die Genfer Flüchtlingskonventionvon 1951 offenkundig verletzen. DerKongressteilnehmer und bekannteSchweizer Soziologe Jean Ziegler erweitertediese Feststellung mit dem Hinweisauf die Verknüpfung mit einer Weltordnung,die „von einer verschwindend kleinenMin<strong>der</strong>heit von mächtigen multina-

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