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Jugendkriminalpolitik: Zurück in die Zukunft? - SPD Hamburg

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n<br />

Tagungsbericht<br />

<strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>:<br />

<strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

-<br />

Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität<br />

E<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>ar<br />

der Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft sozialdemokratischer<br />

Jurist<strong>in</strong>nen und Juristen <strong>in</strong> der <strong>SPD</strong> <strong>Hamburg</strong><br />

6./7. Februar 1999<br />

Kurt-Schumacher-Haus<br />

Kurt-Schumacher-Allee 10<br />

20097 <strong>Hamburg</strong>


Vorwort<br />

Mit der vorliegenden Dokumentation des Wochenendsem<strong>in</strong>ars der AsJ-<strong>Hamburg</strong> am 06./07.<br />

Februar 1999 „<strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität“ möchten wir, wie schon <strong>in</strong> den vergangenen Jahren, <strong>die</strong> dort gehaltenen<br />

Reden, <strong>die</strong> Referate <strong>in</strong> den Arbeitsgruppen und <strong>die</strong> jeweiligen Ergebnisthesen über den Kreis der<br />

Teilnehmer h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>er breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Sie stellt den Versuch e<strong>in</strong>es<br />

eigenständigen Beitrags zur Versachlichung der Diskussion sowie zur Verbesserung des<br />

Diskussionsklimas h<strong>in</strong>sichtlich des nicht selten emotional und überhitzt angegangenen Themas<br />

„<strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>“ dar.<br />

Nach der Polizeilichen Krim<strong>in</strong>alstatistik 1 des Jahres 1997<br />

- werden ca. 3% der Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger straffällig, aber 8,2% der Jugendlichen und 8,7%<br />

der Heranwachsenden,<br />

- werden ca. 1/3 der jungen Täter rückfällig,<br />

- geben ca. 85% der jungen Täter ihre krim<strong>in</strong>elle „Laufbahn“ nach 1-2 maliger Straffälligkeit<br />

bereits wieder auf, ihre Krim<strong>in</strong>alität bleibt - entwicklungsbed<strong>in</strong>gt - episodenhaft.<br />

- begehen ca. 80% der Strafgefangenen nach ihrer Entlassung erneut Straftaten. Ungefähr 2<br />

% der jugendlichen Täter, 1/4 der sogenannten Mehrfachtäter, s<strong>in</strong>d mehr als zwei Jahre<br />

auffällig und begehen e<strong>in</strong>en Großteil der Straftaten.<br />

- ist <strong>die</strong> Rückfallquote bei geschlossenen Heimen genauso hoch wie im Jugendstrafvollzug, sie<br />

beträgt ca. 80%.<br />

Diese Zahlen zeigen, daß <strong>die</strong> <strong>in</strong> der gegenwärtigen Debatte erhobenen Forderungen nach<br />

härteren Strafen, der Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters, und nach geschlossenen Heimen<br />

e<strong>in</strong>en Irrweg darstellen. Derartige Maßnahmen verschärfen <strong>die</strong> Probleme und versprechen nur<br />

e<strong>in</strong>e Sche<strong>in</strong>sicherheit. Sie suggerieren mehr Sicherheit, tatsächlich erzeugen sie jedoch hohe<br />

Rückfallquoten und damit langfristig mehr Krim<strong>in</strong>alität. Wer <strong>die</strong>se Forderungen aufstellt, handelt<br />

unverantwortlich und mißbraucht <strong>die</strong> Krim<strong>in</strong>alitätsängste der Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger.<br />

Diese Ängste beruhen zu e<strong>in</strong>em großen Teil auf von den Me<strong>die</strong>n und von e<strong>in</strong>igen populistisch<br />

agierenden Politikern geschürten Fehlvorstellungen über <strong>die</strong> Häufigkeit von Krim<strong>in</strong>alität. Das<br />

subjektive Unsicherheitsgefühl geht weit über <strong>die</strong> objektive Gefährdungslage h<strong>in</strong>aus. Gerade <strong>die</strong><br />

Bedrohung älterer Menschen ist e<strong>in</strong>deutig ger<strong>in</strong>ger, als angenommen wird. So s<strong>in</strong>d nur ca. 3 %<br />

der Opfer jugendlicher Täter älter als 60 Jahre. Jugendkrim<strong>in</strong>alität richtet sich überwiegend gegen<br />

Gleichaltrige.<br />

Nichtsdestotrotz s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> bestehenden Ängste ernst zu nehmen, da dadurch <strong>die</strong> Lebensqualität<br />

des e<strong>in</strong>zelnen zum Teil fühlbar e<strong>in</strong>geschränkt wird. Sowohl Politik als auch <strong>die</strong> im Umgang mit<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität beteiligten Institutionen müssen <strong>die</strong>sem Umstand Rechnung tragen. Politik<br />

muß deutlich machen, daß Maßnahmen getroffen werden, <strong>die</strong> sowohl Ursachen angehen, als<br />

auch Reaktionen bereithalten, <strong>die</strong> das Rückfallrisiko bereits straffällig gewordener junger<br />

Menschen so ger<strong>in</strong>g als möglich werden lassen und damit auch mehr Sicherheit schaffen.<br />

Vor <strong>die</strong>sem H<strong>in</strong>tergrund s<strong>in</strong>d nach Ansicht der AsJ-<strong>Hamburg</strong> folgende Eckpunkte <strong>in</strong> der künftigen<br />

Diskussion zu beachten:<br />

1. Erforderlich ist präventive Vernetzung vor Ort. Dabei geht es darum, sozialen<br />

Ausgrenzungen entgegenzuwirken, Jugendarbeitslosigkeit und Jugendarmut <strong>in</strong> der örtlichen<br />

Verantwortung zu begegnen. Dies erfordert <strong>die</strong> Übernahme geme<strong>in</strong>samer Verantwortung von<br />

Eltern, K<strong>in</strong>dergärten, Schulen, Vere<strong>in</strong>en, Kirche, Jugendhilfe und bürgernahen Polizeibeamten<br />

bzw. Jugendbeauftragten der Polizei. Das heißt natürlich nicht, daß <strong>die</strong> Aufgaben von<br />

E<strong>in</strong>richtungen wie Jugendhilfe, Schulen und K<strong>in</strong>dergärten auf Krim<strong>in</strong>alprävention verkürzt werden<br />

dürfen. Sie haben im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgabenstellung vorrangig im Interesse der<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendlichen zu agieren.<br />

1<br />

Zu beachten ist, daß <strong>die</strong> PKS lediglich Zahlen über <strong>die</strong> ermittelten Tatverdächtigen und nicht <strong>die</strong> tatsächlichen<br />

Täter enthält. Im übrigen stellt sie auch nur e<strong>in</strong>e Hellfeldbetrachtung dar.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Zu e<strong>in</strong>er Vernetzung vor Ort gehört <strong>in</strong>sbesondere auch <strong>die</strong> E<strong>in</strong>beziehung von Bürgervere<strong>in</strong>en,<br />

Geschäftsleuten und sonstigen stadtteilorientierten Gruppen und Personen. Auf <strong>die</strong>se Weise<br />

kann der verantwortungsbewußte Umgang mit Jugendlichen zu e<strong>in</strong>er Angelegenheit aller<br />

gemacht werden.<br />

2. Auf abweichendes Verhalten müssen junge Menschen e<strong>in</strong>e angemessene und tatzeitnahe<br />

Reaktion erfahren. Diese Reaktionen können dabei nur dann effektiv der Normverdeutlichung<br />

<strong>die</strong>nen, wenn sie an den Ursachen jugendlicher Krim<strong>in</strong>alität ansetzen und e<strong>in</strong>e Folgenprognose<br />

e<strong>in</strong>beziehen.<br />

Reaktionen können sowohl pädagogische Maßnahmen se<strong>in</strong>, <strong>die</strong> den jungen Menschen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

konkreten Problem- und Lebenslage „abholen“, als auch Sanktionen. Auch pädagogische<br />

Maßnahmen be<strong>in</strong>halten Grenzsetzung. Grenzsetzung durch Strafe ist bei Jugendlichen nur e<strong>in</strong><br />

limitiertes Instrument, da es <strong>in</strong> der Regel bei dem Bestraften nicht der E<strong>in</strong>sichtsförderung <strong>die</strong>nt.<br />

Dies zeigt sich an der hohen Rückfallquote von jugendlichen Strafgefangenen sowie daran, daß<br />

<strong>die</strong> justizielle Praxis des von Mal zu Mal schärferen Zugriffs - <strong>die</strong> Sanktionseskalation - nicht<br />

weniger, sondern mehr Krim<strong>in</strong>alität zur Folge hat.<br />

Diversionsmaßnahmen, z.B. alltags- und freizeitstrukturierende Programme, <strong>in</strong>dividuelle Hilfe und<br />

Betreuung von Jugendlichen/Familien, Mediation/Konfliktschlichtung im Geme<strong>in</strong>wesen,<br />

Antiaggressionskurse, Schuldenregulierung, Beschäftigungsprojekte, Täter-Opfer-Ausgleich,<br />

Ermahnungsgespräche, müssen der strafrechtlichen Sanktion vorgehen. Sie gewährleisten e<strong>in</strong>e<br />

zeitnahe Reaktion ohne Des<strong>in</strong>tegration. Notwendig ist, auf <strong>die</strong>se Diversionsmaßnahmen e<strong>in</strong>en<br />

Schwerpunkt <strong>in</strong> der <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong> zu legen und sie f<strong>in</strong>anziell und personell h<strong>in</strong>reichend<br />

auszustatten.<br />

Vornehmlich bei denjenigen Jugendlichen, <strong>die</strong> besonders schwere Gewalttaten begehen,<br />

erfordert das objektive Sicherheitsbedürfnis auch freiheitsentziehende Maßnahmen.<br />

Grundsätzlich dürfen aber - entgegen der verbreiteten „Bodensatz-Theorie“ - <strong>die</strong>se und andere<br />

mehrfach auffällig gewordene Jugendliche nicht als „verloren“ angesehen werden. Auch <strong>in</strong> <strong>die</strong>sen<br />

Fällen muß versucht werden, sie über kurz oder lang wieder <strong>in</strong> <strong>die</strong> Gesellschaft zu <strong>in</strong>tegrieren.<br />

3. Das Zusammenwirken von Jugendhilfe, Jugendgerichtshilfe, Polizei,<br />

Jugendstaatsanwaltschaft, Jugendgericht und Jugendstrafverteidigern im Umgang mit<br />

straffällig gewordenen Jugendlichen muß verbessert und e<strong>in</strong>er Qualitätskontrolle<br />

unterzogen werden. Die Aufgabenbereiche müssen aber unter Wahrung der Rollenklarheit der<br />

jeweiligen Institutionen vone<strong>in</strong>ander abgegrenzt bleiben.<br />

Die aufgeheizte und polarisierende Form der öffentlichen Debatte und <strong>die</strong> pauschalen<br />

Schuldvorwürfe nach tragischen Ereignissen erschweren e<strong>in</strong> selbstkritisches und tabufreies<br />

Überprüfen der eigenen Positionen: Wer massiv angegriffen wird - etwa mit stereotypen<br />

Vorwürfen wie z.B. <strong>die</strong> Justiz sei zu lasch, <strong>die</strong> Sozialpädagogen realitätsfern und <strong>die</strong><br />

Staatsanwaltschaft zu langsam -, beschränkt sich darauf, sich zu verteidigen, e<strong>in</strong>e<br />

Schwachstellenanalyse unterbleibt. Dies ist e<strong>in</strong>e verständliche, psychologisch nachvollziehbare<br />

Reaktion; sie hilft jedoch nicht, <strong>in</strong> der gegenwärtigen Debatte zu bestehen. Kooperation lebt von<br />

der Initiative der beteiligten Personen. Die Ause<strong>in</strong>andersetzung mit ihrer jeweiligen Aufgabe ist<br />

<strong>die</strong> Grundlage für Vertrauensbildung und Abbau von Ressentiments und damit e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Voraussetzung für e<strong>in</strong>e bessere Zusammenarbeit.<br />

4. E<strong>in</strong>en wesentlichen Anteil an der dramatisierten und populistisch geführten Debatte haben <strong>die</strong><br />

Me<strong>die</strong>n mit ihrer an E<strong>in</strong>zelfällen und Skandalisierung ausgerichteten Berichterstattung.<br />

Wünschenswert ist e<strong>in</strong>e Versachlichung der Berichterstattungen durch Beschäftigung mit den<br />

Ursachen von Jugendkrim<strong>in</strong>alität sowie mit konstruktiven und differenzierten Lösungsansätzen.<br />

Ferner müssen auch <strong>die</strong> im Umgang mit Jugendlichen und Jugendkrim<strong>in</strong>alität Tätigen selbst<br />

Öffentlichkeitsarbeit leisten mit dem Ziel, über ihre Arbeit aufzuklären und <strong>die</strong> Debatte zu<br />

versachlichen.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


5. Jugendkrim<strong>in</strong>alität ist e<strong>in</strong> Symptom sozialer Gegensätze, sozialer Spaltung und dadurch<br />

verursachter Ausgrenzung und Perspektivlosigkeit. Der gesellschaftliche Umgang mit jungen<br />

Menschen darf daher nicht vorrangig auf das Risiko abweichenden Verhaltens abstellen und der<br />

Schwerpunkt nicht im Bereich der <strong>in</strong>neren Sicherheit gesetzt werden. Vielmehr muß es das<br />

primäre Ziel se<strong>in</strong>, <strong>die</strong> gesellschaftliche Integration junger Menschen durch Schaffung bzw.<br />

Verbesserung von Teilhabemöglichkeiten sicherzustellen. Integration fördert Identifikation und<br />

Identifikation erhöht <strong>die</strong> Akzeptanz von gesellschaftlichen Regeln.<br />

6. Die oben beschriebene Forderung nach der Verbesserung von Kooperation und<br />

Kommunikation im Umgang mit jungen Menschen muß auch auf <strong>die</strong> Ebene der Politik übertragen<br />

werden. Hier müssen Ressortegoismen überwunden und das Thema Jugendkrim<strong>in</strong>alität<br />

tatsächlich als geme<strong>in</strong>same übergreifende Aufgabe begriffen werden.<br />

Abschließend sei bemerkt, daß e<strong>in</strong>e der zentralen Forderungen des Sem<strong>in</strong>ars - <strong>die</strong> Verbesserung<br />

der Kooperation der am Umgang mit Jugendlichen und Jugendkrim<strong>in</strong>alität Beteiligten - nicht nur<br />

formuliert, sondern auch (vor-) gelebt wurde. Es s<strong>in</strong>d Berührungsängste abgebaut worden, und<br />

es ist Verständnis für <strong>die</strong> Rollen und Aufgaben des jeweils anderen entwickelt worden. Wir<br />

wünschen uns, daß das auf dem Sem<strong>in</strong>ar praktizierte Mite<strong>in</strong>ander auch auf anderen Ebenen<br />

Schule macht und von der vorliegenden Dokumentation e<strong>in</strong> Impuls für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang<br />

mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität ausgeht.<br />

Kerr<strong>in</strong> Stumpf Friedrich-Joachim Mehmel Anke Pörksen<br />

Olav Stumpf Olaf Ste<strong>in</strong>biß Florian Dühr<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Genoss<strong>in</strong>nen und Genossen,<br />

<strong>die</strong> öffentliche Diskussion zum Thema Jugendkrim<strong>in</strong>alität wird, wie nicht nur <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> anläßlich<br />

des Bürgerschaftswahlkampfes 1997 und des Bundestagswahlkampfes 1998 zu beobachten war,<br />

geprägt von dramatischen Presseberichten über bedrohliche E<strong>in</strong>zelfälle, von Vorwürfen gegen<br />

e<strong>in</strong>e zu lasche Justiz, von lautstarken Forderungen nach Senkung des Strafmündigkeitsalters<br />

und Wiedere<strong>in</strong>führung der geschlossenen Heimunterbr<strong>in</strong>gung. Ke<strong>in</strong>e Rolle spielt dabei, daß<br />

Krim<strong>in</strong>alitätsangst und tatsächliche Gefährdungslage stark vone<strong>in</strong>ander abweichen, daß<br />

krim<strong>in</strong>elles Verhalten bei Jugendlichen <strong>in</strong> den allermeisten Fällen episodenhaft und<br />

vorübergehend ist und daß härtere Strafen und gerade Freiheitsentzug problemverschärfend<br />

wirken. Die Verkürzung der Debatte <strong>in</strong>sbesondere auf das Reizthema ‘geschlossene Heime’ hat<br />

e<strong>in</strong>e zweckrationale Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Ursachen des Abgleitens e<strong>in</strong>zelner<br />

Jugendlicher <strong>in</strong> schwere Gewaltkrim<strong>in</strong>alität, mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität <strong>in</strong>sgesamt erschwert, wenn<br />

nicht sogar <strong>in</strong> weiten Bereichen verh<strong>in</strong>dert. Kaum jemand regt sich öffentlich auf über <strong>die</strong> zum<br />

Teil schwierigen Bed<strong>in</strong>gungen, unter denen K<strong>in</strong>der und Jugendliche <strong>in</strong> unserem Land<br />

aufwachsen. Es gibt kaum Zeitungsartikel über Strategien zu familienunterstützenden<br />

Maßnahmen oder zur besseren Integration sozial schwacher und ausländischer Jugendlicher.<br />

Und es wird der Blick verstellt auf e<strong>in</strong>e selbstkritische und tabufreie Diskussion bisher<br />

angewandter Instrumentarien sowie möglicher neuer Wege.<br />

Mit <strong>die</strong>sem Sem<strong>in</strong>ar wollen wir beitragen zu e<strong>in</strong>em dr<strong>in</strong>gend gebotenen rationalen Umgang mit<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität. Mit se<strong>in</strong>em Eröffnungsvortrag wird Dr. Volker Haas, Polizeipräsident <strong>in</strong> Stuttgart,<br />

den Rahmen unseres Themas abstecken. Er wird sich mit den tatsächlichen<br />

Gefährdungslagen, dem Umfang und der Entwicklung von Jugendkrim<strong>in</strong>alität, mit ihren möglichen<br />

Ursachen, mit<br />

Strategien des Umgangs mit straffälligen Jugendlichen und mit dem Verhältnis von Repression<br />

und Prävention beschäftigen.<br />

In den anschließenden Arbeitsgruppen sollen e<strong>in</strong>zelne Aspekte besonders beleuchtet werden:<br />

Ist <strong>die</strong> Forderung nach Ursachenbekämpfung mehr als nur e<strong>in</strong>e Phrase angesichts hoher Arbeitslosigkeit<br />

und immer stärkerer Spaltung der Gesellschaft <strong>in</strong> Armut und Reichtum? Wie kann <strong>die</strong><br />

Erziehungsfähigkeit der Eltern verbessert werden und welche alternativen Auffangmechanismen<br />

für zu wenig betreute K<strong>in</strong>der und Jugendliche kann es geben? Wie funktioniert <strong>die</strong> Integration<br />

ausländischer Jugendlicher <strong>in</strong> unseren Nachbarländern? (AG 1) - Kann e<strong>in</strong>e (verbesserte)<br />

Zusammenarbeit der verschiedenen Instanzen <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Stadtteilen das Entstehen und<br />

<strong>die</strong> Verfestigung von Jugendkrim<strong>in</strong>alität verh<strong>in</strong>dern oder zum<strong>in</strong>dest erschweren? Welche guten<br />

und welche weniger guten Erfahrungen gibt es bei der Arbeit <strong>in</strong> und mit ‘Netzwerken’ <strong>in</strong><br />

<strong>Hamburg</strong>? (AG 2) - Was ist dran an dem Vorwurf, daß Jugendhilfearbeit nur aus Verständnis<br />

bestünde und <strong>die</strong>s ke<strong>in</strong> wirksamer Ansatz für den Umgang mit straffällig gewordenen<br />

Jugendlichen se<strong>in</strong> könne? Bietet hier e<strong>in</strong> Mehr an Repression <strong>die</strong> richtigen Lösungen? Muß das<br />

Diversionskonzept auf den Prüfstand? (AG 3) - Stellen <strong>die</strong> vorhandenen Institutionen (Polizei,<br />

Jugend-, Jugendgerichts- und Bewährungshilfe, Staatsanwaltschaft und Jugendgerichtsbarkeit)<br />

e<strong>in</strong> gut funktionierendes Netzwerk für angemessene und zukunftsgerichtete Reaktionen auf<br />

Straftaten Jugendlicher dar oder handelt es sich um e<strong>in</strong> Netz von Verantwortungslosigkeiten und<br />

Kommunikationsstörungen? Brauchen wir wirklich neue Gesetze für wirkungsvolle Reaktionen<br />

auf straffällige Jugendliche? (AG 4) -Welche Rolle kommt den Me<strong>die</strong>n bei dem Thema<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität mit e<strong>in</strong>er überwiegend skandalisierenden Berichterstattung zu? Wie könnte<br />

h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>e effektive ‘Öffentlichkeitsarbeit’ für e<strong>in</strong>e unaufgeregte, sachliche und<br />

ursachenorientierte Jugendkrim<strong>in</strong>alitätspolitik aussehen? (AG 5)<br />

Wir laden Sie herzlich e<strong>in</strong>, eigene Erfahrungen und Ideen <strong>in</strong> das Sem<strong>in</strong>ar e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen, sich mit<br />

den anderen Professionen konstruktiv ause<strong>in</strong>anderzusetzen und über e<strong>in</strong>en rationalen Umgang<br />

mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität zu diskutieren.<br />

Mit freundlichem Gruß<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Friedrich-Joachim Mehmel <strong>Hamburg</strong>, den 7. Dezember 1998<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Sem<strong>in</strong>arverlauf<br />

Sonnabend, 6. Februar 1999<br />

11.00 Uhr Eröffnung, Begrüßungsansprache durch den Vorsitzenden der AsJ-<strong>Hamburg</strong>,<br />

anschließend<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität <strong>in</strong> Deutschland<br />

Vortrag von Dr. Volker Haas, Polizeipräsident <strong>in</strong> Stuttgart<br />

Diskussion<br />

13.00 Uhr Mittagspause<br />

14.15 - 19.00 Uhr Arbeitsgruppen mit Kurzreferaten zum Themene<strong>in</strong>stieg<br />

Arbeitsgruppe 1: Ursachenorientierte <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong> - hohle Phrase oder<br />

Chance<br />

Ideenworkshop zur sozialen Integration benachteiligter Jugendlicher<br />

mit Hans Henrik Lamp , Dänemark, SSP-Berater<br />

Lutz Krätzschmar , Sozialpädagoge, Vere<strong>in</strong> Nöldeckestraße,<br />

Arbeitsprojekt für Jugendliche <strong>in</strong> Harburg<br />

Moderation: Mart<strong>in</strong> Kl<strong>in</strong>gst, Journalist, Die Zeit<br />

Berichterstattung: Ulrike Schönfelder, Richter<strong>in</strong> am Amtsgericht <strong>Hamburg</strong>, Strafrichter<strong>in</strong><br />

Arbeitsgruppe 2: Krim<strong>in</strong>alprävention vor Ort - Der Königsweg?<br />

Zu den Chancen und Schwierigkeiten der lokalen Zusammenarbeit von Eltern,<br />

Schulen, Jugendhilfe, Polizei, Verbänden, Kirchen, sozialen E<strong>in</strong>richtungen etc.<br />

mit Jürgen Feddern, Sozialpädagoge, Leiter der Region Fuhlsbüttel/Langenhorn<br />

im Jugendamt des Bezirksamtes <strong>Hamburg</strong>-Nord<br />

Dr. Re<strong>in</strong>hard Kreissl (Thesenpapier)<br />

Österreich, Soziologe, Aufbau- und Kontaktstudium Krim<strong>in</strong>ologie,<br />

Universität <strong>Hamburg</strong><br />

Prof. Dr. Monika Frommel<br />

Direktor<strong>in</strong> des Instituts für Krim<strong>in</strong>ologie, Universität Kiel<br />

Moderation: Dr. Dorothee Bittscheidt, Soziolog<strong>in</strong>, Staatssekretär<strong>in</strong> a.D.<br />

Berichterstattung: Anke Pörksen (AsJ)<br />

Arbeitsgruppe 3: Reaktionen auf Straftaten Jugendlicher - Repression oder Pädagogik?<br />

<strong>Zukunft</strong>sgerichtete Sanktionsformen zwischen Grenzsetzung und Verständnis<br />

mit: Gabi Spieker, Diplompädagog<strong>in</strong>, Krim<strong>in</strong>ologische Initiative <strong>Hamburg</strong><br />

Prof. Dr. Bernd-Rüdeger Sonnen<br />

Universität <strong>Hamburg</strong>, Hochschullehrer für Strafrecht und Krim<strong>in</strong>ologie<br />

Moderation: Detleff Prellwitz<br />

Oberstaatsanwalt, Abteilungsleiter für Jugendstrafsachen, Oldenburg<br />

Berichterstattung: Werner Kunath<br />

Krim<strong>in</strong>alhauptkommissar, stellv. Sprecher der Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Polizei<br />

<strong>in</strong><br />

der Deutschen Vere<strong>in</strong>igung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfe e.V. -<br />

DVJJ<br />

Arbeitsgruppe 4: Das Zusammenwirken von Jugendhilfe und Jugendgerichtshilfe,


Polizei, Jugendstaatsanwaltschaft und Jugendgerichten im Umgang mit<br />

straffällig gewordenen Jugendlichen<br />

- e<strong>in</strong>e Querschnittsbetrachtung<br />

Netzwerk oder Netz der Verantwortungslosigkeiten?<br />

mit: Petra Peterich, Dipl.-Sozialpädagog<strong>in</strong>, Projekt Handschlag, Lüneburg<br />

Gerd Ekkehard Hübner<br />

Krim<strong>in</strong>aldirektor, Sprecher der Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Polizei <strong>in</strong> der DVJJ<br />

Moderation: Monika Schorn, Richter<strong>in</strong> am Amtsgericht <strong>Hamburg</strong>, Jugendrichter<strong>in</strong><br />

Berichterstattung: Olav Stumpf (AsJ)<br />

Arbeitsgruppe 5: Die massenmediale Inszenierung von Jugendkrim<strong>in</strong>alität<br />

Spiegel der Realität oder Agitation wider aller Erkenntnisse<br />

mit Prof. Dr. Michael Walter<br />

Hochschullehrer, Universität Köln, Krim<strong>in</strong>ologische Forschungsstelle des<br />

Krim<strong>in</strong>alwissenschaftlichen Instituts<br />

Hilmar Zschach, Journalist, NDR Hörfunk<br />

Moderation: Sab<strong>in</strong>e Annette Westphalen, Richter<strong>in</strong> am LG, Pressesprecher<strong>in</strong> des<br />

Hanseatischen Oberlandesgerichts<br />

Berichterstattung: Olaf Ste<strong>in</strong>biß (AsJ)<br />

19.0 0 Uhr Abfahrt zum Hafen (St. Pauli Landungsbrücken, Brücke 3)<br />

- S 1 und S 3, U 3 Landungsbrücken -<br />

20.00 - 23.00 Uhr Fahrt auf der Barkasse ‘Ruth’ im Hafen und auf der Elbe mit Buffet<br />

Sonntag, 7. Februar 1999<br />

10.00 Uhr Überblick über Modelle zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit <strong>in</strong> der<br />

Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten<br />

Christa Randzio-Plath, Mitglied des Europaparlamentes<br />

Berichte aus den Arbeitsgruppen<br />

10.45 Uhr Pause mit Obst und Kaffee<br />

11.00 Uhr Plenumsdiskussion mit den Referenten zu den Hauptproblemen des<br />

Tagungsthemas<br />

13.00 Uhr Ende der Tagung<br />

Es wird gebeten, sich <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> begrenzte Teilnehmerzahl frühzeitig anzumelden.<br />

Anmeldungen können entweder per Post mit anliegender Karte oder direkt bei der <strong>SPD</strong> <strong>Hamburg</strong>,<br />

Frau Sylvia Mittelstädt, per Telefon (040-280848-36, per fax (040-280848-18)<br />

oder als e-mail erfolgen: Sylvia.Mittelstaedt_LO-<strong>Hamburg</strong>@spd.de<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Eröffnungsansprache des Vorsitzenden der Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft sozialdemokratischer<br />

Jurist<strong>in</strong>nen und Juristen, AsJ-<strong>Hamburg</strong>,<br />

Friedrich-Joachim Mehmel<br />

Sehr verehrte Damen und Herren,<br />

liebe Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen,<br />

liebe Genoss<strong>in</strong>nen und Genossen,<br />

ich freue mich, auch <strong>die</strong> Referent<strong>in</strong>nen und Referenten sowie Moderatoren der Arbeitsgruppen<br />

begrüßen zu können,<br />

Sie, Herr Hans Henrik Lamp vom SSP (Schule, Soziales, Polizei) aus Dänemark, der Sie<br />

dankenswerterweise für Prof. de Haan aus den Niederlanden e<strong>in</strong>gesprungen s<strong>in</strong>d und an der AG<br />

1 als Referent teilnehmen.<br />

<strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Die öffentliche Debatte zur Jugendkrim<strong>in</strong>alität, wie wir sie <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> anläßlich der letzten<br />

Wahlen aber auch jetzt wieder <strong>in</strong> Hessen beobachten können, ist nicht gerade geprägt von e<strong>in</strong>em<br />

rationalen Umgang mit dem Thema:<br />

Skandalisierung und Pauschalisierungen anhand von E<strong>in</strong>zelfällen, Forderungen nach härteren<br />

Strafen und der Ruf nach e<strong>in</strong>er regelhaften Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf<br />

Heranwachsende bestimmen das Bild - auch <strong>in</strong> ansonsten seriösen Pr<strong>in</strong>tme<strong>die</strong>n. Als<br />

verme<strong>in</strong>tliches Wundermittel wird <strong>die</strong> geschlossene Heimunterbr<strong>in</strong>gung gehandelt und kaum<br />

jemand fragt wirklich e<strong>in</strong>mal nach, warum sich vernünftige Politiker aller Parteien vor nicht allzu<br />

langer Zeit e<strong>in</strong>vernehmlich für ihre Abschaffung stark gemacht haben.<br />

Ger<strong>in</strong>g ist dabei <strong>die</strong> Bereitschaft sich mit langfristigen Auswirkungen e<strong>in</strong>er auf Bestrafung<br />

beschränkten Interventionspolitik zu beschäftigen. Wer höhere Strafen fordert, sollte offen sagen,<br />

daß er dabei Rückfallquoten von über 80% im Jugendstrafvollzug <strong>in</strong> Kauf nimmt.<br />

Die Forderung nach härteren Strafen und Herabsetzung des Strafmündigkeitsalter ignoriert den<br />

Charakter von Jugenddeliquenz als e<strong>in</strong>er vorübergehenden, episodenhaften Ersche<strong>in</strong>ung <strong>in</strong> den<br />

aller meisten Fällen. Und sie ignoriert auch <strong>die</strong> wohl wissenschaftlich als gesichert anzusehende<br />

Erkenntnis, daß härteren Strafen gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden ke<strong>in</strong>e<br />

abschreckende Wirkung zukommt.<br />

Wir dürfen nicht mit schnellen Antworten verme<strong>in</strong>tliche Zeichen der Stärke setzen und damit<br />

ablenken von den h<strong>in</strong>ter dem deliquenten Verhalten stehenden Problemen unserer Gesellschaft.<br />

Langfristige Lösungen erfordern e<strong>in</strong>e Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Ursachen von<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität.<br />

Bewußt wollen wir deshalb mit dem Sem<strong>in</strong>ar andere Schwerpunkte setzen und mit Ihnen<br />

zusammen über Maßnahmen zur Chancenverbesserung bei benachteiligten K<strong>in</strong>dern und<br />

Jugendlichen nachdenken.<br />

Wie ist es möglich, durch e<strong>in</strong> besseres Zusammenwirken von Eltern, Schule, Jugendhilfe, Polizei,<br />

Sportvere<strong>in</strong>en, Kirchen, Politikern und Unternehmern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Stadtteilen das Entstehen und<br />

das Sich-Verfestigen von Jugendkrim<strong>in</strong>alität zu verh<strong>in</strong>dern? E<strong>in</strong> besonderes Problem sei es, so<br />

hörten wir <strong>in</strong> den letzten Tagen von e<strong>in</strong>em unserer Referenten, <strong>die</strong> Schulen bei der Stadtteilarbeit<br />

mit <strong>in</strong>s Boot zu bekommen.<br />

Am letzten Dienstag berichtete das <strong>Hamburg</strong> Journal über <strong>die</strong> hoffnungslose Überlastung des<br />

Jugend- und Sozialdezernates im Bezirk Bergedorf. Wie können wir trotz aller Sparvorgaben<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche gerade <strong>in</strong> ihrem konkreten Umfeld so unterstützen und stabilisieren, daß<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


sie Chancen auf e<strong>in</strong>e wirkliche Teilhabe an den positiven Herausforderungen unserer<br />

Gesellschaft haben?<br />

Unser sozial- und jugendpolitisches Ziel muß es se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e generelle Verbesserung der<br />

´Stadtteilnormalität` zu erreichen und durch akzeptable Lebensbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>e Intervention<br />

durch ´Nothilfe- und Feuerwehrmaßnahmen` im E<strong>in</strong>zelfall mehr und mehr überflüssig zu machen.<br />

Präventive Vernetzung vor Ort - <strong>die</strong>ses Schlagwort kann, wie wir sicher auch von unserem<br />

dänischen Gast erfahren werden, für vielfältige <strong>in</strong>tegrative Aktivitäten stehen und für <strong>die</strong><br />

Übernahme e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Verantwortung durch Eltern, K<strong>in</strong>dergärten, Schule, Kirche und<br />

Sportvere<strong>in</strong>en, Jugendhilfe und Polizei.<br />

Präventive Vernetzung vor Ort aber bedeutet immer auch soziale Kontrolle und wir müssen bei<br />

aller Sympathie für den präventiven Ansatz auch hier für maßvolles Vorgehen plä<strong>die</strong>ren. Vor e<strong>in</strong><br />

paar Tagen berichtete das <strong>Hamburg</strong>er Abendblatt über Pläne e<strong>in</strong>er Wohnungsbaugesellschaft,<br />

im Osten <strong>Hamburg</strong>s e<strong>in</strong> ganzes Wohngebiet mit Videokameras überwachen zu lassen.<br />

Wie viele Menschen denken, wenn sie Gruppen von Jugendlichen <strong>in</strong> unseren Straßen sehen, zu<br />

allererst an <strong>die</strong> Straftaten , <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Jugendlichen eventuell begehen könnten. Eigene schlimme<br />

Erfahrungen spielen dabei kaum e<strong>in</strong>e Rolle, wohl aber <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n geschickt<br />

aufgearbeiteten tragischen E<strong>in</strong>zelfälle schwerer Gewaltkrim<strong>in</strong>alität.<br />

Wir dürfen <strong>die</strong> Jugend nicht primär als riskantes Potential begreifen und Jugendarbeit darf nicht<br />

nur der Störungsabwehr <strong>die</strong>nen, sondern muß auch von der Bedürfnislage der Jugendlichen her<br />

def<strong>in</strong>iert werden.<br />

Aber auch wenn <strong>die</strong> subjektive Angst durch <strong>die</strong> objektive Gefährdungslage <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise<br />

gerechtfertigt ist, muß das subjektive Sicherheitsgefühl ernst genommen werden: Angst kann<br />

Lebensqualität e<strong>in</strong>schränken. Wer von uns hat <strong>die</strong>s nicht schon e<strong>in</strong>mal selbst nachts alle<strong>in</strong> auf<br />

der Straße, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em leeren U-Bahnabteil verspürt?<br />

Die Arbeitsgruppe 5 wird sich u.a. mit der Rolle der Me<strong>die</strong>n im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> steigende<br />

Krim<strong>in</strong>alitätsfurcht <strong>in</strong> der Bevölkerung beschäftigen? Aufklärung tut not, etwa dah<strong>in</strong>gehend, daß<br />

<strong>die</strong> Opfer von Gewaltanwendungen durch männliche Jugendliche überwiegend männliche<br />

Jugendliche und nicht Frauen oder alte Menschen s<strong>in</strong>d. Warum ist e<strong>in</strong>e Aufklärung <strong>in</strong> vielen<br />

Reaktionen nicht gewünscht? Wie müßte e<strong>in</strong>e Öffentlichkeitsarbeit für e<strong>in</strong>e rationale,<br />

unaufgeregte, zugegebenermaßen dann wenig spektakuläre <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong> aussehen?<br />

Lassen Sie mich an <strong>die</strong>ser Stelle hierzu noch folgendes anmerken: Hier wird durch e<strong>in</strong> Großteil<br />

der Me<strong>die</strong>n - wie auch populistischen Politikern - suggeriert, daß Leute mehr Sicherheit<br />

bekommen würden durch härtere Strafen, durch geschlossene Heimunterbr<strong>in</strong>gung. Wer <strong>die</strong>s<br />

wider besseres Wissen tut - und nahezu alle Fachleute und Wissenschaftler s<strong>in</strong>d sich e<strong>in</strong>ig, daß<br />

<strong>die</strong>se Forderungen völlig ungeeignet s<strong>in</strong>d - handelt unverantwortlich. Er gaukelt<br />

Sche<strong>in</strong>sicherheiten vor, <strong>die</strong> es bei derartig hohen Rückfallquoten im Jugendstrafvollzug nicht<br />

geben kann. Es wird damit gerade nicht mehr Sicherheit geschaffen werden.<br />

Jugendarbeitslosigkeit und damit <strong>die</strong> fehlende Integration <strong>in</strong> soziale Gefüge und e<strong>in</strong> fehlendes<br />

Selbstwertgefühl stellen wesentliche Ursachen für das Abgleiten <strong>in</strong> Krim<strong>in</strong>alität dar. Wir müssen<br />

aber bei der strukturellen Entwicklung des Arbeitsmarktes und des teilweise erschreckenden<br />

Ausbildungsstandes feststellen, daß wir hier mit traditionellen Lösungen, mit der Hoffnung etwa<br />

auf Langzeitarbeitsplätze nicht weiterkommen. Wenn wir hierauf ke<strong>in</strong>e Antworten f<strong>in</strong>den, droht<br />

uns, daß der Charakter der Jugendkrim<strong>in</strong>alität als <strong>in</strong> der Regel episodenhafte Ersche<strong>in</strong>ung sich <strong>in</strong><br />

immer mehr Fällen verändern wird <strong>in</strong> Richtung wirklicher Straftäterkarrieren.<br />

Es muß uns gel<strong>in</strong>gen, benachteiligte Jugendliche zu fördern, aber auch zu fordern, ihr eigenes<br />

Schicksal <strong>in</strong> <strong>die</strong> Hand zu nehmen.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Der Ruf nach Prävention kann nicht unsere alle<strong>in</strong>ige Antwort auf das Thema se<strong>in</strong>. Wenn das K<strong>in</strong>d<br />

erste<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> den Brunnen gefallen ist, bedarf es Reaktionen! Die aufgeheizte und polarisierende<br />

Form der öffentlichen Debatte und <strong>die</strong> pauschalen Schuldvorwürfe nach tragischen Ereignissen,<br />

wie dem Mord an Willi Dabelste<strong>in</strong>, erschweren uns allen dabei aber e<strong>in</strong> selbstkritisches und<br />

tabufreies Überprüfen der eigenen Positionen: Wer massiv angegriffen wird - <strong>die</strong> lasche Justiz,<br />

<strong>die</strong> realitätsfernen Sozialpädagogen, <strong>die</strong> langsame Staatsanwaltschaft, um nur e<strong>in</strong>ige<br />

Stigmatisierungen zu nennen -, alle s<strong>in</strong>d sie versucht, sich zu verteidigen, e<strong>in</strong>e<br />

Schwachstellenanalyse unterbleibt. Dies ist e<strong>in</strong>e verständliche, psychologisch nachvollziehbare<br />

Reaktion; sie wird aber nicht helfen, <strong>in</strong> der gegenwärtigen Debatte zu bestehen.<br />

Ne<strong>in</strong>! Wir brauchen ke<strong>in</strong>e neuen Gesetze. Wir brauchen hohe Aufklärungsquoten und e<strong>in</strong>e<br />

verläßliche, prompte, unrechtsverdeutlichende Jugendstrafgerichtsbarkeit.<br />

Welche Mechanismen werden <strong>in</strong> Gang gesetzt, wenn e<strong>in</strong> Jugendlicher <strong>in</strong> den Verdacht gerät e<strong>in</strong>e<br />

Straftat begangen zu haben? S<strong>in</strong>d <strong>die</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jugendstrafverfahren beteiligten Kräfte bereit,<br />

wirkungsvoll mite<strong>in</strong>ander zu kommunizieren und zu kooperieren oder fehlt es an gegenseitiger<br />

Akzeptanz der unterschiedlichen Rollen und Herangehensweisen?<br />

Mit den Themenstellungen der Arbeitsgruppen aber auch mit der Auswahl der Referent<strong>in</strong>nen und<br />

Referenten und der Moderatoren haben wir versucht, den Spannungsbogen der gegenwärtigen<br />

Diskussion e<strong>in</strong>zufangen. Wir wollen e<strong>in</strong>e Plattform bieten auch für e<strong>in</strong>e Diskussion, <strong>die</strong><br />

handlungs- und umsetzungsorientiert ist. Der Zuspruch zu der Tagung, <strong>die</strong> Zusammensetzung<br />

der Teilnehmer, Ihre Anwesenheit läßt mich hoffen, daß es uns allen <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem S<strong>in</strong>ne gel<strong>in</strong>gen<br />

kann, der weiteren Diskussion, aber auch der konkreten Arbeit Impulse zu geben.<br />

Herr Dr. Haas wurde, wie Sie sicher der Presse entnommen haben, Anfang <strong>die</strong>ses Jahres vom<br />

Innenm<strong>in</strong>ister des Landes Baden-Württemberg von se<strong>in</strong>em Posten als Polizeipräsident von<br />

Stuttgart suspen<strong>die</strong>rt und <strong>in</strong>s Innenm<strong>in</strong>isterium abgeordnet. Er sah sich daher geh<strong>in</strong>dert, nach<br />

<strong>Hamburg</strong> zu kommen. Er hatte uns jedoch schon vorher se<strong>in</strong>en Beitrag übersandt. Die AsJ-<br />

<strong>Hamburg</strong> hat sich entschlossen, den Vortrag von Herrn Dr. Haas dennoch hier heute zu verlesen.<br />

Wir me<strong>in</strong>en, daß für unser heutiges Thema gerade <strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ung e<strong>in</strong>es Praktikers, der wie Herr Dr.<br />

Haas über zehn Jahre <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Großstadt, Stuttgart, als Polizeipräsident tätig war, wichtig ist. Herr<br />

Dr. Haas ist mit vielen differenzierten und mutigen Äußerungen zu e<strong>in</strong>em rationalen Umgang mit<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität an <strong>die</strong> Öffentlichkeit gegangen. Anke Pörksen wird se<strong>in</strong>en Beitrag verlesen.<br />

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Arbeitsgruppe 1<br />

Ursachenorientierte <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong> - hohle Phrase oder Chance?<br />

Thesen/Aufbau des Vortrages<br />

Hans Henrik Lamp<br />

SSP-Berater, Dänemark<br />

1. Fachübergreifende Zusammenarbeit im Umfeld von Jugendlichen ist sehr wichtig!<br />

(In Dänemark heißt <strong>die</strong>se Zusammenarbeit SSP (Schule /-Soziales-/ Polizei)<br />

Die eigentliche Zielsetzung für <strong>die</strong>se vorbeugende Zusammenarbeit ist folgende:<br />

E<strong>in</strong> örtliches Netzwerk mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>wirkung auf jugendliches tägliches Leben <strong>in</strong> bezug<br />

auf Krim<strong>in</strong>alprävention.<br />

2. Objektives Vorbeugen:<br />

Das bedeutet, daß Institutionen und/oder Personen sich schützen vor Krim<strong>in</strong>alität.<br />

3. Subjektives Vorbeugen:<br />

Das umfaßt drei E<strong>in</strong>satzformen:<br />

• Der generelle E<strong>in</strong>satz: Dieser E<strong>in</strong>satz ist generell und geschieht gegenüber der<br />

Jugend, bei denen es ke<strong>in</strong>e Zeichen krim<strong>in</strong>ellen Verhaltens gibt.<br />

Dieser E<strong>in</strong>satz soll vorest mal <strong>die</strong> Ursachen bearbeiten, <strong>die</strong> zu Krim<strong>in</strong>alität zwischen<br />

Jugendlichen führen.<br />

• Der spezifische E<strong>in</strong>satz: Hier setzen wir spezifisch e<strong>in</strong> bei Gruppen von Jugendlichen,<br />

<strong>die</strong> schon <strong>in</strong> Konflikt mit diversen Gesetzen stehen oder <strong>die</strong> unter Sorge- oder<br />

Erziehungsversagen leiden.<br />

• Der <strong>in</strong>dividuumsorientierte E<strong>in</strong>satz: Der E<strong>in</strong>satz ist <strong>in</strong>dividuell und wird <strong>in</strong> gang gesetzt,<br />

wenn Jugendliche krim<strong>in</strong>elle Handlungen begangen haben.<br />

Das Ziel ist e<strong>in</strong>e Wiederholung des Vorbeugens.<br />

4. Es gibt ke<strong>in</strong>e leichten Lösungen - Das lange, zähe Ziehen <strong>in</strong> bezug auf<br />

Änderungen im Leben von Jugendlichen, <strong>die</strong> bedroht s<strong>in</strong>d (Krim<strong>in</strong>alität und/oder<br />

Narkotika/Alkoholmißbrauch)<br />

5. Es gibt viel zu tun, aber wir können es jetzt beweisen, daß es hilft:<br />

Zwei Untersuchungen von der Krim<strong>in</strong>olog<strong>in</strong> Britta Kyvsgaard <strong>in</strong> Kopenhagen ergaben <strong>in</strong><br />

1979 und <strong>in</strong> demselben Ort 1990, daß <strong>die</strong> Jugendkrim<strong>in</strong>alität um 40 % gesunken war.<br />

Das Alter der Befragten war zwischen 15-17 Jahre.<br />

Die Statistiken von der Polizei ergaben das gleiche Bild.<br />

In derselben Periode stieg der Krim<strong>in</strong>alität von Personen über 18 Jahre um ca. 50 %.<br />

Mehrere Untersuchungen ergeben dasselbe Resultat.<br />

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Thesen<br />

Arbeitsgruppe 1<br />

Ursachenorientierte <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong> – hohle Phrase oder Chance<br />

I. Ausgangsüberlegungen:<br />

Lutz Krätzschmar<br />

Sozialpädagoge, Vere<strong>in</strong> Nöldeckestraße<br />

(1) Gesicherte Aussagen über <strong>die</strong> Ursachen von Jugendkrim<strong>in</strong>alität s<strong>in</strong>d wissenschaftlich seriös<br />

weder h<strong>in</strong>sichtlich <strong>in</strong>dividueller Entwicklungsdefizite noch sozialstruktureller Bed<strong>in</strong>gungen<br />

leistbar. Aussagen s<strong>in</strong>d allenfalls als Anhaltspunkte möglich 1 .<br />

(2) Die Vielfalt möglicher Anhaltspunkte läßt auch ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>en „Prognoseaussagen“ über<br />

<strong>die</strong> Vorhersehbarkeit e<strong>in</strong>er krim<strong>in</strong>ellen Karriere zu – eben weil sie Anhaltspunkte s<strong>in</strong>d. Die<br />

Mehrzahl der von Jugendlichen begangenen Straftaten s<strong>in</strong>d überwiegend als episodenhafte,<br />

entwicklungsbed<strong>in</strong>gte Normabweichung zu verstehen. Sie s<strong>in</strong>d als Indiz sich verfestigender<br />

Karrieren ungeeignet.<br />

(3) Die Masse der registrierten Jugendkrim<strong>in</strong>alität wird als normaler Entwicklungsprozeß <strong>in</strong> der<br />

Übergangsphase zum Erwachsenwerden begriffen. Selbst vor dem H<strong>in</strong>tergrund ihres<br />

Anstieges 2 ist <strong>die</strong> - öffentliche wie fachpolitische Diskussionen bestimmende - Aufregung<br />

nicht nachvollziehbar.<br />

(4) Die dramatisierende Aufbereitung <strong>in</strong> der Öffentlichkeit – und ihre Wirkung auf <strong>die</strong> mit der<br />

Thematik Beschäftigten - lenkt von wesentlicheren, h<strong>in</strong>länglich bekannten Themen ab:<br />

• Jugendliche (und K<strong>in</strong>der) sehen sich <strong>in</strong> wachsendem Maße e<strong>in</strong>er gesellschaftlichen<br />

Wirklichkeit gegenüber, <strong>die</strong> ke<strong>in</strong>e Gewähr e<strong>in</strong>er zukunftsorientierten, berufsbezogenen<br />

Existenzsicherung bietet 3 .<br />

• E<strong>in</strong> wachsender Anteil von Jugendlichen lebt <strong>in</strong> Armut 4 ; hiervon s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> besonderer Weise<br />

Jugendliche ohne deutschen Paß betroffen.<br />

• Soziale wie ethnische Segregation verschärft Isolation und reduziert damit Chancen, sich mit<br />

den soziokulturellen Lernanforderungen und Entwicklungsaufgaben erfolgreich ause<strong>in</strong>andersetzen<br />

zu können.<br />

• Die Folgen sozialer Ausgrenzungen werden durch e<strong>in</strong> unzureichendes „kommunales“<br />

Selbstverständnis, Gestaltungs- und Beteiligungsrechte allen „Akteuren“ zu ermöglichen,<br />

verstärkt.<br />

Nichtbeteiligung fördert Entfemdung wie Gleichgültigkeit gegenüber der umgebenden<br />

sozialen Umwelt und den <strong>in</strong> ihr gültigen Normvorstellungen.<br />

In <strong>Hamburg</strong> wird momentan mit e<strong>in</strong>er Reihe präventiver Maßnahmen (Präventionsräte;<br />

Sicherheitskonferenzen) auf e<strong>in</strong>e angespannte öffentliche Wahrnehmung des Problems<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität <strong>in</strong> der Erwartung reagiert, sowohl regional als problematisch e<strong>in</strong>geschätzte<br />

„Lagen“ im S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er Verr<strong>in</strong>gerung von Jugendkrim<strong>in</strong>alität zu bee<strong>in</strong>flussen als auch das<br />

subjektive Sicherheitsbedürfnis der Bewohner e<strong>in</strong>zelner Regionen zu erhöhen.<br />

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I. Was (auch) wirksam se<strong>in</strong> könnte:<br />

(1) Zunächste<strong>in</strong>mal alles, was Integration, Normalität, Beteiligung und Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

ermöglicht. Dies s<strong>in</strong>d überwiegend Angebotsformen der K<strong>in</strong>der- und Jugendarbeit, <strong>die</strong> ke<strong>in</strong>e<br />

orig<strong>in</strong>äre Reaktion zur Krim<strong>in</strong>alitätsbearbeitung darstellen, deviantes Verhalten aber<br />

ke<strong>in</strong>eswegs unbearbeitet lassen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs muß sich K<strong>in</strong>der- und Jugendsozialarbeit /Jugendberatung daraufh<strong>in</strong> überprüfen<br />

lassen, welche von ihren potentiellen Nutzern tatsächlich „willkommen“ s<strong>in</strong>d; mit anderen<br />

Worten: ob - und wenn „ja“: welche - Ausgrenzungsprozesse gegenüber welchen<br />

„unwillkommenen“ Gruppen praktiziert werden.<br />

(2) Der Diskurs über Jugendkrim<strong>in</strong>alität als Ausgangspunkt konfliktlösungsorientierten Handelns<br />

muß durch den Diskurs über Lebenswelten und deren Gestaltung ersetzt, m<strong>in</strong>destens ergänzt<br />

werden. Geschieht <strong>die</strong>s nicht, wird jedes professionelle Handeln nur noch unter der Maßgabe<br />

der Verh<strong>in</strong>derung von „Schlechtem und Verbotenem“ wahrgenommen.<br />

Es wäre darüber h<strong>in</strong>aus zu klären, wie <strong>die</strong> unterschiedlichen Institutionen 5 , <strong>in</strong> ihnen<br />

handelnde Personen und Bevölkerungsgruppen <strong>in</strong> Gestaltungs- und Planungsprozesse<br />

e<strong>in</strong>bezogen werden können, um <strong>die</strong> bestehenden Konflikte (also auch Krim<strong>in</strong>alität) unter der<br />

Maßgabe „Integration“ anzugehen.<br />

Dah<strong>in</strong>ter steht auch das Ziel, manche Verstöße von Jugendlichen nicht zu delegieren,<br />

sondern als sozialen Ause<strong>in</strong>andersetzungsprozeß zu gestalten 6 .<br />

(3) Jugendkrim<strong>in</strong>alität als Konflikt zu verstehen setzt voraus, andere Formen der Moderation und<br />

Mediation zu entwickeln; <strong>die</strong>s wird bereits <strong>in</strong> Form des Täter-Opfer-Ausgleichs wie e<strong>in</strong>iger<br />

Diversionsansätze praktiziert. Das Instrumentarium f<strong>in</strong>det ausschließlich bei Jugendlichen<br />

Anwendung, <strong>die</strong> bereits mit den Strafverfolgungs<strong>in</strong>stitutionen <strong>in</strong> Konflikt geraten s<strong>in</strong>d.<br />

Konflikte entstehen allerd<strong>in</strong>gs sehr viel frühzeitiger. In der Regel fehlt es an geeigneten<br />

„anderen“ <strong>in</strong>stitutionalisierten Formen der Thematisierung und Bearbeitung. Mit der<br />

Anwendung des Strafrechts werden Konflikte delegiert und/oder ausgegrenzt und damit<br />

„enteignet“ 7 .<br />

(4) Es besteht e<strong>in</strong> Bedarf an spezialisierter Beratung und Unterstützung für straffällige<br />

Jugendliche (Jugendgerichtshilfe, Jugendbewährungshilfe), der sich aus ihrer Situation und<br />

ihrem Verhaltens sowie der Kompliziertheit der Lebensverhältnisse ergibt.<br />

Die Prämissen des Handelns folgen den Grundsätzen der Normalisierung und (Re-)<br />

Integration. Allerd<strong>in</strong>gs ist es e<strong>in</strong> Fehlschluß anzunehmen, daß <strong>die</strong>ser Prozeß alle<strong>in</strong> durch<br />

Gespräche, abstrakte Normenverdeutlichung und/oder Kontrolle erreicht werden kann.<br />

Wo <strong>die</strong> Voraussetzungen gegeben s<strong>in</strong>d 8 muß <strong>die</strong> gesamte Breite e<strong>in</strong>es Angebotes existentieller,<br />

sozialer, beruflicher und arbeitsbezogener Integration möglich se<strong>in</strong>. Diese Angebotsstruktur<br />

hat <strong>in</strong> besonderer Weise für aus der Haft zu entlassende<br />

Jugendliche/Heranwachsende Bedeutung. Das Ziel <strong>die</strong>ser spezialisierten Angebote besteht <strong>in</strong><br />

der Wiederherstellung normaler Gegebenheiten.<br />

(5) Der Jugendkrim<strong>in</strong>alitätsdiskurs ist überwiegend auf e<strong>in</strong>e Sicherheits- und Ordnungsdebatte<br />

reduziert. Soziale Vorhaben wie regionale Präventionsräte, Sicherheitskonferenzen, <strong>die</strong> sich<br />

<strong>die</strong>ser Zielsetzung nicht entziehen können, laufen Gefahr, Ausgrenzungen ohneh<strong>in</strong> marg<strong>in</strong>alisierter<br />

Gruppen voranzutreiben statt bestehende Konflikte zu lösen und Teilhabechancen<br />

und Integration zu fördern. Vielleicht lohnt e<strong>in</strong> kritisches Nachdenken über <strong>die</strong>se<br />

Folgewirkungen vor allem unter dem Gesichtspunkt, was mit den derzeit nicht Erreichbaren zu<br />

geschehen habe.<br />

Wenn es denn um Integration geht, wäre es nicht e<strong>in</strong> Vorschlag davon zu sprechen, was<br />

beabsichtigt ist: nämlich soziale Infrastrukturen zu gestalten. Soziale Infrastrukturmaßnahmen<br />

wären dabei Maßnahmen, <strong>die</strong> der Förderung und Verbesserung des "Normalen" im S<strong>in</strong>n<br />

akzeptabler Lebensbed<strong>in</strong>gungen <strong>die</strong>nen.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Im Rahmen e<strong>in</strong>es Ideenworkshops könnten <strong>die</strong> Überlegungen e<strong>in</strong>er Überprüfung unterworfen<br />

werden, Alternativen und/oder weitergehende Vorstellungen gefunden werden.<br />

H<strong>in</strong>weise und Literatur<br />

1 vergl.: Schumann; Berlitz; Guth; Kaulitzki; Jugendkrim<strong>in</strong>alität und Grenzen der<br />

Generalprävention; S. 131 ff, Luchterhand 1987<br />

2 zwischen PKS und Strafverfolgungsstatistik besteht weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> signifikanter Unterschied;<br />

vergl.: hierzu: 8. Jugendbericht; Bundesm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> für Jugend, Familie, ...;1990; S. 72f und<br />

Walter; Die Vorstellung von e<strong>in</strong>em Anstieg der Jugendkrim<strong>in</strong>alität ...; <strong>in</strong>: DVJJ-Journal 4/1996,<br />

Nr. 154; S. 335ff<br />

3 45,3% aller 12-24 jährigen haben <strong>die</strong> Sorge, überhaupt e<strong>in</strong>e Berufstätigkeit f<strong>in</strong>den zu können;<br />

vergl.: Shell-Stu<strong>die</strong> Jugend 97<br />

4 der prozentuale Anteil der unter 21 jährigen, <strong>die</strong> auf Sozialhilfe angewiesen s<strong>in</strong>d stieg von<br />

12% <strong>in</strong> 1985 auf 18% <strong>in</strong> 1996<br />

vergl.: Pfeiffer; Anstieg der Jugendkrim<strong>in</strong>alität; S. 20<br />

5 von den „klassischen“ beteiligten Institutionen wie Jugendarbeit, Schule, .. bis h<strong>in</strong> zu<br />

Wohnungsbaugesellschaften, regionalen Beschäftigungsträgern usw.usf.<br />

6 beispielhaft: Konfliktschlichtungen an Schulen<br />

7 vergl: Christie, Konflikte als Eigentum; <strong>in</strong>: Grenzen des Leids; 1995, S. 131ff<br />

8 ausländerrechtlicher Status; Gesundheit; Zustimmung zum Angebot<br />

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Arbeitsgruppe 1<br />

Diskussionsergebnisse (<strong>in</strong> Thesen)<br />

Ursachenorientierte <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong> - hohle Phrase oder Chance ?<br />

Ideenworkshop zur sozialen Integration benachteiligter Jugendlicher<br />

1. Bekämpfung Jugendarbeitslosigkeit<br />

Wer nachhaltig <strong>die</strong> Jugendkrim<strong>in</strong>alität e<strong>in</strong>dämmen will, muß Maßnahmen gegen <strong>die</strong><br />

Jugendarbeitslosigkeit ergreifen. Das 100.000-Arbeitsplätze-Programm der neuen<br />

Bundesregierung ist e<strong>in</strong> guter, aber leider nicht ausreichender Ansatz. Umgerechnet auf z.B.<br />

Altona br<strong>in</strong>gt das Programm nur 20 - 30 und damit viel zu wenige neue Arbeitsplätze.<br />

Es muß geprüft werden, <strong>in</strong>wieweit ausländischen Jugendlichen, auch im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />

Duldung, e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis zu erteilen ist, damit sie nicht zur F<strong>in</strong>anzierung ihres<br />

Lebensunterhalts straffällig werden.<br />

2. Stärkung der elterlichen Erziehungsfähigkeit<br />

Es ist zu prüfen, ob - ähnlich wie es <strong>in</strong> dem dänischen SSP-Programm praktiziert wird -<br />

frühzeitiger und nicht erst nachdem <strong>die</strong> Jugendlichen straffällig geworden s<strong>in</strong>d, von staatlicher<br />

Seite <strong>in</strong> <strong>die</strong> Familien h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zugehen ist. In Dänemark ist der örtliche SSP-Beamte (der für ca.<br />

15.000 E<strong>in</strong>wohner zuständig ist) über <strong>die</strong> Lebensumstände der Wohnbevölkerung <strong>in</strong>formiert.<br />

Werden Auffälligkeiten festgestellt, f<strong>in</strong>det umgehend e<strong>in</strong> Gespräch mit den Eltern statt. Die Eltern<br />

werden <strong>in</strong>formiert über <strong>die</strong> festgestellten Besonderheiten, Rat und Hilfe werden ihnen angeboten.<br />

Auch hierzulande müssen den Eltern - falls notwendig - Hilfen zur Erziehung angeboten<br />

werden. E<strong>in</strong>e niedrigschwellige Intervention verbunden mit aktiver Hilfestellung ist geboten.<br />

Damit sollte zugleich e<strong>in</strong>hergehen, <strong>die</strong> Eltern stärker <strong>in</strong> <strong>die</strong> Verantwortung für <strong>die</strong> Erziehung ihrer<br />

K<strong>in</strong>der zu nehmen. Zu oft wird ignoriert, daß das Grundgesetz auch e<strong>in</strong>e Pflicht der Eltern zur<br />

Erziehung formuliert. Das Grundgesetz sieht e<strong>in</strong> sehr weitgehendes Elternrecht vor. Hier wäre<br />

wünschenswert, daß <strong>die</strong> vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten zu E<strong>in</strong>griffen <strong>in</strong> das Elternrecht<br />

unterhalb der harten Maßnahme der Entziehung des Erziehungsrechts auch genutzt werden.<br />

Ke<strong>in</strong>e Antwort konnte gefunden werden auf das Problem, daß e<strong>in</strong> Großteil der straffällig<br />

gewordenen Jugendlichen über ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>takten Familienstrukturen verfügt und deshalb den<br />

staatlichen Behörden <strong>die</strong> Ansprechpartner fehlen.<br />

3. Verantwortung der Institutionen<br />

Sämtliche mit der Betreuung von Jugendlichen befaßten Institutionen, wie Schulen, Polizei und<br />

soziale Dienste, müssen eng verzahnt zusammenarbeiten und ihre Tätigkeit als Teil e<strong>in</strong>er<br />

geme<strong>in</strong>samen Aufgabe begreifen statt Kompetenzstreitigkeiten auszufechten.<br />

Geboten ist, daß staatliche E<strong>in</strong>richtungen nicht nur abwarten, bis <strong>die</strong> Eltern, K<strong>in</strong>der oder<br />

Jugendliche hilfesuchend auf sie zukommen, sondern <strong>die</strong> Betroffenen von sich aus aufsuchen<br />

und ansprechen.<br />

Schließlich s<strong>in</strong>d alle Institutionen aufgerufen, selbstkritisch ihre jeweilige Tätigkeit zu prüfen um<br />

festzustellen, ob das, was sie tatsächlich leisten, auch das ist, was sie alles leisten können.<br />

3.1 Polizei<br />

Erforderlich ist e<strong>in</strong>e Stärkung der sozialen Kompetenz der Polizeibeamten wie sie heutzutage<br />

<strong>in</strong> der polizeilichen Ausbildung auch bereits gefördert wird, z.B. durch Konflikt- und<br />

Kommunikationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Polizeiarbeit ist von e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong> repressiven Ausrichtung zu öffnen <strong>in</strong> Richtung präventiver<br />

Aufgabenfelder, wo <strong>die</strong> Polizei verstärkt im Zusammenwirken mit anderen staatlichen<br />

Institutionen tätig werden soll.<br />

Dazu gehört auch „aufsuchende“ Polizeiarbeit, wie sie z.B. hier <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> im Rahmen des -<br />

erfolgreichen - Anti-Raub-Konzeptes praktiziert wird. Jedoch sollten Betreuung und Besuche der<br />

Polizeibeamten <strong>in</strong> den Familien der betroffenen Jugendlichen eben nicht erst passieren,<br />

nachdem das „K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Brunnen gefallen“ ist, sondern bereits früher e<strong>in</strong>setzen, wenn<br />

Auffälligkeiten registriert werden (vgl. Ziffer 2).<br />

Soweit sich dabei Probleme wegen des Strafverfolgungszwangs der Polizeibehörden ergeben<br />

(weil <strong>die</strong> Polizeibeamten im Rahmen solcher Gespräche von Straftaten Kenntnis erlangen), ist<br />

zum<strong>in</strong>dest im Bereich des Jugendstrafrechts zu fragen, ob das Legalitätspr<strong>in</strong>zip wirklich<br />

une<strong>in</strong>geschränkt gelten muß.<br />

3.2 Soziale Dienste, K<strong>in</strong>der- und Jugendarbeit<br />

Diese E<strong>in</strong>richtungen müssen ihre Aufgaben verantwortungsvoll gemäß der gesetzlichen<br />

Aufgabenzuschreibung wahrnehmen. Dazu gehört auch, K<strong>in</strong>der und Jugendliche ggf. noch nach<br />

Erreichen des 16. Lebensjahr <strong>in</strong> <strong>die</strong> betreuten Wohne<strong>in</strong>richtungen aufzunehmen.<br />

3.3 Schule/K<strong>in</strong>dergärten<br />

In Schulen und K<strong>in</strong>dergärten müssen Strategien zur Konfliktbewältigung vermittelt werden.<br />

Problematische K<strong>in</strong>der müssen <strong>in</strong>tegriert statt ausgegrenzt werden.<br />

Zur Integration ausländischer K<strong>in</strong>der und Jugendlicher ist <strong>die</strong> Unterrichtung der deutschen<br />

Sprache zu gewährleisten.<br />

Auch müssen <strong>die</strong> Schulen Mechanismen zum Umgang mit del<strong>in</strong>quentem Verhalten ihrer Schüler<br />

entwickeln.<br />

3.4 Justiz<br />

Die Jugendstrafjustiz muß <strong>die</strong> Möglichkeit haben, da, wo sie es für erforderlich hält, auf<br />

straffälliges Verhalten schnell zu reagieren. Es ist häufiger vom Täter-Opfer-Ausgleich<br />

Gebrauch zu machen, <strong>in</strong>sbesondere auch bei mittelschwerer und Gewaltkrim<strong>in</strong>alität.<br />

3.5 Kirchen, Vere<strong>in</strong>e<br />

Diese E<strong>in</strong>richtungen s<strong>in</strong>d aufgerufen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten aktiv an der Betreuung von<br />

K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen mitzuwirken, damit <strong>die</strong>se von den Straßen geholt werden. In<br />

Dänemark werden 85% der Jugendlichen nachmittags <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en, Jugendclubs und<br />

ähnlichen E<strong>in</strong>richtungen betreut. Angesichts der knappen f<strong>in</strong>anziellen Ressourcen <strong>die</strong>ser<br />

E<strong>in</strong>richtungen ist <strong>in</strong>soweit auch das gesellschaftliche Engagement jedes e<strong>in</strong>zelnen gefordert.<br />

4. Plädoyer für <strong>die</strong> Gruppe der besonders problematischen Jugendlichen<br />

Entgegen der weit verbreiteten "Bodensatz-Theorie" ist es nicht h<strong>in</strong>zunehmen, daß <strong>die</strong> Gruppe<br />

der besonders schwierigen Jugendlichen als verloren angesehen wird. Jeder Jugendliche kann,<br />

wenngleich zum Teil auch nur mit sehr hohem Aufwand, durch Hilfsangebote erreicht werden.<br />

Deshalb muß auch <strong>in</strong> bezug auf schwerkrim<strong>in</strong>elle Jugendliche der Versuch unternommen<br />

werden, <strong>die</strong>se zu <strong>in</strong>tegrieren. Es müssen besondere Angebote bereitgestellt werden, <strong>die</strong> über <strong>die</strong><br />

oben beschriebenen Maßnahmen h<strong>in</strong>ausgehen.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Arbeitsgruppe 2<br />

Krim<strong>in</strong>alprävention vor Ort- Der Königsweg?<br />

Jürgen Feddern<br />

Sozialpädagoge, Regionalleiter Fuhlsbüttel/Langenhorn<br />

im Jugendamt des Bezirkes <strong>Hamburg</strong> Nord<br />

Chancen und Schwierigkeiten der lokalen Zusammenarbeit von Eltern, Schule, Jugendhilfe, Polizei,<br />

Verbänden, Kirchen, sozialen E<strong>in</strong>richtungen etc. am Beispiel Langenhorn.<br />

Ich möchte e<strong>in</strong>ige Thesen formulieren, <strong>die</strong> <strong>in</strong> engem Kontext stehen zu me<strong>in</strong>em Arbeitsfeld als<br />

Regionalleiter Fuhlsbüttel- Langenhorn im Jugendamt des Bezirkes <strong>Hamburg</strong>- Nord.<br />

1. Menschen im Stadtteil s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Lage, auftretende Problemlagen zu erkennen und an<br />

Lösungen zu arbeiten.<br />

Langenhorn ist e<strong>in</strong> Dorf, wichtige D<strong>in</strong>ge sprechen sich schnell herum.<br />

2. Voraussetzung für geme<strong>in</strong>sames Handeln ist der Wille zu sozialer Verantwortung und zum<br />

Dialog.<br />

Es gibt noch Menschen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Eigenschaften haben und sich e<strong>in</strong>setzen.<br />

3. Voraussetzung für geme<strong>in</strong>sames Handeln s<strong>in</strong>d lebendige Strukturen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>s ermöglichen.<br />

Neben den e<strong>in</strong>zelnen Menschen s<strong>in</strong>d aber Vere<strong>in</strong>sleben und Verb<strong>in</strong>dungen mite<strong>in</strong>ander e<strong>in</strong>e<br />

wesentliche Basis.<br />

4. Das Neue Jugendamt ist angetreten, auf der Ebene der Regionen <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Komponenten<br />

der Jugendhilfe (z.B. Sozialer Dienst, Erziehungsberatung, offene Arbeit) enger mite<strong>in</strong>ander zu<br />

vernetzen.<br />

Vernetzt denken und handeln s<strong>in</strong>d zwei verschiedene Aspekte, <strong>die</strong> unter e<strong>in</strong>en Hut zu br<strong>in</strong>gen<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

5. Zwischen den pädagogischen Institutionen Jugendhilfe und Schule s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Netze noch sehr<br />

weitmaschig. Bei der immer stärkeren Zuweisung von Verantwortung für <strong>die</strong> Entwicklung von<br />

jungen Menschen, weg von der Familie h<strong>in</strong> zu <strong>die</strong>sen beiden Institutionen, ist bei e<strong>in</strong>er hohen<br />

Übere<strong>in</strong>stimmung <strong>in</strong> den betreuten Gruppen e<strong>in</strong>e größere Abstimmung von Zielen und Handlungsebenen<br />

Bed<strong>in</strong>gung.<br />

6. Die Rollen von Eltern und Familie haben sich verändert, <strong>die</strong> Erwartungen s<strong>in</strong>d aber immer<br />

noch <strong>die</strong> alten.<br />

Es ist Aufgabe der Jugendhilfe, bei der Neuentwicklung e<strong>in</strong>en Part zu übernehmen.<br />

7. Me<strong>die</strong>n werden ihrer Verantwortung nicht ausreichend gerecht, bis h<strong>in</strong> zur F<strong>in</strong>anzierung von<br />

„Taten„ durch Jugendliche und deren Vermarktung.<br />

Auflagen und E<strong>in</strong>schaltquoten versus Moral und Ethik.<br />

8. Jugendliche, besonders auffällige Jugendliche, haben sche<strong>in</strong>bar <strong>die</strong> Rolle des Staatsfe<strong>in</strong>des<br />

No.1 zugewiesen bekommen.<br />

Die gesamte Republik gerät <strong>in</strong> Gefahr, wenn nicht mit massiven Mitteln dem Verbrechen<br />

E<strong>in</strong>halt geboten wird - e<strong>in</strong> Auf-den-Kopf-stellen der Wirklichkeit.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Arbeitsgruppe 2<br />

Krim<strong>in</strong>alprävention vor Ort - Der Königsweg?<br />

Dr. Re<strong>in</strong>hard Kreissl<br />

Soziologe, ISEP e.V. Uni <strong>Hamburg</strong><br />

1. Strafrecht hat primär den Täter und se<strong>in</strong>e Tat im Blick. Dementsprechend kreist <strong>die</strong> Diskussion<br />

über angemessene Maßnahmen und Strategien der Prävention um <strong>die</strong> Frage: Welche<br />

Wirkung hat Prävention auf den Täter?<br />

2. Der soziologische Blick wendet sich <strong>in</strong> <strong>die</strong> andere Richtung: Welche Folgen hat Prävention für<br />

<strong>die</strong> Öffentlichkeit? Dabei ergeben sich zwei Varianten:<br />

a) Üblicherweise wird kritisch angemerkt, daß Präventionsmaßnahmen rechtsstaatliche<br />

Limitierungen nicht e<strong>in</strong>halten und im Vorfeld Maßnahmen auslösen, <strong>die</strong> eigentlich e<strong>in</strong>e<br />

Straftat voraussetzen. Befürchtet wird der präventiv aufgerüstete Überwachungsstaat.<br />

b) Die andere - eher seltenere - Variante fragt nach den Folgen präventiver<br />

Maßnahmen für <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> sich dafür engagieren. Welche soziologisch<br />

erschließbaren Wirkungen haben (präventiv <strong>in</strong>ten<strong>die</strong>rte) Maßnahmen der Reaktion auf<br />

Krim<strong>in</strong>alität für <strong>die</strong> Aktivisten?<br />

3. Berücksichtigt man beide Aspekte (2 a u. b), so ergibt sich e<strong>in</strong> komplexes Bild <strong>in</strong> bezug auf<br />

präventive Maßnahmen. Sie können - richtig verstanden - zu e<strong>in</strong>er Wiederbelebung sozialer<br />

Solidarität im geme<strong>in</strong>schaftlichen Nahbereich führen. Sie können sich aber auch - bei<br />

entsprechender Anlage - zu e<strong>in</strong>er problematischen Art von Ausgrenzung und sozialer Kontrolle<br />

entwickeln.<br />

4. In welcher Richtung präventive Maßnahmen Wirkung entfalten, hängt von e<strong>in</strong>er Reihe von<br />

Faktoren ab. Beim groben Überblick über <strong>die</strong> deutsche Präventionslandschaft hat man den<br />

E<strong>in</strong>druck, daß <strong>die</strong> Mehrzahl der Projekte sich <strong>in</strong> Rhetorik erschöpfen, e<strong>in</strong>ige wenige zu e<strong>in</strong>er<br />

nennenswerten und nachhaltigen Kontrollverdichtung führen und manche Projekte lokale<br />

Sozialstrukturen wiederbeleben.<br />

5. Insgesamt sieht sich jeder Versuch e<strong>in</strong>er rationalen Diskussion präventiver Maßnahmen mit<br />

dem Paradox konfrontiert, daß <strong>die</strong>se Maßnahmen zwar <strong>die</strong> „Täter“ im Auge haben, aber für <strong>die</strong><br />

Geme<strong>in</strong>schaft potentieller „Opfer“ Wirkung entfalten. Erfolgreiche Präventionsmaßnahmen<br />

wirken daher eher <strong>in</strong>direkt.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Arbeitsgruppe 2<br />

Diskussionsergebnisse (<strong>in</strong> Thesen)<br />

Krim<strong>in</strong>alprävention vor Ort - Der Königsweg?<br />

Zu den Chancen und Schwierigkeiten der lokalen Zusammenarbeit von Eltern, Schulen,<br />

Jugendhilfe, Polizei, Verbänden, Kirchen, sozialen E<strong>in</strong>richtungen etc.<br />

1. Der Begriff „Krim<strong>in</strong>alprävention“ verkürzt <strong>die</strong> Problematik. Was wir brauchen, s<strong>in</strong>d<br />

Strategien zur Bearbeitung kommunaler Konflikte. Dabei geht es <strong>in</strong>sbesondere darum,<br />

sozialen Ausgrenzungen entgegenzuwirken, Jugendarbeitslosigkeit und Jugendarmut vor Ort und<br />

<strong>in</strong> der örtlichen Verantwortung zu bekämpfen. Die Lebensräume von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen <strong>in</strong><br />

den Stadtteilen s<strong>in</strong>d wieder auszuweiten und zu verbessern.<br />

2. Prävention ist e<strong>in</strong>e Querschnittsaufgabe, <strong>die</strong> von allen Politikfeldern wahrzunehmen ist. Sie ist<br />

nicht vor allem e<strong>in</strong>e Domäne der <strong>in</strong>neren Sicherheit.<br />

3. Die Vertreter der Polizei weisen ausdrücklich darauf h<strong>in</strong>, daß sie sich aus den<br />

Präventionsaufgaben weitgehend zurückziehen könnten, wenn andere Institutionen, vor<br />

allem Schule und Jugendhilfe, <strong>in</strong> den Quartieren stärker präsent wären. Wir brauchen gerade<br />

von <strong>die</strong>sen Institutionen mehr Geme<strong>in</strong>wesenarbeit und stadtteilorientierte Sozialarbeit. Schule<br />

und Jugendhilfe werden bei e<strong>in</strong>er solchen Orientierung auf große Bereitschaft bei Mitarbeitern<br />

der Polizei treffen, <strong>die</strong> sich auch selbst <strong>in</strong> den letzten Jahren besonders der Stadtteilarbeit und<br />

den Problemlagen Jugendlicher gewidmet hat.<br />

4. Wir brauchen dr<strong>in</strong>gender <strong>die</strong> Ausweitung von jugend- und sozialpolitisch orientierten Runden<br />

Tischen und weniger <strong>die</strong> Installation zusätzlicher Sicherheitskonferenzen. Jugend- und<br />

Sozialpolitik statt und nicht als Krim<strong>in</strong>alprävention!<br />

5. Runde Tische müssen entwickelt werden zu Foren der Partizipation von Bürger<strong>in</strong>nen und<br />

Bürgern. Diese Foren s<strong>in</strong>d professionell zu <strong>in</strong>itiieren und zu moderieren. Nur auf solchen und<br />

ähnlichen Wegen führt e<strong>in</strong>e stärkere Vernetzung zu mehr Übernahme von sozialer<br />

Verantwortung im Stadtteil und vermeidet <strong>die</strong> Ausweitung <strong>in</strong>stitutioneller Kontrolle.<br />

6. Weil <strong>die</strong> stärkere Vernetzung <strong>in</strong> der Regel auch zu mehr Aufmerksamkeit gegenüber<br />

abweichendem Verhalten führt, ist es notwendig, <strong>die</strong> hamburgische Praxis der Wegleitung<br />

Jugendlicher vom Strafverfahren im vollen Umfang zu erhalten.<br />

7. Wir appellieren an <strong>die</strong> Legislative, <strong>die</strong> Jugend nicht vornehmlich unter dem Thema<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität abzuhandeln und andere Politikfelder stärker <strong>in</strong> <strong>die</strong> Verantwortung für<br />

e<strong>in</strong>e Verbesserung der Lebensbed<strong>in</strong>gungen von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen zu nehmen.<br />

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Thesen:<br />

Arbeitsgruppe 3<br />

Reaktionen auf Straftaten Jugendlicher - Repression oder Pädagogik?<br />

Gabi Spieker<br />

Diplompädagog<strong>in</strong>, Krim<strong>in</strong>ologische Initiative <strong>Hamburg</strong><br />

Es ist das Ziel <strong>die</strong>ses Beitrags, aus der Perspektive der Lebenslagen Jugendlicher Prüfste<strong>in</strong>e<br />

zu benennen, anhand derer sich <strong>die</strong> Effektivität der Reaktionen auf Straftaten bestimmen<br />

lässt.<br />

Die Frage nach angemessenen - zukunftsgerechten - Reaktionen auf Straftaten Jugendlicher<br />

war Ausgangspunkt der Reformen im Jugendstrafverfahren, <strong>die</strong> <strong>in</strong> den achtziger Jahren aus<br />

se<strong>in</strong>er Anwendungspraxis entstanden s<strong>in</strong>d und mit dem Begriff der Diversion<br />

zusammenfassend beschrieben werden. Am Beg<strong>in</strong>n der Diskussion um Diversion im<br />

Jugendstrafverfahren stand das Bemühen um e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität, der das Problem als solches weder verharmlost noch dramatisiert und der<br />

<strong>die</strong> Effekte <strong>in</strong>stitutioneller Reaktionen auf Straftaten Jugendlicher realistisch würdigt.<br />

Krim<strong>in</strong>ologische Forschungen zu den Ersche<strong>in</strong>ungsformen und Ursachen der<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität gaben und geben auch heute Anlaß zum Nachdenken. Deren Ergebnisse<br />

standen se<strong>in</strong>erzeit - und auch das trifft heute noch zu - im Widerspruch zum Alltagswissen<br />

über Jugendkrim<strong>in</strong>alität.<br />

1. Angesichts steigender Zahlen registrierter Jugendkrim<strong>in</strong>alität s<strong>in</strong>d <strong>die</strong>se Reformansätze im<br />

Jugendstrafverfahren unter Druck geraten. Vor e<strong>in</strong>er Bewertung, ob Diversion e<strong>in</strong><br />

zukunftsgerechtes oder durch <strong>die</strong> Realität überholtes Konzept der Bearbeitung der<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität ist, sollen dessen Intentionen und grundlegende Annahmen kurz<br />

rekapituliert werden:<br />

Krim<strong>in</strong>alitätsdaten, krim<strong>in</strong>ologische Forschungen und praktische Erfahrungen mit<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität zeigen, dass <strong>die</strong> meisten Jugendlichen nur e<strong>in</strong>- bis zweimal mit wenig<br />

schwerwiegenden Delikten auffallen und dass auch schwerere Straftaten<br />

lebensgeschichtlich betrachtet <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>e Episode bleiben. Für <strong>die</strong> Masse der<br />

Straftaten Jugendlicher gilt, dass sie nicht Ausdruck anhaltender erzieherischer Defizite,<br />

sondern e<strong>in</strong>e für <strong>die</strong> Jugendphase typische und entwicklungsbed<strong>in</strong>gte Auffälligkeit s<strong>in</strong>d.<br />

Der zunächst plausibel ersche<strong>in</strong>ende Gedanke, straffällige Jugendliche würden mit<br />

zunehmendem Alter immer krim<strong>in</strong>eller, erweist sich zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser generellen Form als<br />

unbegründet. Nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Prozentsatz der straffälligen Jugendlichen begeht so häufig<br />

oder so schwerwiegende Straftaten, dass ke<strong>in</strong>e Alternativen zum Strafvollzug mehr<br />

vorstellbar s<strong>in</strong>d. Doch gibt es nach wie vor ke<strong>in</strong>e Mäglichkeiten der Früherkennung<br />

krim<strong>in</strong>eller Karrieren und lassen sich ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelmerkmale benennen, anhand derer<br />

fortgesetzte Straffälligkeit vorherbestimmt werden könnte.<br />

Strafverfahren haben e<strong>in</strong>e Reihe von unerwünschten Nebeneffekten. Die <strong>in</strong> <strong>die</strong> Sanktionen<br />

der Justiz gesetzten Erwartungen werden oft überschätzt. E<strong>in</strong> krim<strong>in</strong>alitätsverh<strong>in</strong>dernder<br />

Effekt härterer gerichtlicher Strafen hat sich <strong>in</strong> wissenschaftlichen Untersuchungen nicht<br />

bestätigen lassen. Im Gegenteil: <strong>die</strong> Strafverfolgungsstatistiken zeigen, daß spätere<br />

strafrechtliche Registrierungen umso häufiger erfolgen, je härter <strong>die</strong> vorher verhängte<br />

Sanktion war.<br />

Freiheitsentziehende Sanktionen verursachen bekanntlich <strong>die</strong> höchsten Rückfallquoten.<br />

2. Sicherlich bedürfen <strong>die</strong> auf den strafrechtlichen Umgang mit Jugendlichen gerichteten<br />

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Strategien <strong>in</strong> Zeiten wachsender gesellschaftlicher Probleme, zu denen auch Probleme<br />

gehören, <strong>die</strong> Jugendliche haben oder machen, e<strong>in</strong>er Überprüfung. Nach wie vor gibt es<br />

allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e neuen Erkenntnisse zu den Ergebnissen strafrechtlicher Reaktionen, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

obengenannten <strong>in</strong> Frage stellen.<br />

Weshalb werden angesichts steigender Zahlen der registrierten Jugenddel<strong>in</strong>quenz neue<br />

Erwartungen <strong>in</strong> schärfere Sanktionen gesetzt obwohl sich <strong>die</strong>se empirischen Fakten nicht<br />

geändert haben ?<br />

Die öffentliche Bewertung des Problems Jugendkrim<strong>in</strong>alität erschwert deren rationale<br />

Bewältigung. Die Diskussion um Jugend und <strong>die</strong> Bed<strong>in</strong>gungen ihres Aufwachsens wird<br />

zunehmend zu e<strong>in</strong>er Diskussion um Jugendkrim<strong>in</strong>alität. Das Bild der Jugendkrim<strong>in</strong>alität<br />

wurde auch <strong>in</strong> der Vergangenheit nicht über <strong>die</strong> Masse ger<strong>in</strong>gfügiger und episodischer<br />

sondern über <strong>die</strong> Ausnahmen gravierender, tatsächlich besorgniserregender E<strong>in</strong>zelfälle<br />

gezeichnet. In der öffentlichen Wahrnehmung verkehrt sich folglich das Verhältnis von<br />

Ausnahme und Regel.<br />

Jugendliche müssen sich heute <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lebenswirklichkeit behaupten, <strong>die</strong> ihnen wenig<br />

gesicherte <strong>Zukunft</strong>schancen bietet. Es ist schwieriger geworden, <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong> zu gestalten<br />

- für alle Jugendlichen und für sozial benachteiligte ganz besonders. Jugend <strong>in</strong>sgesamt<br />

gibt Anlass zur Besorgnis.<br />

3. Unter Bezugnahme auf krim<strong>in</strong>ologische Untersuchungen zu den E<strong>in</strong>flussfaktoren auf<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität sollen Anforderungen formuliert werden, denen zukunftsgerechte<br />

Reaktionen auf Straftaten Jugendlicher genügen müssen. In der Regel werden Straftaten von<br />

Jugendlichen wenig geplant, <strong>in</strong> Abhängigkeit von auslösenden Situationen, Gelegenheiten und<br />

unter E<strong>in</strong>fluss von peer-groups begangen. Dafür, ob es straffälligen Jugendlichen <strong>in</strong><br />

schwierigen Lebenssituationen gel<strong>in</strong>gt, künftig e<strong>in</strong> Leben ohne Straftaten zu führen, s<strong>in</strong>d nicht<br />

harte Strafen ausschlaggebend sondern bestehende soziale B<strong>in</strong>dungen und<br />

Lebensverhältnisse, <strong>die</strong> Sicherheiten, persönliche und soziale Perspektiven bieten.<br />

Die Effektivität der Reaktionen auf Straftaten ist an ihrem E<strong>in</strong>fluss auf <strong>die</strong> Lebenswirklichkeit<br />

von Jugendlichen zu messen:<br />

gibt es e<strong>in</strong>en, für <strong>die</strong> Jugendlichen erkennbaren S<strong>in</strong>nzusammenhang zwischen der Straftat<br />

und der darauf folgenden Reaktion?<br />

be<strong>in</strong>halten <strong>die</strong>se Reaktionen e<strong>in</strong> Angebot, zu lernen?<br />

vermitteln sie neue Kompetenzen sozialer Ause<strong>in</strong>andersetzungen?<br />

<strong>in</strong> welchem Masse weisen sie über das Strafverfahren h<strong>in</strong>aus, welchen gestaltenden E<strong>in</strong>fluss<br />

nehmen sie auf <strong>die</strong> Lebensrealität?<br />

<strong>in</strong> welchem Masse tragen sie dazu bei, soziale Ausgrenzung aufzuhalten oder rückgängig zu<br />

machen?<br />

Nicht nur bei ger<strong>in</strong>gfügigen oder mittelschweren Delikten, sondern auch bei fortgesetzten und<br />

schwerwiegenden Straftaten, <strong>die</strong> strafende Sanktionen unentbehrlich machen, bleiben <strong>die</strong>se<br />

Fragen handlungsleitend. Grundsätzlich unterscheiden sich nicht <strong>die</strong> Ziele, sondern das Mass<br />

der Bemühungen um begleitende soziale Hilfen, <strong>die</strong> geleistet werden müssen, wenn <strong>in</strong> jedem<br />

Stadium des Prozesses <strong>die</strong> Wege <strong>in</strong> <strong>die</strong> Normalität neu gestellt und gangbar gemacht<br />

werdensollen. Diese Hilfen müssen der Gefahr begegnen, dass das soziale Abseits letzlich<br />

zum e<strong>in</strong>zigen noch verbleibenden „sicheren“ Ort wird.<br />

4. In der Diskussion soll am Beispiel ausgewählter vorhandener Angebote der<br />

Jugendstraffälligenhilfe <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> aufgezeigt werden, <strong>in</strong> welchem Masse <strong>die</strong> im<br />

Strafverfahren e<strong>in</strong>gesetzten Reaktionen <strong>die</strong>sen Ansprüchen auf Integration und Gestaltung<br />

sozialer Realität gerecht werden. Um das Ergebnis <strong>in</strong> aller Kürze vorwegzunehmen: <strong>die</strong><br />

Effektivität von Hilfen ist nicht nur abhängig von persönlichen und sozialen Merkmalen ihrer<br />

Adressaten, sondern ganz wesentlich auch von <strong>in</strong>stitutionellen Strukturen. Das Ziel, Grenzen<br />

zu setzen ohne auszugrenzen, verlangt nicht zuletzt viele kle<strong>in</strong>schrittige und höchst<br />

pragmatische Bemühungen. Diese beziehen sich auch auf <strong>die</strong> Gestaltung von<br />

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Verfahrensabläufen und Zielkriterien <strong>in</strong>nerhalb der Hilfeprogramme und setzen e<strong>in</strong><br />

geme<strong>in</strong>sames Problemlösungsverständnis der am Jugendstrafverfahren beteiligten Instanzen<br />

voraus.<br />

Die Lösung der Probleme liegt nicht <strong>in</strong> harten Strafen für wenige, sondern <strong>in</strong> Beiträgen zur<br />

Verbesserung der Bed<strong>in</strong>gungen des Aufwachsens für viele. Doch <strong>die</strong> Kluft zwischen<br />

e<strong>in</strong>zelfallbezogenen Hilfeplanungen und der Gestaltung sozialer Realität ist grösser geworden.<br />

Antworten darauf zu f<strong>in</strong>den ist e<strong>in</strong> Auftrag an alle Politikbereiche - nicht nur an das<br />

Jugendstrafrecht oder <strong>die</strong> Jugendhilfe.<br />

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Arbeitsgruppe 3<br />

Reaktionen auf Straftaten Jugendlicher - Repression oder Pädagogik?<br />

Prof. Dr. Bernd-Rüdeger Sonnen<br />

Hochschullehrer für Strafrecht und Krim<strong>in</strong>ologie, Universität <strong>Hamburg</strong><br />

1. Jugend wird heute allzu oft nur als gefährlich, gewaltbereit und krim<strong>in</strong>ell wahrgenommen,<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität allgeme<strong>in</strong> mit Krim<strong>in</strong>alität gleichgesetzt. Die subjektive Krim<strong>in</strong>alitätsfurcht, <strong>die</strong><br />

ohneh<strong>in</strong> das objektive Opferrisiko um e<strong>in</strong> Vielfaches übersteigt, wächst und wird schließlich zur<br />

Angst vor „der„ Jugend. Es entsteht das Fe<strong>in</strong>dbild von „kle<strong>in</strong>en Monstern„ und „Brutalo„-Jugendlichen.<br />

„Bekämpfung„ ist angesagt, d.h. Wegsperren und Ausgrenzen.<br />

2. Viel deutlicher als mit den Aspekten von Dämonisierung und Angst läßt sich <strong>die</strong> Notwendigkeit<br />

e<strong>in</strong>er neuen Philosophie für e<strong>in</strong>e neue Kultur im Umgang und <strong>in</strong> der Zusammenarbeit mit Jugend<br />

gar nicht belegen. Grundlagen f<strong>in</strong>den sich schon im geltenden Jugendrecht, das nicht dem<br />

Schutz „vor„, sondern dem Schutz „der„ Jugend <strong>die</strong>nt. Schutz, Förderung und Integration s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />

Ziele des Jugendrechts. Zur Verwirklichung des Rechts auf Erziehung zu e<strong>in</strong>er<br />

eigenverantwortlichen und geme<strong>in</strong>schaftsfähigen Persönlichkeit sollen junge Menschen <strong>in</strong> ihrer<br />

<strong>in</strong>dividuellen und sozialen Entwicklung gefördert, Benachteiligungen vermieden oder abgebaut,<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl geschützt und positive Lebensbed<strong>in</strong>gungen für<br />

sie und ihre Familien sowie e<strong>in</strong>e k<strong>in</strong>der- und familienfreundliche Umwelt erhalten bzw. geschaffen<br />

werden (§ 1 III KJHG = SGB VIII).<br />

3. Als Teilausschnitt des Jugendrechts hat auch das Jugendstrafrecht <strong>die</strong> Funktion, e<strong>in</strong>en Beitrag<br />

zur Erziehung zu leisten. Das gilt selbst bei der härtesten Sanktion, der echten Krim<strong>in</strong>alstrafe,<br />

und hat auch noch Bedeutung für junge Volljährige. Jugendstrafe „zur Erziehung„, deren Dauer<br />

sich (auch bei e<strong>in</strong>er Verhängung wegen Schwere der Schuld) nach der „erforderlichen<br />

erzieherischen E<strong>in</strong>wirkung„ richtet und durch deren Vollzug der Verurteilte „erzogen„ werden soll,<br />

„künftig e<strong>in</strong>en rechtschaffenen und verantwortungsbewußten Lebenswandel zu führen„, - so<br />

lautet das Normprogramm der §§ 17 II, 18 und 91 JGG. An <strong>die</strong>sem Anspruch s<strong>in</strong>d Vollzugsrealität<br />

und Folgewirkungen zu messen. Dabei kann <strong>die</strong> Diskrepanz zwischen rechtlicher Zielvorstellung<br />

und tatsächlicher Zielerreichung so groß werden, daß sich schließlich sogar unter dem Aspekt der<br />

Menschenwürde <strong>die</strong> Frage der Verfassungswidrigkeit stellt, wenn „der mit der gesetzgeberischen<br />

Idee vorgegeben S<strong>in</strong>n und Zweck e<strong>in</strong>er Norm auf Dauer schlechth<strong>in</strong> nicht <strong>in</strong> <strong>die</strong> Tat umgesetzt<br />

werden kann, also als utopischer Programmsatz realitätsfe<strong>in</strong>dlich gleichsam im luftleeren Raum<br />

stehenbleibt„ (OLG Schleswig NStZ 1985, 475). Nicht zuletzt aus <strong>die</strong>ser Grenznähe zu<br />

verfassungsrechtlichen Bedenken speist sich neben gesicherten krim<strong>in</strong>ologischen Erkenntnissen<br />

<strong>die</strong> Forderung nach Haftvermeidung bzw. wenigstens - verkürzung. In Kenntnis der Gefahr e<strong>in</strong>es<br />

repressiven Mißbrauchs ist und bleibt der Erziehungsgedanke - richtig verstanden und<br />

entsprechend angewendet - das Rückgrat e<strong>in</strong>es humanen und <strong>in</strong> Alternativen zur Bestrafung<br />

denkenden Reformansatzes.<br />

4. Der E<strong>in</strong>satz des (Jugend-)Strafrechts als ultima ratio, <strong>die</strong> Grundsätze von Subsidiarität und<br />

Verhältnismäßigkeit führen zu E<strong>in</strong>schränkungen, wie sie <strong>in</strong>ternational <strong>in</strong> den M<strong>in</strong>destgrundsätzen<br />

der Vere<strong>in</strong>ten Nationen für <strong>die</strong> Jugendgerichtsbarkeit 1985 festgelegt worden s<strong>in</strong>d und <strong>die</strong> im hier<br />

e<strong>in</strong>schlägigen Bereich e<strong>in</strong>e Orientierungshilfe bieten:<br />

„Freiheitsentzug wird nur angeordnet, wenn der Jugendliche e<strong>in</strong>er schweren Gewalttat gegen<br />

e<strong>in</strong>e Person oder mehrfach wiederholt anderer schwerer Straftaten für schuldig befunden worden<br />

ist und ke<strong>in</strong>e anderen angemessenen Lösungen zur Verfügung stehen;<br />

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ei der Würdigung des Falles ist das Wohl des Jugendlichen das ausschlaggebende Kriterium„.<br />

Das Wohl des Jugendlichen ist also <strong>die</strong> geme<strong>in</strong>same Leitl<strong>in</strong>ie aller jugendrechtlichen Regelungen<br />

nicht nur im familienrechtlichen und jugendhilferechtlichen, sondern auch im<br />

jugendstrafrechtlichen Bereich. Jugendrecht ist so verstanden Recht der Jugend.<br />

5. Gerade auch im Interesse von (potentiellen) Opfern gibt es ke<strong>in</strong>en Anlaß für e<strong>in</strong>e repressive<br />

Wende <strong>in</strong> der Jugend- und Krim<strong>in</strong>alpolitik. Anstelle aufgeregter Forderungen an den Gesetzgeber<br />

mit der Folge von Panikgesetzen s<strong>in</strong>d vielmehr Augenmaß und Besonnenheit, Sensibilität und<br />

Rationalität im Umgang mit Jugend und Jugendkrim<strong>in</strong>alität angezeigt. Auf neueren krim<strong>in</strong>ologischen<br />

Forschungsergebnissen beruht <strong>die</strong> 1990 mit dem 1. JugendgerichtsÄnderungsgesetz<br />

begonnene Reform des Jugendstrafrechts. Eckpfeiler s<strong>in</strong>d der Verzicht auf e<strong>in</strong>e formelle<br />

Sanktion zugunsten e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>formellen Erledigung (Diversion), von der <strong>die</strong> Praxis <strong>in</strong> zwei von drei<br />

Fällen Gebrauch macht. Diversion ist e<strong>in</strong>e schnellere, humanere und kostengünstigere<br />

Möglichkeit, <strong>die</strong> unter Präventionsaspekten auch erfolgversprechender ist. Kommt es zur<br />

Anklage, Hauptverhandlung und Urteil, können ambulante Maßnahmen wie Betreuungsweisung,<br />

sozialer Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gskurs und Täter-Opfer-Ausgleich <strong>die</strong> traditionellen Reaktionsformen der<br />

Geldbuße, des Jugendarrestes und der Jugendstrafe weitgehend ersetzen, ohne daß sich <strong>die</strong><br />

Rückfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit erhöht. Der Gesetzgeber er<strong>in</strong>nert selbst an <strong>die</strong> schädlichen<br />

Nebenwirkungen des Vollzuges von Untersuchungshaft, Jugendarrest und Jugendstrafe und<br />

signalisiert weiteren Reformbedarf. Der aktuelle Ruf nach mehr Härte verläßt <strong>die</strong>sen Reformkurs.<br />

Gefordert werden Herabsetzung der Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre, Herausnahme der<br />

Heranwachsenden aus dem Jugendstrafrecht, geschlossene Unterbr<strong>in</strong>gung, E<strong>in</strong>stiegsarrest bei<br />

Bewährung, längere Strafen und mehr Jugendstrafvollzug. In e<strong>in</strong>em veränderten<br />

krim<strong>in</strong>alpolitischen Klima wird das Jugendgerichtsgesetz mit se<strong>in</strong>en Weichenstellungen zur<br />

Jugendhilfe als „Schmuse-Strafrecht mit allerlei Sozial-Klimbim„ diffamiert. Es gibt aber ke<strong>in</strong>en<br />

Beleg dafür, daß <strong>die</strong> Ausgangsbasis des Reformansatzes nicht mehr tragfähig ist - im Gegenteil,<br />

wie <strong>die</strong> neuesten Untersuchungen im Auftrag des Bundesm<strong>in</strong>isteriums der Justiz zu Diversion<br />

und Täter-Opfer-Ausgleich belegen.<br />

6. Der Ruf nach e<strong>in</strong>em zupackenden Strafrecht vernachlässigt <strong>die</strong> Entstehungs- und Bed<strong>in</strong>gungszusammenhänge<br />

der Jugendkrim<strong>in</strong>alität vor dem H<strong>in</strong>tergrund sozial struktureller Veränderungen,<br />

Ausgrenzungen und Marg<strong>in</strong>alisierungen und lenkt von persönlicher, gesellschaftlicher und<br />

politischer (Mit-)Verantwortung ab. Es fehlt <strong>die</strong> gerade im Interesse potentieller Opfer liegende<br />

Folgenorientierung. Anstelle repressiver Sicherheitskonzepte s<strong>in</strong>d erfolgversprechende<br />

präventive Ansätze mit Mut und Phantasie weiterzuentwickeln. Falsch wäre es allerd<strong>in</strong>gs, statt<br />

e<strong>in</strong>er eigenständigen emanzipatorischen Jugendpolitik unter dem Aspekt der Krim<strong>in</strong>alprävention<br />

lediglich e<strong>in</strong>e Jugendstrafpolitik zu betreiben.<br />

7. Insgesamt s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Reformansätze des 1. JGG-ÄndG nach wie vor tragfähig und sollten zum<br />

Anlaß weiterer Reformbemühungen <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Richtung genommen werden. Wie <strong>die</strong> nächsten<br />

Reformschritte aussehen könnten, zeigen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>drucksvoller Weise <strong>die</strong> Vorschläge des 22. Deutschen<br />

Jugendgerichtstages <strong>in</strong> Regensburg 1992.<br />

8. Entdramatisierung und Entkrim<strong>in</strong>alisierung statt repressiver Hilflosigkeit s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Bezugspunkte<br />

e<strong>in</strong>er rationalen Krim<strong>in</strong>alpolitik. Durchsetzungschancen ergeben sich nur mit Hilfe e<strong>in</strong>er Politik<br />

der Aufklärung, <strong>die</strong> Dramatisierungen (nicht zuletzt als Folge konkurrierender Me<strong>die</strong>n) entgegen<br />

wirkt: So wäre z.B. zur Kenntnis zu nehmen, daß <strong>die</strong> jüngsten Forschungsbefunde auf e<strong>in</strong>e<br />

extreme Belastung junger Menschen durch eigene Gewalterfahrung aufmerksam machen, wobei<br />

das Zusammentreffen von Erfahrung <strong>in</strong>nerfamiliärer Gewalt, gravierender sozialer<br />

Benachteiligung der Familien und vorenthaltenen <strong>Zukunft</strong>schancen für Jugendliche <strong>in</strong> direktem<br />

Zusammenhang mit hoher Krim<strong>in</strong>alitätsbelastung steht. Jugendliche s<strong>in</strong>d häufiger Opfer von<br />

Gewalt (durch Erwachsene) als Täter. Wichtig wäre auch <strong>die</strong> Information, daß <strong>die</strong> Opfer von<br />

Gewaltanwendung durch männliche Jugendliche überwiegend selber männliche Jugendliche (und<br />

nicht Frauen oder alte Menschen) s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> weiteres Beispiel wäre der Befund, daß <strong>die</strong><br />

Krim<strong>in</strong>alität von Nichtdeutschen im Gegensatz zur Zahl der deutschen Tatverdächtigen <strong>in</strong> den<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Jahren nach 1993 <strong>in</strong>sgesamt zurückgegangen ist und bei den Jugendlichen der Zuwachs immer<br />

noch beträchtlich h<strong>in</strong>ter dem Zuwachs der Deutschen bleibt.<br />

9. Strafrecht wird durch das besondere Sanktionsmittel der Krim<strong>in</strong>alstrafe begründet. Regelmäßig<br />

verstärkt das Strafrecht bereits vorhandene außerstrafrechtliche Verhaltensnormen des Zivilbzw.<br />

öffentlichen Rechts. Strafrecht <strong>die</strong>nt der Aufrechterhaltung gesellschaftlicher<br />

M<strong>in</strong>imalspielregeln. Es darf nur zum Schutz besonders wichtiger Rechtsgüter e<strong>in</strong>gesetzt werden<br />

und auch nur dann, wenn <strong>die</strong> Angriffshandlungen gegen das geschützte Rechtsgut <strong>die</strong> Bestandsund<br />

Funktionsfähigkeit des gesellschaftlichen Zusammenlebens aufheben oder <strong>in</strong> unerträglicher<br />

Weise bee<strong>in</strong>trächtigen. Diese Kriterien der Strafwürdigkeit, aus der Idee der Gerechtigkeit und<br />

der Verfassung entwickelt, s<strong>in</strong>d um <strong>die</strong> aus dem Zweckmäßigkeitsgedanken und ebenfalls der<br />

Verfassung abgeleiteten Strafbedürftigkeitskriterien zu ergänzen. Der E<strong>in</strong>satz von Strafrecht muß<br />

geeignet, notwendig und angemessen se<strong>in</strong>. Unter <strong>die</strong>sen Aspekten unterliegt Strafrecht e<strong>in</strong>em<br />

Wandel. Krim<strong>in</strong>alisierung und Entkrim<strong>in</strong>alisierung stehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wechselbeziehung zue<strong>in</strong>ander,<br />

bei der es um <strong>die</strong> Funktion von Strafrecht <strong>in</strong> unserer Gesellschaft geht.<br />

Entkrim<strong>in</strong>alisierungstendenzen gibt es auf der Ebene der Straftatvoraussetzungen (materiellrechtliche<br />

Entkrim<strong>in</strong>alisierung), bei den Rechtsfolgen der Tat (Entpoenalisierung) und im<br />

Strafverfahren als <strong>in</strong>formelle Erledigungsmöglichkeit (Diversion). E<strong>in</strong>e materiell-rechtliche<br />

Entkrim<strong>in</strong>alisierung könnte durch e<strong>in</strong>e Ger<strong>in</strong>gfügigkeitsklausel als Strafausschließungsgrund oder<br />

den Täter-Opfer-Ausgleich als Strafaufhebungsgrund erfolgen. Im Besonderen Teil des<br />

Strafgesetzbuchs wäre über e<strong>in</strong>e Entkrim<strong>in</strong>alisierung im Bereich des Massenphänomens der<br />

Eigentums- und Vermögensbagatellkrim<strong>in</strong>alität nachzudenken. Im Drogenbereich sollte das<br />

Bemühen um e<strong>in</strong>e Entkrim<strong>in</strong>alisierung nachdrücklich vorangetrieben werden. Flächendeckend<br />

auszubauen s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> ambulanten Alternativen beispielsweise <strong>in</strong> Form von Täter-Opfer-Ausgleichsprojekten.<br />

Diversion schließlich ver<strong>die</strong>nt als schnellere Erledigungsmöglichkeit besondere Unterstützung<br />

- vorausgesetzt, daß sie nicht als Folgenlosigkeit verstanden wird, sondern der Normverdeutlichung<br />

<strong>die</strong>nt.<br />

10. Alle <strong>die</strong>se Vorschläge verh<strong>in</strong>dern Ausgrenzung und Stigmatisierung und leisten so auch im<br />

Interesse potentieller Opfer e<strong>in</strong>en Beitrag zur Verh<strong>in</strong>derung von (Rückfall-)Krim<strong>in</strong>alität.<br />

E<strong>in</strong>e verantwortliche <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong> muß deswegen vor allem e<strong>in</strong>e behutsame<br />

Krim<strong>in</strong>alpolitik se<strong>in</strong>.<br />

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Forum I<br />

Arbeitsgruppe 3<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

als Opfer und Täter<br />

Prävention und Reaktion<br />

Thesen<br />

des 24. Deutschen Jugendgerichtstages<br />

vom 18. bis 22. September 1998<br />

<strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong><br />

Endfassung<br />

verabschiedet auf der Abschlußveranstaltung am 22. September 1998 -<br />

(redaktionell überarbeitet)<br />

Es ist �was faul im Standort Deutschland - Lebenswelten und gesellschaftliche<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des Heranwachsens<br />

1. Die Zahlen polizeilicher Registrierung von Gewalttaten junger Menschen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den<br />

letzten Jahren zwar weiter gestiegen, jedoch hat <strong>die</strong> durchschnittliche Tatschwere<br />

h<strong>in</strong>sichtlich Schadenshöhe und Verletzungsfolgen deutlich abgenommen. Immer jüngere<br />

Täter werden registriert. Beides läßt auf e<strong>in</strong>e zunehmende Anzeigebereitschaft schließen.<br />

Der registrierte Anstieg von Jugendgewalt zeigt somit zum Teil lediglich e<strong>in</strong>e erhöhte<br />

Sichtbarkeit von Vorfällen, <strong>die</strong> früher im Dunkelfeld verblieben s<strong>in</strong>d.<br />

2. Wir haben es also auch mit wachsender öffentlicher Sensibilität gegenüber Gewalt zu tun.<br />

Auch <strong>die</strong> Jugendlichen selbst def<strong>in</strong>ieren <strong>in</strong> Selbstberichtbefragungen <strong>die</strong>selben<br />

Handlungen heute eher als gewaltsam. Diese wachsende Sensibilität hat mit dem hohen<br />

Stellenwert, dem Rang zu tun, mit dem <strong>in</strong> Me<strong>die</strong>n, Politik und Öffentlichkeit allgegenwärtig<br />

über Gewalt berichtet und debattiert wird. Diese Debatte ist fatal, weil sie e<strong>in</strong>e dramatisch<br />

überhöhte Wahrnehmung tatsächlich stattf<strong>in</strong>dender Gewalt <strong>in</strong> der Öffentlichkeit bewirkt.<br />

Dadurch wird e<strong>in</strong>erseits <strong>die</strong> Verbrechensfurcht geschürt und e<strong>in</strong> publizistisch-politischer<br />

Verstärkerkreislauf <strong>in</strong>duziert, der den Ruf nach mehr Härte erzeugt und von den wirklich<br />

großen und bedrängenden Problemen unserer Gesellschaft ablenkt. Andererseits ist es<br />

gerade <strong>die</strong>se öffentliche Erregung, <strong>die</strong> es für anfällige Jugendliche besonders reizvoll und<br />

lohnend macht, mit ihren Mitteln roher Körperlichkeit sich zu behaupten und Herrschaft<br />

über ihre Umwelt auszuüben. Vielleicht kommt es nicht von ungefähr, daß mit der<br />

Eröffnung der öffentlichen Gewaltdebatte Ende der 80er Jahre zugleich <strong>die</strong> Anstiege<br />

polizeilicher Registrierungen von Gewalttaten e<strong>in</strong>setzen.<br />

3. In erster L<strong>in</strong>ie jedoch müssen <strong>die</strong> auffälligen krim<strong>in</strong>ellen Ersche<strong>in</strong>ungen der 90er Jahre mit<br />

den spektakulären Entwicklungen des ökonomischen Systems und den sozialstrukturellen<br />

Brüchen <strong>in</strong>folge der Globalisierung der Märkte <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht werden. Denn <strong>in</strong>sbesondere<br />

bei den - zumeist männlichen - jugendlichen Gewalt- und Mehrfachtätern<br />

handelt es sich ganz überwiegend um Verlierer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er W<strong>in</strong>ner-Loser-Kultur, <strong>die</strong> unter<br />

dem E<strong>in</strong>druck gravierender sozialer Benachteiligung und schlechter <strong>Zukunft</strong>schancen<br />

stehen. Angesichts e<strong>in</strong>er gigantischen Konzentration des Reichtums am oberen Rand der<br />

Gesellschaft und der Ausbreitung von Massenarbeitslosigkeit und fehlenden<br />

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Ausbildungsmöglichkeiten, mit deren Überw<strong>in</strong>dung aus wirtschaftsstrukturellen Gründen<br />

nicht mehr ernsthaft gerechnet werden kann, verflüchtigen sich für immer größere Teile<br />

<strong>die</strong>ser Loser <strong>die</strong> Aussichten, jemals e<strong>in</strong>e Existenz zu f<strong>in</strong>den, <strong>die</strong> überkommenen<br />

bürgerlichen Standards gerecht wird. Über<strong>die</strong>s wird ihnen <strong>die</strong>ses Scheitern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kultur<br />

schw<strong>in</strong>dender Solidarität und zunehmenden Individualismus als persönliches Versagen<br />

zugerechnet: “Jeder ist se<strong>in</strong>es (Un-)Glückes Schmied.” Der Kampf gegen Armut<br />

degeneriert zu e<strong>in</strong>em Kampf gegen Arme. Straffällig gewordene Jugendliche sehen sich<br />

zunehmender krim<strong>in</strong>alpolitischer Dämonisierung und physischer Ausgrenzung ausgesetzt.<br />

4. Jugendliche Gewalttäter s<strong>in</strong>d überwiegend <strong>in</strong> ihrer K<strong>in</strong>dheit und Jugend selbst Opfer von<br />

Gewalt gewesen. Ganz allgeme<strong>in</strong> gilt, daß nicht nur K<strong>in</strong>der und Jugendliche <strong>die</strong> größte<br />

Gruppe der Gewaltopfer darstellen. K<strong>in</strong>der und Jugendliche s<strong>in</strong>d auch weitaus häufiger<br />

Gewaltopfer als Gewalttäter. Diese Gewalt begegnet ihnen <strong>in</strong>nerhalb und außerhalb der<br />

Familie <strong>in</strong> den vielfältigen Formen körperlicher, sexualisierter, psychischer und<br />

struktureller Gewalt. Soweit es um <strong>die</strong> immer noch erheblichen Ausmaße körperlicher<br />

Gewaltanwendung <strong>in</strong> Familien geht, muß <strong>die</strong> Forderung nach e<strong>in</strong>em sorgerechtlichen<br />

Verbot physischer Gewaltanwendung <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dererziehung bekräftigt werden. Im<br />

übrigen leiden viele K<strong>in</strong>der und Jugendliche an Vernachlässigung und mangelnder<br />

emotionaler B<strong>in</strong>dung. Wenn sie dann Straftaten begehen, ersche<strong>in</strong>t es gleichwohl<br />

abwegig, Eltern für <strong>die</strong> Straftaten ihrer K<strong>in</strong>der zur Rechenschaft zu ziehen. Denn <strong>die</strong><br />

Eltern stehen selbst unter dem Druck ökonomischer und sozialer Deprivationen und s<strong>in</strong>d<br />

schlicht überfordert, <strong>die</strong> wachsende Spannung zwischen zunehmender ökonomischer<br />

E<strong>in</strong>engung und gleichzeitig wachsenden Konsumanforderungen bei ihren K<strong>in</strong>dern<br />

auszugleichen. Statt dessen brauchen Eltern Hilfe und Unterstützung und <strong>die</strong><br />

Bereitstellung familienergänzender Angebote zur Eltern- und Erziehungsberatung.<br />

5. K<strong>in</strong>der und Jugendliche, <strong>die</strong> von ihren Eltern emotional entlassen wurden, s<strong>in</strong>d darauf angewiesen,<br />

sich andere soziale E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dungen zu suchen. Deshalb spielen Gruppengesellungen<br />

e<strong>in</strong>e em<strong>in</strong>ente Rolle. Solche Gruppen haben nicht nur ganz überwiegend<br />

positive Funktionen als sett<strong>in</strong>gs sozialen und kulturellen Lernens; sie s<strong>in</strong>d von nachgerade<br />

existentieller Bedeutung als Rückzugsraum und Mittel jugendlicher Identitätsf<strong>in</strong>dung.<br />

Diese wichtige Bedeutung wird verkannt, wenn Gruppen <strong>in</strong> der Form von Cliquen oder<br />

Banden nur als Brutstätten von Krim<strong>in</strong>alität gefürchtet und geächtet werden. Dies soll<br />

nicht heißen, daß Bandenkrim<strong>in</strong>alität, wenngleich auch sie für <strong>die</strong> Jugendlichen e<strong>in</strong> Mittel<br />

der psychischen Stabilisierung ist, zu akzeptieren wäre. Aber ihr ist mit Geme<strong>in</strong>wesenund<br />

aufsuchender Straßensozialarbeit zu begegnen und dadurch, daß Gruppenbildungen<br />

Jugendlicher durch Geld, Zeit und Räumlichkeiten gefördert werden, um auf ihre legale<br />

Ausrichtung h<strong>in</strong>zuwirken.<br />

6. Aus <strong>die</strong>sen Zusammenhängen erklärt sich auch, daß <strong>die</strong> Teile ausländischer Jugendlicher<br />

und deutscher Aussiedler aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion, <strong>die</strong> <strong>in</strong> deprivierten<br />

Lebenslagen leben, <strong>in</strong> besonderem Maße <strong>in</strong> <strong>die</strong> krim<strong>in</strong>elle Auffälligkeit geraten. Der<br />

Verbreitungsgrad deprivierter Lebenslagen ist hier noch deutlich größer als bei e<strong>in</strong>heimischen<br />

Deutschen. Noch deutlicher auch s<strong>in</strong>d sie selbst von Gewalt betroffen und haben<br />

<strong>in</strong> den traditionellen männlich dom<strong>in</strong>ierten Kulturen Gewalt als Interaktionsmittel erlernt.<br />

Die großen Probleme der Deutschen aus der ehemaligen Sowjetunion zeigen, daß es sich<br />

dabei nicht um e<strong>in</strong>e Frage der Ethnie handelt, sondern der Lebenslagen. Deshalb ist<br />

neben der Beseitigung ausländerrechtlicher Diskrim<strong>in</strong>ierung vor allem e<strong>in</strong>e Intensivierung<br />

von Sprachförderung, e<strong>in</strong>es differenzierten Arbeits- und Ausbildungsangebotes, Zugang<br />

auch zu qualifizierten Tätigkeiten und e<strong>in</strong>e angemessene Repräsentanz von M<strong>in</strong>derheiten<br />

<strong>in</strong> Sozialarbeit, Polizei, Justiz und Verwaltung zu fordern.<br />

7. Je mehr <strong>die</strong> primäre Sozialisations<strong>in</strong>stanz der Familie an ihre Leistungsgrenzen gerät,<br />

umso mehr wären entsprechende Kompensationen durch <strong>die</strong> Schule erforderlich. Dazu ist<br />

<strong>die</strong>se jedoch <strong>in</strong> ihrer gegenwärtigen Konzeption und Ausstattung nicht <strong>in</strong> der Lage.<br />

Deshalb ist <strong>die</strong> Entwicklung neuartiger und den Problemen der Zeit angemessener<br />

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pädagogischer Konzepte massiv zu fördern. Schule kann sich nicht mehr mit<br />

Wissensvermittlung begnügen, muß vielmehr auch e<strong>in</strong>en Übungsraum bilden zum<br />

Erlernen sozialer Kompetenz. Schulsozialarbeit und erweiterte Betreuungsformen s<strong>in</strong>d<br />

flankierend bereitzustellen.<br />

8. Zu den größten Problemen gehört der wachsende Mangel an Arbeits- und Ausbildungsplätzen,<br />

weil <strong>die</strong>s <strong>die</strong> entscheidende Ursache ist für Perspektivlosigkeit und ausbleibende<br />

Existenzverwirklichung. Hier bleibt zu fordern, berufliche Integration junger Menschen als<br />

öffentliche Querschnittsaufgabe von Arbeitsverwaltung, Schule, Jugendhilfe, Sozialverwaltung<br />

und Wirtschaftsförderung zu verstehen. Wenn <strong>die</strong> Wirtschaft sich<br />

entsprechenden Versorgungsaufgaben verweigert, bleibt der Staat <strong>in</strong> der Pflicht, das<br />

Recht auf Ausbildung und Arbeit zu realisieren. Bei der Moblisierung von<br />

Übergangsmärkten als drittem Sektor muß allerd<strong>in</strong>gs darauf geachtet werden, daß<br />

Arbeitsschutz und soziale Sicherung nicht verlorengehen.<br />

9. Dabei darf allerd<strong>in</strong>gs nicht verkannt werden, daß das Modell der klassischen Erwerbsgesellschaft<br />

<strong>in</strong>folge der ökonomischen Globalisierung unwiederbr<strong>in</strong>glich verloren ist, weil<br />

sich wirtschaftliches Wachstum nur noch um den Preis der Freisetzung von Arbeitsplätzen<br />

erreichen läßt. Für immer mehr Menschen müssen andere Existenzformen gefunden<br />

werden. Letzen Endes muß <strong>die</strong> Verteilung des Bruttosozialproduktes abgekoppelt werden<br />

von der Erwerbsarbeit. Gesellschaftlich wünschenswerte Beschäftigungen etwa im<br />

sozialen Umfeld, im Quartier müssen durch Sicherstellung des Lebensunterhaltes<br />

unabhängig von e<strong>in</strong>er Stellung im Erwerbsleben aufgewertet werden. Durch<br />

Selbstorganisation und Dienstleistungstauschsysteme können zugleich neue Potentiale<br />

zur Erfüllung der Versorgungsbedürfnisse vernachlässigter junger Menschen geschöpft<br />

werden.<br />

10. Die traditionelle Krim<strong>in</strong>alpolitik ist gescheitert. Nach dem Ende der Illusion, <strong>die</strong> beste<br />

Krim<strong>in</strong>alpolitik sei e<strong>in</strong>e gute Sozialpolitik, ist e<strong>in</strong> neuer Gesellschaftsvertrag nötig.<br />

11. Am Ende muß Politik, <strong>die</strong> gegenwärtig als nationale Politik der globalen Wirtschaft unterlegen<br />

und ausgeliefert ist, neue staatliche Stärke gew<strong>in</strong>nen, um ihr Primat zu verteidigen,<br />

auch um den Preis des Abwanderns kooperationsunwilliger Konzerne. Kapituliert <strong>die</strong><br />

Politik, dann kapituliert der Staat und es droht <strong>die</strong> Freisetzung sozialdarw<strong>in</strong>istischer<br />

Machtkonkurrenz, gegen <strong>die</strong> <strong>die</strong> Jugendgewalt, über <strong>die</strong> sich <strong>die</strong> Bevölkerung heute<br />

erregt, nur e<strong>in</strong> blasses Schattenspiel ist.<br />

Forum II<br />

Entdämonisierung von Jugendkrim<strong>in</strong>alität<br />

Was machen wir eigentlich?<br />

Sackgassen, E<strong>in</strong>bahnstraßen und <strong>Zukunft</strong>swege<br />

I. Soweit Anstiege registrierter Krim<strong>in</strong>alität zu verzeichnen s<strong>in</strong>d, was derzeit für den Bereich<br />

der Gewaltkrim<strong>in</strong>alität bejaht werden muß, zeigt e<strong>in</strong>e Nahsicht auf <strong>die</strong> statistischen<br />

Forschungsbefunde, daß parallel e<strong>in</strong> deutliches Abs<strong>in</strong>ken der durchschnittlichen<br />

Tatschwere (d.h. von Schadenshöhe und Verletzungsfolgen) zu verzeichnen ist .<br />

Gleichwohl nehmen <strong>die</strong> Arbeitskreise Anstiegstendenzen ernst und deuten sie vor allem<br />

als gravierendes soziales Alarmsignal.<br />

Der Jugendgerichtstag nimmt e<strong>in</strong>e erhebliche Verunsicherung der Bevölkerung durch<br />

reale und berichtete Krim<strong>in</strong>alität zur Kenntnis und fordert, daß hierauf rationale Antworten<br />

gegeben werden.<br />

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Die Teilnehmer protestieren gegen e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der Öffentlichkeit, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> der Me<strong>die</strong>nöffentlichkeit,<br />

künstlich hergestellte Überzeichnung von E<strong>in</strong>zelfällen und der Jugenddel<strong>in</strong>quenz<br />

<strong>in</strong>sgesamt, <strong>die</strong> e<strong>in</strong> verzerrtes Bild der tatsächlichen Situation widergibt und <strong>die</strong><br />

Bevölkerung <strong>in</strong> unverantwortlicher Weise verunsichert.<br />

Es besteht E<strong>in</strong>vernehmen darüber, daß der Erziehungsgedanke des Jugendstrafrechts<br />

Rückgrat e<strong>in</strong>es humanen und <strong>in</strong> Alternativen zu Bestrafung denkenden Reformansatzes<br />

ist und bleiben muß.<br />

Dementsprechend s<strong>in</strong>d Forderungen nach Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters,<br />

geschlossenen Heimen und härteren Sanktionen zurückzuweisen.<br />

E<strong>in</strong>em repressiven Mißbrauch des Erziehungsgedankens muß durch Fortsetzung der mit<br />

dem 1. JGG-Änderungsgesetz begonnenen Reform begegnet werden.<br />

Dazu gehören <strong>in</strong>sbesondere:<br />

- <strong>die</strong> Entfernung der Zuchtmittelkategorie<br />

- <strong>die</strong> Abschaffung der erzieherisch begründeten Jugendstrafe (wegen “schädlicher<br />

Neigungen”)<br />

- und <strong>die</strong> vollständige E<strong>in</strong>beziehung der Heranwachsenden <strong>in</strong> das<br />

Jugendstrafrecht<br />

Zur Kenntnis zu nehmen ist, daß jüngste Forschungsbefunde auf e<strong>in</strong>e extreme Belastung<br />

junger Menschen durch eigene Gewalterfahrung aufmerksam machen, wobei das Zusammentreffen<br />

von Erfahrung <strong>in</strong>nerfamiliärer Gewalt, gravierender sozialer Benachteiligung<br />

der Familien und vorenthaltenen <strong>Zukunft</strong>schancen für Jugendliche <strong>in</strong> direktem<br />

Zusammenhang mit hoher Krim<strong>in</strong>alitätsbelastung steht.<br />

Prävention stellt, <strong>in</strong>sbesondere wenn sie auf primäre Prävention im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er<br />

Verbesserung von Lebensbed<strong>in</strong>gungen zielt, e<strong>in</strong>e Entschärfungsperspektive dar.<br />

Unzulängliche Umsetzung und ausbleibende f<strong>in</strong>anzielle Ressortierung gesetzlich vorgesehener<br />

ambulanter Alternativen stellt e<strong>in</strong>en Rechtsbruch der Exekutive dar.<br />

Die Kostenübernahme für ambulante Maßnahmen muß rechtlich klargestellt werden. Auch<br />

nicht im KJHG ausdrücklich genannte sozialpädagogische Angebote s<strong>in</strong>d selbst im Falle<br />

jugendrichterlicher Anordnungen Leistungen der Jugendhilfe.<br />

Im E<strong>in</strong>zelnen könnten sich <strong>die</strong> Arbeitskreis<strong>in</strong>tentionen im Forum II wie folgt bündeln<br />

lassen:<br />

II. Zielverfolgung durch ”Verfahren”<br />

Das Erleben konsistenter Verfahrensabläufe, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dlichkeit justitiellen<br />

Vorgehens veranschaulichen, stellen <strong>die</strong> Voraussetzung für e<strong>in</strong> Verantwortlichmachen<br />

Jugendlicher im Jugendstrafverfahren dar.<br />

In <strong>die</strong>sem Zusammenhang stellt der Jugendgerichtstag fest, daß der<br />

Beschleunigungsgrundsatz durch Polizei, Justiz und Jugendhilfe nicht optimal umgesetzt<br />

wird. Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere für Haftsachen. Beschleunigung ist ke<strong>in</strong> Selbstzweck,<br />

sondern mit pädagogischem S<strong>in</strong>n und prozessualem Verstand zu organisieren.<br />

Benachteiligungen gegenüber Erwachsenen <strong>in</strong> vergleichbaren Verfahrenssta<strong>die</strong>n dürfen<br />

nicht entstehen.<br />

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Sofort<strong>in</strong>tervention durch <strong>die</strong> Polizei bedarf, nicht zuletzt für <strong>die</strong> Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes<br />

und der Unschuldsvermutung rechtsstaatlicher Konturierung,<br />

begegnet jedoch bei entsprechender um Akzeptanz auch bei der Polizei bemühter Umsetzung<br />

ke<strong>in</strong>en unüberw<strong>in</strong>dlichen Bedenken.<br />

Aus- und Fortbildung aller Verfahrensbeteiligten stellt e<strong>in</strong>e Organisationsbed<strong>in</strong>gung u.a.<br />

für <strong>die</strong> Justiz dar, deren Unterlassen <strong>die</strong> eigene Legitimation untergräbt.<br />

Spezialisierte Jugendgerichtshilfe ist ebenso notwendig wie e<strong>in</strong>e Verfahrensbearbeitung<br />

zu allen Delikten auch auf der Ebene von Jugendstaatsanwaltschaft und<br />

Jugendrichterschaft.<br />

III. Schutz und Hilfe / ”harm reduction”<br />

IV. Fazit<br />

K<strong>in</strong>dlichen Opfern <strong>in</strong> ihrer Rolle als Zeugen und Geschädigten gebühren alle Anstrengungen,<br />

daß sich der Weg aus der Katastrophe nicht als deren Wiederholung erweist.<br />

Bestehende Zeugenbegleitprogramme s<strong>in</strong>d auszubauen. Videoaufzeichnungen über <strong>die</strong><br />

Vernehmung von Opferzeugen s<strong>in</strong>d Beweistücke. Sie s<strong>in</strong>d unter vorrangiger Beachtung<br />

des Persönlichkeitsschutzes aller Beteiligten zu verwenden. Aufzeichnungen gegen den<br />

erklärten Willen des Opfers widersprechen dem Gedanken des Zeugenschutzes.<br />

Den Interessen junger Gewaltopfer ist durch psycho-soziale Betreuung,<br />

prozeßbegleitende Maßnahmen und unterstützende Regelungen im Täter-Opfer-<br />

Ausgleich verstärkt Rechnung zu tragen.<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>er rationalen Drogenpolitik, <strong>die</strong> sich nicht am Ziel e<strong>in</strong>er drogenfreien<br />

Gesellschaft, sondern der Sicherheit und Gesundheit der Bürger orientiert, ist nach<br />

Schweizer Vorbild e<strong>in</strong> umfassender und multizentraler Modellversuch e<strong>in</strong>er ärztlich<br />

kontrollierten Hero<strong>in</strong>vergabe an Hero<strong>in</strong>abhängige, <strong>die</strong> über andere Behandlungsformen<br />

nicht erreichbar s<strong>in</strong>d, zu ermöglichen.<br />

Zusätzlich ist e<strong>in</strong>e flächendeckende Substitutionsbehandlung <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er<br />

kassenf<strong>in</strong>anzierten Behandlung durch niedergelassene Ärzte zuzulassen.<br />

Die mit weniger als 1 % von Verurteilten kle<strong>in</strong>e Zahl jugendlicher Sexualstraftäter benötigt<br />

e<strong>in</strong> Behandlungs- und Entlassungssett<strong>in</strong>g, das nicht durch Überbelegung von<br />

E<strong>in</strong>richtungen der stationären Behandlung, durch unrealistische und unverhältnismäßige<br />

Anforderungen an <strong>die</strong> Sicherheit von Entlassungsprognosen und durch fehlende<br />

ambulante Nachsorgemöglichkeiten gefährdet wird.<br />

Der Anwendungsbereich der Sicherungsverwahrung darf auf jugendliche und heranwachsende<br />

Täter nicht ausgeweitet werden.<br />

Die <strong>in</strong> den Wahlkampf geworfenen Verschärfungsforderungen absorbieren <strong>in</strong> erheblichem<br />

Umfang konstruktive Ressourcen für e<strong>in</strong>e Diskussion zukunftsfähiger Gesellschaftspolitik<br />

im Allgeme<strong>in</strong>en und <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong> im Besonderen.<br />

Der Ertrag des <strong>die</strong>sjährigen Jugendgerichtstages legt den Schluß nahe, daß der Druck<br />

von Problemlagen auf K<strong>in</strong>dern, Jugendlichen und Heranwachsenden e<strong>in</strong> Ausmaß erreicht<br />

hat, das weder mit e<strong>in</strong>em ”more of the same” bisheriger Lösungsstrategien, ke<strong>in</strong>esfalls<br />

jedoch mit Strafverschärfungstendenzen begegnet werden kann. E<strong>in</strong> Kollaps des<br />

vergleichsweise hohen Maßes von <strong>in</strong> der Bundesrepublik Deutschland noch zu<br />

konstatierendem gesellschaftlichen Frieden steht ernsthaft zu besorgen.<br />

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Arbeitsgruppe 3<br />

Diskussionsergebnisse (<strong>in</strong> Thesen)<br />

Reaktionen auf Straftaten Jugendlicher - Repression oder Pädagogik?<br />

<strong>Zukunft</strong>sorientierte Sanktionsformen zwischen Grenzsetzung und Verständnis<br />

1. Die Reaktion auf abweichendes, straffälliges Verhalten Jugendlicher darf sich nicht an den<br />

Begriffen „Grenzsetzung“ und „Verständnis“ als e<strong>in</strong>em „Entweder-oder“ orientieren. Reaktionen<br />

können nur dann effektiv der Normverdeutlichung <strong>die</strong>nen, wenn sie auf e<strong>in</strong>em<br />

größtmöglichen Verstehen der Ursachen von jugendlicher Krim<strong>in</strong>alität beruhen.<br />

2. Zielbestimmung der Reaktion auf Straftaten Jugendlicher ist alle<strong>in</strong> <strong>die</strong> Verh<strong>in</strong>derung von<br />

Rückfälligkeit.<br />

3. Reaktionen müssen sich an den Ursachen der <strong>in</strong>dividuellen Straffälligkeit orientieren und<br />

zugleich e<strong>in</strong>e Folgenprognose e<strong>in</strong>beziehen. Sie müssen auf den Jugendlichen und se<strong>in</strong><br />

räumlich-soziales Umfeld (Familie, Schule, Clique) abstellen, d.h. ihn <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er konkreten<br />

Problem- und Lebenslage „abholen“.<br />

Reaktion auf Jugenddel<strong>in</strong>quenz muß berücksichtigen, daß Normverstöße/Grenzüberschreitungen<br />

e<strong>in</strong>e Form der Grenzerfahrung s<strong>in</strong>d und damit an sich noch ke<strong>in</strong> abweichendes Verhalten,<br />

sondern Teil e<strong>in</strong>es Lern- und Anpassungsprozesses darstellen.<br />

4. Grenzsetzung und <strong>die</strong> Bestimmung der zu verdeutlichenden Normen erfordert <strong>die</strong> Teilnahme<br />

von:<br />

a) Jugendlichen - sowohl im konkreten Fall als auch generell zur Ermittlung der jugendlichen<br />

Wertehierarchien. Gefordert ist e<strong>in</strong>e tatsächliche Umsetzung des Normzwecks geltenden<br />

Jugendrechts, wonach Jugendliche grundsätzlich an erzieherischen Maßnahmen zu beteiligen<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

b) dem bezeichneten Umfeld. Private Reaktionen auf das abweichende bzw. strafbare Verhalten<br />

versprechen e<strong>in</strong>e höhere Akzeptanz bei den Tätern. Zugleich ermöglichen sie nichtausgrenzende<br />

Konfliktlösungen.<br />

5. Die Diversion bietet e<strong>in</strong>e Reaktionspalette der öffentlichen Institutionen, <strong>die</strong> <strong>in</strong> dem<br />

<strong>in</strong>dividuellen Lebensbereich des jeweiligen Straftäters ansetzt (z.B. alltagsstrukturierende und<br />

Freizeit - Programme; <strong>in</strong>dividuelle Hilfe und Betreuung von Jugendlichen/Familien; Mediation<br />

/Konfliktschlichtung im Geme<strong>in</strong>wesen; Antiaggressionskurse; Schuldenregulierung;<br />

Beschäftigungsprojekte; Täter-Opfer-Ausgleich; Ermahnungsgespräche).<br />

Diversionsmaßnahmen müssen - wenn sie im E<strong>in</strong>zelfall erfolgversprechend s<strong>in</strong>d - der<br />

strafrechtlichen Sanktion vorgehen. Sie gewährleisten e<strong>in</strong>e schnelle Reaktion auf<br />

Straftaten, d.h. e<strong>in</strong>e zeitnahe Grenzsetzung ohne Des<strong>in</strong>tegration. In den Fällen <strong>in</strong> denen<br />

Diversionsmaßnahmen als Reaktion nicht ausreichen, ist e<strong>in</strong> schnelles Reagieren der<br />

Jugendstrafjustiz geboten. Im Interesse e<strong>in</strong>er zeitnahen Grenzziehung ohne Des<strong>in</strong>tegration sollte<br />

auch hier häufiger vom Täter-Opfer-Ausgleich Gebrauch gemacht werden. "Beschleunigte<br />

Verfahren" im rechtstechnischen S<strong>in</strong>ne h<strong>in</strong>gegen können <strong>die</strong>s nicht leisten, vielmehr e<strong>in</strong>e<br />

Gefährdung rechtsstaatlicher Grundsätze darstellen.<br />

6. Im Bereich der Bagatelldelikte ist e<strong>in</strong>e Entkrim<strong>in</strong>alisierung erforderlich. Geme<strong>in</strong>t ist e<strong>in</strong>e<br />

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Straflosigkeit <strong>die</strong>ser Delikte, nicht e<strong>in</strong>e Reaktionslosigkeit.<br />

7. Die Reaktionspalette kann nur dann möglichst wirksam greifen, wenn e<strong>in</strong>e optimale<br />

Verzahnung der mit dem Jugendlichen befaßten privaten und öffentlichen Stellen<br />

gewährleistet ist. Zur Umsetzung des gesetzlich verankerten Erziehungsgedankens muß:<br />

a) <strong>die</strong> Qualifizierung von Juristen <strong>in</strong> Aus- und Weiterbildung <strong>die</strong>sem Ziel verstärkt gewidmet<br />

werden sowie <strong>die</strong> soziale und pädagogische Kompetenz bei der E<strong>in</strong>stellung <strong>in</strong> <strong>die</strong> Justiz e<strong>in</strong><br />

wesentliches Kriterium se<strong>in</strong>,<br />

b) das Wissen <strong>in</strong> der Justiz um mögliche Alternativen zu strafrechtlicher Sanktion durch<br />

Fortbildungen und <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Sem<strong>in</strong>are ausgebaut werden.<br />

Gleichzeitig müssen Mittel zur Bekämpfung der Jugendkrim<strong>in</strong>alität <strong>in</strong> <strong>die</strong> personelle Ausstattung<br />

der sozialen Betreuung von Jugendlichen sowie <strong>in</strong> <strong>die</strong> jugendgerechte Gestaltung von<br />

Wohnungs- und Arbeitsmarktpolitik <strong>in</strong>vestiert werden. Diese Mittel dürfen nicht - zur Beruhigung<br />

e<strong>in</strong>er irrationalen „öffentlichen Me<strong>in</strong>ung“ - <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kapazitätenausbau <strong>in</strong> Jugendarrest- und<br />

Jugendstrafvollzugse<strong>in</strong>richtungen gebunden werden.<br />

8. „Hoffnungslose Fälle“, bei denen ke<strong>in</strong>e erzieherischen Maßnahmen mehr greifen und<br />

deshalb „harte“ Sanktionen angewendet werden müssen, gibt es per se nicht. Gerade <strong>die</strong>se<br />

Jugendlichen bedürfen <strong>in</strong> besonderer Weise der behutsamen, besonnenen und verb<strong>in</strong>dlichen<br />

Reaktion anstelle e<strong>in</strong>es ausgrenzenden Labell<strong>in</strong>g als „Störer“ oder „Nicht mehr erreichbar“.<br />

9. Mit dem 24. Deutschen Jugendgerichtstag wird gefordert, dem repressiven Mißbrauch des<br />

Erziehungsgedankens zu begegnen, <strong>in</strong>sbesondere durch <strong>die</strong> Entfernung der<br />

Zuchtmittelkategorie, <strong>die</strong> Abschaffung der erzieherisch begründeten Jugendstrafe (wegen<br />

„schädlicher Neigungen“) sowie <strong>die</strong> vollständige E<strong>in</strong>beziehung der Heranwachsenden <strong>in</strong> das<br />

Jugendstrafrecht.<br />

10. Es ist <strong>die</strong> Aufgabe politischer Entscheidungsträger, der „öffentlichen Me<strong>in</strong>ung“ zu vermitteln,<br />

daß weder alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> dem Ausbau von Diversionsmaßnahmen und schon gar nicht durch<br />

Ausweitung strafrechtlicher Sanktionen e<strong>in</strong> befriedigende Lösung des Problems<br />

„Jugendkrim<strong>in</strong>alität“ zu f<strong>in</strong>den ist. Jugendkrim<strong>in</strong>alität ist nur <strong>die</strong> Eisbergspitze grundsätzlicher<br />

gesellschaftspolitischer Probleme.<br />

Es wird e<strong>in</strong> Themenwechsel gefordert:<br />

Nicht an der Jugendkrim<strong>in</strong>aliät und ihrer Bekämpfung muß angesetzt werden,<br />

sondern an der Frage, welche Teilhaberechte und -möglichkeiten Jugendlichen <strong>in</strong> der<br />

Gesellschaft zukommen sollen.<br />

Aus <strong>die</strong>sem Blickw<strong>in</strong>kel wird <strong>die</strong> Diskussion um Reaktion auf Straftaten Jugendlicher neu und<br />

anders zu führen se<strong>in</strong>.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Arbeitsgruppe 4<br />

Das Zusammenwirken von Jugendhilfe und Jugendgerichtshilfe, Polizei,<br />

Jugendstaatsanwaltschaft und Jugendgerichten im Umgang mit straffällig<br />

gewordenen Jugendlichen - e<strong>in</strong>e Querschnittbetrachtung<br />

Petra Peterich<br />

Dipl.-Sozialpädagog<strong>in</strong>, Projekt Handschlag, Lüneburg<br />

1. Die mangelnde Zusammenarbeit zwischen den Institutionen sozialer Kontrolle verh<strong>in</strong>dert e<strong>in</strong>en<br />

angemessenen Umgang mit Jugendlichen und Heranwachsenden, <strong>die</strong> straffällig geworden<br />

s<strong>in</strong>d und produziert oftmals „krim<strong>in</strong>elle Karrieren“.<br />

2. Die Polizei dramatisiert aus Effektivitätsgründen (öffentlicher Druck, Arbeitsplatzerhaltung oder<br />

-beschaffung, Ermittlungsziel) das Krim<strong>in</strong>alitätsaufkommen quantitativ und qualitativ.<br />

3. Die betreuende Jugendhilfe schützt nur dann vor Ausgrenzung, wenn es zu ihrer jeweiligen<br />

Ethik paßt. Je näher sie am Jugendgericht angesiedelt ist, desto stärker ist <strong>die</strong> Schere im<br />

Kopf, <strong>die</strong> bestimmte Jugendliche früher ausgrenzt als andere. E<strong>in</strong>e Jugendhilfe, <strong>die</strong> im<br />

Rahmen des JGG nicht tätig werden will, macht sich schuldig an den Jugendlichen und<br />

Heranwachsenden, <strong>die</strong> bereits erheblich des<strong>in</strong>tegriert s<strong>in</strong>d.<br />

4. Die Staatsanwaltschaft versteckt sich h<strong>in</strong>ter ihrem hoheitlichen Auftrag. Eventuell vorhandenes<br />

Fachwissen bezüglich der Jugendlichen und Heranwachsenden, <strong>die</strong> straffällig werden, wird<br />

ständig konterkariert durch <strong>die</strong> Strafperspektive, <strong>die</strong> als effektives Mittel zur Individualprävention<br />

gilt.<br />

5. Die Gerichtsverhandlung ist e<strong>in</strong> Ort unl<strong>in</strong>earer Kommunikation und geprägt von unausgesprochenen<br />

emotionalen Spannungen. Diese bestehen aus Wertschätzungen, Vorbehalten,<br />

Konflikten, „heiligen“ und „unheiligen“ Allianzen zwischen den an der Verhandlung beteiligten<br />

Personen aus den Institutionen sozialer Kontrolle. So funktioniert der „heimliche Lehrplan“ der<br />

Sanktionspraxis (auf dem H<strong>in</strong>tergrund der <strong>in</strong>dividuellen E<strong>in</strong>stellung des Richters/der Richter<strong>in</strong>)<br />

oftmals auf Kosten der angeklagten Jugendlichen und Heranwachsenden.<br />

6. E<strong>in</strong>e effektive Ause<strong>in</strong>andersetzung zwischen und Zusammenarbeit mit den Institutionen<br />

sozialer Kontrolle reduziert <strong>die</strong>se „natürlichen“ Bruchstellen im Umgang mit Jugendlichen und<br />

Heranwachsenden und ermöglicht e<strong>in</strong>en „vernünftigen“ und „gel<strong>in</strong>genderen“ Umgang. Das<br />

geht aber nur bei Respektierung und Beachtung der unterschiedlichen Aufgabenstellung und<br />

Arbeitsfelder.<br />

7. Die Ergebnisse e<strong>in</strong>es solchen vernünftigeren Umgangs könnten mehr Rechtssicherheit <strong>in</strong> der<br />

Kommune und e<strong>in</strong>e aufgeklärtere Öffentlichkeit se<strong>in</strong>, sofern <strong>die</strong> Instrumentalisierung der<br />

Jugendlichen und Heranwachsenden durch politische Entscheidungsträger verh<strong>in</strong>dert wird.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Arbeitsgruppe 4<br />

Zur Kooperation von Jugendhilfe, Polizei und Justiz<br />

bei der Bewältigung von Jugendkrim<strong>in</strong>alität<br />

Gerd-Ekkehard Hübner<br />

Sprecher der Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft - Polizei - <strong>in</strong> der DVJJ<br />

These 1:<br />

Die jeweils spezifischen beruflichen Sozialisationsprozesse lassen bei den <strong>in</strong> den Kooperationsfeldern<br />

tätigen Personen sehr unterschiedliche Bilder und E<strong>in</strong>schätzungen von Krim<strong>in</strong>alität <strong>in</strong><br />

unserer Gesellschaft bzw. von den „Krim<strong>in</strong>ellen“ entstehen. Von daher s<strong>in</strong>d Mißverständnisse<br />

unausweichlicher Bestandteil bei allen Versuchen nach Kooperation.<br />

These 2:<br />

Die Bearbeitung von Krim<strong>in</strong>alfällen folgt grundsätzlich den Diktionen von Polizei, Staatsanwaltschaft<br />

und Gericht.<br />

In der Ermittlungs- bzw. Strafakte wird das Bild von Wirklichkeit abgebildet, was sich <strong>die</strong><br />

professionellen Mitarbeiter der Strafverfolgungsorgane gemacht haben. Je widerspruchsfreier der<br />

Sachverhalt abgebildet wird, desto e<strong>in</strong>deutiger wird <strong>die</strong> zu Papier gebrachte Wirklichkeit zur<br />

Wahrheit.<br />

These 3:<br />

Wirklichkeit im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er objektiv, über alle Zweifel erhabenen und e<strong>in</strong>deutig beschreibbaren<br />

Tatsache ist, soweit es sich um Prozesse sozialer Interaktionen handelt, e<strong>in</strong>e Fiktion. Wirklichkeit<br />

- auch Krim<strong>in</strong>alitätswirklichkeit - ist e<strong>in</strong> Konstrukt, d.h. e<strong>in</strong> Ergebnis von Wahrnehmungs-,<br />

Bewertungs- und Zuschreibungsprozessen. Zu Papier gebracht - <strong>in</strong> Form der Akte - wird sie<br />

letztendlich erst zu der Realität, mit der sich <strong>die</strong> offiziellen Instanzen sozialer Kontrolle auf<br />

formalem Weg befassen und <strong>die</strong> sich <strong>in</strong> Krim<strong>in</strong>alitätsstatistiken abbilden läßt.<br />

These 4:<br />

Das Zusammenspiel verschiedener Perspektiven (oder <strong>in</strong> der Diktion der These 3: verschiedener<br />

Wirklichkeiten / Wahrheiten) läßt e<strong>in</strong> Bild entstehen, das <strong>die</strong> tatsächlichen Prozesse und Interaktionen<br />

<strong>in</strong>sgesamt etwas klarer abbildet und somit der Realität <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong> Stück näher<br />

kommt.<br />

Durch <strong>die</strong> - rechtzeitige - E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung anderer beruflicher Perspektiven <strong>in</strong> <strong>die</strong> „Verarbeitung“ von<br />

strafrechtlich relevanten Verhaltensweisen wird damit der Notwendigkeit e<strong>in</strong>er möglichst starken<br />

Verobjektivierung Rechnung getragen. Dazu bedarf es allerd<strong>in</strong>gs nicht nur formaler Regelungen<br />

(z.B. für <strong>die</strong> Jugendgerichtshilfe), sondern der entsprechenden E<strong>in</strong>sicht und Überzeugung, damit<br />

<strong>die</strong> Dom<strong>in</strong>anz juristischer Perspektiven relativiert werden kann.<br />

These 5:<br />

Die <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> <strong>in</strong> den letzten Jahren gefundenen Formen der Kooperation <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Problembereich<br />

haben sich durchaus bewährt und wurden durch <strong>die</strong> seit Mai 1998 <strong>in</strong> Kraft gesetzten<br />

Leitl<strong>in</strong>ien zur behördenübergreifenden Kooperation zur Bekämpfung der Jugendkrim<strong>in</strong>alität auf<br />

e<strong>in</strong>e feste Grundlage gestellt.<br />

Damit werden nunmehr auch <strong>die</strong>jenigen Institutionen mit <strong>in</strong> <strong>die</strong> Bewältigung von Krim<strong>in</strong>alitätsphänomenen<br />

e<strong>in</strong>gebunden, deren Verantwortung hierfür bisher nicht so klar erkennbar war / bzw.<br />

<strong>die</strong> sich <strong>die</strong>ser Aufgabe bisher <strong>in</strong> eher zurückhaltender Form gestellt hatten.<br />

Den beschriebenen Grundkonflikt gilt es aber stets zu beachten, um sich nicht durch Schwierigkeiten<br />

zu schnell frustrieren zu lassen.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Fazit:<br />

Kooperation aller mit der Problembewältigung sozialer Abweichung junger Menschen befaßter<br />

Institutionen ist von daher nicht nur wünschenswertes, fachliches oder politisches Ziel. Sie ist<br />

zw<strong>in</strong>gende Voraussetzung für e<strong>in</strong>e sachgerechte Bewältigung von E<strong>in</strong>zelfällen, ist aber ebenso<br />

notwendig bei der Suche nach problemangemessenen Strategien zur Bewältigung der Gesamtproblematik.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Arbeitsgruppe 4<br />

Diskussionsergebnisse (<strong>in</strong> Thesen)<br />

Das Zusammenwirken von Jugendhilfe und Jugendgerichtshilfe, Polizei,<br />

Jugendstaatsanwaltschaft, Jugendgerichten und Jugendstrafverteidigern im<br />

Umgang mit straffällig gewordenen Jugendlichen - e<strong>in</strong>e Querschnittbetrachtung<br />

Netzwerk oder Netz der Verantwortungslosigkeiten?<br />

1. Die Kooperation zwischen den am Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität beteiligten Institutionen<br />

und E<strong>in</strong>richtungen muß (noch weiter) verbessert und e<strong>in</strong>er permanenten Qualitätskontrolle<br />

unterzogen werden. Dies eröffnet schnellere und abgestimmte Reaktionsmöglichkeiten, wobei<br />

Reaktion nicht mit Sanktion gleichzusetzen ist.<br />

2. Verbesserung der Kooperation heißt <strong>in</strong>sbesondere Vertrauensbildung und Abbau von<br />

Ressentiments bzw. Berührungsängsten. Verbesserung der Kooperation bedeutet h<strong>in</strong>gegen<br />

nicht Aufweichung und E<strong>in</strong>ebnung der jeweiligen Rollen. Auch <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> jeweiligen<br />

Aufgabenbereiche getrennt zu halten.<br />

3. a) Die E<strong>in</strong>richtung von Fachkommissionen auf Bezirksebene <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> im Jahr 1998 -<br />

grundsätzlich bestehend aus: Polizei, Justiz, Jugendhilfe und Schule - ist e<strong>in</strong> Schritt <strong>in</strong> <strong>die</strong>se<br />

Richtung. Zum<strong>in</strong>dest das Verständnis der beteiligten Institutionen und E<strong>in</strong>richtungen bzw. der sie<br />

repräsentierenden Personen wird dadurch gefördert.<br />

b) Allerd<strong>in</strong>gs werden gegenüber <strong>die</strong>sen Kommissionen auch Vorbehalte geltend gemacht.<br />

Danach ist <strong>die</strong> Schwerpunktsetzung <strong>die</strong>ser Kommissionen im Bereich der <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong><br />

nicht unbedenklich. Zwar spielen auch Schule und Jugendhilfe im H<strong>in</strong>blick auf<br />

<strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong> e<strong>in</strong>e erhebliche Rolle; doch ist <strong>die</strong>s nicht ihre orig<strong>in</strong>äre Funktion. Schule<br />

und Jugendhilfe dürfen nicht auf ihre krim<strong>in</strong>alpolitische Bedeutung reduziert werden.<br />

4. Die Fachkommissionen eignen sich auch nicht zur Behandlung von E<strong>in</strong>zelfällen. Deshalb<br />

sollten darüber h<strong>in</strong>aus <strong>die</strong> Möglichkeiten zu e<strong>in</strong>er Kooperation im E<strong>in</strong>zelfall verbessert werden.<br />

Dabei ist zu beachten, daß Kooperation von den beteiligten Personen abhängt und geprägt wird.<br />

5. Zu verbessern ist auch <strong>die</strong> Kooperation der sozialen E<strong>in</strong>richtungen und Institutionen<br />

unter- bzw. nebene<strong>in</strong>ander. Konkurrenzverhältnisse s<strong>in</strong>d zu vermeiden, auch wenn es sich um<br />

marktfähige Leistungen handelt. Im H<strong>in</strong>blick auf den Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität spielt auch<br />

<strong>die</strong> Drogenhilfe e<strong>in</strong>e erhebliche Rolle.<br />

6. Verbesserung der Kooperation kostet Geld.<br />

7. a) Aufsuchende Polizeiarbeit, d. h. das tatzeitnahe Aufsuchen junger Tatverdächtiger und ihrer<br />

Eltern durch <strong>die</strong> Polizei mit dem Ziel e<strong>in</strong>es erläuternden und e<strong>in</strong>sichtsfördernden Gesprächs, zeigt<br />

positive präventive Wirkungen; auch im Bereich der sozialen Dienste sollte über e<strong>in</strong>e<br />

aufsuchende Tätigkeit verstärkt nachgedacht werden. Dies ist <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong>sofern s<strong>in</strong>nvoll,<br />

als junge Tatverdächtige den Aufforderungen der Jugendgerichtshilfe, <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>richtung zu<br />

ersche<strong>in</strong>en, des öfteren nicht Folge leisten.<br />

b) Beachtlich ist <strong>in</strong>sofern allerd<strong>in</strong>gs, daß der Jugendgerichtshilfe nur begrenzte Möglichkeiten zur<br />

Verfügung stehen. Dies führt teilweise sogar dazu, daß im Falle der Teilnahme an e<strong>in</strong>er<br />

Gerichtsverhandlung <strong>die</strong> E<strong>in</strong>richtung unbesetzt bleibt.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


8. a) Die Umstellung der Staatsanwaltschaft <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> auf e<strong>in</strong>e Zuständigkeit nach<br />

Buchstaben statt nach Bezirken ist abzulehnen. Die Kooperation mit den übrigen am<br />

Strafverfahren beteiligten Institutionen und E<strong>in</strong>richtungen wird dadurch deutlich erschwert.<br />

Vertrauensbildung zwischen den Beteiligten wird mangels h<strong>in</strong>reichenden persönlichen Kontaktes<br />

geradezu ausgeschlossen. Die Mitwirkung der Staatsanwaltschaft an den bezirklichen<br />

Fachkommissionen wird erheblich erschwert.<br />

b) Es ist zu überprüfen, ob <strong>die</strong> gesetzliche Vorgabe des § 37 JGG, wonach Jugendrichter und<br />

Jugendstaatsanwälte besondere pädagogische Fähigkeiten aufweisen sollen, stets h<strong>in</strong>reichend<br />

beachtet wird. Sollte <strong>die</strong> Überprüfung e<strong>in</strong>en Mißstand offenbaren, ist <strong>die</strong>ser zu beheben.<br />

9. a) Es ist zu überprüfen, wo und wie im Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität Arbeitsprozesse<br />

vere<strong>in</strong>facht und der Verwaltungsaufwand reduziert werden kann. Dadurch können zeitliche<br />

und f<strong>in</strong>anzielle Ressourcen freigesetzt und e<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>nvolleren Verwendung zugeführt werden.<br />

Beispielhaft sei <strong>die</strong> Möglichkeit genannt, weitgehend auf große schriftliche Berichte der<br />

Jugendgerichtshilfe zu verzichten und <strong>die</strong> mündlichen persönlichen Berichte ausreichen zu<br />

lassen. Zu Vere<strong>in</strong>fachen s<strong>in</strong>d etwa auch Verwaltung und Übermittlung der Akten.<br />

b) Den Jugendgerichten soll <strong>die</strong> Möglichkeit verschafft werden, sich auf <strong>die</strong> wesentlichen Fälle zu<br />

konzentrieren. S<strong>in</strong>nvoll ist <strong>in</strong>sofern <strong>die</strong> Anwendung von Diversionsmaßnahmen, <strong>in</strong>sbesondere <strong>die</strong><br />

Ausweitung der Nutzung der E<strong>in</strong>stellungsmöglichkeiten gemäß §§ 45 II, III JGG durch <strong>die</strong><br />

Staatsanwaltschaft.<br />

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Arbeitsgruppe 5<br />

Die massenmediale Inszenierung von Jugendkrim<strong>in</strong>alität<br />

Prof. Dr. Michael Walter<br />

Universität Köln, Krim<strong>in</strong>ologische Forschungsstelle des<br />

Krim<strong>in</strong>alwissenschaftlichen Instituts<br />

Thesen<br />

1. Me<strong>die</strong>nveröffentlichungen zum Thema Krim<strong>in</strong>alität werden irreführend als Berichte bezeichnet:<br />

Ihre Funktion besteht aber weniger <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wiedergabe von Realitäten als vielmehr <strong>in</strong> der<br />

Schaffung e<strong>in</strong>er eigenständigen „Me<strong>die</strong>nkrim<strong>in</strong>alität“. Diese richtet sich nicht nach krim<strong>in</strong>ologischen<br />

Gesetzmäßigkeiten, sondern nach den Gesetzen des Me<strong>die</strong>nmarktes, <strong>die</strong> dadurch<br />

das öffentliche Ersche<strong>in</strong>ungsbild der Krim<strong>in</strong>alität - und <strong>in</strong>sbesondere des Krim<strong>in</strong>alitätsanstiegs<br />

- bestimmen.<br />

2. Die Me<strong>die</strong>n s<strong>in</strong>d, um genügend Konsumenten zu erreichen, existentiell auf Krim<strong>in</strong>alität angewiesen<br />

(„Sex and Crime“). In den medialen Verlautbarungen können sich aber nur<br />

spektakuläre Aussagen behaupten. Deswegen muß wahrheitswidrig fortwährend etwas Neues<br />

behauptet werden („neue Qualität“ der Krim<strong>in</strong>alität). Dieser publizistische Zwang begünstigt<br />

nicht nur allgeme<strong>in</strong> Krim<strong>in</strong>alitätsdramatisierungen, sondern <strong>in</strong>sbesondere <strong>die</strong> e<strong>in</strong>seitige<br />

Auswahl von Schreckensmeldungen. Da letztere <strong>in</strong> zahlenmäßig nennenswertem Umfang<br />

meist nicht zu haben s<strong>in</strong>d, werden untypische Ausnahmefälle herausgegriffen und emotional<br />

aufgebaut (z.B. „Mehmet“-Fall). Dieses Vorgehen kann <strong>in</strong>sgesamt als Gegenteil des<br />

„rationalen Umgangs mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität“ (Tagungsüberschrift) angesehen werden.<br />

3. Mediale Erörterungen stehen unter dem Anspruch, <strong>die</strong> Erwartungen der Konsumenten<br />

umfassend zu erfüllen. Beim Thema Krim<strong>in</strong>alität werden deshalb regelmäßig drei Aspekte<br />

angesprochen: bestimmte Ereignisse (oder abstrakter: „<strong>die</strong> Statistiken“), <strong>die</strong> „Ursachen“ der<br />

Krim<strong>in</strong>alität und <strong>die</strong> „richtige“ Lösung. Es entsteht e<strong>in</strong> krasses Mißverhältnis zwischen der<br />

aufgeworfenen Komplexität der Thematik und den medialen Möglichkeiten e<strong>in</strong>er adäquaten<br />

Behandlung. Den Ausweg bilden schließlich schlichte Parolen (z.B. für Ereignisse: „Welle der<br />

Gewalt“, für Ursachen: „Werteverlust“, als Lösung: „0 - Toleranz“), <strong>die</strong> <strong>in</strong> Abständen - nach<br />

jeweiligen Zeitströmungen - ausgewechselt werden können.<br />

4. Die konstituierte Me<strong>die</strong>nkrim<strong>in</strong>alität bildet den Ausgangspunkt auch für (krim<strong>in</strong>al-)politische<br />

Initiativen - und wird auf <strong>die</strong>sem Wege „real“. Entsprechend strukturierte „Reformen“<br />

verh<strong>in</strong>dern s<strong>in</strong>nvolle krim<strong>in</strong>alpolitische Entwicklungen (jüngstes Beispiel: Kampf gegen<br />

Sexualtäter). Per Saldo stellen Me<strong>die</strong>n mit ihrem zuvor skizzierten Wirken e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong> nicht<br />

h<strong>in</strong>reichend bewußte Gefahr für unser auf demokratische Me<strong>in</strong>ungsbildung angewiesenes<br />

Geme<strong>in</strong>wesen dar.<br />

5. Nötig werden Strategien der Aufklärung (aber: Problem der Me<strong>die</strong>n“befangenheit“).<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Thesen<br />

Arbeitsgruppe 5<br />

Die massenmediale Inszenierung von Jugendkrim<strong>in</strong>alität<br />

Hilmar Zschach, Journalist<br />

1. E<strong>in</strong>e seriöse Berichterstattung über Jugendkrim<strong>in</strong>alität f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> den <strong>Hamburg</strong>er Massenme<strong>die</strong>n<br />

nicht statt.<br />

2. Wenn über Jugendkrim<strong>in</strong>alität berichtet wird, dann ausschließlich unter Sensationsgesichtspunkten.<br />

3. „Ursachen“ für Jugendkrim<strong>in</strong>alität werden nur dann dargestellt, wenn sie dem Redakteur e<strong>in</strong>leuchten<br />

und passen<br />

Also: Der Jugendliche wurde deshalb schließlich zum Mörder, weil er bei vorangegangenen<br />

Straftaten von den Jugendrichtern zu lasch be<strong>die</strong>nt wurde.<br />

E<strong>in</strong>e Ursache für Jugendkrim<strong>in</strong>alität s<strong>in</strong>d demnach Jugendrichter, Jugendstaatsanwälte und <strong>die</strong><br />

Jugendgerichtshilfe sowieso.<br />

Wenn <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> dagegen der Jugendgerichtstag stattf<strong>in</strong>det und Ursachen von Jugendkrimi<br />

nalität aufzeigt, wird darüber praktisch nicht berichtet.<br />

Denn mit den Lösungsansätzen der Praktiker und Theoretiker aus der Jugendstrafrechtspflege<br />

s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Stammtische nicht zu befriedigen.<br />

4. Journalisten s<strong>in</strong>d Schreibtischtäter.<br />

Sie schüren bewußt <strong>die</strong> Angst der Menschen, Opfer von jugendlichen Straftätern zu werden.<br />

Die politischen Rattenfänger bieten sich dabei gerne mit griffigen Parolen an.<br />

Und wer sich ernsthaft mit den Ursachen für den teilweise hohen Anteil von jugendlichen aus<br />

ländischen Straftätern beschäftigt, bekommt zu spüren, wie der Brunnen von denen vergiftet<br />

wurde, <strong>die</strong> nur e<strong>in</strong>s fordern: Krim<strong>in</strong>elle Ausländer raus, aber schnell.<br />

5. Volksverdummung fördert Volksverhetzung.<br />

Sie wird <strong>in</strong> der Krim<strong>in</strong>alitätsberichterstattung mit beachtlichem Erfolg betrieben.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


Arbeitsgruppe 5<br />

Diskussionsergebnisse (<strong>in</strong> Thesen)<br />

Die massenmediale Inszenierung von Jugendkrim<strong>in</strong>alität<br />

Spiegel der Realität oder Agitation wider alle Erkenntnisse<br />

1. Die Presse ist aufgefordert, kritisch, aber korrekt ihr Wächteramt auszuüben.<br />

2. Die mediale Darstellung von Jugendkrim<strong>in</strong>alität folgt der nachstehenden strukturellen<br />

Gesetzmäßigkeit:<br />

n Me<strong>die</strong>nveröffentlichungen zum Thema Krim<strong>in</strong>alität werden irreführend als „Berichte“<br />

bezeichnet: Ihre Funktion besteht aber weniger <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wiedergabe von Realitäten als<br />

vielmehr <strong>in</strong> der Schaffung e<strong>in</strong>er eigenständigen „Me<strong>die</strong>nkrim<strong>in</strong>alität“. Diese richtet sich nicht<br />

nach krim<strong>in</strong>ologischen Gesetzmäßigkeiten, sondern nach den Gesetzen des Me<strong>die</strong>nmarktes,<br />

<strong>die</strong> dadurch das öffentliche Ersche<strong>in</strong>ungsbild der Krim<strong>in</strong>alität - und <strong>in</strong>sbesondere des<br />

Krim<strong>in</strong>alitätsanstiegs - bestimmen.<br />

n Die Me<strong>die</strong>n s<strong>in</strong>d, um genügend Konsumenten zu erreichen, existentiell auf Krim<strong>in</strong>alität<br />

angewiesen („Sex and Crime“). In den medialen Verlautbarungen können sich aber nur<br />

spektakuläre Aussagen behaupten. Deswegen muß wahrheitswidrig fortwährend etwas<br />

Neues behauptet werden („neue Qualität der Krim<strong>in</strong>alität“). Dieser publizistische Zwang<br />

begünstigt nicht nur allgeme<strong>in</strong> Krim<strong>in</strong>alitätsdramatisierungen, sondern <strong>in</strong>sbesondere <strong>die</strong><br />

e<strong>in</strong>seitige Auswahl von Schreckensmeldungen. Da letztere <strong>in</strong> zahlenmäßig nennenswertem<br />

Umfang meist nicht zu haben s<strong>in</strong>d, werden untypische Ausnahmefälle herausgegriffen und<br />

emotional aufgebaut (z.B. „Mehmet“-Fall). Dieses Vorgehen kann <strong>in</strong>sgesamt als Gegenteil zum<br />

„rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität“ angesehen werden.<br />

n Mediale Erörterungen stehen unter dem Anspruch, <strong>die</strong> Erwartungen der Konsumenten<br />

umfassend zu erfüllen. Beim Thema Krim<strong>in</strong>alität werden deshalb regelmäßig drei Aspekte<br />

angesprochen: bestimmte Ereignisse (oder abstrakter: „<strong>die</strong> Statistiken“), <strong>die</strong> „Ursachen“ der<br />

Krim<strong>in</strong>alität und <strong>die</strong> „richtige“ Lösung. Es entsteht e<strong>in</strong> krasses Mißverhältnis zwischen der<br />

aufgeworfenen Komplexität der Thematik und den medialen Möglichkeiten e<strong>in</strong>er<br />

adäquaten Behandlung. Den Ausweg bilden schließlich schlichte Parolen (z.B. für Ereignisse:<br />

„Welle der Gewalt“, für Ursachen: „Werteverlust“, als Lösung: „0-Toleranz“), <strong>die</strong> <strong>in</strong> Abständen -<br />

nach jeweiligen Zeitströmungen - ausgewechselt werden können.<br />

n Die konstituierte Me<strong>die</strong>nkrim<strong>in</strong>alität bildet den Ausgangspunkt auch für (krim<strong>in</strong>al-) politische<br />

Initiativen - und wird auf <strong>die</strong>sem Wege „real“. Entsprechend strukturierte „Reformen“<br />

verh<strong>in</strong>dern s<strong>in</strong>nvolle krim<strong>in</strong>alpolitische Entwicklungen (jüngstes Beispiel: Kampf gegen<br />

Sexualtäter). Per Saldo stellen Me<strong>die</strong>n mit ihrem zuvor skizzierten Wirken e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong> nicht<br />

h<strong>in</strong>reichend bewußte Gefahr für unser auf demokratische Me<strong>in</strong>ungsbildung angewiesenes<br />

Geme<strong>in</strong>wesen dar.<br />

3. Die aufgezeigten Strukturen führen dazu, daß :<br />

n wenn über Jugendkrim<strong>in</strong>alität berichtet wird, <strong>die</strong>ses ausschließlich unter<br />

Sensationsgesichtspunkten geschieht.<br />

n „Ursachen“ für Jugendkrim<strong>in</strong>alität nur dargestellt werden, wenn sie dem Verständnis der<br />

Redaktion entsprechen.<br />

AsJ-Sem<strong>in</strong>ar 6./7. Februar ‘99 <strong>Jugendkrim<strong>in</strong>alpolitik</strong>: <strong>Zurück</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>? - Für e<strong>in</strong>en rationalen Umgang mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität


n <strong>die</strong> Ängste, Opfer von jugendlichen Straftätern zu werden, bei vielen Menschen geschürt<br />

werden und damit große Teile der Jugendlichen zu „Krim<strong>in</strong>ellen“ abgestempelt werden.<br />

4. Die mit Jugendkrim<strong>in</strong>alität befaßten Institutionen haben folgende Möglichkeiten zur<br />

Mitgestaltung der medialen Darstellung der Krim<strong>in</strong>alität:<br />

n persönliche Ansprache der Me<strong>die</strong>nvertreter.<br />

n aktive und offensive Öffentlichkeitsarbeit <strong>in</strong> gut verständlicher Sprache.<br />

n schnelle Reaktion und Information zur Vermeidung von falscher Berichterstattung.<br />

n „schriftliche Handreichungen“.<br />

n Mut und Zivilcourage, z.B. zum Schreiben von Leserbriefen.<br />

n positive bzw. kritische Rückmeldung auf Berichterstattungen.<br />

n Skandalbeispiele neutralisieren durch positive Beispiele, Projekte etc.<br />

n soziale Verantwortung von Stadtteilblättern nutzen.<br />

5. Um e<strong>in</strong> wirksame Mitgestaltung der medialen Darstellung der Jugendkrim<strong>in</strong>alität zu<br />

erreichen, sollten <strong>die</strong> mit der Jugendkrim<strong>in</strong>alität befaßten Institutionen und Personen ihre<br />

Kommunikation, Information und Zusammenarbeit verbessern.<br />

6. Direkte Aufklärung der Bevölkerung über <strong>die</strong> mediale Darstellung und <strong>die</strong> Realität der<br />

Jugendkrim<strong>in</strong>alität, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den Schulen.<br />

7. Die Politik sollte sich der medialen Inszenierung der Jugendkrim<strong>in</strong>alität bewußt se<strong>in</strong> und<br />

ihre Entscheidungen davon nicht leiten lassen.<br />

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Christa Randzio-Plath, Europa-Büro, Alter<br />

Fischmarkt 11, 20457 <strong>Hamburg</strong><br />

Jugendarbeitslosigkeit <strong>in</strong> Europa<br />

Christa Randzio-Plath<br />

Mitglied des Europäischen Parlaments<br />

EUROPA-BÜRO<br />

Alter Fischmarkt 11<br />

D - 20457 <strong>Hamburg</strong><br />

Telefon 040 - 33 17 44<br />

FAX 040 - 32 25 88<br />

e-mail C. Randzio-Plath. MdEP @t - onl<strong>in</strong>e.de<br />

homepage http://home.tonl<strong>in</strong>e.de/home/C.Randzio-Plath.MdEP/<br />

1. Die Massenarbeitslosigkeit stellt Europa und <strong>die</strong> europäische Demokratie vor e<strong>in</strong>e Existenzund<br />

Glaubwürdigkeitsfrage. Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere für <strong>die</strong> Jugendarbeitslosigkeit. Rund jede<br />

fünfte Person unter 25 Jahren <strong>in</strong> der Erwerbsbevölkerung der Europäischen Union ist ohne<br />

Arbeit und <strong>die</strong> Jugendarbeitslosenrate ist doppelt so hoch wie <strong>die</strong> Arbeitslosenquote<br />

<strong>in</strong>sgesamt. Wenn man <strong>die</strong> Tatsache <strong>in</strong> Rechnung stellt, daß viele jungen Menschen mit 25<br />

Jahren noch <strong>in</strong> Ausbildung oder im Studium s<strong>in</strong>d, sieht <strong>die</strong> Entwicklung weniger dramatisch,<br />

aber immer noch dramatisch aus: 10 Prozent aller jungen Menschen s<strong>in</strong>d arbeitslos. Mehr als<br />

60% von ihnen s<strong>in</strong>d länger als 6 Monate arbeitslos, 40% länger als e<strong>in</strong> Jahr. Deutschland,<br />

Österreich, <strong>die</strong> Niederlande und Dänemark s<strong>in</strong>d am erfolgreichsten <strong>in</strong> der Integration junger<br />

Menschen <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt. Spanien, Griechenland und Italien haben <strong>die</strong> größten<br />

Probleme. In Spanien s<strong>in</strong>d 45% der jungen Menschen arbeitslos, <strong>in</strong> Italien und F<strong>in</strong>nland<br />

bef<strong>in</strong>den sich nur rund e<strong>in</strong> Drittel aller Jugendlichen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em regulären<br />

Beschäftigungsverhältnis.<br />

2. Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit hängt auch mit der Beschäftigungsfähigkeit und<br />

Anpassungsfähigkeit an neue Entwicklungen zusammen. Rund 20% der Schulabgänger<br />

verfügen weder über das notwendige Wissen noch über <strong>die</strong> Fähigkeiten, <strong>die</strong> auf dem<br />

Arbeitsmarkt gebraucht werden. Besorgniserregend ist <strong>die</strong> steigende Zahl von arbeitslosen<br />

Jugendlichen, <strong>in</strong> deren Familien niemand e<strong>in</strong>er festen Beschäftigung nachgeht. Diese Gruppe<br />

verliert leicht den Kontakt zum Arbeitsmarkt und ist somit besonders von der<br />

Langzeitarbeitslosigkeit und langfristiger Abhängigkeit von der Sozialhilfe bedroht.<br />

Besorgniserregend ist aber auch, daß 5 Millionen Jugendliche <strong>die</strong> Schule ohne e<strong>in</strong>en<br />

qualifizierten Abschluß verlassen und weitere 14 Millionen Jugendliche nach ihrer<br />

Pflichtschulzeit im Zeitalter der Wissensgesellschaft ke<strong>in</strong>e weiterführende Ausbildung<br />

durchlaufen. Von daher bilden <strong>die</strong> ESF-Programme Brücken für <strong>die</strong> berufliche E<strong>in</strong>gliederung<br />

von Jugendlichen ohne Beschäftigung. Obwohl das Bildungsniveau <strong>in</strong> Europa noch nie so<br />

hoch war wie jetzt, stellt <strong>die</strong> Jugendarbeitslosigkeit e<strong>in</strong>es der größten Probleme dar.<br />

3. Die Beschäftigungssituation für junge Frauen ist generell schlechter als <strong>die</strong> für junge Männer.<br />

Die Arbeitslosenquote für <strong>die</strong> Gruppe der 15- bis 24jährigen Frauen ist 3% höher als für<br />

gleichaltrige Männer. Während durchschnittlich genausoviele junge Frauen wie Männer e<strong>in</strong>e<br />

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allgeme<strong>in</strong>e oder berufliche Ausbildung absolvieren, s<strong>in</strong>d 5% weniger junge Frauen im Alter von<br />

15 bis 19 Jahren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Beschäftigungsverhältnis oder arbeitslos. In der Gruppe der 20- bis<br />

24jährigen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt 8% weniger Frauen beschäftigt oder arbeitslos.<br />

4. Mit Bildung, Ausbildung und Jobvermittlung will <strong>die</strong> Europäische Union das Problem der<br />

Jugendarbeitslosigkeit bewältigen, weil <strong>die</strong> Jugendlichen <strong>in</strong> der Gesellschaft an den Rand<br />

gedrängt werden, wenn sie nicht <strong>in</strong>tegriert werden. Die Europäische Union fördert mit ihren<br />

Programmen <strong>die</strong> Beschäftigungsfähigkeit von Jugendlichen:<br />

• Projekte des Europäischen Sozialfonds - Qualifizierungsmaßnahmen<br />

• Youthstart - Qualifizierungsmaßnahmen für Jugendliche unter 20 Jahren<br />

• Leonardo da V<strong>in</strong>ci - Ausbildungsprogramme<br />

• Europäischer Freiwilligen<strong>die</strong>nst: 6-12 monatige Aufenthalte mit ehrenamtlicher Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

EU-Mitgliedstaat<br />

• NOW - Förderung gleicher Berufsmöglichkeiten für Frauen<br />

• INTEGRA - Verbesserung des Zugangs zum Arbeitsmarkt und der<br />

Beschäftigungsmöglichkeiten für gefährdete Gruppen (u.a. sozialbenachteiligte Jugendliche)<br />

• Die Schule „der zweiten Chance“: Chancen für Schulabbrecher und Ausgegrenzte, z.B. <strong>in</strong><br />

Marseille, aber auch <strong>in</strong> Italien, Griechenland, Portugal, F<strong>in</strong>nland<br />

• <strong>die</strong> E<strong>in</strong>führung des europäischen Arbeitsmarktnetzes EURES, das <strong>die</strong> Mobilität der<br />

Arbeitskräfte fördert<br />

5. Beispiele für europäische Projekte zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong>:<br />

Jugendgästehaus Moorkamp (Arbeit und Lernen <strong>Hamburg</strong> GmbH): Qualifizierung von jungen<br />

Erwachsenen ohne Hauptschulabschluß <strong>in</strong> den Tätigkeiten des Baugewerbes<br />

Ausbildung zur Fachkraft für Lagerwirtschaft (DEKRA-Akademie GmbH): Erstausbildung<br />

Jungerwachsener mit schwachem oder ohne Hauptschulabschluß zur Fachkraft für<br />

Lagerwirtschaft<br />

Ausbildung Farbe (GATE GmbH):<br />

Außerbetriebliche Ausbildung von Jungerwachsenen ohne Berufsausbildung oder abgebrochener<br />

Ausbildung zum Maler oder Lackierer zum Gesellen bzw. Gesell<strong>in</strong> im Maler- und Lackierhandwerk<br />

Historischer Bootsbau Artemis“ (Jugend <strong>in</strong> Arbeit e.V.):<br />

Benachteiligte Jugendliche und Jungerwachsene erhalten e<strong>in</strong>e Erstausbildung im Rahmen der<br />

Restaurierung der Kreuzerjacht „Artemis“ (komb<strong>in</strong>iert mit e<strong>in</strong>em ABM-Qualifizierungsprojekt)<br />

Renovierungsprojekt (Soziale Arbeit und Forschung):<br />

Qualifizierungslehrgang <strong>in</strong> Modulform für langzeitarbeitslose männliche Jugendliche bis 25 Jahre<br />

Haupt- und Realschulabschlußprojekt (ZEBRA e.V.):<br />

Arbeitslose zwischen 18-25 Jahren bereiten sich <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit e<strong>in</strong>er AB-Maßnahme auf<br />

e<strong>in</strong>en Haupt- oder Realschulabschluß vor<br />

Café-Projekt (Soziale Arbeit und Forschung):<br />

Langzeitarbeitslose, meist alle<strong>in</strong>erziehende Frauen im Alter von 18 bis 35 Jahren werden<br />

h<strong>in</strong>sichtlich beruflicher Orientierung und fachlicher Qualifizierung mit anschließender Ausbildung<br />

gefördert.<br />

6. Ausbildung, Arbeit, Gewalt und Krim<strong>in</strong>alität, e<strong>in</strong> Beispiel aus Großbritannien, das vorbildlich<br />

den Sachzusammenhang zwischen Berufsperspektive und Krim<strong>in</strong>alität zu durchbrechen versucht:<br />

In Birm<strong>in</strong>gham wurde 1993 das BEAT-Projekt gestartet. Ziel des Projektes war es, straffälligen<br />

Jugendlichen nach Ableisten ihrer Jugendstrafe e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e und berufliche Bildung sowie für<br />

<strong>die</strong> Arbeitssuche notwendige Fähigkeiten zu vermitteln, um so zu vermeiden, daß sie rückfällig<br />

werden. Der Ausbildungs- und Unternehmensrat <strong>in</strong> Birm<strong>in</strong>gham (TEC) und <strong>die</strong> West-Midlands-<br />

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Bewährungshilfe schlossen sich hierfür zusammen. Die Jugendlichen werden von<br />

Bewährungshelfern an das Projekt weitergeleitet, <strong>die</strong> Beratungen werden von Tutoren<br />

durchgeführt, <strong>die</strong> über Aus-, Weiterbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten <strong>in</strong>formieren und<br />

auch bei sozialen Fragen und Wohnungsproblemen mit Rat und Tat zur Seite standen. Waren<br />

ursprünglich als Zielgruppe vor allem erwerbslose, nicht mehr schulpflichtige Straftäter im Alter<br />

von 16 bis 18 Jahren aus e<strong>in</strong>em bestimmten Stadtteil anvisiert, so wurde das Programm aufgrund<br />

des Erfolges erweitert. Die 1996 vorgenommene Evaluierung des Projektes hat ergeben, daß von<br />

den 35 am Projekt beteiligten Personen 60% nicht rückfällig geworden s<strong>in</strong>d und 63% e<strong>in</strong>e<br />

Fortbildung oder e<strong>in</strong>e Beschäftigung aufgenommen haben.<br />

7. Jugendliche, denen der E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong>s Berufsleben verwehrt wird, haben auch später kaum noch<br />

e<strong>in</strong>e Chance, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Beschäftigungsverhältnis zu gelangen. Junge Arbeitslose werden somit sehr<br />

schnell zu den Langzeitarbeitslosen von morgen. Bemühungen, Jugendliche <strong>in</strong> das Arbeitsleben<br />

zu <strong>in</strong>tegrieren, müssen deshalb sehr frühzeitig erfolgen. E<strong>in</strong>e hohe Jugendarbeitslosigkeit aber<br />

belastet nicht alle<strong>in</strong> <strong>die</strong> Sozialsysteme: In e<strong>in</strong>er Gesellschaft, deren Mitglieder sich nach wie vor<br />

ganz überwiegend über den Faktor Arbeit def<strong>in</strong>ieren, fühlen sich <strong>in</strong>sbesondere junge Menschen<br />

ausgestoßen, wenn ihnen ke<strong>in</strong>e Berufs- und Lebensperspektiven eröffnet werden. Das<br />

„E<strong>in</strong>loggen“ <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt hilft bei der Überw<strong>in</strong>dung der sozialen Ausgrenzung und kann<br />

dazu beitragen, daß berufliches Lernen als nützlich für den betroffenen Menschen erfahren wird<br />

und ihr <strong>in</strong>dividuelles und soziales Dase<strong>in</strong> verbessert. Die europäische Union sieht <strong>die</strong><br />

Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit im Interesse von Demokratie und <strong>Zukunft</strong>schancen für<br />

Europa als e<strong>in</strong>e der höchsten Prioritäten ihrer Beschäftigungs- und Sozialpolitik.<br />

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TeilnehmerInnen<br />

Alheit, Krist<strong>in</strong><br />

Ates, Bezar Student<strong>in</strong><br />

Bayer, Manfred kath. Ordensgeistlicher<br />

Beckmann, Lothar ÖTV - BJA<br />

Behrmann, Katr<strong>in</strong> Rechtsanwält<strong>in</strong><br />

Bel<strong>in</strong>g, Günter Journalist, <strong>Hamburg</strong>er Morgenpost<br />

Berger., Nikolaus Dr RiLG<br />

Billepp, Ronald Referendar<br />

Biller, Annegret ÖTV-Jugend<br />

Bittscheidt, Dorothee Dr. Soziolog<strong>in</strong>, Staatssekretär<strong>in</strong> a.D.<br />

Blank, Jörn BfI, PD Ost, Jugendbeauftragter<br />

Blume<br />

Bochnick, Boris Parlamentsreferent, Justizbehörde<br />

Bodd<strong>in</strong>, Carsten Jugendstaatsanwalt<br />

Böhm, Christian Dr. BSJB, Dienststelle Schülerhilfe, Referat Gewaltprävention<br />

Böhnisch, Wilfried Pastor, Krefeld<br />

Borchardt, Torsten Deputation Stadtentwicklungsbehörde<br />

Bredenböcker, Dirk Jugendgerichtshilfe Eimsbüttel<br />

Buchholz, Mart<strong>in</strong>a Rechtsanwält<strong>in</strong><br />

Buiz<strong>in</strong>ga, Dietrich BfI, PD West, Jugendbeauftragter<br />

Burga, R.<br />

Cremer, Wolfram Assessor, Hochschulassistent<br />

Debler, Georg Rechtsanwalt<br />

Dieckmann, Alexander Beratungsstelle Männer gegen Männergewalt<br />

Dittmer, Jörg BfI, PD Mitte<br />

Dreyer, He<strong>in</strong>z Kreisvorstand Eimsbüttel, Polizeibeamter<br />

Dühr, Florian Doktorand<br />

Eberhardt, Holger Schöffe am Bezirksjugendgericht<br />

Ehlers-Munz Dr.<br />

Engler, Frank BfI, PD Süd, Jugendbeauftragter<br />

Erdem, Mahmut MdBü<br />

Estrum, Maren Student<strong>in</strong><br />

Feddern, Jürgen Sozialpädagoge, Leiter der Region Fuhlsbüttel/Langenhorn<br />

im Jugendamt des Bezirksamtes HH Nord<br />

Fiedler, Luisa Lehrer<strong>in</strong><br />

Frommel, Monika Prof. Dr. Direktor<strong>in</strong> des Instituts für Krim<strong>in</strong>ologie, Universität Kiel<br />

Funke, Rita Gefängnisseelsorger<strong>in</strong><br />

Garlevskis, Wolfgang Krim<strong>in</strong>ologe<br />

Geigle, Birgit Grundsatzreferent<strong>in</strong> Justizbehörde<br />

Gerhardt., Ursula Dr Richter<strong>in</strong> am BGH<br />

Glismann, Swantje wissensch. Referent<strong>in</strong> <strong>SPD</strong>-Bürgerschaftsfraktion<br />

Glogau, Margrit Jugendrichter<strong>in</strong><br />

Goslar, Jeanette Rechtsanwält<strong>in</strong><br />

Grambow, Hans-Jürgen Dr. Rechtsanwalt<br />

Gregor, Angelika Rechtsanwält<strong>in</strong><br />

Gross, Andreas Leiter Jugend- und Frauenvollzugsanstalt Hahnöfersand<br />

Großmann, Nele<br />

Grube, Christian Richter am Oberverwaltungsgericht<br />

Hansen, Renate Amt für Jugend, K<strong>in</strong>der- und Jugendnot<strong>die</strong>nst<br />

Hanske, Matthias BfI, PD Süd, Jugendschutz Süd<br />

Hanusch, Marion Referendar<strong>in</strong><br />

Harr<strong>in</strong>ga, Christian Referendar<br />

Hartnagel, Anke MdB<br />

Hauchler, Peter Student<br />

Hauto, Monika Distriktsvorsitzende<br />

He<strong>in</strong>emann, Wolfgang Verbundleiter im Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung<br />

He<strong>in</strong>rich, Gitta<br />

Hensel, Georg dpa<br />

Herbig, Susanne Rechtsanwält<strong>in</strong><br />

Herfurth, Dietrich Vorstand e<strong>in</strong>es freien Trägers Hilfen zur Erziehung<br />

Hilgers, Andrea MdBü<br />

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Horstkotte, Ingrid Direktor<strong>in</strong> des Amtsgerichts HH Wandsbek<br />

Hübner, Ekkehart Krim<strong>in</strong>aldirektor, Sprecher der Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

Polizei <strong>in</strong> der DVJJ<br />

Jabs, Hermann<br />

Jasper, Michael BfI, Landeskrim<strong>in</strong>alamt <strong>Hamburg</strong><br />

Junge, Susanne wissenschaftl. Referent<strong>in</strong><br />

Kahl, Rita Distriktsvorstand St. Georg<br />

Kähler, Bett<strong>in</strong>a MdBü<br />

Kämpfert, Silke<br />

Katz, Joachim Jugendrichter<br />

Kazamel, Inge Deputation BSJB, LJHA<br />

Kerschbaumer, Judith Referent<strong>in</strong> für Sozialpolitik beim Bundesvorstand der DAG<br />

Kerschl<strong>in</strong>g, Susannne<br />

Kiéck, Peter<br />

Kieler, Torsten BfI, PD Ost, Jugendbeauftragter<br />

Kilgast, Susanne Distriktsvorstand St. Georg<br />

Kle<strong>in</strong>feld, Renate<br />

Kl<strong>in</strong>gst, Mart<strong>in</strong> Journalist, DIE ZEIT<br />

Klooß, Rolf-D. MdBü, Rechtspol. Sprecher der <strong>SPD</strong>-Bürger-schaftsfraktion<br />

Kluge, Gabriela<br />

Knauer, Nicole Rechtsanwält<strong>in</strong><br />

Köhnke, Mart<strong>in</strong> Leitender Oberstaatsanwalt, LG <strong>Hamburg</strong><br />

Körner, Hellmut Dr. Leiter Planungsstab <strong>in</strong> der Senatskanzlei<br />

Körner., Manfred Dr. Distriktsvorsitzender<br />

Korte, Oliver<br />

Krätzschmar, Lutz Sozialpädagoge, Vere<strong>in</strong> Nöldeckestraße<br />

Kreissl, Re<strong>in</strong>hard Dr. Soziologe, Universität <strong>Hamburg</strong><br />

Kreß<strong>in</strong>, Michael Rechtsanwalt<br />

Krömer, Franziska Jugendhilfe e.V.<br />

Krüger, Claudia Rechtsanwält<strong>in</strong><br />

Kunath, Werner Krim<strong>in</strong>alhauptkommissar, stellv. Sprecher der Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

Polizei <strong>in</strong> der DVJJ<br />

Kutschke, Torsten<br />

Lamm, Thomas Päd. Ltg, Pestalozzi-Stiftung<br />

Lamp, Hans-Henrik Berater beim Projekt SSP, Soziales, Schule, Polizei, Dänemark<br />

Landsberg, Gerrit Referendar<br />

Langhanky, Michael Dr. Das Rauhe Haus, Ev. FHS für Sozialpädagogik<br />

Langkamp, Derk BfI, PD Mitte, Jugendbeauftragter<br />

Leibnitz, Annegret Distriktsvorstand St. Georg<br />

Löhr, Holle Eva Dr. Leitende Oberstaatsanwält<strong>in</strong>, Itzehoe<br />

Löhr, Udo Dr. Oberstaatsanwalt, <strong>Hamburg</strong><br />

Lüdemann, Carsten Ludwig MdBü<br />

Lüth, Annette<br />

Maaß, Lutz Jurist<br />

Maaß, Mart<strong>in</strong><br />

Matz, Jürgen Pastor, Anstaltsbeirat Hahnöversand<br />

Mehmel, Friedrich-Joachim Vors.Ri am Verwaltungsgericht, AsJ Vorsitzender <strong>Hamburg</strong><br />

Meier, Rolf Deputierter Justizbehörde<br />

Meixner, Rüdiger Referendar<br />

Menge, Evelyn<br />

Meyer, Dirk Rechtsanwalt<br />

Meyer, Peter Ulrich <strong>Hamburg</strong>er Abendblatt<br />

Mittelacher, Bett<strong>in</strong>a <strong>Hamburg</strong>er Abendblatt<br />

Müller, Thorsten Jugendamt Eimsbüttel<br />

Müßener, Klaus BfI, PD Süd, Leiter Jugendschutz<br />

Näthe, Elke<br />

Nebel, Silke Polizeibeamt<strong>in</strong><br />

Neumann, Michael MdBü<br />

Neumann, Wolfgang Dipl.-Pädagoge, Bereichsleiter im Jugendhilfe-zentrum Margaretenort<br />

O’Sullivan, Daniel Jusos Wilhelmsburg<br />

Öhlrich, Kai-Volker Vizepräsident des Landgerichts <strong>Hamburg</strong>, Vorsitzender e<strong>in</strong>er<br />

Jugendstrafkammer<br />

Ottenburg, Ralph Distriktsvorstand St. Georg<br />

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Patek, Wolfram Deputation Justizbehörde<br />

Peschel-Gutzeit Dr., Lore-Marie Senator<strong>in</strong>, Justizbehörde<br />

Peterich, Petra Dipl.-Sozialpädagog<strong>in</strong>, Lüneburg<br />

Pfrengle, Manfred<br />

Pirk, Susanne Richter<strong>in</strong> am Amtsgericht<br />

Plog, Karsten Frankfurter Rundschau<br />

Pörksen, Anke AsJ-Vorstand <strong>Hamburg</strong><br />

Pörksen, Jan AsJ-Vorstand <strong>Hamburg</strong><br />

Prellwitz, Detleff Oberstaatsanwalt, Oldenburg<br />

Preuhs, Ursel <strong>SPD</strong>-Landesvorstand<br />

Randzio-Plath, Christa MdEP<br />

Reckewell, Peter Distriktsvorsitzender<br />

Reichmann, Michael Mitglied des Arbeitsstabes der Enquete-Kommission Jugendkrim<strong>in</strong>alität<br />

Re<strong>in</strong>ermann, Markus Dipl.-Sozialarbeiter Treff Hohenfelde<br />

Rickert, Willi BSJB, Rechtsabteilung<br />

Rogalski, Kar<strong>in</strong> MdBü, Mitglied der Enquete-Kommission Jugendkrim<strong>in</strong>alität<br />

Römmig, Christoph Rechtsanwalt<br />

Rückert, Tilman Rechtsanwalt<br />

Rußmeyer, Herbert-H<strong>in</strong>rich Weiterbildner, Soz.-Päd.<br />

Schaal, Monika Dr. MdBü<br />

Scherf, Christian Verwaltungsjurist<br />

Scherf, Julia Referendar<strong>in</strong><br />

Schlesener, Kai<br />

Schmidt, Claudia Richter<strong>in</strong> am VG<br />

Schneider, Cathar<strong>in</strong>a Student<strong>in</strong><br />

Schneider, Markus Vors.Ri. am Landgericht<br />

Schönfelder, Ulrike Richter<strong>in</strong> am Amtsgericht<br />

Schorn, Monika Richter<strong>in</strong> am Amtsgericht<br />

Schröder-Kamprad, Thomas Amtsleiter Verwaltung BAGS<br />

Schütt, Frauke Ltg. K<strong>in</strong>der- und Jugendnot<strong>die</strong>nst<br />

Siemer-Eikelmann, Annette Dr.<br />

Siemer<strong>in</strong>g, Katja Jugend- und Frauenvollzugsanstalt Hahnöfersand<br />

Sonnen, Bernd-Rüdeger Prof. Dr. Universität <strong>Hamburg</strong>, Hochschullehrer für Strafrecht und Krim<strong>in</strong>ologie<br />

Spang, Manuela Staatsanwält<strong>in</strong><br />

Spendel, Rüdiger Rechtsanwalt<br />

Spieker, Gabi Dipl.-Päd., Krim<strong>in</strong>ologische Initiative <strong>Hamburg</strong><br />

Spitzer, Sab<strong>in</strong>e Verwaltungsjurist<strong>in</strong><br />

Spr<strong>in</strong>gborn, Udo Ortsamtsleiter Veddel/Rothenburgsort<br />

Steffmann, He<strong>in</strong>z BfI, PD Mitte, Leiter Jugendschutz<br />

Ste<strong>in</strong>biß, Olaf Referendar, Personalrat der Referendare<br />

Steller, Mart<strong>in</strong> Vere<strong>in</strong> für freie Mitarbeit im <strong>Hamburg</strong>er Strafvollzug e.V.<br />

Sternberg, Klaus-Dieter Rechtsanwalt<br />

Strüt<strong>in</strong>g, Jörn Vollzugsleiter Jugendstrafhaft, Leiter der Berufsbildung<br />

Stumpf, Olav Referendar<br />

Tegtmeyer, Mart<strong>in</strong>a Referent<strong>in</strong> <strong>SPD</strong> Bürgerschaftsfraktion<br />

Thömen, Hans-Helmut Rechtsanwalt<br />

Thomsen, Stefan Vors. Jugendhilfeaussch. HH Bergedorf<br />

Timm, Carola<br />

Uhlig-van Buren, Angela Leiter<strong>in</strong> Personalwesen der Senatsverwaltung Bremen,<br />

Senatsrät<strong>in</strong>, designierte Generalstaatsanwält<strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong><br />

Umlauf, Sibylle Vizepräsident<strong>in</strong> des Amtsgerichts <strong>Hamburg</strong><br />

Urban, Gerd Jugendrichter<br />

Utermark, Andre<br />

Venohr, Claudia Redakteur<strong>in</strong>, NDR<br />

von Brand, Andrea<br />

Voßhage, Kerr<strong>in</strong> Referendar<strong>in</strong>, Vorsitzende Personalrat<br />

Walter, Michael Prof. Dr. Universität Köln, Krim<strong>in</strong>olog. Forschungsstelle<br />

Walter, Uwe <strong>SPD</strong>-Landesvorstand<br />

Wegerich, Carsten Staatsanwalt<br />

Weichel, Meike Referendar<strong>in</strong><br />

Weimar, Cornelius Rechtsanwalt<br />

Weise, Helga Deputation Justizbehörde<br />

Wenzel, Frank Referendar<br />

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Westphalen, Sab<strong>in</strong>e Annette Richter<strong>in</strong> am Landgericht,<br />

Pressesprecher<strong>in</strong> des Hanseatischen Oberlandesgerichts<br />

Wiederhold, Helmut Distriktsvorsitzender<br />

Wiele, Björn<br />

Wilhelm, Christa<br />

Wilhelm, Werner<br />

Wille, Angelo Referendar (Staatsanwaltschaft)<br />

Wolkenhauer, Marion<br />

Wolters, Pia Bezirksamt Bergedorf, Jugendamt<br />

Wommelsdorff, Jörn Student<br />

Wowretzko, Sylvia Distriktsvorsitzende<br />

Woydt, Justus Dr. Polizeipräsident <strong>Hamburg</strong><br />

Wrocklage, Hartmuth Senator, Innenbehörde<br />

Wutke, Oliver Journalist, NDR <strong>Hamburg</strong> Welle<br />

Zschach, Hilmar Journalist, NDR Hörfunk<br />

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