11.07.2015 Aufrufe

auftrag 292 - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

auftrag 292 - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

auftrag 292 - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

RELIGION UND GESELLSCHAFTSollens, welche über den kategorischenImperativ hinausgeht.Hier wird das Feld gefährlichenWissens besonders deutlich. GeradeMilitär muss sich dessen bewusstsein. In sich stimmige und logischabgeleitete Führungsverfahren schützenkeineswegs vor gefährlichem Wissen.Wird dem Umstand angesichtsVertrauen und Verantwortung nichtRechnung getragen, bleibt man imHalbwissen, das zu Vertrauensmissbrauchund Verantwortungslosigkeitführt. Das daraus folgende Handelnist moralisch nicht zu rechtfertigen.Auch dann nicht, wenn das vorangegangeneFührungsverfahren korrektabgewickelt worden sein sollte.Was „Wissen“ ist, bleibt offen.Stattdessen bewegen wir uns eher imBereich des Annehmens, Glaubensund Meinens. Wir schätzen ein undstützen uns in erster Linie auf Prognosenund Wahrscheinlichkeiten.Erst die Erfahrung und das Strebennach dem, was hinter dieser steckt,führen uns zu einigermaßen verlässlicherGewissheit und irgendwannvielleicht zu „Wissen“. So scheintdas bescheidene Eingeständnis, zuwissen, nichts zu wissen, wohl dereinzige Weg, gefährlichem Wissenbeizukommen. ❏Salzburger HochschulwochenWas können, was dürfen wir wissen?VON RAINER ZINKAm 29. und 30. Juli fand eine Vorlesung mit Kolloquium durch Professor EM. Dr. Dr. H.C. MULT OtfriedHöffe aus Tübingen statt, der das Thema „Was können, was dürfen wir wissen?“ behandelte.Professor Höffe ist 1943 in Leobschützin Oberschlesien geboren,1964 bis 1970 absolvierte er das Studiumder Philosophie, Geschichte,Theologie und Soziologie in Münster,Tübingen, Saarbrücken und München.Im Jahre 1976 wurde er ordentlicherProfessor für Philosophiean der Universität in Duisburg. Von1978 bis 1992 war er Lehrstuhlinhaberfür Ethik und Sozialphilosophiesowie Direktor des InternationalenInstituts für Sozialphilosophie undPolitik in Fribourg. Mit einem Lehr<strong>auftrag</strong>für Sozialethik unterrichtete er1986 bis 1998 an der EidgenössischenTechnischen Hochschule in Zürich.Von 1992 bis zu seiner Emeritierung2011 war er Professor für Philosophiean der Eberhard-Karls-Universität inTübingen. Dort gründete er 1994 dieForschungsstelle Politische Philosophie.Er ist ständiger Gastprofessor fürRechtsphilosophie an der UniversitätSt. Gallen, Mitglied der HeidelbergerAkademie der Wissenschaften undSenator der Nationalen Akademie derWissenschaften Leopoldina. Seit 2009ist er Präsident der Nationalen Ethikkommissionim Bereich der Humanmedizinin der Schweiz. Am Anfangseiner Vorlesung bedankte sich Prof.Höffe für die Einladung und die Gelegenheitüber dieses aktuelle, brisanteThema „Gefährliches Wissen“ sprechenzu dürfen und erklärte anhandeiniger Beispiele, dass uns die Redevon gefährlichem Wissen seit einigerZeit leicht falle. Er erwähnte, dass esverschiedene Wissensarten gäbe, diespäter erläutert werden sollen und erbehauptete, dass nicht erst der Missbrauch,sondern das Wissen selbergefährlich sein kann.Wissen – gefährlich in dreierlei HinsichtNach dem Einleitungssatz von Aristoteles`Metaphysik streben alleMenschen von Natur aus nach einemWissen und dessen kognitive Vollendungbesteht in der Wissenschaft undin der Philosophie, aber gerade diesesWissen sei in dreierlei Hinsichtgefährlich, so der Professor.1. Die Erkenntnis von Ursachen hateinen aufklärenden Charakter.Am Beispiel der Iris erläuterte derProfessor diese These: „Im überliefertenMythos ist der Regenbogendie Erscheinung der GöttinIris, allerdings erklärt Xenophanes:Was sie Iris nennen, dasist nur eine Wolke, purpurn undhellrot und gelbgrün anzuschauen.“Hier trete ein doppeltes Gefahrenpotentialauf, zum einen dieAufhebung des Mythos durch einerationale, kognitive Erklärung derNatur und zum zweiten die Kritikder überlieferten Religion.2. Die Höchstform des Wissens bestehein jenem nutzenfreien Wissen,das um seiner selbst willengesucht wird und somit den Rangeines Selbstzwecks erhält, so derProfessor.3. „Die dritte Gefahr nutzenfreienWissens lernen wir im Umkehrschlussim christlichen Denkenkennen“, erklärte Höffe und alsSelbstzweck lehne es eine Indienstnahmeauch nach Augustinus`Forderung, gottesfürchtigzu forschen, ab.Missbrauch der KlugheitFür ein glücklich gelungenes Lebenbrauche man ein andersartigesWissen, eine sittliche Urteilkraft,so Höffe. Klugheit und Charaktertugendenwie Besonnenheit, Tapferkeitund Gerechtigkeit seien zwar fürdie Grundausrichtung des Lebens aufseine Eudaimonia, auf das Glück genannteGelingen zuständig, aber dieintellektuelle Ausrichtung der Klugheitsorge außerdem unter Voraussetzungdieser Grundausrichtung für derenKonkretisierung. Und genau hierbestünde eine Gefahr, die nicht erstbei einem konkreten, sondern einemgenerellen Missbrauch beginne, warnteHöffe, denn die moralische Urteilskraftkönne zu einerMachiavellistischen Klugheitverkommen, zur Klugheit derSchlange oder Schlauheit des Fuch-22 AUFTRAG <strong>292</strong> • DEZEMBER 2013

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!